TE Vfgh Erkenntnis 2020/9/25 G222/2020

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Veröffentlicht am 25.09.2020
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Index

40/01 Verwaltungsverfahrensgesetze außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
ZustellG §17 Abs3
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit des Wortes "rechtzeitig" in einer Bestimmung des ZustellG betreffend die Hinterlegung eines Dokuments bei Abwesenheit; Möglichkeit, rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis zu erlangen, hinreichend klar bestimmt

Spruch

I. Soweit sich der Antrag gegen das Wort "rechtzeitig" in §17 Abs3 letzter Satz Zustellgesetz, BGBl Nr 200/1982 idF BGBl I Nr 5/2008, richtet, wird er abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien,

"im §17 Abs3 Zustellgesetz i.d.F. BGBl I Nr 5/2008 die Wendung 'Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §13 Abs3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte,' als verfassungswidrig aufzuheben.

In eventu wird beantragt, im §17 Abs3 Zustellgesetz i.d.F. BGBl. I Nr 5/2008 das Wort 'rechtzeitig' als verfassungswidrig aufzuheben.

In eventu wird beantragt, im §17 Abs3 Zustellgesetz i.d.F. BGBl I Nr 5/2008 die Wortfolge 'Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §13 Abs3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.' als verfassungswidrig aufzuheben."

II. Rechtslage

1. Die §§16 und 17 Zustellgesetz (ZustellG), BGBl 200/1982 idF BGBl I 5/2008, lauten wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Ersatzzustellung

§16. (1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des §13 Abs3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.

(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.

(4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §13 Abs3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Hinterlegung

§17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des §13 Abs3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §13 Abs3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2. §7 VwGVG, BGBl I 33/2013 idF BGBl I 138/2017, lautet wie folgt:

"2. Hauptstück

Verfahren

1. Abschnitt

Beschwerde

Beschwerderecht und Beschwerdefrist

§7. (1) Gegen Verfahrensanordnungen im Verwaltungsverfahren ist eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig. Sie können erst in der Beschwerde gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden.

(2) Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

(3) Ist der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden, kann die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art130 Abs2 Z1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art130 Abs1 Z2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

       1. in den Fällen des Art132 Abs1 Z1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

       2. in den Fällen des Art132 Abs1 Z2 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat,

       3. in den Fällen des Art132 Abs2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung, und

 

       4. in den Fällen des Art132 Abs5 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 20. Mai 2019 stellte der Magistrat der Stadt Wien fest, dass dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht ein Rückstandsausweis von insgesamt € 6.905,93 zu Recht vorgeschrieben wurde. Am 23. Mai 2019 erfolgte ein Zustellversuch dieses Bescheides an der Abgabestelle des Beschwerdeführers. Da der Beschwerdeführer nicht angetroffen wurde, wurde das Dokument am selben Tag im Postamt hinterlegt und ab Freitag, den 24. Mai 2019, zur Abholung bereitgehalten. Das Postamt hatte samstags geöffnet; das Dokument hätte daher auch am 25. und dann wieder ab 27. Mai 2019 behoben werden können. Der Beschwerdeführer hat nachgewiesen, dass er zwischen 22. und 27. Mai 2019 im Ausland war und erst am 27. Mai 2019 wieder an seine Abgabestelle zurückkehrte, wo er von der Hinterlegung und der Abholmöglichkeit ab 24. Mai 2019 Kenntnis erlangte. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Zustellung durch Hinterlegung auf Grund seiner vorübergehenden Abwesenheit von der Abgabestelle erst mit dem auf seine Rückkehr folgenden Werktag, sohin dem 28. Mai 2019, erfolgt sei.

2. Das Verwaltungsgericht Wien legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, im Wesentlichen wie folgt dar (die Fußnoten wurden überwiegend in eckigen Klammern an der betreffenden Stelle in den Fließtext eingefügt):

"II.1) Präjudizialität:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Antrag i.S.d. Art140 Abs1 Z1 B-VG (nur) dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl bspw. VfGH 9.3.2016, G447/2015 ua, mwN).

Im gegenständlichen Fall wurde vom Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk vom 20.5.2019, GZ: 728431-2018, erhoben. Gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art131 Abs1 B-VG i.V.m. §3 Abs2 Z1 VwGVG ist das Verwaltungsgericht Wien zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde zuständig, weil die belangte Behörde ihren Sitz in Wien hat, und die vollzogene Angelegenheit weder im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung zu vollziehen ist, noch durch Gesetz ein Rechtszug zum Bundesverwaltungs- oder Bundesfinanzgericht eröffnet worden ist.

Das Verwaltungsgericht Wien hat §17 Abs3 ZustellG bei seiner Entscheidung im Anlassfall jedenfalls anzuwenden, weil der Beschwerdeführer im Wesentlichen moniert, dass die wirksame Zustellung durch Hinterlegung aufgrund seiner vorübergehenden Abwesenheit von der gegenständlichen Abgabestelle[Bei dieser Abgabestelle handelt es sich um die Abgabestelle einer Wohnung i.S.d. §2 Abs1 Z4 ZustellG.] nicht bereits am 24.5.2019, sondern erst mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Werktag rechtswirksam erfolgt sei. Dabei hat der Beschwerdeführer nachgewiesen, bereits vor dem Zustellversuch des gegenständlichen Schriftstücks die Abgabestelle verlassen zu haben und erst am 27.6.2019 an die Abgabestelle wieder zurückgekehrt zu sein.

Je nach Auslegung der Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' des §17 Abs3 ZustellG ist die anhängige Beschwerde wegen Verspätung zurückzuweisen ist oder nicht.

Im Falle der Aufhebung der gegenständlich angefochtenen Bestimmung gemäß dem Hauptantrag und gemäß dem ersten Eventualantrag würde die gegenständliche Beschwerde nicht zurückgewiesen werden, sondern nach Durchführung des gebotenen Ermittlungsverfahrens eine meritorische Entscheidung ergehen.

Im Falle der Aufhebung der gegenständlich angefochtenen Bestimmung gemäß dem zweiten Eventualantrag würde die gegenständliche Beschwerde wegen Verspätung zurückgewiesen werden.

11.2) Anfechtungsumfang:

[…]

1.3. Im Lichte der […] höchstgerichtlichen Judikatur erachtet das Verwaltungsgericht Wien den mit gegenständlichem Hauptantrag gewählten Anfechtungsumfang als weder zu weit noch zu eng bemessen. Insbesondere entstünde bei Aufhebung der Wendung 'Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §13 Abs3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte,' deshalb keine Schwierigkeit hinsichtlich der Anwendung der im Rechtsbestand verbleibenden Teile des Gesetzes, da diesfalls verbliebene Wortfolge des letzten Satzes des §17 Abs3 ZustelIG lauten würde:

'Doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.'

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den im Primärantrag gestellten Anfechtungsumfang als zu weit bemessen einstuft, wurde der erste Eventualantrag gestellt.

Der zweite Eventualantrag wurde für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Primärantrag als zu eng gefasst qualifiziert, eingebracht.

[…]

IV) Auslegungsvarianten der Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte'

IV.1) durchgängige Qualifizierung der Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' als inhaltlich unbestimmbar durch die Lehre:

[…]

IV.2) Auslegungsvarianten des Begriffs 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' durch anerkannte Auslegungsautoritäten:

IV.2.1) auf die Situation von werktags erst abends in die Wohnung zurückkehrenden Vollzeitberufstätigen abstellende Auslegung des Begriffs 'rechtzeitig' durch den Obersten Gerichtshof und eines Teils der Senate des Verwaltungsgerichtshofs, eines Teils der Lehre sowie des derzeit für alle Finanzbehörden verbindlichen Erlasses des Finanzministeriums:

IV.2.1.1) Judikatur des Obersten Gerichtshofs:

Soweit erkennbar legt der Oberste Gerichtshof die Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' im §17 Abs3 ZustellG wie auch im §16 Abs5 ZustellG seit dem Inkrafttreten des Zustellgesetzes in ständiger Judikatur entweder nach der Auslegungsvariante der Maßgeblichkeit der Maßstabsfigur eines vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten[…] oder aber entsprechend der nachfolgend dargestellten dritten höchstgerichtlichen Auslegungsvariante (daher der dem grammatikalischen Bedeutungsgehalt der Worte 'rechtzeitig' und 'Zustellvorgang' und dem historischen Gesetzgeberwillen folgenden Auslegungsvariante)[Vgl. OGH 1.7.1987, ZI. 3 Ob 515/97; 31.1.2013, 6 Ob 154/12h; konkludent OGH 19.9.1984, 1 Ob 654/84; 17.4.1986, 8 Ob 552/86; 28.4.1988, 8 Ob 550/88; 9.10.1990, 5 Ob 599/90; 12.9.1991, 6 Ob 602/91; 18.12.1991, 1 Ob 632/91; 7.10.1992, 1 Ob 615/92; 25.1.1995, 3 Ob 6/95; 22.10.1997, 9 Ob 346/97s; 27.5.2004, 8 Ob 103/03k] aus.

IV.2.1.1.1) Rechtssatz des Obersten Gerichtshofs:

Nach dieser nun zu besprechenden Auslegungsvariante der Maßgeblichkeit der Maßstabsfigur eines vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten ist dann von einer 'Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang' auszugehen, wenn dem Empfänger nach der frühestmöglichen Kenntniserlangung von der erfolgten Übergabe eines Schriftstücks an einen Ersatzempfänger bzw von der Hinterlegung eines Schriftstücks noch (exakt) mindestens jener Zeitraum für die Erhebung eines Rechtsmittels zur Verfügung steht, als dies auch einem vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten zur Verfügung stehen würde.

Mit anderen Worten ist dann von der Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang auszugehen, wenn nach der Rückkunft an die Abgabestelle der frühestmögliche Zeitpunkt der Erlangung des zugestellten Schriftstücks nicht später liegt als der hypothetische Zeitpunkt der frühestmöglichen Erlangung des Schriftstücks durch einen vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten.

Dies wird damit begründet, dass es unsachlich wäre, den zum Zeitpunkt des Hinterlegungsversuchs (nicht bloß tagsüber) ortsabwesenden Schriftsatzadressaten besser zu stellen, als einen Empfänger, welcher berufsbedingt unter Tags von seiner Abgabestelle abwesend (und damit nicht vorübergehend ortsabwesend) gewesen war.

Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Vollzeitberufstätigkeit der Fall einer Zustellung durch Hinterlegung gewesen wäre, so ist als Zustellzeitpunkt der Zeitpunkt der erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks (im Falle der Zustellung durch Hinterlegung) oder der Zeitpunkt der Ausfolgung des Schriftstücks an den Ersatzempfänger (im Falle der Zustellung durch Ersatzzustellung) anzusehen.

Nach dieser Judikatur erlangt ein Empfänger sohin nur dann 'rechtzeitig Kenntnis, wenn er nicht in der Lage war (gewesen wäre), auf die Sendung zum selben Zeitpunkt zu reagieren, zu dem der Empfänger üblicherweise reagieren hätte können, dem nach dem Willen des Gesetzgebers durch Hinterlegung zugestellt werden durfte.'[Vgl. OLG Wien 21.10.1998, ZI. 7 Ra 304/98x mwN]

Den Begriff 'rechtzeitig' im Sinne des §16 Abs5 ZustellG bzw im Sinne des §17 Abs3 ZustellG versteht der Oberste Gerichtshof daher dahingehend, dass dem ortsabwesend gewesenen Empfänger (jedenfalls) noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung steht, welcher auch einem fiktiven, berufsbedingt nur tagsüber von der Abgabestelle Vollerwerbstätigen zur Verfügung stehen würde.

Wenn daher der ortsabwesend gewesene Empfänger durch die Hinterlegung bzw Schriftsatzübergabe an den Ersatzempfänger nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung oder durch Ersatzzustellung als ordnungsgemäß angesehen werden, sodass es zu keiner Heilung i.S.d. §17 Abs3 ZustellG bzw i.S.d. §16 Abs5 ZustellG kommt.[Vgl. OGH 16.2.1984, 7 Ob 511/84; 19.9.1984, 1 Ob 630/84; 11.10.1984, 7 Ob 636/84; 16.1.1985, 1 Ob 716/84; 19.3.1992, 7 Ob 519/92; 22.12.1992, 8 Ob 654/92; 16.4.1993, 5 Ob 513/93; 18.12.1997, 2 Ob 265/97b; 13.7.1998 7 Ob 180/98s; 12.11.2002, 10 ObS 346/02h; 18.9.2003, 8 ObA 61/03h; 18.10.2007, 2 Ob 96/07t]

Nach dieser Auslegungsvariante kann von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang durch den Empfänger dann nicht mehr die Rede sein, wenn diesem die wahrzunehmende Rechtsmittelfrist nicht ungekürzt oder zumindest nicht nahezu ungekürzt zur Verfügung steht. Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu dieser Auslegungsvariante kann jedenfalls bei einer Verzögerung der Kenntniserlangung von einer erfolgten Zustellung um mehrere Tage nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang die Rede sein.[Vgl. OGH 24.6.1993, 8 Ob 579/93; 25.8.1994, 2 Ob 568/94; 28.2.2012, 80b12/12s]

Folglich ist nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs etwa eine Kenntniserlangung von der erfolgten Hinterlegung bzw von der erfolgten Übergabe des Schriftstücks an den Ersatzempfänger, die erst drei Tage nach dem, dem Hinterlegungstag folgenden Bereithaltungstag bzw erst vier Tage nach der erfolgten Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger erfolgt, nicht mehr als rechtzeitig im Sinne des §16 Abs5 ZustellG anzusehen.[Vgl. OGH 24.6.1993, 8 Ob 579/93; 12.11.2002, 10 ObS 346/02h; 18.9.2003, 8 ObA 61/03h]

IV.2.1.1.2) Auslegungsdivergenz innerhalb der Judikatur des Obersten Gerichtshofs:

IV.2.1.1.2.1) strenge Auslegung dieses Rechtssatzes durch den Obersten Gerichtshof:

Wenn man diesen Rechtssatz des Obersten Gerichtshofs streng auslegt und insbesondere sich den konkreten Anlassfall für die Bildung dieser Judikatur vor Augen hält[Anm: Darlegung des Sachverhalts von OGH 16.2.1984, ZI. 7 Ob 511/84], ist nach dieser Auslegungsvariante klar bestimmbar, wann exakt nicht mehr von einer Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellversuch auszugehen ist.

Nicht mehr rechtzeitig vom Zustellvorgang kann ein Schriftstückempfänger demnach nur dann nicht Kenntnis erlangen, wenn der Schriftstückadressat zum Zeitpunkt der Hinterlegung bzw zum Zeitpunkt der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger (nicht nur tagsüber) ortsabwesend gewesen war, und dieser Schriftstückadressat nicht schon vor dem der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger bzw der dem Hinterlegungstag nächstfolgenden Schriftstückabholungstag an die Abgabestelle wieder zurückgekehrt ist.

Schlagend wird diese strenge Auslegung dieser Auslegungsvariante daher nur in zwei eher untypischen Konstellationen, nämlich erstens der Konstellation der erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks bereits am Hinterlegungstag und der Rückkehr bereits am Hinterlegungstag bzw Schriftstückübergabetag und zweitens der Konstellation, dass das Schriftstück an dem dem Hinterlegungstag folgenden Tag nicht von der Post abgeholt werden kann. Nur in diesen Fällen erlangt nämlich der zurückgekehrte Schriftstückadressat nicht später als ein fiktiver Vollerwerbstätiger das zuzustellende Schriftstück; denn in der erstgenannten Konstellation kann der Adressat auch an dem der Hinterlegung bzw der Schriftstückübergabe nächstfolgenden Kalendertag das Schriftstück erlangen[…], und in der zweitgenannten Konstellation ist die Abholung ohnedies auch dem ortsabwesend gewesenen Empfänger am dem Hinterlegungstag nächstfolgenden Abholtag möglich.

Konsequent dieser Sichtweise folgend erlangt ein Empfänger daher in dem Fall, dass dieser nicht nur am Tag der Hinterlegung des Schriftstücks, sondern auch noch an dem Hinterlegungstag folgenden nächsten Abholtag ortsabwesend ist, nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis, sodass diesfalls die Heilungsbestimmung des §17 Abs3 ZustellG zur Anwendung gelangt.[Vgl. OGH 16.4.1993, 5 Ob 513/93; 18.12.1997; 2 Ob 265/97b; konkludent OGH 12.4.1984, 8 Ob 538/84]

Dagegen findet für den Fall einer erfolgten Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger diese strenge Auslegung dieser Auslegungsvariante nur dann eine Anwendung, wenn der Schriftstückadressat am Tag der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger nicht bloß tagsüber von der Abgabestelle ortsabwesend war (daher schon zumindest einen vollen Tag ortsabwesend gewesen ist), und der Schriftstückadressat just an diesem Tag der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger wieder an die Abgabestelle zurückkehrt. In diesem Fall liegt nämlich nicht bloß eine Ortsabwesenheit am Schriftstückübergabetag bloß während des Tages vor, sodass diesfalls die Judikatur der Unbeachtlichkeit der Ortsabwesenheit bloß tagsüber[…] keine Anwendung findet. Nach dem strikten Wortlaut würde diesfalls daher ein Anwendungsfall des Heilungstatbestands des §16 Abs5 ZustellG vorliegen, sodass für diesen von einer längeren Abwesenheit zurückgekehrten Adressaten das Schriftstück erst an dem der Schriftstückübergabe nächstfolgenden Kalendertag wirksam zugestellt wäre, was diesen Empfänger im Vergleich zu einem bloß während des Tags ortsabwesend gewesenen Empfänger um einen Tag bevorteilen würde.

Somit kommt die strenge Auslegung dieser Auslegungsvariante stets zu einem vorhersehbaren und stets exakt gleich bestimmbaren Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zustellung, und ist daher bei Zugrundelegung dieser Auslegung die Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' und der damit implizit vom Gesetzgeber normierten Zusatzvorgabe des Vergleichs mit der Situation eines typischen, erst abends in die Wohnung zurückkehrenden Vollerwerbstätigen im Sinne der Vorgabe des Art18 Abs1 B-VG ausreichend bestimmt.

Ein großer Teil der diese Auslegungsvariante favorisierenden Judikatur[Vgl. etwa explizit OGH 22.12.1992, 8 Ob 654/92; 18.10.2007, 2 Ob 96/07t] des Obersten Gerichtshofs folgt dieser strengen Auslegung dieser Auslegungsvariante.

IV.2.1.1.2.2) Unbestimmbarkeit des Zustellungszeitpunkts in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs:

Aus vom Obersten Gerichtshof nicht dargelegten Gründen, weicht dieser von der klaren und strengen Auslegung seines eigenen Rechtssatzes mitunter ab. In vielen Entscheidungen wird nämlich auch noch dann von einer Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgegangen, wenn der Zurückkehrende nicht in der Lage war, das Schriftstück bereits an dem Tag, an welchem ein Vollerwerbstätiger das Schriftstück abholen hätte können, abzuholen.[Vgl. etwa OGH 12.4.1984, 8 Ob 538/84; 1.7.1987, 3 Ob 22/87; 27.6.1991, 7 Ob 569/91; 11.4.1992, 6 Ob 502/91; 28.4.2000, 2 Ob 107/00z; 28.2.2012, 8 Ob12/12s; 28.3.2012, 8 Ob 27/12x; 31.1.2013, 6 Ob 154/12h; 22.5.2014, 1 Ob 92/14g; 25.9.2019, 1 Ob 126/19i; konkludent OGH 24.6.1993, 8 Ob 579/93; 12.11.2002, 10 ObS 346/02h; 18.9.2003, 8 ObA 61/03h] Doch ist jedenfalls zu konstatieren, dass in keiner dieser Entscheidung der Obersten Gerichtshof auch noch im Fall einer Rückkunft nach dem zweiten (!!!) der Hinterlegung folgenden Abholtag (und damit im Falle einer frühestmöglichen Abholung erst am dritten der Hinterlegung folgenden Abholtag) von einer rechtzeitigen Kenntnisnahme des Zustellvorgangs ausgegangen ist.

Dass der Oberste Gerichtshof jedenfalls im Fall einer Rückkunft nach dem zweiten der Hinterlegung folgenden Abholtag nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntnisnahme des Zustellvorgangs ausgeht, lässt sich auch aus den Judikaten ersehen, in welchen der Oberste Gerichtshof im Falle einer Rückkunft erst drei Kalendertage nach dem dem Hinterlegungstag folgenden Bereithaltungstag bzw erst vier Kalendertage nach der Schriftsatzübergabe an den Ersatzempfänger eine rechtzeitige Kenntnisnahme des Zustellvorgangs negiert.[Vgl. OGH 24.6.1993, 8 Ob 579/93; 12.11.2002, 10 ObS 346/02h; 18.9.2003, 8 ObA 61/03h]

Es ist daher davon auszugehen, dass die Judikatur des Obersten Gerichtshofs (lediglich) insoweit zu einem nicht klar bestimmbaren Zustelltag (Wirksamkeitsbeginn der Zustellung) führt, als der Oberste Gerichtshof mitunter nicht nur dann von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgeht, wenn der Adressat am Tag der Hinterlegung bzw am Tag der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger an die Abgabestelle zurückkehrt, sondern auch noch von dieser Rechtzeitigkeit ausgeht, wenn der Empfänger erst am zweiten der Hinterlegung folgenden Abholtag, zurückkehrt, was im Falle der Hinterlegung an einem Donnerstag - bei Nichtvorliegen von Feiertagen - zu einer Rechtsmittelfristverkürzung von bis zu vier Kalendertagen führen kann.[…]

Damit ist aber zu konstatieren, dass der Oberste Gerichtshof diese Auslegungsvariante regelmäßig ohne ersichtlichen Grund in völlig unterschiedlicher Weise ausgelegt.

Diese Unbestimmbarkeit der Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis' i.S.d. Art18 Abs1 B-VG scheint darauf zurückzuführen zu sein, dass die gegenständliche Auslegungsvariante sich auf keinen Gesetzeswortlaut stützen kann, daher das Ergebnis der freien Rechtsfortbildung des Obersten Gerichtshofs ist.

Mangels jeglicher gesetzlicher Determination dieser Auslegungsvariante ist daher auch der Oberste Gerichtshof bislang im Hinblick auf die Frage der vorhersehbaren Bestimmbarkeit des Zeitpunkts der Zustellung eines Schriftstücks im Falle der (nicht nur während der Tagesstunden bestehenden) Ortsabwesenheit des Empfängers zum Zeitpunkt des (einzigen) Zustellversuchs im Rahmen einer RSb-Zustellung bislang nicht in der Lage gewesen klarzustellen, nach welchem überprüfbaren Kriterium zu ermitteln ist, dass im Hinblick auf eine während des Zustellversuchs vorgenommene Schriftsatzübergabe an einen Ersatzempfänger bzw im Hinblick auf eine sodann erfolgte Hinterlegung ein großer Teil der Bevölkerung infolge seiner Berufstätigkeit das zuzustellende Schriftstück erlangen würde.

So legt der Oberste Gerichtshof zwar in vielen seiner Entscheidungen die naheliegende Sicht zugrunde, dass ein Vollzeitbeschäftigter zum ihm ehestmöglichen Zeitpunkt das Schriftstück beim Postamt behebt bzw vom Ersatzempfänger ausgehändigt erhält.

Mitunter setzt der Oberste Gerichtshof aber auch einen (deutlich) späteren Tag als diesen ehestmöglichen Schriftstückerlangungstag als den Tag der üblichen Schriftstückerlangung durch solch eine fiktive Maßfigur fest, mit der jeweils fatalen Vernichtung der Rechtsmittelerhebungsbefugnis des Empfängers.

Dazu kommt, dass in der österreichischen Rechtsordnung durch keine Regelung mit hinreichender Deutlichkeit das Verhalten eines typischen, werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Vollerwerbstätigen im Falle des Vorfindens einer Hinterlegungsnachricht in seiner Abgabeeinrichtung bestimmt wird.

So ist bekannt, dass viele durchschnittliche Empfänger (auch Vollerwerbstätige) gar nicht so interessiert sind, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu erlangen, und daher mitunter erst viele Tage nach dem Vorfinden der Hinterlegungsnachricht sich die Zeit nehmen, das Schriftstück auch wirklich vom Postamt abzuholen. Vielleicht ist dieser Erfahrungswert der Grund, dass der Oberste Gerichtshof wiederholt davon ausgeht, dass ein durchschnittlicher Vollerwerbstätiger nicht zu dem, dem Empfang der Hinterlegungsnachricht nächstmöglichen Zeitpunkt versuchen wird, das Schriftstück abzuholen.

Letztlich hängt es daher vom Zufall ab, welcher dieser unterschiedlichen Bestimmungsmethoden des hypothetischen Kenntniserlangungszeitpunkts des großen Teils der Bevölkerung der jeweilige Senat des Obersten Gerichtshofs den Vorzug gibt.

Damit ist aber offenkundig, dass es auch nach dieser Auslegungsvariante des Obersten Gerichtshofs nicht möglich ist, mit einer ausreichenden Klarheit zu bestimmen, wann im Falle einer (nicht nur auf die Tagesstunden beschränkten) Ortsabwesenheit des Empfängers während des (einzigen) Zustellversuchs im Rahmen einer RSb-Zustellung der an die Abgabestelle wieder zurückkehrende Empfänger noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen kann, und sohin wann der Heilungstatbestand des §16 Abs5 ZustellG bzw des §17 Abs3 ZustellG zur Anwendung gelangt.

Damit ist auch nach dieser Auslegungsvariante die Wendung 'vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' nicht im Sinne der Vorgaben des Art18 Abs1 B-VG ausreichend klar bestimmbar (auf die nachfolgenden Ausführungen wird verwiesen).

IV.2.1.1.3) Unvereinbarkeit der auf die Vollerwerbstätigkeit abstellenden Auslegungsvariante zur auf die Rechtsmittelrestfrist abstellenden Auslegungsvariante:

Wie unvereinbar diese Auslegungsvariante zur (nachfolgend dargelegten) lediglich von einem Teil der Senate des Verwaltungsgerichtshofs favorisierten Auslegungsvariante der Abstellung auf das Ausmaß der Beeinträchtigung der Möglichkeit zur Erhebung eines Rechtsmittels ist, lässt sich schon daran erkennen, dass der Oberste Gerichtshof sich mit dieser erstmals von Berchtold vertretenen Auslegungsvariante auseinandergesetzt hat, und diese Auslegungsvariante Berchtolds entschieden abgelehnt hat.[Vgl. bereits die Ausführungen des Obersten Gerichtshofs in der ersten, die gegenständliche Auslegungsvariante vertretenden Entscheidung OGH 16.2.1984, ZI. 7 Ob 511/84; Vgl. dazu etwa auch die Ausführungen in VwGH 9.7.1992, 91/16/0091; In diesem Sinne etwa auch VwGH 9.7.1992, 91/16/0091; 6.10.2015, Ra 2015/08/0119]

IV.2.1.2) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs:

IV.2.1.2.1) Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofs:

Faktisch wörtlich gleich lautet der ebenfalls dieses Auslegungsergebnis favorisierende Judikaturstrang des Verwaltungsgerichtshofs. In einheitlicher und ständiger Judikatur (seit Erlassung des Zustellgesetzes) legt dieser in den Entscheidungen, in welchen diese Auslegungsvariante der Maßgeblichkeit der Maßfigur des Vollerwerbstätigen favorisiert wird, die Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis" im §17 Abs3 ZustellG wie auch im §16 Abs5 ZustellG (scheinbar[…]) gleich aus, wie die dieselbe Auslegungsvariante favorisierenden Senate des Obersten Gerichtshofs.[Vgl. VwGH 13.4.1989, 88/06/0140; 9.7.1992, 91/16/0091; 15.7.1998, 97/13/0104; 9.11.2004, 2004/05/0078; 24.5.2007, 2006/07/0101; 20.10.2010, 2007/08/0210; 25.4.2014, 2012/10/0060; 26.6.2014, 2013/03/0055; 26.5.2015, Ro 2015/01/004; 25.6.2015, Ro 2014/07/0107; 22.12.2016, Ra 2016/16/0094; 17.8.2017, Ra 2017/11/0211; 20.12.2017, Ra 2017/03/0052; konkludent VwGH 6.3.1997, 96/09/0392]

Wie nachfolgend aufgezeigt, weicht die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' mitunter deutlich von der des Obersten Gerichtshofs ab, sodass der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig Ortsabwesenheiten, welche nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs explizit das Vorliegen einer rechtzeitigen Kenntnisnahme vom Zustellvorgang ausschließen, als rechtzeitige Kenntnisnahmen vom Zustellvorgang qualifiziert.

Zudem divergieren die Ergebnisse des Verwaltungsgerichtshofs zur gegenständlichen Auslegungsvariante gravierend von den Ergebnissen des Verwaltungsgerichtshofs zur auf die Rechtsmittelrestdauer abstellenden Auslegungsvariante. Diese Divergenzen dürften auch dem Verwaltungsgerichtshof aufgefallen sein, zumal so erklärlich wird, warum der Verwaltungsgerichtshof mitunter den obreferierten Rechtssatz des Obersten Gerichtshofs dahingehend abwandelt, als ohne Begründung nicht bloß ein Zeitunterschied zur frühestmöglichen Abholmöglichkeit eines Vollzeiterwerbstätigen, sondern plötzlich nur mehr ein SIGNIFIKANTER Zeitunterschied zur frühestmöglichen Abholmöglichkeit eines Vollzeiterwerbstätigen für die Annahme des Nichtvorliegens einer rechtzeitigen Kenntnisnahme vom Zustellvorgang gefordert wird.[Vgl. etwa VwGH 25.6.2015, Ro 2014/07/0107; 22.12.2016, Ra 2016/16/0094] Damit wird aber die ohnehin schon enorme Unbestimmtheit dieses Rechtssatzes im Hinblick auf die Vorgaben des Art18 Abs1 B-VG nochmals in völlig zusätzlich unbestimmbarer Weise durch den unbestimmbaren Bedeutungsgehalt des Wortes 'signifikant' gesteigert.

IV.2.1.2.2) Auslegungsdivergenzen innerhalb der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs:

Doch auch die Senate des Verwaltungsgerichtshofs, welche im Einzelfall dieser Auslegungsvariante des Begriffs 'rechtzeitig' folgen, haben nicht klargestellt, nach welchem überprüfbaren Kriterium zu ermitteln ist, dass im Hinblick auf eine bestimmte Ersatzzustellung oder Hinterlegung ein großer Teil der Bevölkerung infolge seiner Berufstätigkeit Kenntnis vom zustellten Schriftstück erlangen würde.

Im Gegensatz zur ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshof beschränkt sich aber der Zeitraum der unbestimmbaren Willkürlichkeit der Festsetzung des Endes der 'Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang' nicht bloß auf zwei Schriftstückerlangungstage (und damit häufig vier Kalendertage), sondern vielmehr sogar auf vier Schriftstückerlangungstage (und damit häufig sechs Kalendertage).

Faktisch alle Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs legen die Wendung 'rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte' in einer Weise aus, dass nicht im Vorhinein bzw eindeutig bestimmbar ist, an welchem Tag im Falle einer (nicht nur auf die Tagesstunden beschränkten) Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt des (einzigen) Zustellversuchs bei einer RSb-Zustellung das Schriftstück wirksam zugestellt ist.

Um das Ausmaß und die im Hinblick auf die Vorgabe des Art18 Abs1 B-VG die Unbestimmbarkeit dieser Wendung indizierenden Judikaturdivergenzen der dieser Auslegungsvariante folgenden Verwaltungsgerichtshofsjudikate darzustellen, erscheint es geboten, im Sinne der Argumentationslinie dieser Auslegungsvariante die bislang ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu analysieren.

Folglich ist – entgegen der üblichen Thematisierung der Bandbreite der Divergenzen der zu dieser Auslegungsvariante ergangenen Judikatur – nicht zentral, wie viele Abwesenheitskalendertage nach der erfolgten erstmaligen Bereithaltung eines Schriftstücks zur Abholung bzw nach der erfolgten Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger durch die jeweiligen Entscheidungen noch zu einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang führen. Dies deshalb, da - wie zuvor ausgeführt - nach dieser Auslegungsvariante unter dem Begriff 'Zustellvorgang' (contra legem) der früheste Zeitpunkt der physischen Erlangbarkeit des zuzustellenden Schriftstücks verstanden wird, und ausschließlich auf die möglichen Schriftsatzerlangungstage abgestellt wird.

Folglich sind die zu dieser Auslegungsvariante ergangenen Judikate nach dem Gesichtspunkt zu analysieren, wie viele Abholtage zwischen dem Rückkehrtag und 1) dem Tag der Hinterlegung bzw 2) dem Tag der Übergabe an den Ersatzempfänger liegen können, um weiterhin vom Vorliegen der Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgehen zu können. Bei dieser Analyse ist als Zusatzbedingung daher auch zu beachten, dass bei einer Zustellung durch Hinterlegung der Tag der erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks i.S.d. §17 Abs3 ZustellG, welcher mit dem Hinterlegungstag zusammenfällt, nicht zu berücksichtigen ist, sodass es ausschließlich auf den Hinterlegungstag, und nicht auf den Tag der erstmaligen Bereithaltung ankommt.

Bei Zugrundelegung dieser Analysevorgabe beträgt nach der obreferierten strengen Auslegung des der gegenständlichen Auslegungsvariante zugrunde liegenden Rechtssatzes des Obersten Gerichtshofs die zulässige Tagedifferenz exakt bei NULL Tagen. Daher liegt eine rechtzeitige Kenntniserlangung vom Zustellvorgang bereits dann nicht mehr vor, wenn der ortsabwesende Empfänger erst am Abend des Tags zurückkehrt, an welchem ein Vollerwerbstätiger erstmalig das Schriftstück erlangen könnte (das ist bei der Zustellung durch Hinterlegung der erste Abholtag und bei der Zustellung durch Ersatzzustellung der der Schriftsatzübergabe nachfolgende Kalendertag). Bereits im Falle, dass zwischen dem Tag des (einzigen) Zustellversuchs (bei einer RSb-Zustellung) und dem Rückkunftstag auch nur ein Tag liegt, kann daher der Schriftsatzempfänger nicht mehr in der Lage sein, das Schriftstück zum gleichen Zeitpunkt als ein Vollerwerbstätiger zu erlangen.

Diese komplizierte Betrachtungsweise ist deshalb geboten, da nach der die Maßfigur des Vollerwerbstätigen favorisierenden Auslegungsvariante für die Frage der Ermittlung der Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang die Kalendertage, an welchen das Schriftstück vom Rückkehrer nicht erlangt werden können, unmaßgeblich sind.

Wenn daher etwa an einem Freitag ein Schriftstück hinterlegt und zugleich auch erstmals zur Abholung bereit gehalten wird, und wenn nach diesem Freitag erstmals am nachfolgenden Montag das Schriftstück von der Poststelle abgeholt werden kann, bewirkt auch eine Rückkunft erst am Sonntag eine rechtzeitige Kenntniserlangung vom Zustellvorgang, zumal diesfalls sowohl der Vollerwerbstätige als auch der Rückkehrende erstmals am Montag das Schriftstück erlangen können. Sohin schadet bei dieser Konstellation eine Rückkunft erst am zweiten Tag nach Hinterlegung nicht. Anders sähe es dagegen aus, wenn das Schriftstück zwar ebenso an einem Freitag hinterlegt und bereitgehalten würde, doch das Schriftstück auch am nächstfolgenden Samstag vom Postamt abgeholt werden konnte. Diesfalls wäre davon auszugehen, dass ein Vollzeitbeschäftigter bereits am Samstag das Schriftstück erstmals erlangen könnte, sodass sohin bereits eine Rückkunft nach der Postöffnungszeit des ersten, der Hinterlegung folgenden Kalendertags schaden würde, und zur Annahme einer nicht-rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang führen würde.

IV.2.1.2.2.1) Konstellation der Rückkunft vor dem ersten der Hinterlegung folgenden Abholtag:

Wie nicht anders zu erwarten, findet sich auch in den zu dieser Auslegungsvariante ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs wenigstens eine solche, welcher die Konstellation der Rückkunft des ortsabwesend gewesenen Empfängers noch vor dem ersten dem Hinterlegungstag folgenden Abholtag zugrunde gelegen ist. In dieser Entscheidung wurde, gemäß dem Rechtssatz der gegenständlichen Auslegungsvariante, von einer rechtzeitig Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgegangen.[Vgl. konkludent VwGH 2.4.2014, 2013/17/0307]

Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher bislang nur ein einziges Mal eine Konstellation zu prüfen, welche auch nach der strengen Auslegung der gegenständlichen an der Maßfigur des Vollerwerbstätigen orientierten Auslegungsvariante zur Annahme einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang führt. Doch gibt es kein Indiz, dass der Verwaltungsgerichtshof sich wenigstens in diesem Fall der strengen Auslegung der gegenständlichen Auslegungsvariante angeschlossen hatte, begründete der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung sein Ergebnis nicht mit dem vom Verwaltungsgerichtshof zur strengen Auslegung dieser Auslegungsvariante entwickelten Rechtssatz.

IV.2.1.2.2.2) Zustellzeitpunktbestimmungswillkürlichkeit im Umfang von bis zu zwei Schriftstückerlangungstagen:

In Anbetracht der strengen Auslegung der gegenständlichen Auslegungsvariante durch den Obersten Gerichtshof stellt sich die Frage, wie die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs aussieht, wenn die Rückkehr an dem Tag erfolgt, an welchem das Schriftstück erstmals nach dem Hinterlegungstag bzw dem Schriftstückübergabetag abgeholt werden kann. Wie zuvor ausgeführt, würde bei dieser Konstellation nach der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen sein.

Im Gegensatz zu dieser der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes folgenden Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof nun aber in vielen Entscheidungen ausgesprochen, dass auch bei dieser Konstellation von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen ist.[Vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052; 2.4.2014, 2013/17/0307]

Sohin kann bei dieser Auslegungsuntervariante mitunter auch eine Ortsabwesenheit an zwei Tagen, an welchen das Schriftstück erlangt werden kann, bzw mitunter eine Ortsabwesenheit von dem Zeitpunkt der Hinterlegung folgenden drei Kalendertagen nicht die Beachtlichkeit der Heilungsbestimmung des §17 Abs3 ZustellG bzw des §16 Abs5 ZustellG (und damit die Annahme der Wirksamkeit der Zustellung an dem der Rückkunft folgenden Kalender- bzw Abholtag) zu bewirken.

IV.2.1.2.2.3) Zustellzeitpunktbestimmungswillkürlichkeit im Umfang von bis zu drei Schriftstückerlangungstagen:

In Anbetracht der strengen Auslegung der gegenständlichen Auslegungsvariante durch den Obersten Gerichtshof stellt sich die Frage, wie die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs aussieht, wenn die Rückkehr an dem dem Hinterlegungstag bzw dem Schriftstückübergabetag zweitfolgenden Abholtag, an welchem erstmals nach dem Hinterlegungstag bzw dem Schriftstückübergabetag abgeholt werden kann, erfolgt. Wie zuvor ausgeführt, würde bei dieser Konstellation nach der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen sein.

Im Gegensatz zu dieser der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes folgenden Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof nun aber in vielen Entscheidungen ausgesprochen, dass auch bei dieser Konstellation von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen ist.[Vgl. VwGH 9.7.1992, 91/16/0091; 15.7.1998, 97/13/0104; 26.5.2015, Ro 2015/01/004]

Sohin kann bei dieser Auslegungsuntervariante mitunter auch eine Ortsabwesenheit an drei Tagen, an welchen das Schriftstück erlangt werden kann, bzw mitunter eine Ortsabwesenheit von dem Zeitpunkt der Hinterlegung folgenden vier Kalendertagen nicht die Beachtlichkeit der Heilungsbestimmung des §17 Abs3 ZustellG bzw des §16 Abs5 ZustellG (und damit die Annahme der Wirksamkeit der Zustellung an dem der Rückkunft folgenden Kalender- bzw Abholtag) zu bewirken.

Doch findet sich in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auch die gegenteilige Rechtssicht. Denn in mehreren Judikaten von dieselbe Auslegungsvariante favorisierenden Senaten des Verwaltungsgerichtshofs wird exakt das Gegenteil aus der Bestimmung des §17 Abs3 ZustellG gefolgert, und daher bei dieser Konstellation ausdrücklich die Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang verneint wird.[Vgl. VwGH 27.9.1994, 94/17/0225; 25.2.2002, 2002/17/0021; 25.2.1993, 92/18/0339]

IV.2.1.2.2.4) Zustellzeitpunktbestimmungswillkürlichkeit im Umfang von bis zu vier Schriftstückerlangungstagen:

In Anbetracht der strengen Auslegung der gegenständlichen Auslegungsvariante durch den Obersten Gerichtshof stellt sich die Frage, wie die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs aussieht, wenn die Rückkehr an dem dem Hinterlegungstag bzw dem Schriftstückübergabetag drittfolgenden Abholtag, an welchem erstmals nach dem Hinterlegungstag bzw dem Schriftstückübergabetag abgeholt werden kann, erfolgt. Wie zuvor ausgeführt, würde bei dieser Konstellation nach der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen sein.

Im Gegensatz zu dieser der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes folgenden Judikatur, hat der Verwaltungsgerichtshof nun aber in vielen Entscheidungen ausgesprochen, dass auch bei dieser Konstellation von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen ist.[Vgl. VwGH 9.7.1992, 91/16/0091; 27.9.1999, 99/17/0303; 5.10.2016, Ra 2016/10/0080]

Sohin kann bei dieser Auslegungsuntervariante mitunter auch eine Ortsabwesenheit an vier Tagen, an welchen das Schriftstück erlangt werden kann, bzw mitunter eine Ortsabwesenheit von dem Zeitpunkt der Hinterlegung folgenden fünf Kalendertagen nicht die Beachtlichkeit der Heilungsbestimmung des §17 Abs3 ZustellG (und damit die Annahme der Wirksamkeit der Zustellung an dem der Rückkunft folgenden Kalender- bzw Abholtag) zu bewirken.

Doch findet sich in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auch die gegenteilige Rechtssicht. Denn in mehreren Judikaten von dieselbe Auslegungsvariante favorisierenden Senaten des Verwaltungsgerichtshofs wird exakt das Gegenteil aus der Bestimmung des §17 Abs3 ZustellG gefolgert, und daher bei dieser Konstellation ausdrücklich die Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang verneint wird.[Vgl. VwGH 7.10.1993, 92/01/0864

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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