TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/28 LVwG-2020/32/2080-3

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Veröffentlicht am 28.10.2020
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Entscheidungsdatum

28.10.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13
GewO 1994 §26

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde der AA GmbH, vertreten durch BB, dieser vertreten durch die Rechtsanwälte CC und DD, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 24.08.2020, ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Infolge einer amtswegig durchgeführten EKIS-Abfrage wurde festgestellt, dass Herr BB, handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA GmbH, Anfang 2018 in einen Vorfall mit der Polizei verwickelt war.

Seitens der Sozialversicherungsanstalt wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer EE als Arbeitnehmer abgemeldet wurde. Diesbezüglich erging seitens der belangte Behörde die Aufforderung vom 16.07.2020 an die Beschwerdeführerin, das Ausscheiden des Herrn Fankhauser unverzüglich anzuzeigen.

Mit der E-Mail vom 19.07.2020 teilte Herr Fankhauser der belangten Behörde mit, dass er nicht mehr im hier in Rede stehenden Unternehmen tätig ist nicht mehr zur Verfügung steht.

Mit dem Bescheid vom 17.08.2020 hat die belangte Behörde der nunmehrigen Beschwerdeführerin die Frist zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers auf 4 Monate, sohin bis zum 01.11.2020 verkürzt.

Mit dem Anbringen vom 08.08.2020, eingegangen bei der belangten Behörde am 17.08.2020, hat die nunmehrige Beschwerdeführerin eine Geschäftsführeranzeige eingebracht. Namhaft gemacht wird darin Herr BB. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass Herrn EE mit Wirkung vom 01.08.2020 aus seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer ausgeschieden ist.

Mit dem Schreiben 24.08.2020 wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin aufgefordert, den handelsrechtlichen Geschäftsführer und Gesellschafter mit maßgeblichen Einfluss, nämlich Herrn BB, zu entfernen. Als Frist hierfür wurden 8 Wochen eingeräumt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24.08.2020 wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung des Herrn BB, geboren am xx.xx.xxxx, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der nunmehrigen Beschwerdeführerin für die Ausübung des Gewerbes mit „Kraftfahrzeugtechnik gemäß § 94 Z 43 GewO 1994, verbunden mit Karosseriebauer einschließlich Karosseriespengler und Karosserielackierer“ im Standort ***, Y, Adresse 1, nicht vorliegen und die Geschäftsführerbestellung nicht zur Kenntnis genommen wird.

Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, bis zum 01.11.2020 einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

Gegen diesen Bescheid hat der vertretene Gesellschafter zulässig und rechtzeitig Beschwerde an Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben.

In der Beschwerde wird zusammengefasst ausgeführt wie folgt:

Es wird gerügt, dass eine Einvernahme der Beschwerdeführerin bzw des handelsrechtlichen Geschäftsführers nicht erfolgt sei. Die Behörde habe sich im Rahmen der Ermittlungstätigkeiten darauf beschränkt, die Versagung auf einen im Rahmen des Verfahrens eingeholten Strafregisterauszug zu stützen. Das Recht des Parteiengehörs sei missachtet worden. Es wäre die Einvernahme des angezeigten gewerberechtlichen Geschäftsführers unabdingbar gewesen, um die Frage der geeigneten Persönlichkeit des Gewerbeinhabers bzw einer allenfalls günstigen Zukunftsprognose klären zu können.

Es liege ein Verstoß gegen das Gebot der Erforschung der materiellen Wahrheit vor. Die belangte Behörde hätte den Sachverhalt entsprechend diesem Grundsatz zu ermitteln gehabt und wäre dabei zum Erlebnis gelangt, dass es trotz der vorliegenden Verurteilung des LG Z zu *** vom 26.11.2018 keinen Grund an der Verlässlichkeit des als gewerberechtlichen Geschäftsführer angezeigten zu zweifeln gäbe.

Die belangte Behörde habe es unterlassen, den wesentlichen Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen eines Ausschließungsgrundes zu ermitteln und festzustellen. Insbesondere, ob aufgrund der vorangeführten Verurteilung des LG Z vom 26.11.2018 bei der Ausübung der konkreten Gewerbeberechtigung eine entsprechende Gefährdungsprognose zu erstellen sei. Bei richtigem Verhalten bzw Beurteilung durch die belangte Behörde wäre es zu einem für die Beschwerdeführerin günstigen Bescheid gekommen.

Inhaltlich wird ausgeführt, dass die in dem gegenständlichen Verfahren festgestellten Tatumstände im direkten Zusammenhang mit jener Maßnahmenbeschwerde stehen würden, welche BB gegen die Festnahme vom 06.02.2018 durch Polizeiorgane des Stadtpolizeikommandos Z/Polizeiinspektion X eingebracht habe. Seitens des LVwG sei in dem zu Zahl LVwG-2018/12/0575-11 geführten Verfahren betreffend die Maßnahmenbeschwerde gegen die Festnahme mit Erkenntnis festgestellt worden, dass die Festnahme rechtswidrig gewesen sei. Im Zuge dieser Festnahme habe sich BB völlig verständlich gewehrt und nach Angabe der einschreitenden Polizisten die einschreitenden Polizeibeamten angeblich verletzt.

Aufgrund dieses Verhaltens, welches im untrennbaren Zusammenhang mit der rechtswidrig durchgeführten Festnahme des BB gestanden sei, sei dieser in dem beim LG Z zu *** geführten Strafverfahren wegen Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu einer teilbedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt worden. Dazu sei festzuhalten, dass es sich bei den behaupteten Körperverletzungen um an sich leichte medizinische Verletzungen (Schwellung und Abschürfung) handle, nachdem diese aber an einem Polizeibeamten vorgenommen worden seien, eine Qualifikation zu einer schweren Körperverletzung geführt habe. Es sei darauf hinzuweisen, dass zwar eine Verurteilung wegen der vorgeworfenen Straftaten (Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt) erfolgt sei, diese Handlungen des BB jedoch im unmittelbaren Zusammenhang mit der rechtswidrig erfolgten Festnahme erfolgt seien. Die Rechtswidrigkeit der Festnahme habe das LVwG Tirol in seinem Erkenntnis vom 18.09.2018 eindeutig festgestellt. Dies sei bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes entscheidungsrelevant für die Beurteilung des Vorliegens eines Ausschließungsgrundes von der Ausübung eines Gewerbes nach § 13 Abs 1 Z 1 b.

In der Folge wird in der Beschwerde ausgeführt, dass gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seitens der Behörde im Wege der einzelfallbezogenen Beurteilung eine Prognoseentscheidung herbeizuführen sei. Dies sei von der belangten Behörde nicht durchgeführt worden.

Die Behörde habe vielmehr eigenständig unter Berücksichtigung der mit der weiteren Ausübung der konkreten Gewerbeberechtigung im Zusammenhang stehenden Umstände eine Prognose zu erstellen. Dabei sei von der Entziehung der Gewerbeberechtigung dann Abstand zu nehmen, wenn die Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes nicht bestehe.

Es gäbe überhaupt keinen Grund, davon auszugehen, dass der namhaft gemachte gewerberechtliche Geschäftsführer BB im Zuge der Ausübung des Gewerbes, also bei Kontakt mit Kunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern ein strafbares Verhalten an den Tag legen würde, welches dem entspräche, welches zur Verurteilung vor dem LG Z am 26.11.2018 geführt habe.

Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Frage, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei, das Wohlverhalten des Betroffenen zu berücksichtigen.

Hierbei sei festgestellt, dass seit der Verurteilung des BB im Jahre 2018 keine weiteren gerichtlichen Verurteilungen erfolgt seien und grundsätzlich bei Herrn BB kein „Aggressionsproblem“ bestehe. Dies werde auch durch das vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebene und im Verfahren noch vorzulegende psychologische Gutachten bestätigt werden.

In diesem Zusammenhang übersehe die Behörde, dass gemäß § 26 Gewerbeordnung 1994 die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs 1 und 2 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen habe, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten sei.

Diese Nachsichtsgründe lägen unter Hinweis auf die vorangeführten Ausführungen beim namhaft gemachten gewerberechtlichen Geschäftsführer BB vor. Dies im Hinblick darauf, dass die Aggressionshandlung bzw die festgestellte Körperverletzung bei den einschreitenden Beamten ausschließlich darauf zurückzuführen sei, dass die Festnahme des Herrn BB festgestellter maßen rechtswidrig erfolgt sei, wogegen sich BB zur Wehr gesetzt habe.

Die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes durch BB sei daher in keinem Fall zu befürchten. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Zusammenhang mit der Erteilung der Nachsicht gemäß § 26 Abs 1 GewO 1994 ausgesprochen, dass diesbezüglich eine Prognoseentscheidung über das zukünftige Verhalten des Betroffenen zu treffen sei, bei der auf seine Persönlichkeit bzw. sein Wohlverhalten abzustellen sei.

Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Zusammenhang wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass bei Erstellung einer Zukunftsprognose der Verschaffung eines „im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gewonnenen“ persönlichen Eindrucks von der betreffenden Person besondere Bedeutung zukommt. Auch dies hat die belangte Behörde unterlassen und wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch eine Verletzung eines fairen Verfahrens nach Art 6 EMRK gerügt. Hätte die belangte Behörde die Einvernahme des BB vorgenommen, so wäre sie zu einer günstigen Zukunftsprognoseentscheidung gekommen und hätte gemäß § 26 Abs 1 GewO 1994 die Nachsicht von dem Gewerbe Ausschließungsgrundes § 13 Abs 1 Z 2 Gewerbeordnung 1994 aussprechen müssen.

Es läge auch der Begründungsmangel vor, dass sich die belangte Behörde mit der Frage einer zukünftigen Prognose überhaupt nicht auseinandergesetzt und dieser keine Relevanz und Beachtung zugedacht habe.

Beantragt wird die Einvernahme des Herrn BB, die Einholung des Aktes LVwG-2018/12/0575-11, das vorzulegende SV-Gutachten und das Strafurteil LG Z.

Weiters wird beantragt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben, an die Erstbehörde zur Verfahrensergänzung zurückzuverweisen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die erforderlichen Beweise aufzunehmen.

Mit der Eingabe vom 28.09.2020 hat die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin das psychologische Gutachten FF vom 25.09.2020 im Zusammenhang mit den Fragen, ob Herr BB eine mangelnde Zuverlässigkeit aufweise und/oder ein erhöhtes Aggressionspotenzial zeige, vorgelegt.

II.      Sachverhalt:

Die AA GmbH hat laut der Verständigung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 08.01.2015, Zahl ***, über den Auszug aus dem Gewerberegister seit dem 09.07.2013 im Standort Y, Adresse 1, das Gewerbe mit dem Gewerbewortlaut „Kraftfahrzeugtechnik gemäß § 94 Ziffer 43 GewO 1994, verbunden mit Karosseriebauer einschließlich Karosserie Spengler und Karosserielackierer“, inne.

Diesem Auszug ist ebenfalls zu entnehmen, dass Herr EE seit dem 30.07.2014 als gewerberechtlicher Geschäftsführer aufgetreten ist.

Mit dem Anbringen vom 08.08.2020 hat die nunmehrige Beschwerdeführerin eine Geschäftsführeranzeige eingebracht. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft gemacht wird darin Herr BB. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass Herr EE mit Wirkung vom 01.08.2020 aus seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer ausgeschieden ist.

Dem behördlichen Akt liegt auch der Auszug aus dem Strafregister vom 24.08.2020 betreffend Herrn BB ein. Diesem ist wie folgt zu entnehmen:

01) LG Z *** vom 26.11.2018 RK 28.03.2019

§ 84 (2) StGB

§ 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 06.02.2018

Geldstrafe von 360 Tags zu je 35,00 EUR (12.600,00 EUR) im NEF 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe

von 180 Tags zu je 35,00 EUR (6.300,00 EUR) im NEF 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre

III.     Beweiswürdigung:

Die oben angeführten Sachverhaltsfeststellungen lassen sich unzweifelhaft aufgrund der bezüglichen, dem behördlichen Akt einliegenden Schriftstücke treffen.

Der auf Sachverhaltsebene wiedergegebene Auszug aus dem Strafregister vom 24.08.2020 ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthalten und sohin der Beschwerdeführerin bekannt. Das oben angeführte Gewerbe wird von der Beschwerdeführerin ausgeübt; die hier in Rede stehende Anzeige betreffend den gewerberechtlichen Geschäftsführer erfolgte durch die Beschwerdeführerin. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass sämtliche Beweismittel, welche zu den obigen Sachverhaltsfeststellungen geführt haben, der Beschwerdeführerin bekannt sind. Insofern konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Insbesondere war es für das Verwaltungsgericht, wie sich unten zeigen wird, nicht erforderlich, einen persönlichen Eindruck vom angezeigten gewerberechtlichen Geschäftsführer zu gewinnen, zumal eine Zukunftsprognose nicht zu erstellen war.

IV.      Rechtslage:

Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994, § 9 idF BGBl I Nr 161/2006; § 13 idF BGBl I Nr 155/2015; § 26 idF BGBl I Nr 58/2010; § 39 idF BGBl I Nr 100/2018:

„§ 9

(1) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) können Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.

(2) Scheidet der Geschäftsführer aus, so darf das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als sechs Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.

§ 13

(1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

1. von einem Gericht verurteilt worden sind

a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2. die Verurteilung nicht getilgt ist.

§ 26

(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

(3) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt haben und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird.

(4) Die Nachsicht gemäß Abs. 1, 2 oder 3 ist nicht zu erteilen, wenn andere Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen als jene, für die die Nachsicht erteilt werden soll.

§ 39

(1) Der Gewerbeinhaber kann für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der Gewerbeinhaber hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat. Für Gewerbeinhaber, die keinen Wohnsitz im Inland haben, entfällt die Verpflichtung, einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn

(2) Der Geschäftsführer muss den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere dem Abs. 1 entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Er muß der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muß der gemäß § 9 Abs. 1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

…“

Im Übrigen wird auf die Internetseite des Bundeskanzleramtes ris.bka.gv.at verwiesen.

V.       Erwägungen:

Die Beschwerdeführerin hat das Gewerbe mit dem Gewerbewortlaut „Kraftfahrzeugtechnik“ gemäß § 94 Z 43 GewO 1994, verbunden mit Karosseriebauer einschließlich Karosserie Spengler und Karosserielackierer, im Standort Y, Adresse 1, inne.

Nachdem die Gewerbeinhaberin eine juristische Person ist, hat sie gemäß § 9 Abs 1 GewO 1994 einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen.

Der gewerberechtliche Geschäftsführer hat gemäß § 39 Abs 2 GewO 1994 die für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen zu erfüllen, wozu auch das Nichtvorliegen von Gewerbeausschließungsgründen, sohin auch das Freisein von im § 13 Abs 1 GewO 1994 genannten Verurteilungen gehört. Dies stellt schon im Hinblick auf die erhöhte Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers gemäß § 89 Abs 1 GewO 1994 keine sachliche Benachteiligung gegenüber den anderen Dienstnehmern dar (VwGH 05.09.2001, 2001/04/0142).

Gemäß § 13 Abs 1 lit b iVm Abs 2 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie von einem Gericht verurteilt worden sind wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer 3 Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und die Verurteilung nicht getilgt ist. Aufgrund der auf Sachverhaltsebene dargelegten Verurteilungen ist rechtlich festzustellen, dass genau dieser Ausschließungsgrund auf den namhaft gemachten gewerberechtlichen Geschäftsführer zutrifft. Er wurde vom LG Z mit dem Urteil vom 26.11.2018 zu 360 Tagsätzen verurteilt, wobei 180 Tagessätze unter einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden. Deshalb war seine Bestellung auch nicht zur Kenntnis zu nehmen. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

Soweit die Beschwerde auf § 26 Abs 1 GewO 1994 Bezug nimmt, ist wie folgt festzuhalten:

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (vgl VwGH 05.09.2001, 2001/04/142) darf Nachsicht nur auf Grund eines Antrages erteilt werden. Die Nachsicht ist somit ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt und es besteht kein Raum für eine amtswegige Berücksichtigung der §§ 26 f GewO im Zuge der Prüfung einer Gewerbeanmeldung (vgl Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO1, vor § 26 Rz 11).

In der Beschwerde wird gerade nicht dargelegt, dass ein derartiger Antrag auf Nachsicht bei der belangten Behörde eingebracht worden wäre. Vielmehr wird argumentiert, dass die Behörde amtswegig ein Verfahren nach § 26 ff GewO 1994 im Hinblick auf den namhaft gemachten gewerberechtlichen Geschäftsführer durchzuführen gehabt hätte. Dies trifft jedoch nicht zu.

Abschließend wird erwähnt, dass der im gegenständlichen Bescheid enthaltenen Aufforderung, bis spätestens 01.11.2020 einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, in Ansehung der diesbezüglichen, im oben angeführten Bescheid vom 17.08.2020 bereits erfolgten normativen Fristverkürzung nach § 39 Abs 2 GewO 1994 lediglich deklarative Wirkung zukommt.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Geschäftsführerbestellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.32.2080.3

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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