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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1332;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über den Antrag der H in W, vertreten durch Dr. Christine Wolf, Rechtsanwalt in Wien V,
Bräuhausgasse 63/7-8, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 29. August 1996, Zl. 120.446/5-7/96, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom 6. Mai 1997, Zl. 97/08/0085, wurde das Verfahren über die von der antragstellenden Partei gegen den oben bezeichneten Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 VwGG eingestellt, weil die antragstellende Partei den ihr mit hg. Verfügung vom 18. März 1997 erteilten Mängelbehebungsauftrag insoweit nicht befolgt hatte, als auf den weiteren vier vorgelegten Beschwerdeschriftsätzen die Unterschrift ihres Vertreters fehlte. Mit dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird vorgebracht, daß erst durch die am 12. Juni 1997 erfolgte Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1997 zur Zl. 97/08/0085, bekannt geworden sei, daß die vier nachgereichten Beschwerdeabschriften nicht unterfertigt gewesen seien. Die Vertreterin der Antragstellerin habe sich seinerzeit davon überzeugt, daß die entsprechend dem Mängelbehebungsauftrag nachzureichenden Schriftstücke in Kopie hergestellt worden seien, und seien von ihr auch die Ausfertigungen nach ihrer Anzahl und der Seiten kontrolliert worden. Dabei sei der Rechtsvertreterin der Antragstellerin insoferne ein Mißgeschick passiert, als neben den weiteren Ausfertigungen der Beschwerde auch die ursprüngliche Beschwerde vor den nachzureichenden Beschwerdeabschriften gelegen sei, sodaß sie, obwohl der Vertreterin der Antragstellerin so etwas noch nie passiert sei, offenbar gedanklich davon ausgegangen sei, daß sämtliche Schriftstücke bereits unterschrieben gewesen seien. Es handle sich hiebei um eine einmalige, zu entschuldigende Fehlleistung im Sinne einer höchstens leicht fahrlässigen Verabsäumung, sodaß wenn überhaupt nur ein minderer Grad des Versehens anzunehmen sei.
Vorauszuschicken ist, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Beschluß des verstärkten Senates vom 21. Juni 1988, Slg. Nr. 12.742/A) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch gegen die unvollständige Erfüllung eines verwaltungsgerichtlichen Verbesserungsauftrages zulässig ist.
Der Antrag ist allerdings unbegründet:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen, als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun. Bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die dem Vertreter der antragstellenden Partei obliegende Sorgfalt erfordert, sich von der Vollständigkeit und Richtigkeit der Mängelbehebung zu überzeugen; unterläßt er dies, so liegt ihm grobes Verschulden zur Last, welches die Wiedereinsetzung ausschließt (vgl. etwa die Beschlüsse vom 8. Februar 1995, Zl. 95/03/0015, und vom 14. Jänner 1997, Zl. 96/08/0353). Der Vertreterin der Antragstellerin hätte bei Beobachtung dieser Sorgfaltspflicht auffallen müssen, daß die zur Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof vorbereiteten Ablichtungen des Beschwerdeschriftsatzes noch nicht von ihr unterfertigt waren. Das Außerachtlassen dieser im gegebenen Fall erforderlichen und zumutbaren Sorfalt ist als ein den minderen Grad des Versehens überschreitendes Verschulden des Vertreters der antragstellenden Partei zu werten (vgl. auch hiezu den Beschluß vom 8. Februar 1995, Zl. 95/03/0015, m.w.N.).
Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher nicht stattzugeben.
Schlagworte
MängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997080431.X00Im RIS seit
20.11.2000