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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der Mag. Elisabeth und 2. des DDr. Rene Laurer in Mödling, die Erstbeschwerdeführerin vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, Rechtsanwalt mit der Kanzleianschrift Wien IV, Schwarzenbergplatz, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer behaupten in ihrer Säumnisbeschwerde nachstehenden Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer haben gegen die Erteilung einer (zusätzlichen, eine Entlüftungsanlage betreffenden) Baubewilligung auf einem dem Grundstück der Beschwerdeführer benachbarten Grundstück am 19. Mai 1995 berufen. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 19. Oktober 1995, zugestellt am 23. Oktober 1995, dieses Bauverfahren gemäß § 38 AVG unterbrochen, bis hinsichtlich der auf der Bauliegenschaft errichteten Wohnhausanlage samt Tiefgarage eine endgültige unanfechtbare Entscheidung vorliege. Nach einem aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und einem entsprechenden Ersatzbescheid der Vorstellungsbehörde, der den Beschwerdeführern am 14. Jänner 1997 zugestellt wurde, wurde jenes Bauverfahren schließlich mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 1997, zugestellt am 25. Juni 1997, durch Abweisung des Bauansuchens beendet; die Entscheidung blieb unbekämpft. Dadurch wurde die Angelegenheit endgültig im Sinne des Unterbrechungsbescheides dahin geregelt, daß eine Baubewilligung für das Gebäude, in dem sich die Entlüftungsanlage befindet, nicht besteht und nicht erteilt werden darf. Daher ist die Unterbrechung (laut Beschwerde: "äußerstenfalls") mit 25. Juni 1997 beendet.
Unter Einbeziehung der Frist seit der Erhebung der Berufung (19. Mai 1995 bis zur Unterbrechung) in der Länge von 5 Monaten und 4 Tagen dauere nach Auffassung der Beschwerdeführer die Säumnis der belangten Behörde nunmehr mehr als sieben Monate.
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Hinsichtlich der hier als unerledigt gerügten Berufung hat die belangte Behörde am 19. Oktober 1995 mit Bescheid gemäß § 38 AVG das Bauverfahren unterbrochen. Dieser sonst nicht bekämpfte Bescheid bewirkte, daß von da an die Geltendmachung der Entscheidungspflicht im Wege einer Säumnisbeschwerde im Sinne des Art. 132 B-VG ausgeschlossen war (hg. Beschluß vom 25. Juni 1991, Zl. 91/05/0036).
Aus dem Vorbringen in der Säumnisbeschwerde ergibt sich, daß der Grund der Unterbrechung gemäß § 38 Abs. 1 AVG weggefallen ist. Die Beschwerdeführer meinen nun sinngemäß, daß sich die Dauer der Aussetzung jenes Bauverfahrens bloß hemmend (fortlaufhemmend) und nicht unterbrechend auf die Frist gemäß § 27 VwGG auswirke.
Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in einer Reihe von Entscheidungen ausgesprochen, daß die im § 27 VwGG vorgesehene Frist mit der Behebung eines Bescheides, durch die der Weg zu einer Sachentscheidung über das anhängige Rechtsmittel eröffnet wird, erneut zu laufen beginnt (siehe die hg. Beschlüsse vom 20. Jänner 1994, Zl. 93/06/0261, m.w.N., sowie vom 30. April 1992, Zl. 92/10/0082).
Die genannten Fälle unterscheiden sich sachverhaltsmäßig vom vorliegenden Fall nur dadurch, daß die Unterbrechungsbescheide gemäß § 38 AVG jeweils aufgehoben worden sind. Hier liegt keine Aufhebung vor, sondern es ist der Unterbrechungsgrund weggefallen.
Wenn nun in jenen Fällen, in denen durch die Entscheidung einer Oberbehörde oder eines Gerichtshofes des öffentlichen Rechts die Rechtswidrigkeit der Aussetzung erkannt wurde, trotzdem die Frist neu zu laufen beginnt, so muß dies umsomehr dann gelten, wenn die Aussetzung offenbar zu Recht erfolgte. Es ist nicht erkennbar, warum die Behörde dann, wenn der Unterbrechungsgrund beseitigt wurde, nur mehr die Restdauer der sechsmonatigen Entscheidungsfrist offen haben soll, während in jenen Fällen, in denen es gar nicht zu einer Aussetzung hätte kommen dürfen, ihr die volle Entscheidungsfrist zur Verfügung stehen soll. Daher muß auch für den vorliegenden Fall gelten, daß durch den Wegfall des Unterbrechungsgrundes der Weg zu einer Sachentscheidung über das anhängige Rechtsmittel eröffnet wurde, weshalb die im § 27 VwGG vorgesehene Frist erneut zu laufen begann.
Der Unterbrechungsgrund ist nicht äußerstenfalls, wie die Beschwerdeführer meinen, sondern tatsächlich erst mit 25. Juni 1997 weggefallen, weil erst dadurch "endgültig und unanfechtbar" eine Entscheidung in jenem Bauverfahren vorlag. Am 25. Juni 1997 begann die sechsmonatige Entscheidungsfrist neu zu laufen, sodaß die schon am 20. August 1997 eingebrachte Beschwerde verfrüht war.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Schlagworte
Anrufung der obersten Behörde Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Binnen 6 MonatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997050226.X00Im RIS seit
20.11.2000