TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/31 W283 2234395-1

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Veröffentlicht am 31.08.2020
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Entscheidungsdatum

31.08.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
BFA-VG §40 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W283 2234395-1/17E


IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.08.2020, Zl. 1048982403/200709860, die Festnahme am 11.08.2020, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 12.08.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die Beschwerde gegen die Festnahme am 11.08.2020 und die anschließende Anhaltung wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und Z 2 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

V. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan stellte am 22.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vollinhaltlich abgewiesen, eine Beschwerde dagegen blieb erfolglos.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Die Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates hat der Ausstellung eines Heimreisezertifikates bereits zugestimmt.

Der Beschwerdeführer wurde am 11.08.2020 einer polizeilichen Identitätskontrolle unterzogen und festgenommen. Im Zuge der Festnahme riss sich der Beschwerdeführer los und versuchte zu flüchten, wobei er eine Fremdgefährdung, Sachbeschädigung und Körperverletzung verwirklichte. Der Beschwerdeführer wurde in ein Polizeianhaltezentrum verbracht und am 12.08.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.

Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er bei seiner Festnahme versucht hat zu flüchten, um nicht nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Weiters führte er aus, dass er keine staatliche Unterstützung mehr erhalte und sich seinen Aufenthalt durch die gelegentliche Aufnahme von Schwarzarbeit zu finanzieren. Er werde nicht freiwillig nach Afghanistan ausreise und im Falle seiner Abschiebung Widerstand leisten. Der Beschwerdeführer gab an, einen Ladungstermin am 22.07.2020 bei einer Landespolizeidirektion aus Angst vor seiner drohenden Abschiebung nicht wahrgenommen zu haben. Er sei nach traditionellem Ritus mit einer in Österreich asylberechtigten Afghanin verheiratet und versuche eine Heiratsurkunde über seine Vertretungsbehörde zu erlangen.

Mit Bescheid vom 12.08.2020 wurde der gegenständlich bekämpfte Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers erlassen. Seit diesem Tag befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde am 11.08.2020 festgenommen. Er befindet sich seit dem 12.08.2020 in Schubhaft. Gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.08.2020 mit dem über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, sowie gegen die Festnahme und Anhaltung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Es war daher die behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und der Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 3 BFA-VG zu prüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind, zumal die Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG noch andauerte.

Zudem war über die beantragten Kosten gemäß § 35 VwGVG abzusprechen.

1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahren:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 22.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz (W169 2142164-1/20E, S. 2; Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister).

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.11.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.04.2020 als unbegründet abgewiesen, die Frist für die freiwillige Ausreise auf 4 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung verlängert (W169 2142164-1/20E).

Am 11.08.2020 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle kontrolliert und aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthalts und festgenommen. Bei der Verbringung zum Funkwagen riss sich der Beschwerdeführer los und rannte auf die Fahrbahn, rannte dabei beinahe in mehrere fahrende Fahrzeuge, die abrupt abbremsen mussten. Der Beschwerdeführer wurde dabei mehrmals aufgefordert sofort stehen zu bleiben, während er von zwei Polizeibeamten verfolgt wurde. Ein weiterer Polizeibeamter in Zivilkleidung stieg aus seinem Pkw, wobei der Beschwerdeführer gegen seine Fahrzeugtür trat und diese gegen dessen Bein trat. Dabei erlitt der Polizist in Zivilkleidung einen Bluterguss und Hautabschürfungen und wurde die Fahrzeugtüre beschädigt. In weiterer Folgte konnte ein Polizist den Beschwerdeführer von hinten ergreifen. Schließlich wurde der Beschwerdeführer in das Polizeianhaltezentrum verbracht (OZ 5: DEF Akt Teil 1, AS 35 ff).

Am 12.08.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt einvernommen (OZ 4: Niederschrift).

Am 12.08.2020 wurde der gegenständlich bekämpfte Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers erlassen. Seit dem 12.08.2020 befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft (Anhaltedatei; OZ 4: Schubhaftbescheid).

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft, Festnahme und Anhaltung

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (OZ 4: Niederschrift S. 2; W169 2142164-1/20E).

1.2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 12.08.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Seit dem 12.08.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (OZ 4; Anhaltedatei).

1.2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.11.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.04.2020 als unbegründet abgewiesen, die Frist für die freiwillige Ausreise auf 4 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung verlängert (W169 2142164-1/20E).

1.2.4. Der Beschwerdeführer wurde am 11.08.2020 um 19:05 Uhr aufgrund seines rechtswidrigen Aufenthalts zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt gemäß §40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG festgenommen (OZ 5: DEF Akt Teil 1, S. 35 ff). Am 12.08.2020 um 11:05 Uhr wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt einvernommen (OZ 4: Niederschrift). Am 12.08.2020 um 15:30 Uhr wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen (Anhaltedatei).

1.2.5. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer zählt hinsichtlich des Coronavirus nicht zu einer Risikogruppe. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (OZ 4: Niederschrift, S. 2; Anhaltedatei).

1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 09.04.2020 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme (W169 2142164-1/20E).

1.3.2. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine engen familiären Bindungen. Der Beschwerdeführer ist mit einer in Österreich asylberechtigten Afghanin verlobt. Eine standesamtliche Eheschließung ist am 03.11.2020 geplant. Der Beschwerdeführer lebt nicht mit seiner Verlobten zusammen (Melderegister; OZ 1; OZ 4: Niederschrift S. 5 f).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich außerhalb des Polizeianhaltezentrums lediglich über einen Nebenwohnsitz. An diesem Nebenwohnsitz ist der Beschwerdeführer nicht ständig aufhältig. Zumindest eine Woche lang war der Beschwerdeführer nicht an seinem Nebenwohnsitz aufhältig. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Melderegister; OZ 4: Niederschrift S. 5).

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung und über kein Bargeld. Der Beschwerdeführer arbeitet manchmal schwarz, um seinen Aufenthalt zu finanzieren und erhält keine staatliche Unterstützung (OZ 4: Niederschrift S. 6).

1.3.3. Am 31.07.2020 wurden am Nebenwohnsitz des Beschwerdeführers polizeiliche Erhebungen durchgeführt, zumal der Beschwerdeführer einen Ladungstermin am 22.07.2020 bei einer Landespolizeidirektion missachtete. Dabei konnte er Beschwerdeführer nicht angetroffen werden (OZ 4: Niederschrift S. 5; OZ 5: DEF Akt, AS 31 f).

Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen und festgenommen. Bei der Verbringung zum Funkwagen riss sich der Beschwerdeführer los und rannte auf die Fahrbahn, rannte dabei beinahe in mehrere fahrende Fahrzeuge, die abrupt abbremsen mussten. Der Beschwerdeführer wurde dabei mehrmals aufgefordert sofort stehen zu bleiben, während er von zwei Polizeibeamten verfolgt wurde. Ein weiterer Polizeibeamter in Zivilkleidung stieg aus seinem Pkw, wobei der Beschwerdeführer gegen seine Fahrzeugtür trat und diese gegen das Bein des Polizisten in Zivilkleidung trat. Dabei erlitt dieser einen Bluterguss und Hautabschürfungen und wurde die Fahrzeugtüre beschädigt. In weiterer Folgte konnte ein Polizist den Beschwerdeführer von hinten ergreifen. Schließlich wurde der Beschwerdeführer in das Polizeianhaltezentrum verbracht (OZ 5: DEF Akt, AS 35 ff).

1.3.4. Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde eingeleitet und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesichert (OZ 13: Stellungnahme des Bundesamtes vom 26.08.2020, S. 3). Eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist möglich.

Derzeit kommt es aufgrund der COVID-19-Pandemie zu Einschränkungen im Flugverkehr. Es treten jedoch vermehrt wieder Lockerungen der COVID-19-Beschränkungen beim internationalen Flugverkehr ein. Zum Entscheidungszeitpunkt ist von der Möglichkeit der Durchführung der Abschiebung in den Herkunftsstaat in den nächsten Monaten auszugehen.

1.3.5. Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung nach Afghanistan widersetzen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten (OZ 4: Niederschrift, S. 4 f).

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres sowie aus den Gerichtsakt das Asylverfahren betreffend (W169 2142164-1).

2.1. Zum bisherigen Verfahren

2.1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zitierten Stellen aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes und der Einsichtnahme in die jeweiligen Register.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft, Festnahme und Anhaltung

2.2.1. Die Feststellungen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers, seinen eigenen Angaben folgend (OZ 4: Niederschrift S. 2; W169 2142164-1/20E). Da der Asylantrag des Beschwerdeführers in Österreich rechtskräftig abgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (W169 2142164-1/20E).

2.2.2. Dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes vom 12.08.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 12.08.2020 waren aufgrund des Akteninhalts und der Einsichtnahme in die Anhaltedatei festzustellen (OZ 4; Anhaltedatei).

2.2.3. Die Feststellungen zum Verfahren hinsichtlich des Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Akteninhalt (W169 2142164-1/20E).

2.2.4. Die Feststellungen zur Festnahme, Einvernahme und Verhängung der Schubhaft ergeben sich aufgrund des im Akt aufliegenden Polizeiberichtes (OZ 5: DEF Akt Teil 1, S. 35 ff).

2.2.5. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit oder gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegen würde. Der Beschwerdeführer gab im Rahmen seiner Befragung vor dem Bundesamt am 12.08.2020 selbst an, dass er gesund ist. Er habe aufgrund der Festnahme Schmerzen in der linken Schulter und im linken Arm verspürt. Dazu wurde der Beschwerdeführer am 12.08.2020 zur Untersuchung in ein Krankenhaus verbracht. Nach der Untersuchung im Krankenhaus wurde der Beschwerdeführer am selben Tag wieder in das Polizeianhaltezentrum verbracht (OZ 4: Niederschrift, S. 2; Anhaltedatei). Es finden sich keine Hinweise im Akt, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Coronavirus zu einer Risikogruppe zählen würde. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

2.3.1. Die Feststellungen zum Vorliegen einer rechtskräftigen, aufenthaltsbeendenden Maßnahme, waren aufgrund des Gerichtsaktes festzustellen (W169 2142164-1/20E).

2.3.2. Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine engen familiären Bindungen hat, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt am 12.08.2020 festzustellen. Dabei gab er an, dass er in Österreich zwar Verwandte habe, zu diesen aber kein Kontakt besteht. Dass der Beschwerdeführer verlobt ist und eine standesamtliche Eheschließung geplant ist, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt und den diesbezüglichen Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz festzustellen. Dass er mit seiner Verlobten nicht zusammenlebt, war aufgrund der Einsichtnahme in das Melderegister und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers festzustellen (Melderegister; OZ 1; OZ 4: Niederschrift S. 5 f).

Die Feststellungen zur Meldeadresse des Beschwerdeführers und seinen Aufenthaltsorten ergeben sich aufgrund seiner eigenen Angaben in Zusammenschau mit den Eintragungen in das Melderegister. Dass er über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, war festzustellen, da der Beschwerdeführer lediglich über einen Nebenwohnsitz verfügt, an welchem er nicht ständig aufhältig war (Melderegister; OZ 4: Niederschrift S. 5).

Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen. Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben, manchmal schwarz zu arbeiten, um seinen Aufenthalt zu finanzieren und dass er keine staatliche Unterstützung erhält Eine nachhaltige Existenzsicherung war mangels Geldreserven, wie dies in der Anhaltedatei ersichtlich ist, nicht zu erblicken. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er lediglich über 500 Euro verfügt hat, wovon 400 Euro von der Polizei bei seiner Festnahme sichergestellt wurden (Anhaltedatei; OZ 4: Niederschrift S. 6). Die in der Beschwerde dazu gemachte Ausführung, wonach die dazu getroffene Feststellung des Bundesamtes „zynisch“ sei, vermochte die Unrichtigkeit der Feststellung nicht darzutun. Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung des Geldbetrages ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

2.3.3. Dass am 31.07.2020 am Nebenwohnsitz des Beschwerdeführers polizeiliche Erhebungen durchgeführt wurden und deren Ergebnis, waren aufgrund des im Akt aufliegenden Erhebungsberichts festzustellen (OZ 5: DEF Akt, AS 31 f). Der Beschwerdeführer gab in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 12.08.2020 zwar zunächst an, dass er von dem Termin am 22.07.2020 nichts gewusst hätte. Dann sagte er jedoch, dass er aus Angst vor einer drohenden Abschiebung dem Termin keine Folge geleistet hätte:

„F: Warum haben Sie dem Ladungstermin bei der LPD XXXX am 22.07.2020 unentschuldigt nicht Folge geleistet?

A: Ich hatte den Termin nicht gewusst und hatte Angst wegen einer eventuellen Abschiebung. Am 19.08.2020 will ich den Termin wahrnehmen. Es gab einen Streit in XXXX . Wir waren dort 4 Personen, ich wollte diese Leute trennen, die Polizei hat uns kontrolliert. Die anderen sagten der Polizei, dass ich nicht Schuld war. Ich habe dann eine Ladung von der Polizei bekommen. Ich hatee jedoch Angst vor einer Abschiebung und habe den Termin deshalb nicht wahrgenommen.“ (OZ 4: Niederschrift S. 5)

Dass der Beschwerdeführer im Rahmen der polizeilichen Erhebungen am 31.07.2020 an seinem Nebenwohnsitz nicht angetroffen werden konnte, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Bericht (OZ 5: DEF Akt, AS 31 f).

Dass der Beschwerdeführer am 11.08.2020 im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen und festgenommen wurde und die dabei versuchte Flucht des Beschwerdeführers waren aufgrund der Anzeige der Polizei festzustellen (OZ 5: DEF Akt, AS 35 ff).

2.3.4. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer waren aufgrund des Akteninhaltes zu treffen (Stellungnahme des Bundesamtes vom 26.08.2020, S. 3).

Die Feststellungen zur grundsätzlichen Möglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer waren aus folgenden Erwägungen zu treffen: Es wurde bereits ein Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet und der Ausstellung eines Heimreisezertifikats zugestimmt. Aufgrund der derzeitigen Corona-Pandemie kommt es zwar auch weiterhin zu Verzögerungen im internationalen Flugverkehr, es sind jedoch bisher keine fortdauernden Hindernisse, die eine Abschiebung auf Dauer unmöglich machen zu Tage getreten. Das Bundesamt wird seiner gesetzlichen Verpflichtung entsprechend, den Beschwerdeführer ehestmöglich nach Afghanistan abschieben. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft besteht somit aus aktueller Sicht zum Entscheidungszeitpunkt. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand mit wenigen Monaten einzustufen. Eine Abschiebung im Herbst 2020 ist aus derzeitiger Sicht jedenfalls realistisch. Gegenwärtige Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 werden schrittweise im internationalen Flugverkehr gelockert und verschärfte Gesundheitskontrollen und Quarantänemaßnahme angeordnet. Es ist daher davon auszugehen, dass Abschiebungen durchführbar sein werden. Zum Entscheidungszeitpunkt lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer grundsätzlich ausgeschlossen wäre oder eine Abschiebung dauerhaft nicht erfolgen könnte.

2.3.5. Dass sich der Beschwerdeführer sich einer Abschiebung nach Afghanistan widersetzen wird, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt am 12.08.2020 festzustellen. Dabei gab er selbst klar und unmissverständlich zum Ausdruck, dass er nicht freiwillig ausreisen und sich seiner Abschiebung widersetzen werde:

„F: Sind Sie nun bereit freiwillig nach Afghanistan auszureisen?

A: Hunderprozentig nicht.

F: Würden Sie gegen eine beabsichtigte Abschiebung Widerstand leisten?

A: Ja ich würde Widerstand leisten. Es ist besser wenn Sie mich gleich hier umbringen.“ (OZ 4: Niederschrift S. 4 f)

Dass der Beschwerdeführer bei seiner Entlassung aus der Schubhaft der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird, war festzustellen, da der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 12.08.2020 auch angegeben hat, dass er bereits einer polizeilichen Ladung keine Folge leistete, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung. Nachdem der Beschwerdeführer selbst angegeben hat, dass er sich in der Vergangenheit manchmal bei Freunden aufgehalten habe, ist davon auszugehen, dass er sich auch künftig nicht ununterbrochen an seinem Nebenwohnsitz aufhalten wird, um seine Abschiebung zu vereiteln (OZ 4: Niederschrift, S. 5).

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.2. Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,

1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,

2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder

3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn

1. dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,

2. gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,

3. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,

4. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder

5. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.

(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.

(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter da der von ihm gestellte Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig abgewiesen wurde.

Daher war die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Es liegt seit dem 09.04.2020 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Das Bundesamt hat unverzüglich die nötigen Schritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikates gesetzt. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Vertretungsbehörde wurde zugesichert. Es liegen zwar aktuell temporäre Einreisebeschränkungen betreffend Flugabschiebungen vor, sind jedoch vorübergehende Maßnahmen weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach derzeitiger Lage innerhalb der gesetzlichen Schubhaftdauer möglich ist.

Nach derzeitige Sachlage scheint eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den nächsten Monaten möglich und wahrscheinlich.

3.4. Fluchtgefahr

Das Verfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht ausreisewillig ist und polizeilichen Ladungen aus Angst vor seiner Abschiebung, keine Folge geleistet hat, er lediglich über einen Nebenwohnsitz verfügt, an dem er nicht immer aufhältig war und er sich im Zuge seiner Festnahme losgerissen hat und versucht hat zu flüchten. Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Der Beschwerdeführer hat durch sein Nichterscheinen trotz polizeilicher Ladung und sein Losreisen und Weglaufen bei seiner Festnahme seine bevorstehende Abschiebung zu umgehen versucht und versucht sich seiner Festnahme durch Flucht zu entziehen. Der Tatbestand ist daher erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er versucht hat, sich seiner Festnahme durch Losreißen und Flucht zu entziehen, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. Der Beschwerdeführer hat zwar angegeben eine Verlobt in Österreich zu haben, er lebt mit seiner Verlobter aber nicht im gemeinsamen Haushalt. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 9 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen.

In Österreich befinden sich keine nahen Familienangehörigen des Beschwerdeführers, seine Verlobte lebt in Österreich, mit der der Beschwerdeführer aber nicht zusammenlebt. Er ist auch sonst nicht sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es liegt seit 09.04.2020 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Das Verfahren zur Erlangung des Heimreisezertifikates wurde unverzüglich eingeleitet und der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bereits zugesichert. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer enge familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren klar zum Ausdruck gebracht, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine nahen Angehörigen außer einer Verlobten, mit der er nicht zusammenwohnt, in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

Das Verfahren zur Erlangung des Heimreisezertifikates wurde unverzüglich eingeleitet und die Ausstellung zugesichert. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.7. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens, insbesondere dem Losreißen und Weglaufens im Zuge der polizeilichen Festnahme nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.8. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt II. – Fortsetzungsausspruch

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und „ermächtigt“ das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage „in der Sache“ zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Im Verfahren haben sich keine Umstände ergeben, die gegen die rechtliche und faktische Durchführbarkeit einer Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sprechen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft (siehe 3.3.1. bis 3.3.8) besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG, insbesondere auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und 9 FPG, Fluchtgefahr vorliegt sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung seiner Abschiebung - somit ein erheblicher Sicherungsbedarf - zu bejahen ist.

Der Beschwerdeführer ist weder beruflich noch sozial verankert, er hat keinen festen Wohnsitz in Österreich. Durch sein Verhalten, nämlich sein Nichterscheinen bei der Polizei aufgrund der Befürchtung seiner Abscheibung, sein Losreißen und Wegrennen nach seiner Festnahme durch die Polizei am 11.08.2020, seine Ausreiseunwilligkeit und seine dazu gemachten Angaben ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nicht freiwillig einer Abschiebung fügen wird, sondern erneut flüchten und untertauchen wird, sodass Fluchtgefahr gegeben ist.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte "Ultima-ratio-Situation" für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig (siehe Ausführungen zu 3.3.1. bis 3.3.8).

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt III. – Festnahme und Anhaltung

Gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 09.04.2020 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme. Seit Ablauf der vierwöchigen Frist für die freiwillige Ausreise, war sein Aufenthalt nicht mehr rechtmäßig und fällt auch nicht in das 6. Hauptstück des FPG. Derartiges wurde weder behauptet, noch ergeben sich Hinweise dafür aus dem Akt.

Der Beschwerdeführer wurde am 11.08.2020 um 19:05 Uhr aufgrund seines rechtswidrigen Aufenthalts zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG festgeno

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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