Entscheidungsdatum
31.08.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W117 2205394-7/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien (tatsächlich ungeklärt), im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 29.06.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.
Seitens der tunesischen Botschaft wurde bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer unter der im Spruch angeführten Verfahrensidentität unbekannt sei und es wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats abgelehnt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) unternahm in weiterer Folge Nachforschungen und Anfragen bei den Botschaften Libyens, Marokkos, Ägyptens und Algeriens. Diese blieben teils erfolglos, teils sind sie noch nicht abgeschlossen.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich sieben Mal rechtskräftig verurteilt, zuletzt am 21.02.2019 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten.
Am 13.01.2020 wurde dem Beschwerdeführer der gegenständliche Schubhaftbescheid während seiner Anhaltung in Strafhaft zugestellt. Unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft, am 17.01.2020 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen.
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2020, 13.05.2020, 10.06.2020, 08.07.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
Am 29.07.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG unter Abgabe einer Stellungnahme vor.
Darüber entschied das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis W251 2205394-6/2E vom 05.08.2020 wie folgt:
„Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.“
Es begründete seine Entscheidung folgendermaßen:
„Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte am 29.06.2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Aktenvermerk vom 21.08.2013 wurde das Asylverfahren aufgrund des unbekannten Aufenthaltsortes des Beschwerdeführers zunächst eingestellt. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.03.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Tunesien zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gewährt. Diese Entscheidung blieb unangefochten und erwuchs mit 02.04.2015 in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet, bereits während des laufenden Asylverfahrens, wiederholt straffällig. Der Beschwerdeführer wurde sieben Mal von inländischen Gerichten rechtskräftig verurteilt.
Mit Bescheid vom 08.08.2016 wurde über den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot für die Dauer von 7 Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer war seit seiner Einreise nach Österreich im Juni 2013 von 19.04.2014 bis 19.05.2014, von 28.06.2014 bis 23.12.2014, von 29.03.2015 bis 29.10.2015, von 01.12.2015 bis 30.06.2016, von 05.09.2016 bis 23.12.2016, von 17.03.2017 bis 05.10.2018, von 19.01.2019 bis 17.01.2020 in Justizanstalten in Untersuchungshaft bzw. Strafhaft sowie in einem Polizeianhaltezentrum in Schubhaft. Am 17.01.2020 wurde der Beschwerdeführer von der Justizanstalt in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.01.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Seit dem 17.01.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2020, 13.05.2020, 10.06.2020 und vom 08.07.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
Am 23.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer aufgrund einer Ordnungswidrigkeit, nämlich dem unerlaubten Besitz von 43 Stück Tabletten im Polizeianhaltezentrum, eine Disziplinierungsmaßnahme angeordnet.
Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wurde hinsichtlich mehrerer potentieller Herkunftsstaaten eingeleitet und betrieben. Zum Entscheidungszeitpunkt sind die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer bei der algerischen und der marokkanischen Vertretungsbehörde anhängig. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bei der algerischen Botschaft zuletzt am 26.06.2020 urgiert. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde bei der marokkanischen Botschaft am 02.07.2020 urgiert, indem eine Urgenz persönlich an den Botschafter übergeben wurde. Am 17.07.2020 wurde eine Urgenz per E-Mail an die marokkanische Botschaft übermittelt. Am 23.07.2020 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikats samt Beilagen persönlich neuerlich an die Botschaft übergeben.
Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft
Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, als Verfahrensidentität führt er die Staatsangehörigkeit von Tunesien. Der Beschwerdeführer hat in Österreich unrichtige Angaben über seine Identität gemacht, die Identität des Beschwerdeführers steht derzeit nicht fest. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.03.2015, der am 02.04.2015 in Rechtskraft erwachsen ist, eine Rückkehrentscheidung erlassen. Am 25.08.2016 erwuchs ein hinsichtlich des Beschwerdeführers erlassenes Einreiseverbot für die Dauer von 7 Jahren samt Rückkehrentscheidung in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.
Der Beschwerdeführer wird seit dem 17.01.2020 in Schubhaft angehalten.
Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 02.04.2015 eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
Der Beschwerdeführer hat am Asylverfahren nicht mitgewirkt und war sein Aufenthaltsort für das Bundesamt nicht feststellbar.
Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.
Der Beschwerdeführer verhält sich im Verfahren seit Jahren in höchstem Maße unkooperativ. Er verweigert bewusst entscheidende korrekte Angaben zu seiner Person, insbesondere zu seiner Staatsangehörigkeit. Eine Sprachanalyse zur Feststellung seiner Staatsangehörigkeit hat er abgebrochen und verweigert. Der Beschwerdeführer versucht seine Identität zu verschleiern, um einer Abschiebung zu entgehen. Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung widersetzen.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte.
Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Asylantragstellung am 29.06.2013 in Österreich mehr als 5 Jahre in Justizanstalten bzw. Polizeianhaltezentren in Strafhaft bzw. Schubhaft. Der Beschwerdeführer war und ist in Österreich behördlich ausschließlich in den jeweiligen Haftanstalten gemeldet. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.
Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung.
Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Es konnten weder die Verurteilungen noch die Inhaftierungen den Beschwerdeführer zu rechtskonformen Verhalten bewegen.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 19.05.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB sowie 27 Abs. 1 erster Fall, 27 Abs. 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG) und wegen Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 21.07.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 10.04.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG sowie 27 Abs. 1 Z 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 21.12.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB sowie 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat am 30.11.2015 gewerbsmäßig anderen durch gewinnbringenden Verkauf vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut überlassen bzw. zu überlassen versucht. Weiters hat der Beschwerdeführer von einem nicht mehr festzustellenden Zeitraum Mitte November bis 30.11.2015 Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Dabei wurden das Geständnis des Beschwerdeführers, sowie sein Alter unter 21 Jahren bei Tatbegehung sowie die Sicherstellung eines Teiles des Suchtgiftes mildernd bei der Strafbemessung berücksichtigt. Erschwerend wurden das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die drei einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall ins Kalkül gezogen.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 24.04.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 2a dritter Fall, sowie 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat am 16.03.2017 vorschriftswidrig auf einer öffentlichen Verkehrsfläche einem verdeckten Ermittler Cannabiskraut verschafft sowie Zug um Zug gegen Übernahme des Kaufpreises übergeben. Mildernd wurden das Geständnis des Beschwerdeführers und die Tatbegehung im Alter unter 21 Jahren berücksichtigt. Erschwerend wurden die vier einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers sowie das Zusammentreffen von zwei Vergehen bei der Strafbemessung berücksichtigt.
Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 08.05.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 21.02.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen versuchter schwerer Körperverletzung (§§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB) und versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Der Verurteilung liegt eine Tathandlung am 18.01.2019 zugrunde, als der Beschwerdeführer versuchte, Polizeibeamte an Amtshandlungen zu hindern, und zwar an der Festnahme des Beschwerdeführers, indem er einem Polizisten mit seinem Oberkörper mehrere Stöße gegen den Körper versetze, wodurch beide zu Sturz kamen. Weiters versuchte er seine Festnahme zu verhindern, indem er Tritte gegen den Körper zweier Polizeibeamten setze und seine Verbringung in den Arrestantenwagen zu hindern versuchte, indem er Tritte gegen die Köpfe von zwei Polizeibeamten setzte. Bei der Strafbemessung wurde mildernd berücksichtigt, dass es beim Versuch geblieben ist. Erschwerend wurden der rasche Rückfall, die einschlägigen rückfallsbegründenden Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen bemessen.
Beim Beschwerdeführer wurden während der Anhaltung in Schubhaft 43 Stück Tabletten vorgefunden, wobei dies verboten ist und eine Ordnungswidrigkeit darstellt.
Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wurde hinsichtlich mehrerer potentieller Herkunftsstaaten eingeleitet. Die behauptete tunesische Staatsangehörigkeit hat der Beschwerdeführer nie belegt. Sie konnte im Zuge von Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats auch nicht verifiziert werden. Es gibt stichhaltige Hinweise für eine algerische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers. Das Bundesamt steht im Kontakt mit der algerischen Botschaft. Derzeit laufen auch entsprechende Ermittlungen der algerischen Behörden. Überdies läuft aktuell auch ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats mit Marokko als weiterem potenziellen Herkunftsstaat.
Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifkates für den Beschwerdeführer ist zum Entscheidungszeitpunkt bei der algerischen und der marokkanischen Vertretungsbehörde anhängig. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde zuletzt am 08.05.2020 bei der algerischen Vertretungsbehörde vom Bundesamt urgiert.
Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer in seinen Herkunftsstaat besteht ungeachtet der faktisch ungeklärten Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße. Die alleinige Verantwortung für die Dauer der Anhaltung liegt im Verhalten des Beschwerdeführers. Dass der Beschwerdeführer bisher noch nicht abgeschoben wurde, liegt daran, dass dieser versucht seine Abschiebung zu verhindern.
Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 08.07.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.
Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die bisherigen Haftüberprüfungen, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
Dass gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung besteht, die seit dem 02.04.2015 rechtskräftig und durchsetzbar ist, war aufgrund der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt festzustellen.
Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Da der Asylantrag des Beschwerdeführers in Österreich rechtskräftig abgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Die Identität des Beschwerdeführers wird mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers und mangels Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten im Verfahren als Verfahrensidentität geführt.
Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot vorliegen, ergibt sich aus dem Akteninhalt
Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Der Beschwerdeführer gab bei seiner Einvernahme am 08.10.2019 selbst an, dass er gesund ist.
Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.
Dass der Beschwerdeführer seit 17.01.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei
Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister sowie auf den Urteilsausfertigungen sowie den im Akt aufliegenden Bericht über die Disziplinierungsmaßnahme aufgrund einer Ordnungswidrigkeit in der Anhaltung
Dem Akteninhalt war zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer während des laufenden Asylverfahrens untergetaucht ist und für das Bundesamt nicht auffindbar war. Der Beschwerdeführer war daher zu diesem Zeitpunkt nicht für die Behörde greifbar. Er hat sich dem laufenden Verfahren entzogen bzw. den Fortgang des Verfahrens behindert. Aus diesem Grunde musste das anhängige Asylverfahren zunächst eingestellt werden
Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass er aufgrund seines Vorverhaltens, wonach er bereits sieben Mal von österreichischen Gerichten aufgrund von Strafrechtsdelikten rechtskräftig verurteilt wurde, für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann.
Das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers wird seitens des Gerichts als unkooperativ qualifiziert, da der Beschwerdeführer in den bisherigen Verfahren bewusst entscheidende korrekte Angaben zu seiner Person, insbesondere auch zu seiner Staatsangehörigkeit verweigert hat. Er machte tatsachenwidrige Angaben in seiner Einvernahme vom 14.09.2018, wo der Beschwerdeführer ausdrücklich verneinte, Tunesier zu sein obwohl er genau diese Staatsbürgerschaft seinem Asylverfahren zu Grunde gelegt hatte. Dazu kommt der mutwillige Abbruch einer eingeleiteten Sprachanalyse sowie die Verweigerung seiner Unterschrift auf dem Protokoll der Einvernahme vom 14.09.2018. Auch das Untertauchen während des anhängigen Asylverfahrens war mit ins Kalkül zu ziehen. Dass der Beschwerdeführer seine Identität zu verschleiern versucht, um einer Abschiebung zu entgehen, war aufgrund seiner Verweigerung der Identitätsfeststellung festzustellen. Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer seiner Abschiebung widersetzten wird, fußt auf seinen eigenen Angaben in der Einvernahme.
Dass der Beschwerdeführer in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte hat, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt am 08.10.2019 festzustellen.
Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister. Der Beschwerdeführer hat in der Vergangenheit behördliche Meldungen an Justizanstalten bzw. Polizeianhaltezentren im Ausmaß von mehr als 5 Jahren vorzuweisen. Aus dem Melderegister ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt. Dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 08.10.2019 selbst angibt, bei einer Freundin – zu der kein Kontakt besteht – Unterkunft nehmen zu können, vermochte die Annahme eines gesicherten Wohnsitzes nicht zu begründen. Von einem gesicherten Wohnsitz konnte daher nicht ausgegangen werden.
Eine nachhaltige Existenzsicherung ist mangels Geldreserven, wie dies in der Anhaltedatei ersichtlich ist nicht zu erblicken. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vom 08.10.2019, wonach er weder über ein Bankguthaben oder ein Sparguthaben verfügt. Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen und hat der Beschwerdeführer eine Beschäftigung auch verneint.
Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner sieben rechtskräftigen Verurteilungen festzustellen. Dass ihn weder seine Verurteilungen noch die Inhaftierungen von weiteren Straftaten abhalten konnten, war aufgrund der Anzahl seiner Verurteilungen und Inhaftierungen festzustellen. Dass der Beschwerdeführer auch während seiner Anhaltung im Polizeianhaltezentrum aufgrund einer Ordnungswidrigkeit diszipliniert werden musste, bestärkt diese Annahme.
Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten werde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher jahrelang gezeigtes Verhalten ändern werde.
Die Feststellungen zu den Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer und dem aktuellen Stand der einzelnen Verfahren beruhen auf dem Akteninhalt und der Stellungnahme des Bundesamtes vom 29.07.2020.
Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats nicht erfolgen können soll. Dass der Beschwerdeführer noch nicht abgeschoben wurde, ist ausschließlich auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft und die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers zurückzuführen. Es liegt daher in erster Linie am Beschwerdeführer durch entsprechende Mitwirkung das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifkates zu beschleunigen. Zudem sind aktuell zwei Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer anhängig, weshalb die Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht als aussichtslos erachtet werden kann.
Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit dem letzten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung der weiteren Anhaltung in Schubhaft ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch
(…)
Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.
Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er während seines ersten Asylverfahrens untergetaucht ist, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.
Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.
Der Beschwerdeführer verhält sich unkooperativ, er achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Er versucht seine Identität zu verbergen um seine Abschiebung zu verhindern. Auch dies indiziert eine erhebliche Fluchtgefahr.
Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.
Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Der Beschwerdeführer weist Vorstrafen nach dem Strafgesetzbuch und Suchtmittelgesetz auf, wobei sich der Zeitraum, in dem er die strafbaren Handlungen gesetzt hat, von 2014 bis 2019 erstreckt. Die besondere Verwerflichkeit dieser Taten manifestiert sich nicht nur im langen Deliktszeitraum und der Tatbegehung trotz erfolgter gerichtlicher Verurteilung, sondern insbesondere auch darin, dass der Beschwerdeführer Suchtmittel überlassen hat, um sich eine Einnahmequelle zu verschaffen. Aus den Verurteilungen lässt sich auch ableiten, dass der Beschwerdeführer wiederholt gleichartige Delikte gesetzt hat und sohin auch durch einschlägige Vorverurteilungen und bereits vollzogenen Strafhaften nicht von der weiteren Tatbegehung abgehalten werden konnte. Allein aus diesen Erwägungen besteht3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Der Beschwerdeführer weist Vorstrafen nach dem Strafgesetzbuch und Suchtmittelgesetz auf, wobei sich der Zeitraum, in dem er die strafbaren Handlungen gesetzt hat, von 2014 bis 2019 erstreckt. Die besondere Verwerflichkeit dieser Taten manifestiert sich nicht nur im langen Deliktszeitraum und der Tatbegehung trotz erfolgter gerichtlicher Verurteilung, sondern insbesondere auch darin, dass der Beschwerdeführer Suchtmittel überlassen hat, um sich eine Einnahmequelle zu verschaffen. Aus den Verurteilungen lässt sich auch ableiten, dass der Beschwerdeführer wiederholt gleichartige Delikte gesetzt hat und sohin auch durch einschlägige Vorverurteilungen und bereits vollzogenen Strafhaften nicht von der weiteren Tatbegehung abgehalten werden konnte. Allein aus diesen Erwägungen besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers. Verstärkt wird dieses öffentliche Interesse noch dadurch, dass der Beschwerdeführer durch Widerstand gegen zwei Polizeibeamten geleistet hat, um seine Festnahme zu verhindern.
Da der Beschwerdeführer nicht einmal durch rechtskräftige Bestrafungen von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden konnte, ist davon auszugehen, dass er auch künftig Straftaten nach dem Strafgesetzbuch bzw. Suchtmittelgesetz begehen werde. Aufgrund der verschiedenen begangen Deliktsarten und insbesondere aufgrund der wiederholten Begehung von Suchtgiftdelikten und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt gefährdet der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Daher besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers.
Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers. Das Gericht geht daher – wie oben angeführt – auch weiterhin von der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des Bundesamtes eine baldige Abschiebung nach Erlangung eines Heimreisezertifikates durchführen zu können, aufgrund der aktenkundigen Verfahrensschritte deutlich hervorgekommen sind. Es ist daher dem Beschwerdeführer nach Ansicht des Gerichtes zuzumuten weiterhin in Schubhaft zu bleiben. Dies insbesondere auch deshalb, da die Dauer seiner Anhaltung in Schubhaft in besonderem Maße durch sein unkooperatives Verhalten, das darauf abzielt, seine Abschiebung zu erschweren bzw. zu verhindern, bedingt ist.
Das Bundesamt hat die Ausstellung eines Heimreisezertifikats seit der letzten Schubhaftüberprüfung mehrfach urgiert. Das Bundesamt hat daher seit der letzten Schubhaftüberprüfung auf eine besonders kurze Anhaltung in Schubhaft hingewirkt.
Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Es obliegt dem Beschwerdeführer durch eine Kooperation mit den Behörden und Mitwirkung bei seiner Identitätsfeststellung die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung.
Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats erfolgt umgehend eine Abschiebung des Beschwerdeführers. Die Ausstellung des Heimweisezertifikats scheint derzeit wahrscheinlich. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten scheint die Aufrechterhaltung der seit 17.01.2020 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft verhältnismäßig.
Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.
(…)“
Die Verwaltungsbehörde übermittelte den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 26.08.2020 und begehrte die Fortsetzung der Anhaltung. Unter anderem führte sie aus:
„Das HRZ-Verfahren mit ALGERIEN ist weiterhin laufend und wurde zuletzt mit Einzelurgenz am 21.08.2020 neuerlich urgiert.
Das HRZ-Verfahren mit MAROKKO ist ebenfalls weiterhin laufend. Die Unterlagen des HRZVerfahrens wurden neuerlich nach Rabat übermittelt und die Identifizierung urgiert.
Der Fremde selbst hat auch weiterhin keine Schritte gesetzt um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Die weiter anhaltende Dauer seiner Schubhaft hat der Fremde somit selbst zu verantworten.
Der Fremde verweigerte am 06.08. und am 13.08.2020 den Termin zur Schubhaftbetreuung.
Der Fremde sollte am 16.08.2020 - nach Rücksprache mit dem BFA - in das Anhaltezentrum Vordernberg verlegt werden.
Der Fremde verweigerte jedoch – trotz Belehrung durch einen Beamten des PAZ-Rossauer Lände – die Überstellung. Der Fremde wurde daraufhin wegen Nichtbefolgung einer Anordnung auf Anordnung des Kommandanten einer Disziplinierungsmaßnahme unterworfen und in Einzelhaft verbracht.
Laut Rücksprache am 26.08.2020 mit der Sanitäts-Stelle PAZ-RL ist der Fremde uneingeschränkt haftfähig. Der Fremde erhält lediglich weiterhin eine Schlafmedikation.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt erwogen:
Feststellungen:
Der vom Bundesverwaltungsgericht im angeführten Vorerkenntnis W251 2205394-6/2E vom 05.08.2020, zugrunde gelegte Sachverhalt, welcher im Rahmen obigen Verfahrensganges zitiert wurde, wird zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.
Ergänzend wird daher folgendes festgehalten:
Das HRZ-Verfahren mit Algerien ist weiterhin laufend und wurde zuletzt mit Einzelurgenz am 21.08.2020 neuerlich urgiert. Das HRZ-Verfahren mit Marokko ist ebenfalls weiterhin laufend. Die Unterlagen des HRZVerfahrens wurden neuerlich nach Rabat übermittelt und die Identifizierung urgiert.
Der Beschwerdeführer selbst hat auch weiterhin keine Schritte gesetzt um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.
Er verweigerte am 06.08.2020 und am 13.08.2020 den Termin zur Schubhaftbetreuung.
Der Beschwerdeführer sollte am 16.08.2020 - nach Rücksprache mit dem BFA - in das Anhaltezentrum Vordernberg verlegt werden. Er verweigerte jedoch – trotz Belehrung durch einen Beamten des PAZ-Rossauer Lände – die Überstellung. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin wegen Nichtbefolgung einer Anordnung auf Anordnung des Kommandanten einer Disziplinierungsmaßnahme unterworfen und in Einzelhaft verbracht.
Laut Rücksprache am 26.08.2020 mit der Sanitäts-Stelle PAZ-RL ist der Fremde uneingeschränkt haftfähig. Der Fremde erhält lediglich weiterhin eine Schlafmedikation.“
Es hat sich also keine für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechende Änderung ergeben.
Beweiswürdigung:
Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnis übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezüglich zutreffenden Ausführungen zu verweisen – die angeführten Sachverhaltsparameter sind unzweifelhaft der Aktenlage zu entnehmen und ist der Beschwerdeführer während seiner nachfolgenden Anhaltung den inhaltlich deckungsgleichen Erwägungen des Vorerkenntnisses weder in Form einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, noch in Gestalt einer weiteren Schubhaftbeschwerde entgegengetreten.
Die Verwaltungsbehörde ist weiter äußerst bemüht, ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erwirken, wie gerade die jüngsten in der Stellungnahme anlässlich der aktuellen Vorlage angeführten Schritte dokumentieren; die Verwaltungsbehörde hat in diesem Zusammenhang auch auf die weiterhin mangelnde Kooperation des Beschwerdeführers hingewiesen.
Das gänzliche Fehlen der Kooperationsbereitschaft zeigt sich auch, wie die Verwaltungsbehörde gleichfalls in Übereinstimmung mit der Aktenlage, der Anhaltedatei des BMI, ausführte, im jüngst vom Beschwerdeführer an den Tag gelegten Verhalten, als er zwei Termine zur Schubhaftbetreuung und auch die Verlegung nach Vordernberg verweigerte.
In diesem Sinne war auch die Feststellung, es habe sich bis zum heutigen Zeitpunkt keine Änderung auf Tatsachenebene ergeben, welche für eine Freilassung des Beschwerdeführers spreche, zu treffen bzw. sogar der Schluss zu ziehen, dass sich aufgrund des aktuellen Verhaltens die Gefahr des Untertauchens noch weiter vergrößert hat.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):
Gesetzliche Grundlagen:
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß
Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
Zur Judikatur:
Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe.“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).
Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.
Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher bereits umfassend dem angeführten Vorerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes und der Aktenvorlage zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, keine für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; dies aber bedeutet, dass die im zitierten Vorerkenntnis vorgenommene rechtliche Beurteilung, welche von erheblicher Fluchtgefahr ausgeht, weiterhin volle Gültigkeit aufweist.
In diesem Sinne wird die im Rahmen des Verfahrensganges zitierte rechtliche Beurteilung des Vorerkenntnisses zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung erhoben.
Damit ist jedenfalls auch aktuell insbesondere aufgrund des jüngst vom Beschwerdeführer gezeigten Verhaltens der Verweigerung zweier Schubhaftbetreuungstermine und der Verlegung nach Vordernberg von erheblicher Fluchtgefahr auszugehen und kam deswegen auch aktuell die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht in Frage.
Im Hinblick auf das gerade auch aktuell vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten erübrigen sich weitere über das Vorerkenntnis hinausgehende Überlegungen zur Frage der Verhältnismäßigkeit; der Vollständigkeit halber sei aber angemerkt, dass sich die vom Beschwerdeführer zu vertretende Dauer der Schubhaft immer noch im unteren Bereich der möglichen Maximaldauer von 18 Monaten (§ 80 Abs. 4 Z 1 FPG) – bei fehlender Identifikation aufgrund mangelnder Kooperation – bewegt.
Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.
Zu Spruchpunkt B – Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Haftfähigkeit Herkunftsstaat Identität Interessenabwägung öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Staatsangehörigkeit Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft Suchtmitteldelikt Untertauchen VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2205394.7.00Im RIS seit
01.12.2020Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020