TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/5 W104 2230834-1

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Veröffentlicht am 05.08.2020
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Entscheidungsdatum

05.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §23
Horizontale GAP-Verordnung §9
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W104 2230834-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 10.1.2020, AZ II/4-DZ/19-14192772010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Datum vom 16.4.2019 stellte der Beschwerdeführer elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2019, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden dem Beschwerdeführer Direktzahlungen in der Höhe von EUR 612,10 gewährt. Dabei legte die AMA 14,3669 Zahlungsansprüche sowie eine beihilfefähige Fläche im Ausmaß von 6,8034 ha zugrunde. Wegen einer Differenzfläche von 7,5635 ha wurde eine Flächenabweichung von 111,1724 % festgestellt. Dabei handle es sich um eine Flächenabweichung von über 3 % oder über 2 ha, daher werde der Betrag für die Basisprämie um das 1,5fache der Differenzfläche gekürzt (Hinweis auf Art. 19a Abs. 1 VO 640/2014). Da der Kürzungsprozentsatz der Flächenabweichung 100 % betrage, werde keine Basisprämie gewährt. Aus der Bescheidbegründung geht hervor, dass ein wesentlicher Teil der beantragten Flächen nicht anerkannt wurden, weil diese mit einem anderen Betrieb übernutzt, also auch von diesem beantragt wurden.

3. Mit online gestellter Beschwerde vom 24.2.2020 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er habe für die übernutzten Flächen einen aufrechten Pachtvertrag und der Pachtzins sei pro Jahr im Herbst für das nachkommende Jahr im Voraus bezahlt worden, ebenso wie die Sozialversicherung bezahlt worden sei. Eine Vor-Ort-Kontrolle habe im Spätsommer 2019 stattgefunden.

4. Im Rahmen der Beschwerdevorlage führte die AMA aus, aufgrund der Übernutzung mit dem Betrieb XXXX seien 10,6724 ha sanktionsrelevant in Abzug gebracht worden. Keiner der beiden Beschwerdeführer habe bis jetzt eine Korrektur des MFA 2019 vorgenommen. Eine amtswegige Bereinigung der Übernutzung sei auf Grundlage der Beschwerde nicht möglich. Die Behörde könne trotz einer "unauffälligen" VOK nicht nachvollziehen, wer tatsächlich bewirtschaftete bzw. Arbeiten vorgenommen hat.

5. Am 26.6.2020 fand eine mündliche Verhandlung zur Beschwerde des Betriebs Nr. XXXX statt, mit dem die Übernutzung vorliegt. Bei dieser Verhandlung wurde die Sachlage erörtert und der Beschwerdeführer als Zeuge vernommen. Die Verhandlungsschrift zu diesem Beschwerdeverfahren wurde dem Beschwerdeführer zwecks Parteiengehör mit Schreiben vom 2.7.2020 zur Stellungnahme übermittelt. Dieser gab dazu keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1. Mit Datum vom 16.4.2019 stellte der Beschwerdeführer elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2019, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Ebenfalls am 16.4.2019 stellte auch der Inhaber des Betriebes mit der BNr. XXXX einen Mehrfachantrag-Flächen. Dabei kam es zu einer Übernutzung zahlreicher Flächen, die von beiden Antragstellern beantragt wurden.

2. Die als übernutzt festgestellten Grundstücke (Seite 5 des angefochtenen Bescheides) wurden im Antragsjahr 2019 ausschließlich vom Betrieb XXXX , nicht jedoch vom Beschwerdeführer genutzt.

2. Beweiswürdigung:

Die in Pkt. 1 angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Partei bestritten.

Die in Pkt. 2 angeführten Feststellungen zur Nutzung ergeben sich aus der Verhandlungsschrift zur mündlichen Verhandlung zur Beschwerde des Betriebes XXXX , die vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde. Die ausschließliche Nutzung durch diesen Betrieb ergibt sich demnach sowohl aus den plausiblen und nachvollziehbaren Aussagen des Betriebsführers dieses Betriebes, er habe auf diesen Flächen Schafe gehalten, als auch aus den diese Aussagen bestätigenden Angaben des Ehemannes der Besitzerin dieser Flächen, wonach es ausgeschlossen sei, dass der Betriebsleiter des anderen Betriebs in diesem Jahr die Flächen seiner Frau bewirtschaftet habe, seien sie doch wöchentlich auf den Flächen anwesend und hätten dies bemerkt. Aus diesen Aussagen ergibt sich auch, dass der ggstdl. Beschwerdeführer keinen Schlüssel zu dem Anfang 2019 errichteten Schranken besitzt. Schließlich hat der Beschwerdeführer auch in dieser Verhandlung als Zeuge klargelegt, dass nicht er, sondern der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Flächen bewirtschaftet hat.

Weiters hat das Gericht keinen Grund dazu anzunehmen, der Pachtvertrag des Beschwerdeführers sei im April 2018 nicht gekündigt worden und im Dezember 2018 ein neuer Pachtvertrag mit dem Betriebsleiter des anderen Betriebes errichtet worden. Die Gültigkeit der Kündigung ergibt sich aus den vom Ehemann der Besitzerin vorgelegten Unterlagen (keine Behebung des eingeschriebenen Schreibens durch den Beschwerdeführer.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EG) 1307/2013:

„Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

a) "Betriebsinhaber" eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 52 EUV in Verbindung mit den Artikeln 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;

b) "Betrieb" die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden;

c) "landwirtschaftliche Tätigkeit"

i) die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren sowie Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke,

ii) die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder

iii) die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden;

d) "landwirtschaftliche Erzeugnisse" die in Anhang I der Verträge aufgeführten Erzeugnisse, ausgenommen Fischereierzeugnisse, sowie Baumwolle;

e) "landwirtschaftliche Fläche" jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird;

[…].“

„Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten […].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[…].“

„Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, […].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[…].

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 227 vom 31.7.2014, S. 69, im Folgenden VO (EU) 809/2014:

„Artikel 17

Besondere Anforderungen an Beihilfeanträge für flächenbezogene Beihilferegelungen und Zahlungsanträge für flächenbezogene Stützungsmaßnahmen

(1) Zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs und/oder nichtlandwirtschaftlichen Flächen gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstaben d und e übermittelt die zuständige Behörde dem Begünstigten das geografische Beihilfeantragsformular.

[…].

(4) Die dem Begünstigten übermittelten vordefinierten Formulare müssen die beihilfefähige Höchstfläche je Referenzparzelle gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben a und b der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 und die im Vorjahr für die Betriebsprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung und/oder die flächenbezogene Maßnahme zur Entwicklung des ländlichen Raums ermittelte Fläche je landwirtschaftlicher Parzelle ausweisen. […].

(5) Der Begünstigte gibt die Fläche jeder einzelnen landwirtschaftlichen Parzelle und gegebenenfalls Art, Größe und Lage der im Umweltinteresse genutzten Flächen eindeutig an. Auch hinsichtlich der Ökologisierungszahlung muss der Begünstigte die Nutzung der angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen angeben.

Hierzu kann der Begünstigte die Informationen bestätigen, die bereits in den vordefinierten Formularen enthalten sind. Sind jedoch die Angaben zur Fläche, Lage und den Grenzen der landwirtschaftlichen Parzelle oder gegebenenfalls zur Größe und Lage von im Umweltinteresse genutzten Flächen nicht korrekt oder unvollständig, berichtigt oder ändert der Begünstigte die Angaben in dem vordefinierten Formular. […]“

„Artikel 29

Gegenkontrollen

(1) Gegebenenfalls umfassen die Verwaltungskontrollen auch Gegenkontrollen

a) angemeldeter Zahlungsansprüche bzw. angemeldeter landwirtschaftlicher Parzellen, um eine Mehrfachgewährung derselben Beihilfe oder Förderung für dasselbe Kalenderjahr oder Antragsjahr zu vermeiden und ungerechtfertigte Kumulierungen von Beihilfen im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates sowie im Rahmen flächenbezogener Stützungsmaßnahmen gemäß Artikel 2 Unterabsatz 2 Nummer 21 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 zu verhindern;

b) der Zahlungsansprüche, um ihr Bestehen und ihre Beihilfefähigkeit zu überprüfen;

c) zwischen den im Sammel- und/oder Zahlungsantrag angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen und den Angaben im System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen je Referenzparzelle gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014, um die Beihilfefähigkeit der Fläche als solcher im Rahmen der Direktzahlungsregelung und/oder der Maßnahme zur Entwicklung des ländlichen Raums zu überprüfen;

d) zwischen den Zahlungsansprüchen und der ermittelten Fläche, um zu überprüfen, ob den Ansprüchen mindestens eine entsprechende beihilfefähige Hektarfläche im Sinne von Artikel 32 Absätze 2 bis 6 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 gegenübersteht;

[…].

Sind im integrierten System geografische Beihilfeantragsformulare vorgesehen, so werden die Gegenkontrollen für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe c durch grafische Verschneidung der angemeldeten digitalisierten Fläche mit dem System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen vorgenommen. Zusätzlich werden Gegenkontrollen durchgeführt, um eine Doppelanmeldung derselben Fläche auszuschließen.

[…].

(3) Stellen zwei oder mehr Begünstigte im Rahmen derselben Beihilferegelung oder derselben Stützungsmaßnahme einen Beihilfe- und/ oder Zahlungsantrag für ein und dieselbe Referenzparzelle und überschneiden sich die angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen oder überschreitet die angemeldete Gesamtfläche die beihilfefähige Höchstfläche gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben a und b der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 und liegt die Abweichung innerhalb der für diese Referenzparzelle in Artikel 38 der vorliegenden Verordnung festgelegten Messtoleranz, so kann der Mitgliedstaat eine proportionale Verringerung der betreffenden Flächen vornehmen, es sei denn, ein Begünstigter weist nach, dass einer der anderen Begünstigten seine Flächen zulasten des Erstgenannten übererklärt hat.“

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[…].

23. „ermittelte Fläche“:

a) im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen die Fläche, die alle Förderkriterien oder anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt, ungeachtet der Zahl der Zahlungsansprüche, über die der Begünstigte verfügt, oder

24. „geografisches Informationssystem“ (nachstehend „GIS“): die computergestützten geografischen Informationssystemtechniken im Sinne von Artikel 70 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013;

25. „Referenzparzelle“: die geografisch abgegrenzte Fläche mit einer individuellen, im System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen registrierten Identifizierungsnummer im Sinne von Artikel 70 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013;

[…].“

„Artikel 5

Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen

(1) Das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen nach Artikel 70 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 wird auf Ebene von Referenzparzellen angewendet. Eine Referenzparzelle umfasst eine Einheit einer Fläche, die der landwirtschaftlichen Fläche im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 entspricht. Gegebenenfalls umfasst eine Referenzparzelle auch Flächen gemäß Artikel 32 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und landwirtschaftliche Flächen gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013.

Die Mitgliedstaaten grenzen die Referenzparzelle so ab, dass die Referenzparzelle messbar und eine eindeutige individuelle Lokalisierung der einzelnen jährlich gemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen möglich ist und grundsätzlich zeitliche Stabilität gewährleistet wird.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen auch sicher, dass die angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen zuverlässig identifiziert werden. Sie machen insbesondere zur Auflage, dass die Beihilfe- und Zahlungsanträge Angaben enthalten oder ihnen Unterlagen beigefügt sind, die von der zuständigen Behörde näher festgelegt werden und mit deren Hilfe sich die einzelnen landwirtschaftlichen Parzellen lokalisieren und vermessen lassen. Die Mitgliedstaaten müssen für jede Referenzparzelle

a) eine beihilfefähige Höchstfläche für die Stützungsregelungen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 festlegen;

[…].“

„Artikel 19

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen

(1) Liegt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Zwecke einer flächenbezogenen Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme angemeldete Fläche über der gemäß Artikel 18 ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche, verringert um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.

Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe oder Stützung gewährt.

[…].“

„Artikel 19a

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.

Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.

[…].“

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015:

„Absehen von Verwaltungssanktionen

§ 9. (1) Ein Nachweis für ein Absehen von Verwaltungssanktionen gemäß Art. 77 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 kann insbesondere erbracht werden durch konkrete Darlegung, dass und in welchem Ausmaß bei der Beantragung der Flächen

1. auf das Ergebnis der letzten vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle vertraut werden durfte,

2. das Erkennen, dass die Referenzparzelle unrichtig war, nicht zumutbar war,

3. die Unrichtigkeit der Digitalisierung nicht erkannt werden konnte,

4. die Abweichungen der Digitalisierung zum Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle, das mit neueren technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde, nicht erkennbar waren oder

5. die Digitalisierung mit den EU-rechtlichen Vorgaben zur beihilfefähigen Fläche sowie bei Almen mit den Vorgaben gemäß § 19 bzw. bei Hutweiden mit den Vorgaben gemäß § 22 Abs. 1 Z 9 lit. a in Einklang steht.

(2) Beantragen zwei oder mehrere Betriebsinhaber für ein- und dieselbe Referenzparzelle flächenbezogene Zahlungen und überschneiden sich die angemeldeten Flächen oder überschreiten sie die beihilfefähige Höchstfläche der Referenzparzelle, so werden beim Betriebsinhaber, der innerhalb seiner bisher bzw. im vorangegangenen Antrag beantragten Grenzen beantragt, keine Verwaltungssanktionen verhängt, außer ein anderer Betriebsinhaber weist sein Recht zur Beantragung dieser Fläche nach.“

„Besondere Vorschriften für bestimmte Nutzungen

§ 23. (1) Als Stichtag, zu dem die beihilfefähigen Flächen für die Nutzung der Zahlungsansprüche dem Betriebsinhaber gemäß Art. 33 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 zur Verfügung stehen müssen, wird der 9. Juni des jeweiligen Antragsjahres bestimmt. […]“

3.2. Rechtliche Würdigung:

Der vorliegende Fall dreht sich um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Antragsteller dazu berechtigt ist, eine konkrete Fläche in seinen Antrag aufzunehmen. Ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen liegen dazu nicht vor.

Seitens des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurde diese Frage im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens zur Antragsberechtigung im Rahmen der Extensivierungsprämie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 behandelt. Der EuGH führte in diesem Zusammenhang aus, dass sich die Gewährung der betreffenden Prämien nach Maßgabe der tatsächlich genutzten Futterflächen und der Zahl der auf diesen Flächen im betreffenden Kalenderjahr gehaltenen Tiere und nicht nach Maßgabe der Vorlage eines gültigen Rechtstitels bestimmt, mit dem die Berechtigung zur Nutzung dieser Flächen nachgewiesen wird (EuGH 24.06.2010, Rs. C-375/08, Pontini, Rn. 66).

Flächen sind nach der Rechtsprechung des EuGH darüber hinaus dann einem bestimmten landwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen, wenn der Betriebsinhaber befugt ist, die Fläche zum Zwecke der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten, d. h., wenn er hinsichtlich dieser Fläche über eine hinreichende Selbständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügt (vgl. EuGH 02.07.2015, Rs. C-684/13, Demmer, Rn. 58 mit Verweis auf EuGH 14.10.2010, Rs. C-61/09, Landkreis Bad Dürkheim, Rn. 58 und 62).

Der Nachweis eines rechtmäßigen Titels (z.B. Pachtvertrag) für die Nutzung einer Fläche reciht daher nicht hin, um eine Anspruchsberechtigung für Direktzahlungen zu begründen. Es kommt vielmehr auf die tatsächliche Nutzung an.

Im vorliegenden Fall hat das Verfahren ergeben, dass bezüglich der fraglichen Feldstücke keine Bewirtschaftung durch den Beschwerdeführer erfolgt ist und dieser allem Anschein nach auch keinen gültigen Pachtvertrag vorzuweisen hat, weil der Pachtvertrag, den dieser für diese Flächen abgeschlossen hatte, gültig aufgelöst worden ist.

Gemäß § 23 Horizontale GAP-Verordnung ist für die Frage der Nutzung der Zahlungsansprüche auf die beihilfefähigen Flächen abzustellen, die dem Betriebsinhaber am 9. Juni des Antragsjahres zur Verfügung stehen. Aus objektiver Sicht hat der Beschwerdeführer die in Frage stehenden Flächen daher nicht richtig beantragt, indem er sie in seinen Mehrfachantrag-Flächen 2019 aufnahm.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt. Da die Sachverhaltsfragen im Rahmen der Beschwerdeverhandlung zum Betrieb XXXX bereits vollständig geklärt worden sind, handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt für den vorliegenden Fall die oben zitierte einschlägige Rechtsprechung des EuGH vor.

Schlagworte

beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Berechnung Bescheidabänderung Bewirtschaftung Direktzahlung Flächenabweichung INVEKOS Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Pacht Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung Verschulden Zahlungsansprüche Zurechenbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W104.2230834.1.00

Im RIS seit

01.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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