TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/14 W154 2168116-1

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Veröffentlicht am 14.08.2020
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Entscheidungsdatum

14.08.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W154 2168116-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Ungarn, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7.7.2017, Zahl: IFA: 483322002/170796376, und die Anhaltung in Schubhaft vom 7.7.2017 bis 11.7.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Gegen die Beschwerdeführerin, eine ungarische Staatsangehörige, wurde wegen rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 2.3.2009, Zahl III-1177999/F-13/09, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

2. Trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes kehrte die Beschwerdeführerin in weiterer Folge mehrmals ins Bundesgebiet zurück und wurde mehrmals abgeschoben.

3. Nachdem die Beschwerdeführerin am 6.7.2017 erneut abgeschoben worden war, wurde sie am 7.7.2017 um 8:55 Uhr durch Beamte der Landespolizeidirektion Wien angehalten und einer Personenkontrolle unterzogen, wegen des bestehenden rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes erneut festgenommen und noch am selben Tag vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

Dabei wies sie sich mit einem ungarischen Reisepass, ausgestellt am 3.10.2014, aus und erklärte, bereits am 7.7.2017 mit dem Auto wieder in Österreich eingereist zu sein. Ein Freund bringe sie immer wieder hierher. Grund für ihre neuerliche Einreise trotz Aufenthaltsverbotes sei, dass ihr, als sie sich seinerzeit in Österreich in Haft befunden habe, ihre Tochter weggenommen und in Ungarn in ein Heim gebracht worden sei. Sie hätte hier in Österreich auf die Botschaft gewollt, um das Sorgerecht zurückzuerhalten.

Nachgefragt, wo sie Unterkunft genommen habe, erwiderte die Beschwerdeführerin, sie wäre erst an heutigen Tage nach Österreich gekommen, aber hätte ein Frauenhaus in Wien aufsuchen wollen. Dabei handle es sich um eine Betreuungseinrichtung der Caritas, die Menschen nach einem Gefängnisaufenthalt helfe.

Barmittel habe die Beschwerdeführerin momentan keine, Angehörige oder Bezugspersonen gebe es in Österreich nicht. Seit ihrer letzten Abschiebung habe sich nichts an ihren familiären Verhältnissen geändert.

4. Mit dem gegenständlichen im Spruch genannten Mandatsbescheid des Bundesamtes wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass zu Österreich keinerlei familiäre oder berufliche Bindungen oder Beziehungen bestünden. Die Beschwerdeführerin sei in Österreich nicht gemeldet, ihre Tochter lebe in Ungarn.

Die Beschwerdeführerin halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil gegen sie ein rechtskräftiges und durchsetzbares Aufenthaltsverbot bestehe, sie sei einem Aufenthaltsverbot zuwider illegal zurückgekehrt und habe somit massiv die Bestimmungen nach den FPG übertreten. Weiters gehe sie keiner legalen Erwerbstätigkeit bzw. Beschäftigung nach, sei bereits verurteilt, mehrmals, zuletzt am 7.7.2017 (gemeint: 6.7.2017) nach Ungarn abgeschoben worden und kurz darauf wiederum wissentlich illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Dadurch habe sie die österreichische Rechtsordnung missachtet.

Die Beschwerdeführerin verfüge nicht über genügend Barmittel, um ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehe sie nicht nach. Zudem habe sie keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und verfüge weder über familiäre noch soziale Bindungen im Bundesgebiet.

Aufgrund ihres bisherigen Verhaltens begründeten folgende Kriterien eine Fluchtgefahr:

?        Die Beschwerdeführerin sei einem bestehenden Aufenthaltsverbot zuwider mehrmals unrechtmäßig nach Österreich zurückgekehrt.

?        Die Beschwerdeführerin sei derzeit nicht in der Lage, ihre Ausreise selbst zu finanzieren.

?        Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich den österreichischen Rechtsvorschriften anzupassen und es bestehe die Gefahr, dass sie weiterhin untergetaucht im Bundesgebiet verbleibe.

?        Die Sicherung der Abschiebung sei erforderlich, weil sie sich aufgrund ihres oben geschilderten vor Verhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus ihrer Wohn- und Familiensituation, ihrer fehlenden sozialen Verankerung in Österreich sowie wegen ihres bisherigen Verhaltens könne davon ausgegangen werden, dass bei der Beschwerdeführerin ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege.

5. Die Beschwerdeführerin wurde am 7.7.2017 in Schubhaft genommen und am 11.7.2017 nach Ungarn abgeschoben.

6. Am 21.8.2017 wurde gegen den gegenständlichen Mandatsbescheid des Bundesamtes sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft vom 7.7.2017 bis zu ihrer Abschiebung am 11.7.2017 Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die Beschwerdeführerin, wenn sie sich in Österreich befinde, vorwiegend am Westbahnhof oder am Praterstern aufhalte, weil sie von dort zum Verein Neustart gelange. Die belangte Behörde sowie die Polizei hätten sich in den letzten Jahren wiederholt mit der Person der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt, so sei sie beispielsweise am 2.6.2017 um 23:00 Uhr, am 17.6.2017 um 11:00 Uhr, am 25.6.2017 um 16:00 Uhr sowie am 1.7.2017 und 20:00 Uhr am Westbahnhof angehalten und angezeigt worden. Gegen die Beschwerdeführerin sei bereits mehrmals Schubhaft angeordnet worden, beispielsweise mit Mandatsbescheid von 5.7.2014, Mandatsbescheid vom 14.6.2017, Mandatsbescheid vom 17.6.2017 und Mandatsbescheid vom 25.6.2017.

Die Ausführungen der belangten Behörde im Schubhaftbescheid bezüglich des Risikos des Untertauchens basierten auf unrichtigen Schlussfolgerungen und einer nichtzutreffenden Beweiswürdigung. Dies gelte insbesondere für die Feststellung, es bestehe die Gefahr, dass die Beschwerdeführerin untergetaucht im Bundesgebiet verbleibe. Diese sei auch bei Belassung auf freiem Fuß für die Behörde greifbar. Sie suche regelmäßig den Verein Neustart auf, weil sie sich dort im Rahmen der Haftentlassenenhilfe in freiwilliger Betreuung befinde, wozu eine Bestätigung vom 3.8.2017 der Beschwerde beigelegt werde. Seit 21.12.2016 verfüge die Beschwerdeführerin über eine Obdachlosenmeldung und erhalte an dieser Adresse regelmäßig Poststücke, wozu eine Bestätigung des Unterkunftgebers sowie ein Auszug aus ZMR vom 21.12.2016 vorgelegt wurde.

Wenn die Beschwerdeführerin nach Österreich komme, suche sie üblicherweise zunächst den Verein Neustart auf, über den sie häufig eine Zuweisung für einen Schlafplatz in einem Frauennotquartier anhalte. Auch am 7.7.2017 habe sie sich einen Schlafplatz organisieren wollen, was sie im Rahmen ihrer Einvernahme angegeben habe. Sie habe beispielsweise auch am 23.6.2017 eine Zuweisung für drei Nächte bis 26.6.2017 mit der Option auf Verlängerung erhalten, wie der beiliegende Nächtigungsschein des Frauennotquartieres belege. Wäre sie nicht in Schubhaft genommen worden, hätte die Beschwerdeführerin mit allergrößter Wahrscheinlichkeit eine Schlafplatzzusage erhalten. Da die Beschwerdeführerin regelmäßig im Notquartier aufhältig sei, gebe sie die Adresse auch gegenüber der Polizei als Kontaktadresse an, wie im Anhalteprotokoll vom 2.7.2017 angeführt. Die Behörde habe diesen Umstand in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, obwohl die Angabe der angeführten Adresse gegen eine Fluchtgefahr und somit auch gegen die Anordnung der Schubhaft spreche. Zudem sei die Beschwerdeführerin insbesondere den am Westbahnhof tätigen Exekutivbeamten bekannt und trete dort laufend in Erscheinung.

Beantragt wurde,

?        Den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von und die Anhaltung in Schubhaft vom 7.7.2017 bis zur Abschiebung am 11.7.2017 rechtwidrig war und

?        Der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen der Beschwerdeführerin gemäß VwG-Aufwandsersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen aufzuerlegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist ungarische Staatsangehörige und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Ihre Identität steht fest. Sie ist daher Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Gegen die Beschwerdeführerin wurde wegen rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 2.3.2009, Zahl III-1177999/F-13/09, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieses war zum Zeitpunkt der gegenständlichen Schubhaft rechtskräftig und durchsetzbar.

Trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes kehrte die Beschwerdeführerin in weiterer Folge mehrmals ins Bundesgebiet zurück und wurde bis zur Verhängung der gegenständlichen Schubhaft 26-mal abgeschoben, zuletzt am Vortag der Erlassung des gegenständlichen Mandatsbescheides. Allein im Juni 2017 war dreimal die Schubhaft über sie verhängt worden (Mandatsbescheid vom 14.6.2017, Mandatsbescheid vom 17.6.2017 und Mandatsbescheid vom 25.6.2017).

Die Beschwerdeführerin hat keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte und keine sozialen Beziehungen im Bundesgebiet.

Die Beschwerdeführerin verfügt nicht über genügend Barmittel, um ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung geht sie nicht nach.

Seit dem Jahr 2007 verfügte sie über zahlreiche Meldungen in Polizeianhaltezentren sowie Justizanstalten. Ansonsten war sie lediglich obdachlos gemeldet und hatte keinen festen ordentlichen Wohnsitz.

Im Strafregisterauszug der Republik Österreich schienen zum Zeitpunkt der Verhängung der gegenständlichen Schubhaft sechs rechtskräftige Verurteilungen auf.

2.       Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes, der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einsichtnahme in die Anhaltedatei- Vollzugsverwaltung, das Zentrale Melderegister, das österreichische Strafregister sowie aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 7.7.2017.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid):

3.2.1. §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

[…]“

§22a BFA-VG bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

3.2.2. Materielle Rechtsgrundlage:

Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft) sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg cit. darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1) oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2). Gemäß Abs. 3 leg cit. liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist unter anderem insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1); ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2); ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3); der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).

Die Schubhaft ist gemäß Abs. 4 schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die gemäß Abs. 5 zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. […]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

3.2.3. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“ (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfestellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessne Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Dem Gesichtspunkt einer "sozialen Verankerung in Österreich" kommt im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Dabei kommt es u.a. entscheidend auf das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit oder auf die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes an (VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0107). Je länger somit der Fremde bereits in Österreich ist und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine vorliegende Fluchtgefahr sein. Dabei ist zu beachten, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs sind (VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233).

3.2.4. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und Anordnung der Schubhaft bestand gegen die Beschwerdeführerin ein rechtskräftiges und durchsetzbares Aufenthaltsverbot, Dieses war wegen rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 2.3.2009, Zahl III-1177999/F-13/09, auf die Dauer von zehn Jahren befristet erlassen worden. Und zum Zeitpunkt der gegenständlichen Schubhaft rechtskräftig und durchsetzbar.

Trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes kehrte die Beschwerdeführerin in weiterer Folge mehrmals ins Bundesgebiet zurück und wurde bis zur gegenständlichen Schubhaft 26-mal abgeschoben, zuletzt am Vortag der Erlassung dieses Mandatsbescheides. Allein im Juni 2017 war dreimal die Schubhaft über sie verhängt worden (Mandatsbescheid vom 14.6.2017, Mandatsbescheid vom 17.6.2017 und Mandatsbescheid vom 25.6.2017).

Die Beschwerdeführerin hatte keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte und keine sozialen Beziehungen im Bundesgebiet.

Die Beschwerdeführerin verfügte nicht über genügend Barmittel, um ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung ging sie nicht nach.

Seit dem Jahr 2007 verfügte sie über zahlreiche Meldungen in Polizeianhaltezentren sowie Justizanstalten. Ansonsten war sie lediglich obdachlos gemeldet und hatte keinen festen ordentlichen Wohnsitz.

Im Strafregisterauszug der Republik Österreich schienen zum Zeitpunkt der Verhängung der gegenständlichen Schubhaft sechs rechtskräftige Verurteilungen auf.

Im vorliegenden Fall scheidet, abgesehen vom Bestehen erheblicher Fluchtgefahr, mangels finanzieller Mittel auch die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 des § 77 FPG aus.

Insbesondere aber durch ihr bisheriges oben erörtertes Verhalten, vor allem, dass die Beschwerdeführerin vor Verhängung der gegenständlichen Schubhaft in Vollziehung des geltenden Aufenthaltsverbotes bereits 26-mal abgeschoben werden musste (zuletzt am Vortag) und trotzdem regelmäßig wieder illegal zurückkehrte, konnte die belangte Behörde zu Recht nicht davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin „sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion" gemeldet hätte; dies gilt/galt auch für „die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen", sondern dass sie sich einer Abschiebung durch Untertauchen entziehen würde. Im Gegensatz zum Vorbringen in der Beschwerde spricht auch nicht für die Beschwerdeführerin, dass sie den Exekutivbeamten am Westbahnhof und Praterstern bereits bekannt ist und regelmäßig angezeigt wurde.

Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr kam daher zu keinem Zeitpunkt die Anwendung gelinderter Mittel in Frage.

Insgesamt war die Schubhaft somit rechtmäßig.

Wie oben ausgeführt, begegnet auch die Dauer der Schubhaft keinen Bedenken und ist verhältnismäßig. Die Beschwerdeführerin wurde am 7.7.2017 in Schubhaft genommen und mit dem nächsten Transport nach Ungarn am 11.7.2017 abgeschoben.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG. Da sie unterlag, war dieser dementsprechend abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2168116.1.00

Im RIS seit

01.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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