TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/28 W102 2162429-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.2020
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Entscheidungsdatum

28.09.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W102 2162429-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Mario ZÜGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 07.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.10.2019 zu Recht erkannt:

A)       Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 06.09.2015 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 06.09.2015 gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, er habe bei der Grenzpolizei gearbeitet und sei wegen seiner Tätigkeit von den Taliban bedroht worden. Sie hätten auch seinen Bruder getötet. Aus Angst vor den Taliban sei er geflüchtet.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 04.04.2017 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, in der Herkunftsprovinz seien viele Taliban, er sei auf seiner Dienststelle öfter mündlich bedroht worden. Die Taliban hätten ihm auch einen Drohbrief nachhause geschickt. Sein Nachbar habe auch für die Grenzpolizei gearbeitet und sei bedroht und getötet worden. Auch sein Bruder sei getötet worden, der habe für ein Wahlkomitee gearbeitet.

2.       Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 07.06.2017, zugestellt am 08.06.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus es ergäben sich Widersprüche, das Vorbringen sei nicht glaubhaft. Die angebliche Drohung habe lediglich mit dem Beruf als Grenzpolizist zu tun gehabt. Der Beschwerdeführer habe seine Tätigkeit einfach aufgeben können.

3.       Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2017 richtet sich die am 19.06.2017 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde, in der ausgeführt wird, der Beschwerdeführer sei, weil er als Grenzpolizist und oft mit den Amerikanern zusammengearbeitet habe, von den Taliban als Feind angesehen und mit dem Tode bedroht worden. Eine innerstaatliche Schutzalternative bestehe unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände und der schlechten Versorgungslage nicht. Der Beschwerdeführer verfüge nicht über ein soziales Auffangnetz in einer der größeren Städte.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 21.10.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin und eine Dolmetscherin für die Sprache Paschtu teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen, ihm drohe wegen seiner Tätigkeit als Grenzpolizist Verfolgung durch die Taliban, im Wesentlichen aufrecht.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

?        Tazkira in Kopie

?        Afghanischer Polizeiausweis

?        „Drohbrief“

?        Afghanische Schulbesuchtsbestätigung

?        Diverse afghanische Zertifikate

?        Diverse Fotos

?        Bestätigungen über ehrenamtliche Tätigkeit

?        Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse und andere Bildungsangebote

?        Teilnahmebestätigung für Werte- und Orientierungskurs

?        ÖSD-Zertifikat A1 vom 04.08.2017

?        Heiratsurkunde

?        Afghanische Wehrdienstbestätigung

?        Tazkiras mehrerer Angehöriger in Kopie

?        Detailergebnis zur Integrationsprüfung Niveau A2

?        Detailergebnis zur Integrationsprüfung Niveau B1

?        Medizinische Unterlagen

?        Vereinsbestätigung

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, geboren am XXXX und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Er spricht auch Dari und Deutsch auf dem Niveau B1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung und befindet sich deshalb in Behandlung, er besucht unter anderem wöchentlich Sitzungen psychotherapeutischer und klinisch-psychologischer Behandlung und nimmt täglich Dominal 80 mg, Mirtzapin 45 mg und Sertralin 50 mg ein.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Der Beschwerdeführer stammt aus einem Dorf in der Provinz Laghman, Distrikt Alingar. Er hat im Herkunftsstaat neun Jahre die Schule besucht. Die Familie lebte im eigenen Haus und hatte eine Landwirtschaft und ein Lebensmittelgeschäft. Dort hat der Beschwerdeführer mitgearbeitet.

Ab dem Jahr 2012 bis zu seiner Ausreise war der Beschwerdeführer als Grenzpolizist für die afghanischen Sicherheitskräfte in der Provinz Nangarhar tätig.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers und seine beiden Kinder sind im Iran aufhältig. Zu ihnen besteht Kontakt.

Die Eltern des Beschwerdeführers, zwei minderjährige Brüder, zwei Schwestern, eine davon minderjährig, leben ebenso im Iran.

Im Herkunftsdorf lebt noch ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers.

1.2.    Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer arbeitete ab dem Jahr 2012 bis zu seiner Ausreise im Mai 2015 in der Provinz Nangarhar als Grenzpolizist für die afghanischen Sicherheitskräfte. Der Beschwerdeführer wurde über den Bruder eines Arbeitskollegen aus demselben Dorf von den Taliban aufgefordert, seine Tätigkeit für die afghanische Polizei aufzugeben und mit dem Tod bedroht. Außerdem erhielt der Beschwerdeführer auch einen Drohbrief der Taliban nachhause geschickt, in dem er wegen seiner Weigerung, die Tätigkeit aufzugeben, mit dem Tod bedroht wurde. Deshalb reiste der Beschwerdeführer schließlich aus dem Herkunftsstaat aus. Im Rahmen seiner Tätigkeit war der Beschwerdeführer auch in Kämpfe verwickelt.

Im Fall der Rückkehr ins Herkunftsdorf besteht die Gefahr, dass der Beschwerdeführer von den Taliban misshandelt oder ermordet wird, weil er für die afghanischen Sicherheitskräfte gearbeitet hat und sie ihn deshalb als politischen Gegner einstufen.

Der Beschwerdeführer kann sich Übergriffen der Taliban durch einen Umzug in einen anderen Landesteil nicht zuverlässig entziehen.

Dass die afghanische Polizei den Beschwerdeführer vor Übergriffen der Taliban schützen kann, ist nicht zu erwarten.

2. Beweiswürdigung:

2.1.    Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, sowie seiner Muttersprache und seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus den gleichbleibenden plausiblen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht. Auch die belangte Behörde legte diese Angaben des Beschwerdeführers ihrer Entscheidung zugrunde. Die Feststellung zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers beruht auf dem vorgelegten Integrationsprüfungszeugnis für das Niveau B1 (Beilage zu OZ 14).

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellungen zur psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers, seiner Behandlung und Medikation beruht auf den vorgelegten medizinischen Unterlagen.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren gleichbleibend angegeben, verheiratet zu sein und zwei Kinder zu haben. Zudem hat er betreffend seinen Sohn eine Geburtsregistrierung in Kopie, die Tazkiras von Frau und Tochter in Kopie, sowie seine Heiratsurkunde in Kopie in Vorlage gebracht.

Hinsichtlich seiner Lebensverhältnisse im Herkunftsstaat hat der Beschwerdeführer durchgehend gleichbleibende Angaben gemacht, die auch die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legte.

Im Hinblick auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers für die afghanische Grenzpolizei wird auf die Beweiswürdigung zum Fluchtvorbringen verwiesen.

Die Feststellungen zum Verbleib der Angehörigen des Beschwerdeführers beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.10.2019, dass (nunmehr) Kontakt besteht, hat der Beschwerdeführer implizit bestätigt.

Ebenso findet der im Herkunftsdorf aufhältige Onkel mütterlicherseits im Lauf des Verfahrens wiederholt Erwähnung und führt ihn der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.10.2019 an.

2.2.    Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers stützen sich auf die im Kern gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers, die sich vor dem Hintergrund der Länderberichte als plausibel erweisen, sowie den im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.10.2019 vom Beschwerdeführer gewonnenen persönlichen Eindruck.

Der Beschwerdeführer hat durchgehend angegeben, zuletzt als Grenzpolizist gearbeitet zu haben und deshalb von den Taliban bedroht worden zu seine. So ist bereits in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.09.2015 protokolliert, der letzte Beruf des Beschwerdeführers sei „Polizist“ gewesen (AS 2) und gibt er hier auch bereits zum Fluchtgrund befragt an, er habe als Grenzpolizist gearbeitet und sei deshalb von den Taliban bedroht worden (AS 6). Zu seiner Tätigkeit legte der Beschwerdeführer überdies Unterlagen vor, nämlich seinen Dienstausweis im Original, einige Ausbildungszertifikate in Kopie, sowie eine Bestätigung des afghanischen Innenministeriums, eine Bestätigung der Dorfältesten und einen Drohbrief. Zudem brachte der Beschwerdeführer mehrere Fotos in Vorlage, die ihn in Uniform zusammen mit Kollegen bei Einsätzen zeigen. Insgesamt kommen angesichts der vorgelegten Dokumente und Fotos sowie insbesondere der gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers, die mit den Details in den vorgelegten Dokumenten übereinstimmen, beim Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel auf, dass dieser tatsächlich als Grenzpolizist gearbeitet hat. So gab der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme an, er habe von 08.10.2012 bis 17.05.2015 als Grenzpolizist gearbeitet (AS 129), wobei aus der Bestätigung über das „ABP Basic Training“ hervorgeht, dass der Beschwerdeführer dieses am 08.10.2012 (AS 107) begonnen hat. Der gleiche Beschäftigungszeitraum ergibt sich überdies aus der vorgelegten Bestätigung des Innenministeriums (Übersetzung OZ 23), wobei anzumerken ist, dass dem Dolmetscher bei der Umrechnung des Datums hier offenkund ein Fehler passiert ist.

Auf die vorgelegten Dokumente ist die belangte Behörde im Übrigen auch hinzuweisen, wenn sie ausführt, das Vorbringen sei wegen der „nachweislich nicht erbrachten Beweise“ (AS 310) nicht glaubhaft. In diesem Zusammenhang ist zudem zu ergänzen, dass bloß die Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens verlangt wird und die Vorlage bestimmter „Beweise“ hierfür gerade keine Voraussetzung ist. Weiter führt die belangte Behörde hinsichtlich des Dienstausweises und der Zertifikate aus, dass Dokumente als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt gegen Bezahlung beschafft werden könnten (AS 310). Dies mag zutreffen, enthebt die belangte Behörde jedoch nicht ihrer Verpflichtung zu einer Auseinandersetzung mit dem konkreten Fluchtvorbringen und den konkret in Vorlage gebrachten Dokumenten. Mit diesem Argument kann nicht jedes Dokument, das ein afghanischer Asylwerber vorlegt, als zum Beweis ungeeignet abgetan werden. Im Hinblick darauf, dass die Behörde dem Beschwerdeführer gleichzeitig die Unterlassene Vorlage von Beweisen vorwirft, erweist sich die Beweiswürdigung zudem als nicht nachvollziehbar. Ansonsten beschränkt sich die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung im Wesentlichen darauf, dass Fluchtvorbringen im Konjunktiv widerzugeben, Details zu Scheinwidersprüchen zu konstruieren, und ohne Bezug zu den Länderberichten über die Vorgehensweise der Taliban zu spekulieren. Insbesondere die Mutmaßung der Behörde, der Beschwerdeführer habe seine Tätigkeit einfach aufgeben können und die angebliche Bedrohung hätte nicht mehr bestanden (AS 310) erweist sich als reine Spekulation, in der sich die erschreckende Unkenntnis der belangten Behörde hinsichtlich der einschlägigen Länderberichte besonders zeigt.

Zunächst ergibt sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.06.2020 (OZ 21) in das Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien), dass es zu gezielten Angriffen auf afghanische Sicherheitskräfte kommt. Diese würden im und außer Dienst angegriffen. Auch ehemalige ANDFS-Angehörige würden angegriffen (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe b) Zivile Polizeikräfte (einschließlich Angehörigen der ANP und ALP) sowie ehemalige Angehörige der ANDSF, S. 47 f.). Auch die ebenso mit Schreiben vom 17.06.2020 (OZ 21) in das Verfahren eingebrachte EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge: EASO Country Guidance), berichtet, dass Angehörige der ANSF im und außer Dienst regelmäßig zum Ziel von Angriffen Aufständischer würden. Diese würden auch gezielt getötet und entführt (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 1. Members of the security forces and pro-government militias, S. 49).

Wie aus den bereits zitierten UNHCR-Richtlinien ergibt sich im Übrigen auch aus dem EASO COI Report: Afghanistan. Gezielte Gewalt bewaffneter Akteure gegen Individuen von Dezember 2017 – vom Bundesverwaltungsgericht ebenso mit Schreiben vom 17.06.2020 (OZ 21) in das Verfahren eingebracht – dass auch ehemalige ANSF-Angehörige Opfer gezielter Angriffe werden können (Kapitel 1. Gezielte Gewalt Aufständischer gegen Zivilpersonen, Unterkapitel, 1.4 Anwendung gezielter Gewalt, Unterkapitel 1.4.1 Reue und Buße, S. 67). Der bereits zitierte EASO COI Report: Afghanistan. Gezielte Gewalt bewaffneter Akteure gegen Individuen von Dezember 2017 berichtet auch, die Taliban würden Einzelpersonen zunächst die Möglichkeit geben, zu bereuen und Buße zu tun. Sie würden Drohungen aussprechen und wenn diese eine Forderung enthalten, würde es normalerweise ausreichen, dieser Aufforderung nachzukommen, um weiteren Angriffen zu entgehen (Kapitel 1. Gezielte Gewalt Aufständischer gegen Zivilpersonen, Unterkapitel, 1.4 Anwendung gezielter Gewalt, Unterkapitel 1.4.1 Reue und Buße, S. 67). Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Drohbrief ergibt sich jedoch, dass der Beschwerdeführer – so wie er es auch selbst geschildert hat – der Aufforderung bereits nicht nachgekommen ist. Damit erweist sich die Mutmaßung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe seine Tätigkeit einfach aufgeben können, um einer Verfolgung zu entgehen, vor dem Hintergrund der Länderberichte als nicht haltbar. Zudem konnte der Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung am 21.10.2019 nicht zuletzt durch seine lebendigen Schilderungen einen Eindruck persönlicher Glaubwürdigkeit vermitteln.

Im Hinblick auf den Herkunftsdistrikt ist dem EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 – ebenso mit Schreiben vom 17.06.2020 (OZ 21) in das Verfahren eingebracht – zu entnehmen, dass dieser umkämpft ist bzw. überwiegend unter Kontrolle der Taliban steht (Kapitel 2.21 Laghman, Unterkapitel 2.21.2 Conflict background and actors in Laghman, insbesondere Tabelle S. 203). Dabei ergibt sich auch aus dem EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Jänner 2016 bereits, dass die Taliban in der Herkunftsprovinz stark präsent sind und insbesondere im Jahr 2015 im Herkunftsdistrikt aktiv waren (Kapitel 2.5.1 Laghman, S. 104 ff.). Damit ist auch davon auszugehen, dass die Taliban in der Herkunftsprovinz im Fluchtzeitpunkt über die erforderliche Präsenz verfügt haben, um von der Tätigkeit des Beschwerdeführers zu erfahren und um ihre Drohungen auszusprechen. Insgesamt ist angesichts der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers und der dortigen Präsenz der Taliban geradezu zu erwarten, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Tätigkeit als Grenzpolizist bedroht wird. So ergibt sich auch aus der EASO Country Guidance im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung, dass insbesondere auf den Arbeitsort, die Sichtbarkeit des Antragstellers, die Herkunftsregion und die Präsenz Aufständischer Bedacht genommen werden muss (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 1. Members of the security forces and pro-government militias, S. 49). Der Beschwerdeführer stammt – wie schon ausgeführt – aus einem Gebiet mit starker Talibanpräsenz. Vor dem Hintergrund der Länderberichte, mit denen die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers in keiner Weise in Relation gesetzt hat, sind die Angaben des Beschwerdeführers damit plausibel. Dass er auch in Kämpfe verwickelt war, hat der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 04.04.2017 auf Nachfrage bejaht (AS 129), wobei angesichts der mehrjährigen Tätigkeit des Beschwerdeführers für die Sicherheitskräfte und der Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar (Etwa EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019, Kapitel 2.23 Nangarhar, S. 211 ff.), wo der Beschwerdeführer gearbeitet hat, Zweifel am Zutreffen dieser Angaben nicht angebracht scheinen. Die Feststellung einer durch seine Tätigkeit bedingten Einstufung als politischer Gegner von Seiten der Taliban beruht auf der Einschätzung der EASO Country Guidance (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 1. Members of the security forces and pro-government militias, S. 49).

Im Hinblick auf die Feststellung, dass im Fall der Rückkehr ins Herkunftsdorf die Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer von den Taliban misshandelt oder ermordet wird, weil er für die afghanischen Sicherheitskräfte gearbeitet hat, ist der EASO Country Guidance zufolge – wie bereits zitiert – auf Herkunftsregion, Sichtbarkeit, Arbeitsort, die Präsenz Aufständischer und die Dauer, seit der Betroffene die Streitkräfte verlassen hat, zu berücksichtigen (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 1. Members of the security forces and pro-government militias, S. 49). Dass die Taliban im Herkunftsdistrikt stark präsent sich, wurde bereits ausgeführt. Zudem ist der Beschwerdeführer nicht bloß ehemaliger ANSFD-Angehöriger, sondern bereits in der Vergangenheit konkret in das Visier der Taliban geraten und bedroht worden. Weiter hat er an Kampfeinsätzen teilgenommen und die Aufgabe seiner Tätigkeit verweigert. Damit ist zweifellos zu erwarten, dass der Beschwerdeführer nach wie vor zu den Angriffsziele der Taliban gehört.

Dazu, dass nicht zu erwarten ist, dass der Beschwerdeführer sich der Gefahr von Seiten der Taliban zuverlässig durch Umzug in einen anderen Landesteil entziehen kann, ist zunächst auf die UNHCR-Richtlinien zu verweisen. Diese gehen hinsichtlich der Taliban von einem geografisch großen Wirkungsradius aus und davon, dass sich eine Person diesen nicht durch Umzug innerhalb des Landes entziehen kann (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 1. Analyse der Relevanz, S. 120-121). Dies bestätigt auch die EASO Country Guidance, die zur Reichweite der Taliban berichtet, dass ihre Informationsnetzwerke und ihr Geheimdienst bis in die afghanischen Städte reichen (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel I. Actors of persecution, Abschnitt Insurgent groups, S. 44-45). Auch berichtet wird vom Vollzug gezielter Tötungen in den Städten, sowie von Talibankampagnen gezielter Gewalt (EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan. Gezielte Gewalt bewaffneter Akteure gegen Individuen, Kapitel 1.1.4.1 Das Ziel der Kampagne gezielter Gewalt durch die Taliban, S. 18). Insbesondere würden die Taliban in Städten auch Personen angreifen, die keine besonders hohe öffentliche Stellung haben. Derartige Angriffe würden bloß der Demonstration dienen, wie weit der Arm der Taliban reiche, um andere bedrohte Einzelpersonen einzuschüchtern (EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan. Gezielte Gewalt bewaffneter Akteure gegen Individuen, Kapitel 1.1.5.5 Unterschiede zwischen Stadt und Land, S. 27). Angesichts dieser Reichweite – und unter Berücksichtigung der bereits im Hinblick auf die Aktualität angeführten individuellen Umstände – ist nicht ersichtlich, dass sich der Beschwerdeführer in einer andere (sicher erreichbaren) Region des Herkunftsstaates dauerhaft gefahrlos und unbehelligt niederlassen könnte.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer vor dieser Bedrohung durch die Taliban Schutz des afghanischen Staates nicht zu erwarten hat, beruht etwa auf den UNHCR-Richtlinien, wo berichtet wird, dass die Umsetzung der Menschenrechte mangelhaft bleibt und die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit als besonders schwach wahrgenommen wird. Die Fähigkeit der Regierung, Menschenrechte zu schützen, werde untergraben, das förmliche Justizsystem sei schwach und unfähig, Zivil- und Strafverfahren effektiv und zuverlässig zu entscheiden. Die Korruption sei groß und es herrsche ein Klima der Straflosigkeit. Täter von Menschenrechtsverletzungen würden selten zur Rechenschaft gezogen (Abschnitt II. Überblick über die Situation in Afghanistan, Kapitel C. Die Menschenrechtssituation, Unterkapitel 2. Die Fähigkeit und Bereitschaft des Staates, Zivilisten vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen, S. 34 f.). Im Wesentlichen inhaltsgleich berichtet auch das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, letzte Kurzinformation eingefügt am 21.07.2020, von der Lage hinsichtlich Menschenrechte, Justiz etc. (siehe insbesondere Kapitel 3. Rechtsschutz/Justizwesen und Kapitel 10. Allgemeine Menschenrechtslage).

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken („Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den „EASO-Richtlinien“ verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405). Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zum Fluchtvorbringen einer asylrechtlich relevanten Verfolgung wegen (unterstellter) politischer Gesinnung

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person unter anderem, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 30.08.2018, Ra 2017/18/0119 mwN).

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes reicht für die Annahme einer asylrechtlich relevanten Verfolgung aus Gründen der politischen Gesinnung aus, dass eine solche politische Gesinnung zumindest unterstellt wird (vgl. etwa VwGH 06.05.2004, 2002/20/0156).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt besteht im Fall der Rückkehr in das Herkunftsdorf die Gefahr, dass der Beschwerdeführer von den Taliban misshandelt oder ermordet wird, weil er für die afghanischen Sicherheitskräfte gearbeitet hat und sie ihn deshalb als politischen Gegner einstufen. Zudem wurde festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, dass nicht zu erwarten ist, dass die afghanische Polizei den Beschwerdeführer vor Übergriffen der Taliban schützen kann.

Der Beschwerdeführer konnte damit für den Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung glaubhaft machen, dass ihm Verfolgung durch Privatpersonen wegen einer ihm unterstellten politischen Gesinnung droht, wobei staatlicher Schutz nicht besteht.

3.2.    Zur Nichtverfügbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative

Nach § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht.

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann.

Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind nach dem klaren Wortlaut des § 11 AsylG zwei getrennte und selbstständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative zu unterscheiden, nämlich die Frage, ob Schutz gewährleistet ist, sowie die Frage, ob dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 mwN). Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Wie festgestellt und beweiswürdigen ausgeführt, kann sich der Beschwerdeführer Übergriffen der Taliban durch einen Umzug in einen anderen Landesteil nicht zuverlässig entziehen.

Damit steht dem Beschwerdeführer mangels Verfügbarkeit von Schutz iSd § 11 Abs. 1 AsylG in einem Teil des Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung. Eine Auseinandersetzung mit der Zumutbarkeit des Aufenthaltes in einem möglichen Neuansiedelungsgebiet erübrigt sich sohin, wobei auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen ist, der in der Vergangenheit der Annahme fehlenden Schutzes iSd § 11 AsylG vor Talibanverfolgung in Afghanistan nicht entgegentrat, sofern er diese Schlussfolgerung auf solide beweiswürdigende Grundlage gestellt sah (Vgl. etwa VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0330).

3.3.    Zum Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes

Nach § 3 Abs. 2 Z 2 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde einen Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG gesetzt hat. Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer einen Asylausschlussgrund gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 bis 4 AsylG gesetzt hat, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

3.4.    Zur Nichtanwendbarkeit des § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 nach § 75 Abs. 24 AsylG auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt haben, nicht anzuwenden. Nachdem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz am 06.09.2015 gestellt hat, ist § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 daher nicht anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Ihm kommt damit unmittelbar kraft Gesetzes (VwGH 03.05.2018, Ra 2017/19/0373) eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu.

4.       Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht folgt der klaren Rechtlage und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wobei gegenständlich insbesondere beweiswürdigende Erwägungen maßgeblich waren.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung gesamtes Staatsgebiet Polizist Schutzunfähigkeit unterstellte politische Gesinnung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W102.2162429.1.00

Im RIS seit

30.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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