Entscheidungsdatum
23.09.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W250 2231023-2/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Georg KLAMMER, gegen seine Anhaltung in Schubhaft von 20.05.2020 bis 17.08.2020 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 20.05.2020 bis 23.07.2020 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 23.07.2020 bis 17.08.2020 wird gemäß § 76 Abs. 6 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 14.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Ungarn. Er entzog sich diesem Verfahren, reiste unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte hier am 25.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge aus Bundesamt bezeichnet) vom 21.09.2018 vollinhaltlich abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist und als Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2019 abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde der damaligen Rechtsvertreterin des BF am 23.01.2020 zugestellt.
2. Seit 29.01.2020 verfügte der BF über keine Meldeadresse, er verließ sein Grundversorgungsquartier am 28.01.2020. Das Bundesamt erließ am 28.02.2020 gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG einen den BF betreffenden Festnahmeauftrag.
3. Am 11.05.2020 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen, festgenommen und dem Bundesamt vorgeführt. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.05.2020 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung über den BF angeordnet. Die gegen diesen Bescheid erhobene Schubhaftbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.05.2020 abgewiesen, gleichzeitig wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
4. Der BF trat am 23.05.2020 in einen Hungerstreik, den er am 07.06.2020 wieder beendete.
5. Am 06.07.2020 wurde der BF vom Bundesamt einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme. Nach Afghanistan wolle er nicht ausreisen und könne dorthin auch nicht zurück. Er habe in Österreich die Sprache gelernt, sei nicht kriminell gewesen und habe keine Probleme mit der Polizei. Nach Afghanistan könne er auch auf Grund der Corona-Pandemie nicht zurückkehren.
Dem Bundesamt wurde am 13.07.2020 von einer die Rückkehrberatung durchführenden Organisation mitgeteilt, dass der BF am 02.07.2020 über das Projekt „Restart-III“ ausführlich informiert worden sei, er jedoch nicht rückkehrwillig sei.
6. Am 23.07.2020 stellte der BF einen Asyl-Folgeantrag, die diesbezügliche Erstbefragung fand noch am selben Tag statt. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er weder über Barmittel noch über andere Formen der Unterstützung verfüge und keine Verpflichtungserklärung für ihn abgegeben worden sei. Er sei anwaltlich vertreten, wisse jedoch den Namen seines Vertreters nicht. An Krankheiten leide er nicht und er habe Österreich seit der rechtskräftigen Entscheidung über seinen ersten Asylantrag nicht verlassen. Zu seinen Gründen für den neuerlichen Asylantrag befragt gab der BF an, dass er noch nie in Afghanistan gewesen und in Pakistan geboren sei. Seine gesamte Familie wohne in Pakistan, in Afghanistan habe er niemanden. Das Land sei sehr gefährlich, man könne dort nicht leben. Dies seien alle seine Fluchtgründe, mehr wolle er nicht hinzufügen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er getötet zu werden. Konkrete Hinweise, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe gebe es nicht, aber es herrsche in Afghanistan Krieg. Die Änderung der Situation bzw. die Fluchtgründe seien dem BF schon immer bekannt gewesen. An Beweismitteln könne er Unterlagen aus Pakistan holen, als Beweis dafür, dass er dort gelebt habe.
Mit Aktenvermerk des Bundesamtes vom 23.07.2020 wurde gemäß § 76 Abs. 6 FPG festgehalten, dass Gründe zur Annahme vorliegen, dass der BF den Antrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt hat. Dieser Aktenvermerk wurde dem BF am 23.07.2020 zur Kenntnis gebracht.
7. Am 15.08.2020 erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen seine Anhaltung in Schubhaft seit 20.05.2020. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass eine Abschiebung nach Afghanistan derzeit nicht möglich sei. Das Coronavirus sei in Afghanistan stark verbreitet, Erkrankte würden zudem stigmatisiert und führe die Coronapandemie wegen des Einkommensausfalles bei gleichzeitig gestiegenen Lebensmittelpreisen zu einer aktuellen Nahrungsmittelkrise. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohe dem BF, dass er verhungere, sodass seine Abschiebung nach Afghanistan auf Grund seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK nicht zulässig sei. Damit könne die Schubhaft ihren Sinn die Abschiebung zu sichern, nicht erfüllen.
Die Abschiebung des BF sei auch deshalb nicht zulässig, da sein Asyl-Folgeantrag noch unerledigt sei und ihm daher faktischer Abschiebeschutz zukomme.
Gemäß Art. 15 der Richtlinie 2008/115/EG habe die Haftdauer so kurz wie möglich zu sein und dürfe sich nur auf die Dauer der laufenden Abschiebevorkehrungen erstrecken, solange diese mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden. Von laufenden Abschiebevorkehrungen könne jedoch nicht die Rede sein und sei davor der Asylfolgeantrag zu erledigen. Auf Grund der sich verschlechtert habenden Situation in Afghanistan sei eine subsidiäre Schutzgewährung nunmehr wahrscheinlich, jedenfalls habe die Behörde das Verfahren inhaltlich zu prüfen und damit zuzulassen.
Bereits im ersten Schubhaftbeschwerdeverfahren habe der BF belegt, dass er bei einem Freund wohnen könne, damit bestehe auch keine Notwendigkeit die Haft aus Gründen einer Fluchtgefahr aufrecht zu erhalten.
Der BF beantragte die Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.05.2020, jedenfalls aber ab Asylantragstellung vom 23.07.2020 als rechtswidrig festzustellen, festzustellen, dass die Fortsetzung der Schubhaft unzulässig ist und dem BF Aufwandersatz im gesetzlichen Umfang zuzusprechen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.
9. Am 17.08.2020 wurde der BF vom Bundesamt zur Überprüfung der Anordnung eines gelinderen Mittels einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme. Er habe in der Schubhaftbeschwerde bereits eine Adresse angegeben an der er sich aufhalten und behördlich melden werde. Er werde sich auch bei der Polizei melden. An Barmittel verfüge er über EUR 387,--.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.08.2020 wurde über den BF gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG das gelindere Mittel der täglichen Meldeverpflichtung bei einer bestimmten Polizeiinspektion beginnend ab 18.08.2020 zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.
Am 17.08.2020 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen.
10. Das Bundesamt legte am 17.08.2020 den Verwaltungsakt vor, gab am 18.08.2020 eine Stellungnahme ab und beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sowie den BF zum Kostenersatz zu verpflichten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang
Der unter I.1. bis I.10. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
2.1. Der BF ist ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF war während seiner Anhaltung in Schubhaft weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist in Österreich unbescholten.
2.2. Der BF litt während seiner Anhaltung in Schubhaft an keinen Krankheiten und nahm keine Medikamente ein. Er war gesund und haftfähig.
2.3. Der BF wurde von 11.05.2020 bis 17.08.2020 in Schubhaft angehalten.
3. Zur Fluchtgefahr, zum Sicherungsbedarf und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
3.1. Der BF stellte am 14.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Ungarn. Diesem Verfahren hat er sich durch unrechtmäßige Einreise nach Österreich entzogen.
3.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.09.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 25.05.2016 vollinhaltlich abgewiesen und eine den BF betreffende Rückkehrentscheidung erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2020 abgewiesen. Wenige Tage nach Zustellung dieses Erkenntnisses an seine damalige Rechtsvertreterin tauchte der BF unter und behinderte damit seine Abschiebung.
3.3. Am 23.07.2020 stellte der BF während seiner Anhaltung in Schubhaft einen Asylfolgeantrag in der ausschließlichen Absicht, seine Abschiebung zu verzögern.
3.4. Der BF befand sich von 23.05.2020 bis 07.06.2020 in Hungerstreik.
3.5. Am 17.08.2020 gab der BF gegenüber dem Bundesamt an, dass er über eine Wohnmöglichkeit verfüge an der er sich behördlich melden und einem gelinderen Mittel nachkommen werde. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.08.2020 wurde gegen den BF das gelindere Mittel der täglichen Meldeverpflichtung bei einer näher bezeichneten Polizeiinspektion erlassen und der BF aus der Schubhaft entlassen. Dem gelinderen Mittel kam der BF zu keinem Zeitpunkt nach, über eine Meldeadresse verfügt er seit seiner Entlassung aus der Schubhaft nicht.
3.6. Der BF verfügt über keine familiären oder substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging nie einer legalen Beschäftigung nach, verfügte über keine finanziellen Mittel zur Existenzsicherung und keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.
3.7. Die Ausstellung eines EU-Laissez-Passer für den BF ist seit XXXX jederzeit möglich. Die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat war insbesondere bis zum Zeitpunkt der Stellung des Asyl-Folgeantrages innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer realistisch.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Akt des Bundesamtes und in den vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren des BF betreffend sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend. Einsicht genommen wurde in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres, in das Grundversorgungs-Informationssystem sowie in das Zentrale Melderegister.
1. Zum Verfahrensgang
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes, dem vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren des BF betreffend sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend. Diesen Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.
2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft
2.1. Dass der BF volljährig ist ergibt sich einerseits aus dem im Asylverfahren eingeholten Gutachten zum Alter des BF sowie andererseits aus dem vom BF in seiner Erstbefragung vom 26.05.2016 angegebenen Geburtsdatum. Seine afghanische Staatsangehörigkeit steht insofern fest, als ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durchgeführt wurde und entsprechend den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister die Ausstellung eines EU-Laissez-Passer jederzeit möglich ist. Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Da der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 25.05.2016 rechtskräftig vollinhaltlich abgewiesen wurde und über seinen Asyl-Folgeantrag vom 23.07.2020 noch nicht entschieden wurde, handelte es sich beim BF weder um einen Asylberechtigten noch um einen subsidiär Schutzberechtigten. Die Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem Strafregister.
2.2. Dass der BF während seiner Anhaltung in Schubhaft an keinen Krankheiten litt und keine Medikamente einnahm ergibt sich insbesondere aus den Einvernahmen des BF durch das Bundesamt vom 11.05.2020, 06.07.2020 und 17.08.2020. Darin gab er jeweils an, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme. Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF ergeben sich auch aus den Eintragungen in Anhaltedatei nicht und wurden vom BF in seiner Beschwerde auch nicht vorgebracht.
2.3. Der Zeitraum, in dem der BF in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Eintragungen in der Anhaltedatei.
3. Zur Fluchtgefahr, zum Sicherungsbedarf und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft
3.1. Dass der BF am 14.05.2016 einen Asylantrag in Ungarn stellte ergibt sich aus dem im Zentralen Fremdenregister diesbezüglich aufscheinenden Eurodac-Treffer sowie aus der im Asyl-Akt des BF einliegenden Antwort der ungarischen Dublin-Behörde vom 26.07.2016 auf das Rückübernahme-Ersuchen im Dublin-Verfahren. Dass sich der BF seinem Asylverfahren in Ungarn entzogen hat ergibt sich insbesondere daraus, dass er wenige Tage nach seinem Antrag in Ungarn einen Asylantrag in Österreich stellte und er die Tatsache, dass er in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte bei seiner am 26.05.2016 durchgeführten Erstbefragung verschwieg. Die konkrete Frage, ob er in einem der von ihm bereisten Staaten einen Asylantrag gestellt habe, verneinte der BF bei seiner Erstbefragung ausdrücklich.
3.2. Die Feststellungen zum Bescheid des Bundesamtes vom 21.09.2018 und insbesondere der darin erlassenen Rückkehrentscheidung beruhen auf dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen diesen Bescheid betreffend. Aus diesem Akt ergibt sich insbesondere, dass das abweisende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes der damaligen Rechtsvertreterin des BF am 23.01.2020 zugestellt wurde. Aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass der BF am 29.01.2020 von seiner damaligen Meldeadresse abgemeldet wurde und bis zur Anordnung der Schubhaft über keine weitere Meldeadresse mehr verfügte. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF wenige Tage nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im ersten Asylverfahren untergetaucht ist und damit seine Abschiebung behindert hat.
3.3. Dass der BF am 23.07.2020 einen Asyl-Folgeantrag stellte, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. In seiner diesbezüglichen Erstbefragung am 23.07.2020 gab der BF zu seinen Gründen für den neuerlichen Asylantrag befragt an, dass er noch nie in Afghanistan gewesen und in Pakistan geboren sei. Seine gesamte Familie wohne in Pakistan, in Afghanistan habe er niemanden. Das Land sei sehr gefährlich, man könne dort nicht leben. Dies seien alle seine Fluchtgründe, mehr wolle er nicht hinzufügen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er getötet zu werden. Konkrete Hinweise, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe gebe es nicht, aber es herrsche in Afghanistan Krieg. Die Änderung der Situation bzw. die Fluchtgründe seien dem BF schon immer bekannt gewesen. An Beweismitteln könne er Unterlagen aus Pakistan holen, als Beweis dafür, dass er dort gelebt habe. In seinem ersten Asylverfahren gab der BF sowohl bei seiner Erstbefragung als auch in sämtlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, in Afghanistan geboren worden zu sein, dort bis zu seiner Ausreise gelebt zu haben und nach wie vor über Familienangehörige in Afghanistan zu verfügen. Da er in seinem Asyl-Folgeantrag nunmehr im Vergleich dazu angibt, in Pakistan geboren worden zu sein, sich nie in Afghanistan aufgehalten zu haben und überdies über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan zu verfügen, so erscheinen diese Angaben in hohem Maße unglaubhaft. Der BF erstattete in seinem Asyl-Folgeantrag ein gänzlich anderes Vorbringen als in seinem ersten Asylverfahren. Da der BF jedoch im ersten Asylverfahren insbesondere detaillierte Angaben zu seinen Verwandten in Afghanistan machte und auch sein Aufwachsen in Afghanistan detailreich schilderte, konnte nunmehr festgestellt werden, dass der Asyl-Folgeantrag in ausschließlicher Verzögerungsabsicht gestellt wurde.
3.4. Die Feststellungen zum Hungerstreik des BF beruhen auf den diesbezüglichen Meldungen im Verwaltungsakt sowie auf den damit übereinstimmenden Eintragungen in der Anhaltedatei.
3.5. Die Feststellungen zu den Angaben des BF zu seiner Wohnmöglichkeit sowie seiner Bereitschaft, sich an dieser Adresse behördlich zu melden und einem gelinderen Mittel nachzukommen, ergeben sich aus der Niederschrift über die Einvernahme des BF durch das Bundesamt am 17.08.2020. Die Feststellungen zu dem mit Bescheid vom 17.08.2020 angeordneten gelinderen Mittel sowie der Entlassung des BF aus der Schubhaft ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Dass der BF seit seiner Entlassung aus der Schubhaft über keine Meldeadresse verfügt, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister, dass der BF seiner Meldeverpflichtung aus dem gelinderen Mittel zu keinem Zeitpunkt nachgekommen ist, steht auf Grund der diesbezüglichen Mitteilung jener Polizeiinspektion, bei der sich der BF täglich zu melden gehabt hätte, fest.
3.6. Die Feststellungen zu den mangelnden familiären und sozialen Anknüpfungspunkten des BF in Österreich sowie seiner mangelnden beruflichen Integration ergeben sich aus seinen Angaben in seinen bisherigen Verfahren. Insbesondere gab der BF bei seiner Einvernahme am 11.05.2020 an, dass er weder über Familienangehörige noch über nennenswerte Bindungen im Bundesgebiet verfüge, auch einer legalen Beschäftigung gehe er nicht nach. Am 17.08.2020 gab der BF beim Bundesamt an, dass er über EUR 387,-- verfüge. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass er über kein existenzsicherndes Vermögen verfügt. Da der BF im Schubhaftverfahren vorbrachte, dass er lediglich über eine Wohnmöglichkeit bei einem Bekannten verfüge, konnte die Feststellung getroffen werden, dass der BF über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt.
3.7. Dass für den BF seit dem XXXX jederzeit ein EU-Laissez-Passer ausgestellt werden kann, ergibt sich aus den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister. Da es im Verlauf des Sommers 2020 zu Lockerungen des auf Grund der Covid-19-Pandemie eingeschränkten Flugverkehrs kam, war es im Zeitpunkt der Anhaltung des BF in Schubhaft realistisch, dass seine Abschiebung innerhalb der Schubhaft-Höchstdauer möglich sein wird. Eine Unverhältnismäßigkeit der Anhaltung des BF in Schubhaft auf Grund der Einschränkungen im internationalen Flugverkehr wurde überdies in der Beschwerde nicht vorgebracht.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. – Anhaltung in Schubhaft
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
3.1.3. Zu Spruchpunkt I. – Anhaltung in Schubhaft von 20.05.2020 bis 23.07.2020
3.1.3.1. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er war während seiner Anhaltung in Schubhaft weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb seine Anhaltung in Schubhaft grundsätzlich möglich war.
3.1.3.2. Im vorliegenden Fall wurde der BF bis 23.07.2020 zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten. Mit der Abschiebung des BF war in diesem Zeitraum insofern zu rechnen, als ein Ersatzreisedokument jederzeit hätte beschafft werden können und auch von einer Wiederaufnahme des auf Grund der Covid-19-Pandemie eingeschränkten internationalen Flugverkehrs ausgegangen werden konnte. Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Abschiebung des BF auf Grund seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK im Zusammenhang mit der Coronapandemie nicht zulässig sei, wird ausgeführt, dass der junge, gesunde und arbeitsfähige BF – entsprechend seinen Angaben in seinem ersten Asylverfahren – über ein familiäres Netzwerk verfügt, auf das er im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan zurückgreifen kann und von dem er auch unterstützt werden kann. Es war daher im Zeitraum bis 23.07.2020 keineswegs absehbar, dass eine Abschiebung des BF nach Afghanistan unzulässig und der Zweck der Schubhaft nicht erreichbar sein werde.
3.1.3.3. Auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG lag auch Fluchtgefahr vor, zumal sich der BF seinem Asylverfahren in Ungarn entzogen hat, durch Untertauchen seine Abschiebung zumindest behindert hat, eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag und keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Fluchtgefahr durch eine familiäre, soziale, berufliche oder sonstige Verankerung des BF im Bundesgebiet vermindert gewesen sein könnte.
Soweit der BF in seiner Beschwerde vorbringt, dass durch die Möglichkeit bei einem Bekannten zu wohnen, keine Fluchtgefahr mehr vorliege, so ist dem entgegenzuhalten, dass der BF im Zeitpunkt seines Untertauchens in der Grundversorgung betreut wurde und ihm im Rahmen der Grundversorgung ein gesicherter Wohnsitz zur Verfügung stand. Trotz dieses gesicherten Wohnsitzes ist der BF untergetaucht und hat sich seiner Abschiebung entzogen. Darüber hinaus gab der BF bei seiner Einvernahme am 11.05.2020 an, dass er nach dem Verlassen seines Grundversorgungsquartieres bei mehreren Bekannten gewohnt habe. Er nutzte daher seine Wohnmöglichkeiten bei Bekannten, um unterzutauchen. Dass durch die Möglichkeit bei einem Bekannten Unterkunft zu nehmen, die Fluchtgefahr auch nur verringert sein könnte, war nicht anzunehmen. Konterkariert wird das Vorbringen in der Beschwerde aber insbesondere auch durch das tatsächliche Verhalten des BF nach seiner Entlassung aus der Schubhaft, da er nunmehr weder über eine Meldeadresse verfügt noch dem angeordneten gelinderen Mittel nachgekommen ist.
Da der BF unmittelbar nach Zustellung der abweisenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in seinem Asylverfahren untergetaucht ist und er nach Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in seinem Schubhaftverfahren, die mit dem Ausspruch verbunden war, dass seine weitere Anhaltung in Schubhaft zulässig ist, in Hungerstreik getreten ist, lag auch Sicherungsbedarf vor.
3.1.3.4. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Da der BF weder über familiäre oder soziale Bindungen im Bundesgebiet verfügte und gesund war, war seine Anhaltung in Schubhaft im angefochtenen Zeitraum verhältnismäßig, da den persönlichen Interessen des BF insbesondere auf Grund seines Untertauchens zur Verhinderung seiner Abschiebung ein geringerer Stellenwert zukam als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.
Die angeordnete Schubhaft erfüllte daher im Zeitraum bis 23.07.2020 auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit.
3.1.3.5. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt hätte, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam. Auf Grund des bisherigen Verhaltens des BF war nicht damit zu rechnen, dass er diesem nachkommen werde, zumal der BF bereits wenige Tage nach Zustellung des abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes in seinem Asylverfahren untergetaucht ist um seine Abschiebung zu verhindern und nach Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in seinem Schubhaftverfahren in Hungerstreik getreten ist.
Insgesamt zeigte der BF, dass er an einer Kooperation mit der Fremdenbehörde nicht interessiert war.
Die hier zu prüfende Schubhaft stellte eine „ultima ratio“ dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorlagen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt hätte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.
Die Beschwerde gegen die Anhaltung des BF in Schubhaft von 20.05.2020 bis 23.07.2020 war daher gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.
3.1.4. Zu Spruchpunkt II. – Anhaltung in Schubhaft von 23.07.2020 bis 17.08.2020
3.1.4.1. Der BF stellte am 23.07.2020 einen Asylfolgeantrag, woraufhin das Bundesamt mit Aktenvermerk vom selben Tag gemäß § 76 Abs. 6 FPG feststellte, dass die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft weiterhin vorliegen.
Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Schubhaft nach Stellung eines Asylantrages während aufrechter Schubhaft ist im Sinne einer unionsrechtskonformen korrigierenden Auslegung des § 76 Abs. 6 FPG, dass der Antrag auf internationalen Schutz einzig und allein zu dem Zweck gestellt wurde, den Vollzug der Rückführungsentscheidung zu verzögern oder zu gefährden (vgl. VwGH vom 19.09.2019, Ra 2019/21/0204).
3.1.4.2. Das durchgeführte Verfahren hat ergeben, dass der BF am 23.07.2020 seinen Asylfolgeantrag ausschließlich in Verzögerungsabsicht gestellt hat, weshalb das Bundesamt zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG berechtigt war.
3.1.4.3. Im Falle einer (weiteren) Anhaltung in Schubhaft auf Basis des § 76 Abs. 6 FPG steht die Sicherung des "Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme" im Vordergrund und ist - mag dies auch (anders als in § 76 Abs. 2 Z 1 und 2 FPG) nicht ausdrücklich in den Wortlaut dieser Bestimmung aufgenommen worden sein - ebenfalls eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, in die insbesondere auch die Frage der voraussichtlichen Dauer des Asylverfahrens einzubeziehen ist (vgl. VwGH vom 19.09.2019, Ra 2019/21/0204).
Der BF wurde zwar bis zu seiner Entlassung aus der Schubhaft in seinem Asylfolgeverfahren nicht einvernommen, doch erscheint seine Anhaltung in Schubhaft insofern nicht als unverhältnismäßig, als der Gesetzgeber in § 22 Abs. 6 AsylG festgesetzt hat, dass im Fall der Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft das Verfahren in drei Monaten abzuschließen ist. Bei einer Anhaltedauer von ca. drei Wochen nach Stellung des Asylfolgeantrages liegt daher unter Berücksichtigung des möglichen Entscheidungszeitraumes (noch) keine Unverhältnismäßigkeit vor.
Soweit der BF in seiner Beschwerde vorbringt, dass seine Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Stellung des Asyl-Folgeantrages unverhältnismäßig gewesen sei, da seine Abschiebung ab diesem Zeitpunkt nicht zulässig gewesen sei und keine Vorbereitungen zu seiner Abschiebung mehr getroffen worden seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Schubhaft ab Stellung des Asyl-Folgeantrages primär der Verfahrenssicherung diente. Dabei war es auch unerheblich, ob eine inhaltliche Entscheidung über den Asyl-Folgeantrag zu treffen sein wird.
3.1.4.4. Die Anordnung eines gelinderen Mittels kam auf Grund der oben zu Spruchpunkt I. ausgeführten Erwägungen weiterhin nicht in Betracht, wobei diese Einschätzung auf Grund des vom BF nach seiner Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich gezeigten Verhaltens untermauert wird.
3.1.4.5. Die Beschwerde gegen die Anhaltung des BF in Schubhaft von 23.07.2020 bis 17.08.2020 war daher gemäß § 76 Abs. 6 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
3.3. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkte III. und IV. – Kostenersatz
3.3.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
3.3.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen die Anhaltung des BF in Schubhaft seit 20.05.2020 Beschwerde erhoben. Der BF beantragte auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen, das Bundesamt beantragte den Ausspruch, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen. Sowohl der BF als auch das Bundesamt haben einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt.
3.3.3. Die belangte Behörde ist auf Grund der Abweisung der Beschwerde obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang hat. Dem BF gebührt als unterlegener Partei kein Kostenersatz. Über die Zulässigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft war wegen seiner Haftentlassung nicht abzusprechen.
3.4. Zu Spruchteil B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2020:W250.2231023.2.00Im RIS seit
01.12.2020Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020