TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/27 G308 2236106-1

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Veröffentlicht am 27.10.2020
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Entscheidungsdatum

27.10.2020

Norm

AlVG §10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

G308 2236106-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas MÜLLER und den fachkundigen Laienrichter Gottfried SCHABERL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des AMS, vom 18.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid, GZ SVNR XXXX vom 09.09.2020 sprach das AMS XXXX aus, dass XXXX (im Folgenden Beschwerdeführerin oder kurz BF), XXXX den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF für den Zeitraum von 14.08.2020 bis 24.09.2020 verloren habe.

2. Mit Schreiben vom 15.09.2020 erhob die nunmehrige BF fristgerecht Beschwerde.

3. Mit Bescheid, GZ XXXX vom 18.09.2020 schloss das AMS die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 13 Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF aus. Begründend wurde ausgeführt, dass die BF keine Angaben darüber gemacht habe, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für sie mit der Durchsetzbarkeit des Bescheides verbunden wären, damit die erforderliche Abwägung gegenüber den unstrittig bestehenden Interessen der Öffentlichkeit an den Sanktionszwecken der Arbeitslosenversicherung vorgenommen hätte werden können. Eine aufschiebende Wirkung im vorliegenden Fall würde aus generalpräventiven Gründen den im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen.

4. Mit Schreiben vom 03.19.2020 erhob die BF fristgerecht Einspruch gegen diesen Bescheid. In diesem führte sie aus, dass sie durch die lange Sperre nicht in der Lage sei ihre und die laufenden Kosten der Tochter zu decken. Die Bewerbung sei aufgrund eines technischen Fehlers nicht gesendet worden, was sie nicht überprüft habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.3.1. Gem. § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid, der die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen hat, keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

3.3.2. Zur Regelung des § 13 VwGVG hat der Verwaltungsgerichtshof in Zusammenhang mit Beziehern von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, zuletzt wie folgt ausgeführt:

"Die Entscheidung über Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028). [...] § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.

Das Tatbestandsmerkmal, Gefahr im Verzug' bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 13 VwGVG K 12).

Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat.

Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 3f und 19 zu § 56). Wirkt der Notstandshilfebezieher an den Feststellungen über die Einbringlichkeit nicht mit, kann von einer Gefährdung derselben ausgegangen werden (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 19 zu § 56). Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. zur Erfolgsprognose VwGH 9.5.2016, Ra 2016/09/0035)."

3.3.3. Im vorliegenden Fall hat die BF in der Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausschließenden Bescheid vom 18.09.2020 weder ein konkretes noch ein substantiiertes Vorbringen darüber erstattet, dass sie der Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe unverhältnismäßig hart treffen würde.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.02.2014, Ro 2014/02/0053) trifft den Beschwerdeführer hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils eine Konkretisierungspflicht (vgl. auch VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033). In diesem Sinne erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter – tunlichst ziffernmäßiger – Angaben über die finanziellen Verhältnisse der BF wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte.

Hierzu ist auch darauf, dass das Verwaltungsgericht gem. § 13 Abs. 5 VwGVG ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13). "Unverzüglich" und "ohne weiteres Verfahren" bedeutet wohl, ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).

Die BF führte in der Beschwerde nicht aus, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für sie mit dem Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe im Zeitraum vom 14.08.2020 bis 24.09.2020 verbunden wären. Er legte diesbezüglich auch keinerlei Bescheinigungsmittel (z.B. über die Höhe seines Haushaltseinkommens, Unterhaltspflichten, allfällige Gesundheitskosten, Wohnkosten, Kredite und Verbindlichkeiten etc.) vor.

3.3.4. Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung war daher spruchgemäß abzuweisen. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass mit dem gegenständlichen Erkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache (Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe im Zeitraum vom 14.08.2020 bis 24.09.2020) nicht vorweggenommen wird.

3.4. Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden", was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend eine Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Punkt II.3.3. wiedergegeben. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Konkretisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G308.2236106.1.00

Im RIS seit

30.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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