TE Lvwg Erkenntnis 2016/7/11 VGW-001/016/6127/2016

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Veröffentlicht am 11.07.2016
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Entscheidungsdatum

11.07.2016

Index

L55009 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BaumschutzG Wr 1974 §3 Abs1 Z2
BaumschutzG Wr 1974 §4 Abs1
VStG §45 Abs1 Z1

Text

                     

Verwaltungsgericht
Wien

1190 Wien, Muthgasse 62

Telefon: 0043/1/4000-38870

Fax: 0043/1/4000-99-38870

e-Mail : post@vgw.wien.gv.at

DVR: 4011222

GZ: VGW-001/016/6127/2016-4                                                   Wien, am 11. Juli 2016

A. B.

Geschäftsabteilung: VGW-A

                                                                                                              

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter MMag. Dr. Böhm-Gratzl über die Beschwerde des A. B., C.-Gasse, Wien, vom 9.5.2016 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 15.4.2016, Zl. …, betreffend acht Übertretungen des § 3 Abs. 1 Z 2 iVm § 4 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutze des Baumbestandes in Wien – Wiener Baumschutzgesetz, LGBl. Nr. 27/1974, idF LGBl. Nr. 45/2013,

zu Recht e r k a n n t:

                  

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Zeichen- bzw. Wortfolge „4) eine Maulbeere mit einem Stammumfang von 85 cm“ zu entfallen hat und das Verfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen ist.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit – nunmehr angefochtenem – Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 15.4.2016 wurde dem Beschwerdeführer – wörtlich – wie folgt vorgeworfen:

„Sie haben nach Abschluss eines Vertrages mit Herrn D. E., handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. GesmbH mit Sitz in Wien, G.-straße, Anfang Oktober 2014 noch vor 07.10.2014 am Grundstück Wien, H.-gasse, Gst.Nr. …, EZ …, Katastralgemeinde K., insgesamt acht Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 40 cm, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung bzw. errechnet auf Grund der am 07.10.2014 gemessenen Stammreste, welche eine Höhe von ca. 10 - 20 cm aufwiesen, nämlich

1) eine Blutpflaume mit einem Stammumfang von 47 cm

2) eine Scheinzypresse bzw. Muschelzypresse mit einem Stammumfang von 73 cm

3) eine Hängescheinzypresse bzw. Riesenzypresse mit einem Stammumfang von 68 cm

4) eine Maulbeere mit einem Stammumfang von 85 cm

5) eine Birke mit einem Stammumfang von 58 cm

6) eine Mandel mit einem Stammumfang von 43 cm und 53 cm

7) eine Weide mit einem Stammumfang von 66 cm

8) eine Eiche mit einem Stammumfang von 80 cm

ohne Vorliegen einer Bewilligung nach dem Wiener Baumschutzgesetz, LGBI. für Wien Nr. 27/1974 in der geltenden Fassung, entfernt.“

(Unkorrigiertes Originalzitat)

Hiedurch habe der Beschwerdeführer in allen acht Fällen § 3 Abs. 1 Z 2 iVm § 4 Abs. 1 des Wiener Baumschutzgesetzes verletzt und wurden über ihn acht Geldstrafen iHv jeweils EUR 840,– bzw. für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit acht Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von jeweils zwei Tagen und zwei Stunden verhängt.

Begründend hiezu führte die belangte Behörde – im Wesentlichen – wie folgt aus:

„Die Ihnen zur Last gelegten und im Spruch näher ausgeführten Verwaltungsübertretungen gelangten der erkennenden Behörde durch eine private Anzeige vom 06.10.2014, wonach auf dem Grundstück in Wien, H.-gasse, alle Bäume weggeschnitten werden, zur Kenntnis.

Auf Grund dieser Anzeige hat die Magistratsabteilung 42 - Wiener Stadtgärten, Referat Baumschutz, (MA 42) bei einem am 07.10.2014 durchgeführten Ortsaugenschein die Fällung der im Spruch genannten Bäume festgestellt. Zu diesem Sachverhalt teilte die MA 42 mit Schreiben vom 12.01.2015 insbesondere Folgendes mit:

Auf der betroffenen Liegenschaft wurden zahlreiche Bäume ohne Vorliegen einer behördlichen Bewilligung entfernt. Zum überwiegenden Teil war das bei der Fällung anfallende Astmaterial und Holz zum Zeitpunkt der Besichtigung nicht mehr vorhanden, wonach sich Angaben über den Zustand der Bäume nur bedingt erheben lassen. Ein Großteil der Gehölze wurde in einer Höhe von etwa 10 - 20 cm auf Stock gesetzt (abgeschnitten). Nähere Angaben dazu sind in nachfolgender Auflistung zu entnehmen, wobei der jeweils angegebene Stammumfang auf Grund des gemessenen Stammumfanges in Höhe der Fällung sowie der artspezifischen Stammverjüngung in 1 m Höhe errechnet wurde.

1) Blutpflaume mit einem Stammumfang von 47 cm

2) Scheinzypresse (bzw. Muschelzypresse) mit einem Stammumfang von 73 cm

3) (Hängescheinzypresse bzw.) Riesenzypresse mit einem Stammumfang von 68 cm

4) Maulbeere mit einem Stammumfang von 85 cm

5) Birke mit einem Stammumfang von 58 cm

6) Mandel mit einem Stammumfang von 43 cm und 53 cm

7) Weide mit einem Stammumfang von 66 cm

8) Eiche mit einem Stammumfang von 80 cm

Anmerkung: Eine von der MA 42 im Schreiben vom 12.01.2015 angeführte und mit Nr. 4 bezeichnete Rotföhre mit einem Stammumfang von 64 cm ist nicht Gegenstand des Spruches, sodass die dieser Nummer nachfolgenden Bäume neu mit 4) bis 8) nummeriert wurden.

Auf Grund von zur Verfügung stehenden Luftbildaufnahmen und des Schnittbildes der einzelnen Gehölze vor Ort sei anzunehmen, dass die Bäume 1) bis 4) sowie 6) und 8) gesund waren. Lediglich die Bäume 5) und 7) zeigen an den Schnittflächen erhebliche Holzfäule auf, wonach diese im Falle eines Ansuchens um Baumfällbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 zu bewilligen gewesen wären.

Am 13.03.2015 merkte Herr L. (Gärtner) in Bezug auf die erforderlichen Ersatzpflanzungen an, dass bei der Maulbeere (Baum Nr. 4) fraglich sei, ob diese, wenn sie für den Verzehr genutzt wird, nicht als Obstbaum zu deklarieren sei. Der Baum Nr. 8 ist eine Pflaume und keine Eiche. Der Baum Nr. 6, die Mandel, habe eine massive Vermorschung, sodass eventuell die Ersatzbäumeanzahl reduziert werden könnte.

Herr D. E. brachte im Verfahren zur Zahl … in seiner Rechtfertigung vom 02.04.2015 Folgendes vor: Er sei seit ca. zwei Jahren Grundstückseigentümer sowie Geschäftsführer der F. GmbH und plane ein Projekt in der H.-gasse. Er habe den Beschuldigten bei einem anderen Projekt kennengelernt. Dieser habe ihm gesagt, dass man die Bäume schneiden dürfe. Er habe dann mit ihm einen Vertrag vom 15.03.2014 gemacht, welchen er vorlege, und ihn beauftragt, die Arbeiten durchzuführen. Herrn B. habe auch einen handschriftlichen ‚Zwischenvertrag‘ vom 15.03.2014 verfasst, die Unterschrift darauf sei von Herrn B..

Herr B. hat dann die vorderen neun Bäume geschnitten und zwei weitere stehen lassen. Er sagte, dass er die zwei restlichen Bäume einreichen müsse, die anderen dürften geschnitten werden. Herr E. habe weder das Bezirksamt gefragt noch Herrn B. gesagt, dass er betreffend der neun Bäume beim Bezirksamt nachfragen soll. Er habe sich auf dessen Angaben verlassen, weil er das öfters macht und sich auskennt. Für die Durchführung der Arbeiten wurde ein Betrag von 2.500 Euro vereinbart, wovon Herr B. 2.000 Euro erhalten hat. Die Bäume dürfte er zwischen August 2014 und Anfang Oktober 2014 geschnitten haben.

Herr L., welcher Herrn E. zu der Einvernahme begleitete, gab Folgendes an: Ich bin seit März 2015 mit der Angelegenheit befasst und habe das Grundstück in Augenschein genommen. Die umgeschnittenen Teile liegen noch vor Ort, es dürfte nur ein Teil weggeführt worden sein.

Die Bäume Nr. 1) bis Nr. 3) (Blutpflaume, Scheinzypresse, Riesenzypresse) fallen unter das Baumschutzgesetz, für jeden dieser Bäume ist eine Ersatzpflanzung von jeweils mehreren Bäumen erforderlich.

Der Baum Nr. 4) (Maulbeere) ist meines Erachtens fraglich. Er sollte in einem Privatgarten als Obstbaum qualifiziert werden. Wahrscheinlich wurde er als solcher genutzt, Maulbeeren wurden von den Vorbesitzern gepflückt und gegessen.

Der Baum Nr. 5) (Birke) hatte Bestand und wurde mit Z 1 bewertet.

Der Baum Nr. 6) (Mandel) weist eine massive Vermorschung auf, daher wäre ein Ersatzbaum zu pflanzen.

Der Baum Nr. 7) war schon seit zwei bis drei Jahren abgestorben. Der abgeschnittene Baumteil wurde nicht mehr vorgefunden, da er in der Zwischenzeit abtransportiert wurde.

Der Baum Nr. 8) ist nach meinen gestrigen Gesprächen eine Eiche, entgegen meiner Annahme vom 13.03.2015. Dafür ist auch eine Ersatzpflanzung von mehreren Bäumen erforderlich.

Herr E. führte, fortgesetzt befragt, aus, dass er sich auf Herrn B. verlassen habe. Dieser habe schon öfters für seine Firma gearbeitet (zwei bis dreimal im Jahr), zB auf einer Baustelle in M.. Er habe gesagt, dass er Baumeister und Gärtner ist.

Das Magistratische Bezirksamt ... ersuchte daraufhin die MA 42 um Stellungnahme zum Vorbringen des Herrn E. sowie den Angaben des Herrn L., wonach der Baum Nr. 4 (Maulbeere) in einem Privatgarten als Obstbaum qualifiziert werden sollte, da er wahrscheinlich als solcher genutzt worden sei.

Mit den Schreiben vom 11.06.2015 und 29.06.2015 wies die MA 42 zu Baum
Nr. 4 (Maulbeere) darauf hin, dass die Früchte dieser Baumart zwar essbar sind, aber im Wiener Raum oft als Zierbäume gepflanzt werden. In der Behördenpraxis werden daher Maulbeerbäume wienweit als geschützte Bäume im Sinne des § 1 des Wiener Baumschutzgesetzes behandelt. Bei Baum Nr. 8) handle es sich definitiv um eine Eiche.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der erkennenden Behörde vom 10.04.2015, vom 27.05.2015 und vom 29.01.2016 (jeweils nicht zustellbar) sowie vom 16.02.2016 wurden Ihnen die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen vorgeworfen.

In Ihrer Rechtfertigung vom 23.03.2016 haben Sie die Begehung der Ihnen angelasteten Übertretungen teilweise bestritten und Folgendes vorgebracht:

Ich habe auf dem Grundstück in Wien, H.-gasse, nur trockene Bäume weggeschnitten, also Bäume, wo keine Blätter mehr oben waren oder die morsch waren. Zudem habe ich Sträucher entfernt.

Ich kenne Herrn D. E. schon länger. Er hat mir Geld geborgt und ich habe als Gegenleistung die Sträucher und das Klumpert auf dem Grundstück weggeschnitten. Dies über seinen Vorschlag.

Wir haben dazu einen Zwischenvertrag gemacht.

Konfrontiert mit den im Akt aufliegenden Unterlagen (Zwischenvereinbarung vom 15.03.2014 und handschriftlicher Zwischenvertrag vom 15.03.2014) gebe ich an, dass dies der mit Herrn D. E. abgeschlossene Vertrag ist. Wenn ich angegeben habe, dass ich € 2.000,- am 20.12.2015 erhalten habe, ist damit gemeint, dass ich als Gegenleistung für ihn die Arbeit gemacht habe. Ich habe die Arbeiten erledigt, wie ich gerade Zeit gehabt habe.

Konfrontiert mit der Stellungnahme der MA 42 vom 12.01.2015: Das waren für mich alles morsche Bäume. Ich habe nur die dünnen und kaputten Bäume weggeschnitten. Herr D. E. ist am Anfang mit einem Gärtner gekommen, welcher sagte, was man wegschneiden darf und was nicht.

Alles was trocken ist, kann man wegschneiden, hat er gesagt. Der Gärtner war mir nicht bekannt. Die dicken Bäume habe ich stehen gelassen. Ich kenne mich zu wenig aus mit Bäumen. Ich habe zwei Bäume stehen gelassen und den Rest weggenommen. Ich glaube nicht, dass ich einen Baum mit einem Umfang von
80 cm oder 85 cm umgeschnitten habe.

Ich wusste nicht, dass man eine Genehmigung nach dem Baumschutzgesetz braucht, wenn man Bäume umschneidet. Ich wusste es erst, als der Gärtner dies gesagt hat. Dieser sagte, dass (man) zwei extrem dicke Bäume stehen lassen muss und auf die Genehmigung warten muss. Was Herr D. E. und der Gärtner dann ausgemacht haben, weiß ich nicht. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Ich habe bei meiner Arbeit nichts gemessen.

Konfrontiert mit den im Akt aufliegenden Lichtbildern: Aus diesen ist meines Erachtens ersichtlich, dass die Bäume kaputt waren und es sich nicht um Bäume mit einem Stammumfang von 80 cm oder 85 cm handelte.

Wenn Herr D. E. angegeben hat, ich hätte ihm gesagt, dass man die Bäume schneiden dürfte, dann stimmt das nicht. Ich bin kein Gärtner. Ich habe auch nie zu ihm gesagt, dass er die zwei stehen gelassenen Bäume einreichen müsse. Er wollte haben, dass das alles wegzuschneiden ist bis auf die zwei Bäume. Er hat gesagt, dass er für die beiden Bäume eine Genehmigung braucht und er diese einreichen muss.

Ich habe früher nicht für Herrn D. E. gearbeitet. Eigentlich überhaupt nicht. Er hat mir nur Geld geborgt, weil ich ein Auto gekauft habe. Als Gegenleistung habe ich dann die Arbeit für ihn gemacht.

Hierzu wird Folgendes erwogen:

[…]

Die bewilligungslose Fällung der in Rede stehenden acht Bäume auf dem Grundstück Wien, H.-gasse, wurde von Ihnen nicht bestritten und wird auch von der Behörde für erwiesen angenommen, zumal Sie am 15.03.2014 einen diesbezüglichen Vertrag mit Herrn D. E. geschlossen haben. In dieser ‚Zwischenvereinbarung‘ wird der von Herrn E. an Herrn B. erteilte Auftrag wie folgt beschrieben: ‚Entfernung des Wildwuchses am gesamten Grundstück, entfernen der diversen Gebüsche, Entfernung der Thujen, schneiden der Bäume (Obstbäume) die nicht der Baumschutzordnung unterliegen. Durchführung der Arbeiten zwischen März 2014 bis Dezember 2014. Preis
€ 2.500,--‘.

Damit im Einklang steht, dass Sie laut Vermerk auf diesem Vertrag am 20.12.2015 einen Betrag von € 2.000,-- erhalten haben, welcher Ihnen sohin für die Durchführung dieser Arbeiten gebührte.

Auch der handschriftliche ‚Zwischenvertrag‘ vom 15.03.2014 spricht nicht gegen die Entfernung der acht Bäume durch Sie, selbst wenn Sie darin festhielten, man habe Ihnen gesagt, dass man Bäume bis zu 15 cm Durchmesser problemlos wegschneiden kann. Es gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass außer Ihnen eine andere Person Bäume auf dem Grundstück entfernt hätte.

Zu Ihren Behauptungen, dass alles morsche Bäume gewesen seien und Sie nur dünne und kaputte Bäume weggeschnitten hätten, ist auf die Stellungnahmen der MA 42 und die Angaben des Gärtners L. hinzuweisen. Demnach wiesen lediglich die Bäume 5) und 7) Holzfäule auf und war lediglich Baum Nr. 6 (Mandel) morsch. Weiters ist zu entgegnen, dass Sie bei Ihrer Arbeit nichts gemessen haben, hingegen die MA 42 den auf Grund des Vorgefundenen Stammreste errechneten Stammumfang der Bäume anführte, welcher bei allen Bäumen deutlich über 40 cm Stammumfang lag.

Zu Ihrer Behauptung, dass Sie die Arbeiten erledigt hätten, wenn Sie gerade Zeit hatten, ist darauf hinzuweisen, dass ein anonymer Anrufer am 06.10.2014 telefonisch mitteilte, dass auf dem Grundstück alle Bäume weggeschnitten werden.

Die acht im Spruch genannten Bäume erfüllen alle den objektiven Tatbestand des § 1 Abs. 1 des Wiener Baumschutzgesetzes, da sie zum geschützten Baumbestand im Sinne dieses Gesetzes gehören. Der Maulbeerenbaum trägt zwar essbare Früchte, jedoch werden Maulbeerenbäume in Wien nicht typischerweise als Obstbäume gepflanzt. Primär handelt es sich um einen Zierbaum, dessen zum Verzehr geeignete Früchte nur sekundäre Nebenerscheinungen sind. Aus § 4 Abs. 1 Z 1 Wiener Baumschutzgesetz ist zu schließen, dass auch abgestorbene Bäume von diesem Gesetz erfasst sind. Somit dürfen auch solche, wie etwa der Mandelbaum und die Weide, erst nach der Rechtskraft der Bewilligung entfernt werden.

Sie haben jedoch entgegen den gesetzlichen Vorschriften für keinen der im Spruch näher bezeichneten Bäume eine Bewilligung nach dem Wiener Baumschutzgesetz eingeholt und aus diesem Grund § 3 Abs. 1 Z. 2 iVm. § 4 Abs. 1 Wiener Baumschutzgesetz verletzt.

Die Ihnen zur Last gelegten Übertretungen sind somit in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

Bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Sie brachten vor, dass Sie nur das gemacht hätten, was Ihnen vor Ort von Herrn D. E. und einem nicht bekannten ‚Gärtner‘ gesagt worden sei. Diesem als Schutzbehauptung zu wertenden Vorbringen kommt jedoch keine entlastende Wirkung zu. Sie hätten auf die Angaben des Herrn E., der an einer Freimachung des Grundstückes von Bäumen interessiert war, nicht vertrauen dürfen. Es für Sie jedenfalls zumutbar gewesen, sich über die betreffend Baumentfernungen bestehenden rechtlichen Vorschriften zu informieren, bevor Sie die Arbeit in Angriff nehmen. In ihrer Rechtfertigung haben Sie auch ausgeführt, dass Sie zunächst nicht gewusst hätten, dass man eine Genehmigung nach dem Wiener Baumschutzgesetz braucht. Sie hätten dies erst gewusst, als der ‚Gärtner‘ dies gesagt habe, somit jedenfalls vor der Entfernung der in Rede stehenden Bäume.

Ein derartiges Vorbringen, das geeignet gewesen wäre, Ihr mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, haben Sie damit aber nicht erstattet. Demnach sind auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit zweifelsfrei erwiesen.

Zur Bemessung der Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten des/der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sind im vorliegenden Fall durchschnittlich.

Bei der Strafbemessung wurde die - mit Ausnahme einer Geldstrafe in der Höhe von € 50,00 wegen einer Übertretung des Meldegesetzes gegebene - bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit mildernd gewertet, erschwerend war kein Umstand.

[…]

Hinsichtlich Ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse und allfälligen Sorgepflichten wurden Ihre Angaben in der Rechtfertigung herangezogen. Die erkennende Behörde ging von ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und Sorgepflichten für zwei Kinder aus.

Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgründe ist die verhängte Strafe nicht zu hoch bemessen.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte zwingende Bestimmung des Gesetzes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

(Unkorrigiertes Originalzitat)

Hiegegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 9.5.2016, in welcher der Beschwerdeführer – zusammengefasst – vorbringt, dass er bloß „trockene Sträucher oder Bäume[,] die kaputt sind“ entfernt und nicht gewusst habe, dass er hiefür einer Genehmigung bedarf. Er sei sich daher keiner Schuld bewusst.

Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht vor.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19.5.2016, zugestellt durch postalische Hinterlegung am 22.5.2016, wurde der Beschwerdeführer binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung zur Verbesserung seiner Beschwerde aufgefordert, zumal jener ein Begehren fehlt.

Mit Schreiben vom 30.5.2016 ist der Beschwerdeführer – auch in Anbetracht des Umstandes, dass es sich hier um eine unvertretene und offensichtlich rechtlich unkundige Person handelt – der o.a. Aufforderung zur Mängelbehebung noch hinreichend nachgekommen. Darüber hinaus wiederholte er seine bereits im Beschwerdeschriftsatz vorgebrachte Verantwortung und führte ergänzend aus, dass er bloß auf Anweisung des D. E. – zu welchem in dieser Angelegenheit ein separates Verfahren vor dem erkennenden Gericht geführt wird – gehandelt habe.

Mit Schreiben vom 20.6.2016, nachweislich zugestellt durch postalische Hinterlegung am 23.6.2016, wurde der Beschwerdeführer zur Bekanntgabe seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse binnen zwei Wochen ab Zustellung aufgefordert.

Der Beschwerdeführer ist dieser Aufforderung bis zuletzt nicht nachgekommen.

Das Verwaltungsgericht Wien nahm am 20.6.2016 Einschau in öffentliche Register, wobei sich feststellen ließ, dass der Beschwerdeführer insgesamt sieben Mal – zuletzt 2012 – vornehmlich wegen Vermögensdelikten rk. strafgerichtlich verurteilt wurde, zwei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen auf Grund von Verstößen gegen das Meldegesetz aufweist, bis zum 3.6.2016 bei der „P. GmbH“ mit Sitz in Wien als Arbeiter tätig war und keine Sozialleistungen bezieht.

Das Verwaltungsgericht Wien nimmt den folgenden – entscheidungserheblichen – Sachverhalt als erwiesen an:

Der Beschwerdeführer hat Anfang Oktober 2014 – noch vor dem 7.10.2014 – am Grundstück in Wien, H.-gasse (Grundstücksnummer …, EZ …, KG K.), insg. acht Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 40 cm – gemessen in einem Meter Höhe vom Beginn ihrer Wurzelverzweigung an bzw. errechnet auf Grund der am 7.10.2014 gemessenen Stammreste, die eine Höhe von ca. zehn bis 20 cm aufwiesen – ohne Vorliegen einer Bewilligung nach dem Wiener Baumschutzgesetz entfernt, und zwar 1.) eine Blutpflaume mit einem Stammumfang von 47 cm, 2.) eine Scheinzypresse bzw. Muschelzypresse mit einem Stammumfang von 73 cm, 3.) eine Hängescheinzypresse bzw. Riesenzypresse mit einem Stammumfang von 68 cm, 4.) eine Maulbeere mit einem Stammumfang von 85 cm, 5.) eine Birke mit einem Stammumfang von 58 cm, 6.) eine Mandel mit einem Stammumfang von 43 cm und 53 cm, 7.) eine Weide mit einem Stammumfang von 66 cm sowie schließlich 8.) eine Eiche mit einem Stammumfang von 80 cm.

Zur Beweiswürdigung:

Die o.a. Feststellungen wurden den Angaben des vorgelegten Verwaltungsaktes entnommen, an deren Echtheit und Richtigkeit das erkennende Gericht keinen Grund zu zweifeln hat. Auch wurden diese Feststellungen der belangten Behörde vom Beschwerdeführer in keiner Weise bekämpft, sodass sie als unbestritten zu beurteilen sind. Der Beschwerdeführer richtet sich in seinem Vorbringen – aus Sicht des erkennenden Gerichtes – bloß gegen die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes.

Das Verwaltungsgericht Wien hat hiezu erwogen:

Das erkennende Gericht hat auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076), wobei in – wie hier – Verwaltungsstrafsachen die Bestimmung des § 1 Abs. 2 VStG beachtlich ist (vgl. auch § 38 VwGVG).

Auch in – wie hier – Verwaltungsstrafverfahren richtet sich der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich nach § 27 VwGVG. In diesem Rahmen ist das Verwaltungsgericht auch befugt, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die im Beschwerdeschriftsatz nicht vorgebracht wurden (vgl. etwa VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077).

Darüber hinaus ist jedoch das in § 42 leg. cit. normierte Verbot der „reformatio in peius“ zu berücksichtigen, welches nur dann nicht gilt, wenn – anders als im vorliegenden Fall – die Beschwerde nicht zu Gunsten des Bestraften erhoben wird. Eine Befugnis des Verwaltungsgerichtes zur Ausdehnung des Gegenstands des Beschwerdeverfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne des § 50 VwGVG hinaus wurde durch den Gesetzgeber nicht geschaffen und würde dies eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs und damit der Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht darstellen (vgl. hiezu bspw. VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0018).

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Baumschutzgesetzes, LGBl. Nr. 27/1974, lauten in ihrer zum Tatzeitpunkt geltenden und hienach unveränderten Fassung LGBl. Nr. 45/2013 – auszugsweise – wie folgt:

„Zweck und Anwendungsbereich

§ 1. (1) Zur Erhaltung einer gesunden Umwelt für die Wiener Bevölkerung ist der Baumbestand im Gebiete der Stadt Wien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geschützt ohne Rücksicht darauf, ob er sich auf öffentlichem oder privatem Grund befindet. Zum geschützten Baumbestand im Sinne dieses Gesetzes gehören alle Bäume, das sind Laub- und Nadelhölzer mit einem Stammumfang von mindestens 40 cm, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, einschließlich ihres ober- und unterirdischen pflanzlichen Lebensraumes.

(2) Dieses Gesetz findet jedoch keine Anwendung auf

1., 2. […]

3. Obstbäume;

4. – 6. […]

Verbotene Eingriffe

§ 3. (1) Es ist verboten,

1. […]

2. Bäume zu fällen, auszugraben, auszuhauen, auszuziehen oder sonstwie zu entfernen, ausgenommen bei Vorliegen einer Bewilligung nach § 4;

3. […]

(2) Nicht verboten ist das Schneiden (Stutzen) von Bäumen, welches ohne Gefährdung ihres Bestandes lediglich Verschönerungs-, Veredelungs- oder Pflegezwecken dient oder aus zwingenden öffentlichen Interessen notwendig ist. Ebenso bleiben die Befugnisse des Nachbarn nach § 422 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch unberührt.

Bewilligungspflicht

§ 4. (1) Das Entfernen von Bäumen bedarf einer behördlichen Bewilligung. […]

(2), (3) […]

Strafbestimmungen

§ 13. (1) Wer entgegen den Bestimmungen des § 4 ohne vorherige Bewilligung mehr als 20 Bäume entfernt oder entfernen läßt, ist vom ordentlichen Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht, sofern keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, wer

1., 2. […]

3. einen Baum entgegen den Bestimmungen des § 4 ohne vorherige Bewilligung entfernt oder entfernen läßt,

4. – 7. […]

(3) Die Verwaltungsübertretungen sind vom Magistrat in den Fällen des Abs. 2 Z 1 bis 4 mit Geldstrafe von 700 Euro bis zu 42 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, in den Fällen der Z 5 bis 7 mit Geldstrafe bis zu 7 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

(4) – (7) […]“

Für den konkreten Fall gilt es zunächst festzustellen, dass die im angefochtenen Straferkenntnis enthaltene Umschreibung der Tatzeit mit der Wendung „Anfang Oktober 2014[,] noch vor 07.10.2014“ vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG noch ausreichend erscheint (vgl. zB Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 44a [Stand 1.7.2013, rdb.at] mwN).

Wenngleich vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht, jedoch vom Amts wegen aufgreifbar (siehe oben), ist sodann der Umstand, dass es sich – aus Sicht des erkennenden Gerichtes – bei der unter Punkt 4) im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Maulbeere um einen „Obstbaum“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 Wiener Baumschutzgesetz handelt, auf welchen das genannte Gesetz keine Anwendung findet. Dies aus folgenden Gründen:

Das Wiener Baumschutzgesetz enthält keine Legaldefinition des „Obstbaums“. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird ein Baum, welcher essbare Früchte trägt, als Obstbaum bezeichnet (siehe hiezu etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Obstbaum [11.7.2016]). Die Früchte aller in Europa verbreiteten Maulbeerarten sind essbar (vgl. hiezu etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Maulbeeren [11.7.2016]). Insofern fällt die Maulbeere – aus Sicht des erkennenden Gerichts – unter den Begriff des „Obstbaums“ im Sinne des Wiener Baumschutzgesetzes, welches darüber hinaus keine Einschränkung solcherart enthält, dass unter dem genannten Begriff nur bewirtschaftete und sohin der Fruchtgewinnung dienende Obstbaumgewächse zu subsumieren sind. Da der Landesgesetzgeber eine dahingehende Einschränkung unterlassen hat, ist davon auszugehen, dass Obstbäume unabhängig von ihrer konkreten Nutzung gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 leg. cit. aus dem Anwendungsbereich des Wiener Baumschutzgesetzes ausgenommen sind. Eine allfällige gegenteilige Behördenpraxis verschlägt hier aus Sicht des erkennenden Gerichtes nicht. Die gegenteilige Annahme würde zudem zu einer unzulässigen extensiven Auslegung des Straftatbestandes führen (vgl. zB VwSlg. 6956 A/1966; VfSlg. 4280/1962).

Da es sich bei der hier fraglichen Maulbeere sohin um einen Obstbaum im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 Wiener Baumschutzgesetz handelt, welcher infolgedessen vom sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen ist, wurde der Beschwerdeführer wegen der Entfernung dieses Baumes zu Unrecht nach § 13 Abs. 2 Z 3 leg. cit. bestraft. Das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren war daher spruchgemäß in diesem Umfang einzustellen.

Im Übrigen ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Tat dem Grunde nach nicht bestreitet, sondern sich – sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch in seinem Beschwerdeschriftsatz – nur gegen deren rechtliche Beurteilung als Übertretung des Wiener Baumschutzgesetzes wendet, indem er hiezu insbesondere vorbringt, dass er bloß „trockene bzw. kaputte Sträucher und Bäume“ entfernt habe.

Hiezu ist festzustellen, dass dem Wiener Baumschutzgesetz eine dahingehende Einschränkung der Strafbarkeit fremd ist. Insbesondere ist es unerheblich, ob für einen Baum, der entgegen den gesetzlichen Bestimmungen entfernt wurde, eine behördliche Bewilligung zur Entfernung hätte erteilt werden können (vgl. bereits VwGH 3.9.2001, 2000/10/0109).

Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, dass er in gegenständlicher Sache bloß auf Anweisung eines Dritten hin gehandelt habe, so ist dem entgegen zu halten, dass das Wiener Baumschutzgesetz keine dahingehende Differenzierung vornimmt und sowohl den unmittelbaren als auch den mittelbaren Täter erfasst (vgl. den Wortlaut des § 13 Abs. 2 Z 3 leg. cit.: „Eine Verwaltungsübertretung begeht, […] wer […] einen Baum entfernt oder entfernen läßt[.]“)

Der Beschwerdeführer hat sohin – hinsichtlich der übrigen obgenannten Bäume – das Tatbild des § 13 Abs. 2 Z 3 Wiener Baumschutzgesetz verwirklicht.

Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG genügt zur Strafbarkeit – mangels einer anderslautenden Verwaltungsvorschrift – bereits fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt gemäß § 6 Abs. 1 StGB, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm auch zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Bei Prüfung des Vorliegens eines Verschuldens ist zunächst maßgebend, welches Maß an Sorgfalt den Umständen nach zur Vermeidung des tatbildmäßigen Unrechts objektiv geboten und pflichtgemäß aufzuwenden ist. Hier handelt es sich um jene Sorgfalt, wie sie ein mit den rechtlich geschützten Werten angemessen verbundener, besonnener und einsichtiger Mensch in der Lage des Täters aufwenden würde, um die Gefahr einer Rechtsgutbeeinträchtigung zu erkennen und hintanzuhalten. In Ermangelung einschlägiger Vorschriften richtet sich das Maß der einzuhaltenden objektiven Sorgfalt nach dem, was von einem sich seiner Pflichten gegen die Mitwelt bewussten, dem Verkehrskreis des Täters angehörigen Menschen billigerweise verlangt werden kann (vgl. etwa VwGH 23.2.1996, 95/17/0491).

Mangels einer eigens bestimmten Verschuldensform reicht zur Verwirklichung der konkret angelasteten Verwaltungsübertretung sohin Fahrlässigkeit bereits aus.

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich zudem um ein sog. Ungehorsamsdelikt.

Gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG gilt bei Ungehorsamsdelikten die gesetzliche Vermutung des Vorliegens der fahrlässigen Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung, wenn das Vorliegen eines tatbildmäßigen Verhaltens festgestellt worden ist und das mangelnde Verschulden durch den Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht worden ist. Es ist sohin Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, etwa durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. etwa VwGH 30.6.1998, 96/11/0175).

Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich kein substantiiertes Vorbringen erstattet und konnte somit nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Rechtsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre.

Insofern er jedoch vorbringt, dass er die verfahrensgegenständlichen Bäume bloß auf Anweisung eines Dritten entfernt habe und ihm gegenüber zudem bedeutet wurde, dass man nur für zwei andere Bäume eine Bewilligung nach dem Wiener Baumschutzgesetz einholen müsse, ist dem zu entgegnen, dass hier jedenfalls kein strafausschließender Rechtsirrtum des Beschwerdeführers vorliegt. Dies aus folgendem Grund:

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift den Täter nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltes ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Eine irrige Gesetzesauslegung – mag sie auch plausibel sein – muss ebenso wie die Unkenntnis des Gesetzes unverschuldet sein. Es bedarf dazu einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bei der zuständigen Stelle, die bloße Argumentation mit einer gewissen Rechtsauffassung genügt hingegen nicht (vgl. VwGH 18.3.2015, 2013/10/0141).

Der Beschwerdeführer hat – wie dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes zu entnehmen ist (vgl. dessen AS 111) – in seiner Einvernahme vom 23.3.2016 gegenüber der belangten Behörde selbst angegeben, dass er sich „zu wenig mit Bäumen auskenne“ und sich „keine Gedanken gemacht“ habe, ob es hier einer Bewilligung nach dem Wiener Baumschutzgesetz bedarf. Vor diesem Hintergrund wäre die Einholung von geeigneten Erkundigungen jedenfalls geboten gewesen. Es deutet auch nichts darauf hin, dass es für den Beschwerdeführer unzumutbar gewesen wäre, sich vorab mit den einschlägigen Gesetzesbestimmungen vertraut zu machen. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn – wie hier – der Täter die Entfernung von Bäumen entgeltlich anbietet.

Der Beschwerdeführer hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sohin auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs. 2 par. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Tat des Beschwerdeführers schädigte in nicht unerheblichem Ausmaß das öffentliche Interesse am Schutz des Baumbestandes in der Stadt Wien (vgl. § 1 Abs. 1 Wiener Baumschutzgesetz). Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher nicht als geringfügig erachtet werden.

Als erschwerend sind zwei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen und sieben strafgerichtliche Verurteilungen, als mildernd ist demgegenüber kein Umstand zu berücksichtigen.

Da trotz eines nachweislich zugestellten Ersuchens des erkennenden Gerichtes die Bekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers unterblieben ist (zur Mitwirkungspflicht vgl. VwGH 18.2.2015, Ra 2015/03/0011, mwN), war von durchschnittlichen Werten auszugehen.

Angesichts dieser Darlegungen erscheinen die im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Geldstrafen als tat- und schuldangemessen. Eine Strafherabsetzung kam unter Bedachtnahme auf die vorangeführten Strafbemessungsgründe sowie die general- und spezialpräventive Funktion einer Verwaltungsstrafe und unter Hinweis auf die gesetzliche Mindeststrafdrohung von EUR 700,– (vgl. § 13 Abs. 3 Wiener Baumschutzgesetz) nicht in Betracht.

Gemäß § 16 Abs. 1 VStG ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen. Gemäß Abs. 2 letzter Satz par. cit. ist diese Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 leg. cit. nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen stehen nicht außer Verhältnis zu den mit ihnen korrespondierenden Geldstrafen.

Aus Sicht des erkennenden Gerichtes bleibt im Übrigen für die Anwendung einer außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG kein Raum, da im konkreten Fall insg. sieben in einem Verfahren abzuhandelnde Verstöße gegen das Wiener Baumschutzgesetz vorliegen, sodass die Folgen der Tat des Beschwerdeführers alleine deshalb nicht unbedeutend sind (vgl. zB VwGH 17.12.1998, 96/09/0299; 28.2.2002, 2000/09/0180), und zumal im Übrigen nicht ersichtlich ist, dass hier die Milderungs- den Erschwerungsgründen beträchtlich überwiegen würden.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG konnte in gegenständlicher Rechtsache von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da in der vorliegenden Beschwerde – bei unbestrittenem Sachverhalt – nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Tat durch die belangte Behörde behauptet und die Durchführung einer Verhandlung von keiner Partei beantragt wurde. Auch war die hier zu lösende Rechtsfrage ohne besondere Komplexität (vgl. etwa EGMR 5.9.2002, Appl. Nr. 42.057/98, Speil [ÖJZ 2003, 117]).

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (obzitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041). Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 24.3.2014, Ro 2014/01/0011; 28.4.2015, Ra 2014/19/0177).

B e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und ist die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen. Für die Beschwerde bzw. die Revision ist eine Eingabegebühr von je EUR 240,– beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Ein diesbezüglicher Beleg ist der Eingabe anzuschließen.

Verwaltungsgericht Wien

MMag. Dr. Böhm-Gratzl

Schlagworte

Baumschutz; Obstbaum; verbotene Eingriffe; Bewilligungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2016:VGW.001.016.6127.2016

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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