TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/8 L503 2005860-1

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Veröffentlicht am 08.06.2020
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Entscheidungsdatum

08.06.2020

Norm

ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L503 2005860-1/11E

L503 2202717-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , vertreten durch G & S Steuerberatungs GmbH, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 30.01.2014, GZ: XXXX und gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 04.05.2018, GZ: XXXX , beide betreffend Beitragsnachverrechnung, zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 23.1.2014 sprach die (damalige) Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz „SGKK“) aus, dass Herr A. M. in den in der Anlage 1 angeführten Zeiträumen auf Grund der für die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch kurz: „BF“) tageweise in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll-)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs 1 lit a AlVG unterlag.

Zur Begründung dieses Bescheids siehe näher das Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tage zur Zl. L503 2005860-2/12E bzw. L503 2202717-1/8E.

2. Mit weiterem – gegenständlich erstangefochtenen - Bescheid vom 30.1.2014 verpflichtete die SGKK die BF als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG, die von der SGKK mit Beitragsabrechnung vom 5.4.2013 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 6.401,50 sowie Verzugszinsen gemäß § 59 Abs 1 ASVG in Höhe von € 1.460,20, sohin einen Gesamtbetrag von € 7.861,70, an die SGKK zu entrichten. Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 30, 33, 34, 35 Abs 1, 42 Abs 3, 44 Abs 1, 45, 49 Abs 1 und 2, 54, 58 Abs 1 sowie § 471c und e ASVG und § 6 BMSVG ausgesprochen und nehme Bezug auf die Beitragsvorschreibungen vom 5.4.2013 und den Prüfbericht vom 5.4.2013 sowie den Versicherungspflichtbescheid vom 23.1.2014, welche jeweils einen integrierten Bestandteil dieses Bescheids darstellen würden.

Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge der Sozialversicherungsprüfung im Sinne von § 41a ASVG im Betrieb der BF Melde- und Beitragsdifferenzen bezüglich des Beschäftigungsverhältnisses des A. M. festgestellt worden seien. Die BF habe A. M. nicht zur Pflicht(Voll)versicherung gem. § 4 Abs. 2 ASVG angemeldet, obwohl eine Pflicht(Voll-)versicherung gegeben gewesen sei. Aufgrund der Einbeziehung in die Pflicht(Voll)versicherung des A. M. sei die entsprechende Nachverrechnung der diesbezüglichen Beiträge evident. Die Nachverrechnung sei infolge der Anmeldung zur Pflicht(Voll)versicherung erfolgt. A.M. sei aufgrund seiner fallweisen Beschäftigung an dem im Versicherungspflichtbescheid vom 30.01.2014 [richtig: 23.01.2014] bezeichneten Tagen nicht zur Pflicht(Voll-)versicherung gem. § 4 Abs 2 ASVG angemeldet worden. Dass der Bestand einer Pflicht(Voll-)versicherung des A.M. hinsichtlich des Prüfzeitraumes gegeben sei, sei bereits ausführlich im Versicherungspflichtbescheid vom 30.01.2014 [richtig: 23.01.2014], der einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides bilde, festgestellt worden. Anhand der für die fallweise Beschäftigung des A.M. erstellten Rechnungen sei die Beitragsgrundlage für die Nachverrechnung ermittelt worden. A. M. habe seine Leistungen im Kalenderjahr 2009 nach Stunden und in den darauf folgenden Kalenderjahren (2010 und 2011) nach Pauschalsätzen abgerechnet, welche im Durchschnitt den geleisteten Stunden entsprochen hätten. Rechtlich wurde unter anderem ausgeführt, dass gemäß § 58 Abs 2 ASVG der Dienstgeber die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge schulde. Dieser habe diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen. Als Dienstgeberin schulde die BF ihre und die auf die Dienstnehmer entfallenden Beiträge und müsse sie zur Gänze einbezahlen.

Darüber hinaus seien gemäß § 59 Abs 1 ASVG von Beiträgen, die nicht innerhalb von 15 Tagen nach der Fälligkeit (§ 58 Abs 1 ASVG) eingezahlt werden, wenn nicht gemäß § 113 Abs 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten.

3. Im Akt befinden sich diesbezüglich unter anderem ein Prüfbericht der SGKK vom 5.4.2013 (Prüfzeitraum: 1.1.2009 bis 31.12.2009), eine Beitragsabrechnung aus GPLA 1.1.2009 bis 31.12.2011 vom 5.4.2013 sowie ein Bescheidantrag der steuerlichen Vertretung der BF betreffend GPLA für die Jahre 2009 bis 2011 vom 8.4.2013.

4. In ihrer sowohl gegen den Versicherungspflichtbescheid vom 23.1.2014, als auch gegen den Beitragsnachverrechnungsbescheid vom 30.1.2014 fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 3.3.2014 bestritt die BF lediglich – näher begründet - das Vorliegen eines Dienstverhältnisses von A. M. gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG (siehe näher das Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tage zur Zl. L503 2005860-2/12E bzw. L503 2202717-1/8E).

5. Am 4.3.2014 legte die SGKK den Akt dem BVwG vor.

6. Mit Beschluss vom 16.7.2015 setzte das BVwG gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG das Verfahren bis zur Entscheidung des ebenfalls beim BVwG anhängigen Verfahrens betreffend Versicherungspflicht von Herrn A. M. aus.

7. Mit weiterem Bescheid vom 4.5.2018 sprach die SGKK aus, dass Herr A. M. (auch) in den in der Anlage 1 angeführten Zeiträumen auf Grund der für die BF tageweise in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll-)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs 1 lit a AlVG unterlag.

8. Mit weiterem – gegenständlich zweitangefochtenen - Bescheid vom 4.5.2018 verpflichtete die SGKK die BF als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG, die von der SGKK mit Beitragsabrechnung vom 27.7.2017 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 802,27 an die SGKK zu entrichten. Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 30, 33, 34, 35 Abs 1, 42 Abs 3, 44 Abs 1, 45, 49 Abs 1 und 2, 54, 58 Abs 1 und 2 sowie § 471c und e ASVG und § 6 BMSVG ausgesprochen und nehme Bezug auf die Beitragsvorschreibungen vom 27.7.2017 und den Prüfbericht vom 28.7.2017 sowie den Versicherungspflichtbescheid vom 4.5.2018, welche jeweils einen integrierten Bestandteil dieses Bescheids darstellen würden.

Begründend wurde eingangs darauf hingewiesen, dass im gegenständlichem Fall im Betrieb der BF Melde- und Beitragsdifferenzen das Beschäftigungsverhältnis von A. M. betreffend festgestellt worden seien. Verwiesen wurde dabei auf den Versicherungspflichtbescheid der SGKK vom (ebenfalls) 4.5.2018, mit dem festgestellt wurde, dass A. M. zu bestimmten Zeiten auf Grund der für die BF tageweise in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung unterlag. Hinsichtlich der Feststellungen zum Beginn und Ende der Beschäftigung als Dienstnehmer und hinsichtlich der korrekten Erfassung von Beitragsgrundlagen für den Dienstnehmer werde vollumfänglich auf diesen Versicherungspflichtbescheid verwiesen. Als Beitragsgrundlage seien die laut Buchhaltung tatsächlich getätigten Zahlungen an A. M. herangezogen worden. Aus den Lohn- und Buchhaltungsunterlagen der BF seien die Rechnungen A. M. betreffend vom Prüforgan gesichtet und sei die tägliche Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge festgestellt worden. Die Details seien der Beitragsabrechnung vom 27.7.2018 bzw. dem Prüfbericht vom 28.7.2017 zu entnehmen. Aufgrund der Einbeziehung von A. M. in die Pflichtvollversicherung nach § 4 Abs 2 ASVG sei die entsprechende Nachverrechnung der Beiträge erforderlich.

9. Im Akt befinden sich diesbezüglich unter anderem ein Prüfbericht der SGKK vom 28.7.2017 (Prüfzeitraum: 1.1.2012 bis 31.12.2015), eine Beitragsabrechnung aus GPLA 1.1.2012 bis 31.12.2015 vom 27.7.2017, ein Bescheidantrag der steuerlichen Vertretung der BF betreffend GPLA für die Jahre 2012 bis 2015 vom 4.11.2017 sowie eine Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs 1 BAO vom 25.7.2017.

10. Mit Schriftsatz ihrer steuerlichen Vertretung vom 28.5.2018 erhob die BF fristgerecht Beschwerde sowohl gegen den Versicherungspflichtbescheid vom 4.5.2018, als auch gegen den Beitragsnachverrechnungsbescheid vom selben Tag, in der wiederum (lediglich) dem Vorliegen eines Dienstverhältnisses von A. M. entgegengetreten wurde (siehe näher das Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tage zur Zl. L503 2005860-2/12E bzw. L503 2202717-1/8E).

11. Am 25.7.2018 legte die SGKK den Akt betreffend den zweitangefochtenen Beitragsnachverrechnungsbescheid dem BVwG vor.

12. Am 5.6.2020 teilte die (nunmehrige) Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) dem BVwG auf Nachfragen mit, dass - als Folge der Umqualifizierung von selbständigen in unselbständige Tätigkeiten - gegenständlich bis dato keine Beiträge seitens der (nunmehrigen) Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen an die ÖGK überwiesen wurden.

13. Mit Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. L503 2005860-2/12E bzw. L503 2202717-1/8E, wies das BVwG die Beschwerde der BF sowohl gegen den Versicherungspflichtbescheid vom 23.1.2014, als auch gegen den Versicherungspflichtbescheid vom 4.5.2018 als unbegründet ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die verfahrensgegenständlichen Beitragspflichtbescheide der SGKK beruhen darauf, dass die SGKK mit Bescheiden vom 23.1.2014 und 4.5.2018 die Vollversicherungspflicht von A. M. zu näher genannten Zeiten festgestellt hat.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. L503 2005860-2/12E bzw. L503 2202717-1/8E, wies das BVwG die von der BF gegen diese Versicherungspflichtbescheide erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der SGKK bzw. durch das Erkenntnis des BVwG betreffend Versicherungspflicht vom heutigen Tage.

Die getroffenen Feststellungen gehen daraus unstrittig hervor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Rechtliche Grundlagen im ASVG in der anzuwendenden Fassung:

3.2.1. § 4 ASVG lautet auszugsweise:

(1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

[…]

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. […].

3.2.2. Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

3.2.3. Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, [...], der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2.

3.2.4. § 49 ASVG lautet auszugsweise:

(1) Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

[…]

3.2.5. § 58 ASVG lautet auszugsweise:

(1) Die allgemeinen Beiträge sind am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 4 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. […]

3.2.6. Gemäß § 59 Abs 1 ASVG sind von Beiträgen, die nicht innerhalb von 15 Tagen nach der Fälligkeit eingezahlt werden, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten. [...].

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Mit Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tage wurde die im Beitragsverfahren als Vorfrage zu wertende Versicherungspflicht von A. M. für die streitgegenständlichen Zeiten ausdrücklich festgestellt. Die Voraussetzungen für eine Beitragsnachverrechnung - einschließlich der (lediglich mit Bescheid der SGKK vom 23.1.2014 erfolgten) Vorschreibung von Verzugszinsen - sind folglich erfüllt.

Weder wurden in den Beschwerden gegen die ermittelten Beitragsgrundlagen Einwände vorgebracht, noch wurde die rechnerische Richtigkeit der daraus resultierenden Nachverrechnungsbeträge samt den Verzugszinsen bestritten. Vielmehr richten sich sowohl die Beschwerde gegen den Nachverrechnungsbescheid vom 30.1.2014, als auch die Beschwerde gegen den Nachverrechnungsbescheid vom 4.5.2018 ausschließlich gegen die zugrundeliegende Versicherungspflicht. Zudem haben sich aus dem Akt keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beiträge nicht korrekt berechnet worden wären.

Im Übrigen hat die ÖGK dem BVwG am 5.6.2020 bekannt gegeben, dass (als Folge der Umqualifizierung von einer selbständigen in eine unselbständige Tätigkeit) gegenständlich bis dato keine Beiträge seitens der SVS an die ÖGK überwiesen wurden. Dies ist insofern von Bedeutung, als dem Erkenntnis des VfGH vom 27.11.2019, Zl. E 4911/2018-10, zufolge zwar allfällige Überweisungsbeträge seitens der SVS an die ÖGK im Sinne von § 41 Abs 3 GSVG zu berücksichtigen sind, wobei dies aber vom VwGH in seinem Beschluss vom 29.1.2020, Zl. Ra 2018/08/0245-4, dahingehend konkretisiert wurde, dass nur bereits erfolgte – und nicht etwa bloß hypothetische – Überweisungen bei der Beitragsnachverrechnung zu berücksichtigen sind (siehe Rz 10 des erwähnten Beschlusses des VwGH).

Folglich sind die Beschwerden spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Verfahren geht es um die Nachverrechnung von Beiträgen bzw. Vorschreibung von Verzugszinsen als Konsequenz eines Versicherungspflichtbescheids, wobei diesbezüglich klare und unstrittige gesetzliche Regelungen bestehen.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung Versicherungspflicht Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L503.2005860.1.00

Im RIS seit

30.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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