Entscheidungsdatum
07.10.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W278 2131687-3/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien, vertreten durch RA Dr. Georg KLAMMER gegen die Anhaltung in Schubhaft von 16.09.2019 bis 17.09.2019 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG wird stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft von 16.09.2019, 17:00 Uhr bis 17.09.2019, 13:20 Uhr für rechtswidrig erklärt.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG iVm § 1 Z 1 VwG-AufwErsV iVm § 2 Abs. 1 BuLVwG-Eingabengebührverordnung dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von 767,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Schubhaftbescheid vom 18.07.2019, Zahl: IFA XXXX wurde über den zum damaligen Zeitpunkt noch in Strafhaft befindlichen Beschwerdeführer gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG), die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und weiters ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft eintreten.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen und gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs 2a FPG, § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG idgF festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen.
Mit Schriftsatz vom 27.08.2019 erhob der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Mit Beschluss vom 13.09.2019, Ra XXXX , zugestellt am 16.09.2019, wurde dem Antrag des BF auf aufschiebende Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattgegeben.
Der BF wurde am 17.09.2019 um 13:20 aus der Schubhaft entlassen.
Mit Schriftsatz vom 18.09.2019 erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen die weitere Anhaltung von 16.09.2019, 17:00Uhr bis 17.09.2019, 13:20 Uhr und brachte im Wesentlichen vor, dass der Schubhaftbescheid der Behörde durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Haftfortsetzung ersetzt worden sei. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Revisionsverfahren hätte nun zur Folge gehabt, dass die Tatbestandswirkungen dieses Titelbescheides außer Kraft gesetzt worden seien, sodass die Schubhaft aufzuheben gewesen sei. Der BF hätte spätestens am 16.09.2019 enthaftet werden müssen, wenn angerechnet wird, dass das Entlassungsprozedere ab Übermittlung des Beschlusses über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung am 16.09.2019, etwa eine Stunde in Anspruch nehmen dürfe.
Das gegenständliche Verfahren wurde der Gerichtsabteilung W278 aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2020 mit Wirksamkeit vom 24.04.2020 zugewiesen.
II. Feststellungen:
2.1. Der BF wurde von 24.07.2019 bis 17.09.2019 in Schubhaft angehalten. Am 17.09.2019 wurde er durch das BFA aus der Schubhaft entlassen.
Die Anordnung der Schubhaft erfolgte mit Mandatsbescheid des BFA vom 18.07.2019. Damit ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2019, GZ XXXX , gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs 2a FPG, § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG idgF wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen (Spruchpunkt II.) und die beschwerdeführende Partei dem Bund gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF Aufwendungen in Höhe von € 518,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen hat (Spruchpunkt III.). Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wurde gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen (Spruchpunkt IV.) und der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Eingabengebühr im Wege der Verfahrenshilfe wurde gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG idgF als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt V.).
2.2. Gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhob der BF außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision gemäß § 30 Abs. 2 VwGG.
Mit Schriftsatz vom 13.09.2019, elektronisch zugestellt am 16.09.2019 um 15:12 Uhr an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wurde der außerordentlichen Revision des BF die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Dieses Schriftstück wurde von einem Mitarbeiter des Bundesamtes am 17.09.2019 um 06:37 behoben und um 07:45 an die Regionaldirektion XXXX weitergeleitet. Am Vormittag langte es im Postfach des Referenten ein, der um 10:55 Uhr die Entlassung des BF per E-Mail veranlasst hat.
Um 13:20 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen.
III. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes.
3.1 Die Anhaltung in Schubhaft sowie die Entlassung daraus, die Feststellungen zum Mandatsbescheid und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts ergeben sich aus Einsicht in den Bescheid und das Erkenntnis des BVwG vom 02.08.2019, GZ XXXX , sowie in das Entlassungsschreiben vom 17.09.2019.
3.2. Die Feststellung zur Gewährung der aufschiebenden Wirkung der außerordentlichen Revision beruht auf dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 13.09.2019, XXXX . Dass dieser Beschluss dem BFA am 16.09.2019 um 15:12 Uhr zugestellt wurde, ergibt sich aus einem Telefonat mit einem Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofs, worüber ein im Akt einliegender Aktenvermerk am 23.09.2019 angefertigt wurde. Die Behebung durch das BFA um 06:37 und der Weiterleitung beruht auf einem Telefonat mit einem Mitarbeiter der Zentrale des BFA und dem im Akt einliegenden darüber angefertigten Aktenvermerk vom 23.09.2019.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
4.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
4.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).
4.3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit der Anhaltung ab 16.09.2019 nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs:
Im gegenständlichen Fall kam der außerordentlichen Revision des Beschwerdeführers mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs die aufschiebende Wirkung zu, weshalb die Abschiebung des BF bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die eingebrachte außerordentliche Revision nicht zulässig ist. Zumal die Dauer und der Ausgang dieses Verfahrens nicht erkannt werden und somit der Sicherungszweck – der Sicherung der Abschiebung – nicht mehr erfüllt werden kann, ist der BF unverzüglich aus der Schubhaft zu entlassen.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 05.07.2011, 2010/21/0260, wurde bereits ausgesprochen, dass die Fremdenpolizeibehörde ab Kenntnis der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (nunmehr durch den Verwaltungsgerichtshof), die dem als neuem Hafttitel wirkenden Fortsetzungsausspruch im Bescheid die Vollzugsfähigkeit nimmt, zur unverzüglichen Veranlassung einer Beendigung der damals noch in Vollzug befindlichen Schubhaft gehalten war.
§ 13 AVG lautet:
(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.
(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
[…]
Der Kundmachung der Behörde im Internet zu Folge gemäß § 13 Abs. 2 und Abs. 5 AVG sind die Amtsstunden der Behörde Montag bis Freitag von 07.30 bis 15.30 Uhr. Das Einlangen des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung am 16.09.2019 um 15:12, ist sohin während der Amtsstunden erfolgt und war für die belangte Behörde fristauslösend, weshalb die Entlassung des BF unverzüglich hätte veranlasst werden müssen. Der Behörde ist dabei durchaus eine gewisse Vorbereitungszeit zuzugestehen, um entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Der BF wurde gegenständlich noch weitere 22 Stunden angehalten und der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs erst am nächsten Tag um 06:37 Uhr, trotz Einlangens während der Amtsstunden, behoben. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts geht das jedenfalls über den Rahmen der vertretbaren Vorbereitungszeit hinaus und hätte der BF noch am Tag der Zustellung nach einer angemessenen Vorbereitungszeit entlassen werden müssen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4.4. Spruchpunkt II. - Kostenersatz:
4.4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
4.4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
4.4.3. Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf Kostenersatz sowie auf Ersatz der Eingabegebühr entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gestellt.
Dem Beschwerdeführer gebührt als (vollständig) obsiegender Partei daher Kostenersatz im gesetzlich vorgesehenen Umfang.
§ 1 Z 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei mit EUR 737,60.
Auch die Eingabegebühr ist ersatzfähig (VwGH vom 28.05.2020, Ra 2019/21/0336) und beträgt gemäß § 2 Abs. 1 der BuLVwG-Eingabengebührverordnung EUR 30, weshalb EUR 767,60 zuzusprechen waren.
4.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt.
Zu Spruchpunkt B.) Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2020:W278.2131687.3.00Im RIS seit
01.12.2020Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020