TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/16 97/05/0030

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Veröffentlicht am 16.09.1997
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §11 Abs1;
ROG OÖ 1994 §11 Abs2;
ROG OÖ 1994 §34;
ROG OÖ 1994 §35;
ROG OÖ 1994 §36 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Karina Hanner und 2. des Ludwig Hanner, beide in Linz, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien XIII, Aufhofstraße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. September 1996, Zl. BauR - 011802/1 - 1996 Ha/Vi, betreffend Bauplatzerklärung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde St. Veit im Mühlkreis, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beschwerdegegenständlich ist das Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung einer Bauplatzbewilligung für ihre Grundstücke Nr. 1447, 1448, 1452/1 und 1454/1, je Katastralgemeinde St. Veit. Diese Grundstücke befinden sich im Grünland; der (erstmalig erlassene) Flächenwidmungsplan Nr. 1/1978 wurde vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde am 13. Oktober 1977 beschlossen, mit Bescheid vom 21. Dezember 1977 aufsichtsbehördlich genehmigt und kundgemacht.

Jener Flächenwidmungsplan berücksichtigte den Umstand, daß eine vollständig von Grünland umschlossene Siedlungszeile, bestehend aus 5 Baugründen, von denen 4 mit Einfamilienhäusern bebaut sind, vorhanden war, insoweit, als dafür eine Baulandwidmung erfolgte. Die beschwerdegegenständlichen Grundstücke umschließen die Siedlungszeile an der Nord- und Ostseite.

Über "Antrag" der Beschwerdeführer, betreffend die beiden Großparzellen Nr. 1448 und Nr. 1454/1 (bei den beiden anderen eingangs genannten Parzellen handelt es sich um Wegparzellen), beschloß der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 4. März 1995 die Einleitung des Verfahrens zur Umwidmung der Grundstücke Nr. 1488 (richtig wohl: 1448), 1449, 1452/1 und 1454/1 von Grünland in Bauland-Wohngebiet. Die belangte Behörde äußerte sich in ihrer Stellungnahme vom 10. August 1995 dazu wie folgt:

"Durch die beantragte Umwidmung soll im Bereich eines aus vier Baukörpern in Erscheinung tretenden Siedlungssplitters Bauland der Kategorie Wohngebiet im Ausmaß von ca. 4 ha geschaffen werden. Abgesehen davon, daß die im Gemeindegebiet noch ungenutzten Baulandreserven eine Neuwidmung von großflächigem Bauland von vornherein nicht rechtfertigt, könnte auch eine verkleinerte Variante im Hinblick auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Z. 5, 7 und 8 sowie § 21 Abs. 1 Oö ROG 1994 und § 1 Abs. 3 und 5 Oö NSchG 1995 nicht toleriert werden. In diesem Zusammenhang wird auf die eindeutig negativen Fachstellungnahmen aus dem Jahr 1988 verwiesen, an deren Inhalt bis heute keine Änderung eingetreten ist, zumal gemäß OÖ ROG 1994 (§ 2 Abs. 1 Z. 7) nicht nur die Neuschaffungen sondern auch die Erweiterungen von Siedlungssplittern eindeutig untersagt ist. Mit dem Begriff einer zeitgemäßen Raumordnungspolitik ist dieser Umwidmungsantrag jedenfalls nicht in Einklang zu bringen. Es ist daher beabsichtigt, dem Plan die Genehmigung gemäß § 34 Abs. 2 Z. 1 und 4 OÖ ROG 1994 zu versagen."

In der Sitzung vom 7. November 1995 sprach der Gemeinderat aus, daß "die Versagung der Umwidmung nicht zur Kenntnis genommen werde".

Im Schreiben vom 14. November 1995 an die belangte Behörde stellte die Gemeinde ihre Gründe, die nach ihrer Auffassung für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes sprachen, wie folgt dar:

"1)

Die öffentlichen Interessen sprechen für eine Umwidmung, da

a)

die Nachfrage auf Bauland vorhanden ist,

b)

derzeit kein Bauland verfügbar bzw. nur sehr teures

Bauland verfügbar ist,

c)

ausgewiesenes und verfügbares Bauland zum Teil auch nicht verkaufbar ist (Nord- und Osthänge - wenig Sonneneinstrahlung),

d)

die gegenständliche Umwidmungsfläche relativ leicht aufgeschlossen werden könnte (Güterweg vorhanden, Kanalanschlußmöglichkeit ca. 250 m, Wasser lt. Antragsteller am Grund vorhanden).

2)

Die Änderung widerspricht nicht den Planungszielen der Gemeinde.

Im Entwicklungskonzept soll eine Ausweitung des Baulandes vom Ort aus in Richtung der Umwidmungsfläche erfolgen.

3)

Interessen Dritter werden nicht verletzt.

Die Antragsteller betreiben keine Landwirtschaft mehr. Die Flächen werden als landwirtschaftliche Pachtflächen bearbeitet.

4)

Die bestehenden fünf Bauparzellen (4 bebaut) könnten ebenfalls an den Ortskanal angeschlossen werden."

Mit Bescheid vom 4. Jänner 1996 versagte die belangte Behörde gemäß § 36 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Z. 1 und 4 OÖ ROG 1994 die Genehmigung der Änderung Nr. 47 des Flächenwidmungsplanes Nr. 1/1978. In der Begründung wurde insbesondere auf § 2 Abs. 1 Z. 7 ROG 1994 verwiesen, der auch die Erweiterung von Siedlungssplittern verbiete.

In seiner Sitzung vom 7. Februar 1996 beschloß der Gemeinderat, dagegen keine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Daraufhin suchten die Beschwerdeführer am 7. Mai 1996 um die Erteilung einer Bauplatzbewilligung für die eingangs genannten Grundstücke an. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. Mai 1996 im Hinblick auf die Flächenwidmung abgewiesen; der dagegen erhobenen Berufung gab der Gemeinderat mit Bescheid vom 7. August 1996 keine Folge.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung keine Folge. Der Gemeinderat sei als Verwaltungsbehörde an den ordnungsgemäß kundgemachten Flächenwidmungsplan gebunden. Eine Bauplatzbewilligung sei nach dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 2 der OÖ Bauordnung 1994 schon dann zu versagen, wenn auch nur eine der in Z. 1 bis 3 des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 leg. cit. umschriebenen Bewilligungsvoraussetzungen nicht gegeben sei. Die Streifenparzellen Nr. 1447 und 1452/2 eigneten sich allenfalls als Wege, aber nicht als Bauparzellen; diesbezüglich sei auch der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Satz 2 Z. 3 OÖ Bauordnung 1994 gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 26. November 1996, B 3451/96, ab und trat die Beschwerde über Antrag der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof ab. Angesichts § 2 Abs. 1 Z. 7 des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994, aber auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu dem der Gemeinde bei Erlassung einer konkreten Flächenwidmung zustehenden Gestaltungsfreiraum (VfSlg. 10.710, 11.075, 13.117) lasse das Beschwerdevorbringen die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich des Flächenwidmungsplanes des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Oktober 1977, soweit damit für bestimmte Grundstücke der Beschwerdeführer die Widmung Grünland vorgesehen sei, als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In ihrer Beschwerdeergänzung rügen die Beschwerdeführer im wesentlichen eine Verletzung in ihren Rechten auf Erteilung der Bauplatzbewilligung, auf Änderung der Flächenwidmung im Hinblick auf die §§ 11, 35 und 36 des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 und auf Einhaltung des AVG bezüglich der Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Unterlagen über die Grundlagenforschung; die Beschwerdeführer regen an, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG den Flächenwidmungsplan, soweit er die gegenständlichen Grundstücke betrifft, anfechten.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Beurteilung des gegenständlichen Antrages auf Bauplatzbewilligung finden die Absätze 1 und 3 des § 5 der OÖ Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (im folgenden: BO), Anwendung.

"§ 5

Bauplatzbewilligung

(1) Über einen Antrag gemäß § 4 hat die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Die Bauplatzbewilligung ist zu erteilen, wenn

1.

die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt,

2.

der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes entgegenstehen und

3.

die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist.

Dabei sind die öffentlichen Interessen der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs und der Wahrung eines ungestörten Orts- und Landschaftsbildes besonders zu beachten. Der Bauplatzbewilligung stehen auch dann Bestimmungen eines Bebauungsplanes entgegen, wenn der nach § 4 Abs. 3 Z. 4 vorgelegte Plan für Zwecke der grundbücherlichen Teilung die Grundabtretungspflicht gemäß § 16 Abs. 1 nicht berücksichtigt.

...

(3) Grundflächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten (wie Grundwasserstand, Hochwassergefahr, Steinschlag, Bodenbeschaffenheit, Lawinengefahr) für eine zweckmäßige Bebauung nicht eignen oder deren Aufschließung unvertretbare öffentliche Aufwendungen (für Straßenbau, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Energieversorgung und dergleichen) erforderlich machen würde, dürfen nicht als Bauplätze bewilligt werden."

Gemäß § 6 Abs. 1 BO müssen Bauplätze eine solche Gestalt und Größe aufweisen, daß darauf den Anforderungen dieses Landesgesetzes entsprechende Gebäude einschließlich der erforderlichen Nebenanlagen, wie Kinderspielplätze, Stellplätze, Grün- und Erholungsflächen und dergleichen, errichtet werden können.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Einklang mit den vorliegenden Plänen ausführte, stellen die Grundstücke Nr. 1447 und 1452/1 extrem langgezogene und sehr schmale Streifenparzellen dar, die sich offenbar nur für die Benützung als Wege eignen. Diese Parzellen weisen jedenfalls nicht eine solche Gestalt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BO auf, daß darauf den Anforderungen der Bauordnung entsprechende Gebäude einschließlich der erforderlichen Nebenanlagen errichtet werden können. Für diese Grundstücke könnte schon gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Z. 3 BO keine Bauplatzbewilligung erteilt werden. Dem Begehren hinsichtlich der übrigen Grundstücke steht, wie die Beschwerdeführer selbst einräumen ("formal hat die Landesregierung recht, wenn sie meine Bauplatzwidmung mit dem Hinweis auf die fehlende Flächenwidmung ablehnt"), die Grünlandwidmung im geltenden Flächenwidmungsplan entgegen, weil gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 BO der Erteilung der Bauplatzbewilligung nicht Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes entgegenstehen dürfen.

Wie sich vor allem aus der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof entnehmen läßt, behaupten die Beschwerdeführer nicht, daß der geltende Flächenwidmungsplan von Anfang an gesetzwidrig war; nach ihrer Auffassung lägen aber zufolge der Veränderungen in den letzten 20 Jahren zwingende Änderungsgründe im Sinne des § 36 ROG 1994 vor, weshalb nunmehr dieser Flächenwidmungsplan seiner raumordnungsrechtlichen Grundlage entbehre.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich allerdings aus folgenden Erwägungen zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt:

§ 36 des OÖ ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (im folgenden: ROG), lautet:

"§ 36

Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes

(1) Flächenwidmungspläne (einschließlich dem örtlichen Entwicklungskonzept) und Bebauungspläne sind

1.

bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder

2.

wenn es das Gemeinwohl erfordert, zu ändern.

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn

1.

öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, dafür sprechen oder

2.

diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und

3.

Interessen Dritter nicht verletzt werden.

(3) Langen bei der Gemeinde Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ein, so hat der Gemeinderat binnen sechs Monaten zu entscheiden, ob die Voraussetzungen zu Änderungen gemäß Abs. 1 oder 2 gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Verfahren zur Änderung des Planes einzuleiten.

(4) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 33 und des § 34, jedoch ist benachbarten Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechtes nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden. Eine Planauflage ist nicht erforderlich, wenn die von der beabsichtigten Planänderung Betroffenen vor der Beschlußfassung verständigt oder angehört werden. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen.

(5) Auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, ist bei Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne möglichst Rücksicht zu nehmen.

(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein."

Der von der Gemeinde als wesentlicher Grund für ihren Änderungswunsch behauptete Mangel an verfügbarem Bauland allein vermag tatsächlich die geforderte Änderung (bzw. die Rechtswidrigkeit des Bestandes) nicht zu bewirken. Die Änderung Nr. 47 widerspricht insbesondere dem gemäß § 36 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Z. 1 ROG relevanten § 2 Abs. 1 Z. 7 ROG, wonach ein Ziel der Raumordnung die Vermeidung von landschaftsschädlichen Eingriffen, insbesondere die Vermeidung der Schaffung oder Erweiterung von Baulandsplittern (Zersiedlung) ist. Der Bedarf an "verfügbarem" Bauland als Beweggrund für die Umwidmung läuft der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 7 ROG entgegen; eine auf diesen Grund gestützte Umwidmung würde ohne sachliche Rechtfertigung zu einer Vergrößerung des bereits bestehenden Siedlungssplitters führen. In diesem Sinne hat der Ortsplaner Architekt Dipl. Ing. O.H. in seiner Stellungnahme vom 1. März 1995 ausgeführt, daß die für die Umwidmung vorgesehenen Flächen in einer weitgehend durch Waldflächen abgeschlossenen Grünlandzone liegen, welche neben einer (kleinen) Siedlungszeile nur vereinzelt landwirtschaftliche Objekte in Streulage aufwiesen. Die bereits vorhandene Siedlungszeile stelle einen "Siedlungssplitter" dar und rechtfertige keine Erweiterung. Durch die Erweiterung des Siedlungssplitters würde eine auch den Grundsätzen der Raumordnung widersprechende schwerwiegende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes eintreten.

In ähnlicher Weise erklärte der Amtssachverständige der Unterabteilung Örtliche Raumordnung der Abteilung Raumordnung und bautechnischer Sachverständigendienst des Amtes der OÖ Landesregierung in seiner Stellungnahme vom 3. April 1995, daß die mit der Änderung Nr. 47 beantragte Baulandschaffung nach wie vor als massive Erweiterung eines strukturfremden Siedlungssplitters in einem rein agrarisch geprägten Umfeld ohne räumlichen und optischen Zusammenhang mit dem Gemeindehauptort bzw. einem erweiterungswürdigen Siedlungsansatz absolut negativ zu beurteilen sei.

Schließlich kann auch unter Beachtung der vom Verfassungsgerichtshof im Ablehungsbeschluß zitierten Judikatur in Anbetracht der nur kleinen Siedlungszeile die Beibehaltung der Grünlandwidmung in bezug auf die Grundstücke Nr. 1452/1 und 1454/1 nicht als unsachlich angesehen werden. Der durch die Grünlandwidmung stets gegebenen Eigentumsbeschränkung steht das öffentliche Interesse an der Vermeidung von landschaftsschädlichen Eingriffen, insbesondere der Zersiedelung, entgegen.

Die Beschwerdeführer machen geltend, daß § 11 ROG nicht eingehalten worden wäre. Nach Abs. 1 jener Bestimmung erfolgt die Umsetzung der Raumordnungsziele und Raumordnungsgrundsätze durch Raumordnungsprogramme (Verordnungen) der Landesregierung. Raumordnungsprogramme können nach § 11 Abs. 2 ROG für das gesamte Landesgebiet oder für Landesteile sowie für Sachbereiche der Raumordnung erlassen werden. Eine Verpflichtung zur Erlassung von Raumordnungsprogrammen besteht nicht, weil eine diesbezügliche gesetzliche Anordnung fehlt; nach § 11 Abs. 2 ROG "können" Raumordnungsprogramme erlassen werden (Neuhofer, OÖ Baurecht4, 459).

Im Verfahren betreffend die aufsichtsbehördliche Genehmigung eines Flächenwidmungsplanes kommt nur der Gemeinde, nicht aber den betroffenen Grundeigentümern Parteistellung zu (hg. Erkenntnis vom 20. September 1994, Zl. 94/05/0209, betreffend das OÖ Raumordnungsgesetz 1972). Dies muß auch betreffend das Verfahren zur Änderung eines Flächenwidmungsplanes gelten, bei welchem (auch) die Bestimmungen des § 34 ROG Anwendung finden (§ 36 Abs. 4 ROG). Da im vorliegenden Fall die Gemeinde die ihr von der Bundesverfassung gewährten Rechtsschutzmöglichkeiten im Zusammenhang mit der gewünschten Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht ausgeschöpft hat, blieb der Flächenwidmungsplan Nr. 1/1978 unverändert in Geltung.

Auf die Änderung des Flächenwidmungsplanes steht niemandem ein Rechtsanspruch zu. Auch aus der Verpflichtung nach § 35 ROG über die regelmäßige Überprüfung des Flächenwidmungsplanes ist eine gegenteilige Ansicht nicht abzuleiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1984, Zl. 83/05/0123, BauSlg. Nr. 171, betreffend das OÖ ROG 1972). Da im übrigen Verfahrensrechte nie weiter reichen als die materiellen Rechte einer Partei, können auch Verfahrensmängel in jenem Verfahren nicht erfolgreich gerügt werden.

Nach der zuletzt genannten Bestimmung hat die Gemeinde den Flächenwidmungsplan alle zehn Jahre im Hinblick auf die Ziele des örtlichen Entwicklungskonzeptes zu überprüfen; aufgrund der Übergangsbestimmung im § 39 Abs. 3 ROG muß ein derartiges örtliches Entwicklungskonzept innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des ROG (1. Jänner 1994) von der Gemeinde beschlossen werden. Wie schon dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist und worauf auch die Gegenschrift verweist, ist die mitbeteiligte Gemeinde dieser Verpflichtung noch nicht nachgekommen.

Somit erwies sich die Beschwerde auf der Basis des Flächenwidmungsplanes Nr. 1/1978 als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK geboten, da die für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente feststanden, eine Erörterung von Sachverhaltsfragen nicht erforderlich war und die Rechtsfragen durch die Vorjudikatur geklärt und keiner Erörterung bedürftig waren. Eine mündliche Verhandlung war daher nicht erforderlich (vgl. das hg.Erkenntnis vom 25.9.1995, Zl. 95/10/0034.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997050030.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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