TE Vwgh Erkenntnis 2020/10/22 Ro 2020/20/0001

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Veröffentlicht am 22.10.2020
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E19103010
E6J
001 Verwaltungsrecht allgemein
19/05 Menschenrechte
24/01 Strafgesetzbuch
25/01 Strafprozess
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2
AsylG 2005 §9 Abs2 Z2
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
EURallg
FrPolG 2005 §52 Abs5
FrPolG 2005 §53 Abs2
FrPolG 2005 §53 Abs3
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z1
FrPolG 2005 §53 Abs6
FrPolG 2005 §60 Abs1
FrPolG 2005 §60 Abs2
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1
FrPolG 2005 §60 Abs4
FrPolG 2005 §66 Abs1
FrPolG 2005 §67 Abs1
MRK Art8 Abs2
StGB §169
StGB §17
StGB §21 Abs1
StPO 1975 §430 Abs2
VwRallg
32011L0095 Status-RL Art17 Abs1 litb
62017CJ0369 Ahmed VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2020, I403 1411815-3/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (Mitbeteiligter: O I in A, vertreten durch Mag. Martin Wakolbinger, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Linzer Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Hinsichtlich der den aus Nigeria stammenden Mitbeteiligten betreffenden Vorgeschichte ist eingangs auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 2018, Ra 2017/21/0254, hinzuweisen.

2        Der Mitbeteiligte reiste am 24. Juli 2009 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte tags darauf einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), der mit Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes vom 12. Februar 2010 abgewiesen wurde. Unter einem wurde der Mitbeteiligte aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30. Juli 2014, soweit dem Antrag auf internationalen Schutz keine Folge gegeben wurde, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Dieses Erkenntnis wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter, der eine vom Mitbeteiligten unterfertigte Vollmacht vom 30. Oktober 2013 vorgelegt hatte, am 4. August 2014 zugestellt.

3        Im weiteren Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung wurde der Mitbeteiligte am 3. Dezember 2014 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vernommen, wobei in der darüber angefertigten Niederschrift festgehalten wurde, der Mitbeteiligte sei (weiterhin) durch den genannten Rechtsanwalt vertreten. In der Folge gewährte die Behörde dem Mitbeteiligten mit Schreiben vom 31. August 2015 und vom 15. Jänner 2016 zu seinem Privat- und Familienleben sowie zu Länderberichten betreffend die Lage in Nigeria Parteiengehör, wozu der Mitbeteiligte durch seinen rechtsanwaltlichen Vertreter, dem die genannten Schreiben zugestellt worden waren, mit den am 4. September 2015 und am 1. Februar 2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangten Schriftsätzen Stellungnahmen abgab.

4        Der Mitbeteiligte wurde in Österreich mehrfach straffällig. Er wurde im Jahr 2009 zweimal wegen Übertretung des SMG sowie in den Jahren 2011 und 2015 wegen vorsätzlicher Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu (teilweise bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafen verurteilt.

5        Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 9. April 2015 wurde der Mitbeteiligte gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er am 1. Jänner 2015 unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich auf einer paranoiden Schizophrenie, beruht hatte, in seiner Asylwerberunterkunft in G eine Feuersbrunst verursacht hatte.

6        Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3. Oktober 2016 wurde in der Folge ausgesprochen, dass dem Mitbeteiligten kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung und damit verbunden gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Mitbeteiligten nach Nigeria zulässig sei, gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Auch dieser Bescheid wurde dem rechtsanwaltlichen Vertreter des Mitbeteiligten, und zwar am 5. Oktober 2016, sowie am 6. Oktober 2016 überdies dem Mitbeteiligten persönlich, zugestellt.

7        Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte fristgerecht Beschwerde, wobei er dabei von einer Organisation, die eine entsprechende, vom Mitbeteiligten unterfertigte Vollmacht vorlegte, vertreten wurde. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens holte das Bundesverwaltungsgericht eine am 1. März 2017 eingelangte Stellungnahme einer in der Anstalt, in der der Mitbeteiligte angehalten wurde, tätigen Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin ein. Daraus ergibt sich im Wesentlichen, dass der Mitbeteiligte aufgrund seiner psychischen Erkrankung - er leide an einer paranoiden Schizophrenie mit wahnhaftem Störungsbild - nicht in der Lage gewesen sei, selbst gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vorzugehen, weshalb die „Prozessführung“ von der Organisation übernommen worden sei. Der Mitbeteiligte sei aus fachärztlicher Sicht „nicht dazu in der Lage, einer Gerichtsverhandlung in ihrer Komplexität zu folgen“. Im Hinblick darauf regte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund von Zweifeln an der Prozessfähigkeit des Mitbeteiligten die Bestellung eines Sachwalters an. Dem entsprach das Bezirksgericht Steyr, das mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 einen Rechtsanwalt zum Sachwalter, unter anderem zur Vertretung des Mitbeteiligten vor Gerichten und Behörden, bestellte.

8        Mit Beschluss vom 6. November 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde, der mit Beschluss vom 11. November 2016 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war, als unzulässig zurück, weil der bekämpfte Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 3. Oktober 2016 nicht rechtswirksam erlassen worden sei.

9        Diesen Beschluss hob der Verwaltungsgerichtshof mit dem eingangs erwähnten Erkenntnis vom 15. März 2018, Ra 2017/21/0254, über Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Maßgeblich dafür war, dass die vom Bundesverwaltungsgericht unterstellte Unwirksamkeit der Zustellung des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 3. Oktober 2016 nur dann gegeben gewesen wäre, wenn die Handlungsfähigkeit des Mitbeteiligten bereits Ende Oktober 2013, also im Zeitpunkt der Bevollmächtigung jenes Rechtsanwaltes, dem dieser Bescheid als Vertreter des Mitbeteiligten übersendet worden war, dahin eingeschränkt gewesen wäre, dass der Mitbeteiligte das Wesen einer solchen Bevollmächtigung, somit deren Bedeutung und Tragweite, nicht zu verstehen vermocht hätte. Der nachträgliche Verlust der Handlungsfähigkeit berühre nämlich ein gültig zustande gekommenes Vollmachtsverhältnis nicht. Eine solche Überprüfung hatte das Bundesverwaltungsgericht aber nicht vorgenommen.

10       In der Folge stellte der Mitbeteiligte - durch den für ihn bestellten Erwachsenenvertreter - einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. In den im Verfahren von seinem Erwachsenenvertreter abgegebenen Stellungnahmen wurde auf die Krankheit des Mitbeteiligten verwiesen und geltend gemacht, im Heimatland sei die Behandlung des Mitbeteiligten nicht gewährleistet, weil diese mit derart hohen Kosten verbunden sei, dass er sie nicht in Anspruch nehmen könne (Stellungnahme vom 17. Dezember 2018 und Stellungnahme vom 5. November 2019). Weiters wurde geltend gemacht, dass in Nigeria kein mit „westlichen Standards“ vergleichbares Psychiatriewesen existiere (Stellungnahme vom 5. November 2019).

11       Mit Erkenntnis vom 9. August 2018 hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 3. Oktober 2016 auf, weil die Erlassung einer Rückehrentscheidung samt eines Einreiseverbots gegen den Mitbeteiligten im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wegen des zwischenzeitig gestellten (und noch unerledigten) Antrages auf internationalen Schutz rechtswidrig wäre.

12       Mit Bescheid vom 19. Dezember 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Unter einem sprach die Behörde aus, dass dem Mitbeteiligten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass die Abschiebung des Mitbeteiligten nach Nigeria zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gestützt auf § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

13       Der Beschwerde, die nicht gegen die Versagung der Gewährung von Asyl gerichtet war, gab das Bundesverwaltungsgericht mit dem Erkenntnis vom 12. Februar 2020 Folge, erkannte dem Mitbeteiligten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von 12 Monaten. Die übrigen von der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz rechtlich abhängenden Aussprüche hob das Bundesverwaltungsgericht ersatzlos auf. Die Erhebung einer Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht für nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig erklärt.

14       In seiner Begründung verwies das Bundesverwaltungsgericht zunächst darauf, dass eine drohende Verletzung des Art. 3 EMRK selbst dann nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zur Zuerkennung von subsidiärem Schutz führen könne, wenn diese nicht auf das Verhalten eines Dritten oder auf Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt zurückzuführen seien.

15       Mit näherer Begründung ging dann das Bundesverwaltungsgericht davon aus, es sei im Heimatland dem Mitbeteiligten, der die notwendigen Medikamente im Herkunftsstaat nicht erwerben könne, wegen der dort zu erwartenden Verschlimmerung des Krankheitsbildes nicht möglich, für die Sicherung der grundlegendsten Bedürfnisse Sorge zu tragen. Seine „Versorgungssituation“ sei derart beeinträchtigt, dass im Fall der Rückführung in sein Heimatland sein Überleben gefährdet sein werde. Seine Rückführung verstoße daher gegen Art. 3 EMRK.

16       Es sei aber auch zu prüfen, ob ein Ausschlussgrund nach § 9 AsylG 2005 vorliege. Der Mitbeteiligte sei wegen einer von ihm begangenen strafbaren Handlung vom Landesgericht Wiener Neustadt nach § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Da der Mitbeteiligte nicht schuldhaft gehandelt habe, liege die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005, wonach der Fremde wegen eines Verbrechens verurteilt worden sein müsse, nicht vor. Die Tat sei ihm wegen seiner Unzurechnungsfähigkeit gerade nicht als Begehung eines Verbrechens zugerechnet worden.

17       Selbst wenn man davon ausginge, dass eine nach § 21 Abs. 1 StGB erfolgte Einweisung einer Verurteilung wegen eines Verbrechens „gleichzusetzen“ wäre, wären aufgrund der Ausführungen des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 13. September 2018, Ahmed, C-369/17, die konkreten Tatumstände zu prüfen, um beurteilen zu können, ob eine schwere Straftat im Sinn von Art. 17 Abs. 1 lit. b Statusrichtlinie vorliege. Auch wenn im Fall des Mitbeteiligten die Schwere der Straftat beachtlich und der entstandene Schaden hoch gewesen sei, so sei doch „auf der anderen Seite die fehlende Schuld“ des Mitbeteiligten zu berücksichtigen. Somit liege im gegenständlichen Fall ein Ausschlussgrund nicht vor.

18       Da - so das Bundesverwaltungsgericht abschließend - zur Frage, ob die Unterbringung in einer Anstalt für abnorme Rechtsbrecher nach der Begehung einer strafbaren Handlung, die im Fall der Zurechnungsfähigkeit als Verbrechen anzusehen wäre, den Tatbestand des § 9 Abs. 2 (Z 3) AsylG 2005, wonach „der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden“ sein müsse, erfülle, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiere, sei die Revision zuzulassen gewesen. Dies gelte - wenn der Tatbestand des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 auch im Fall einer Einweisung nach § 21 Abs. 1 StGB als erfüllt anzusehen sein sollte - auch für die Frage, ob bei der Prüfung der besonderen Umstände des Einzelfalles dem Fehlen von schuldhaftem Handeln maßgebliches Gewicht zukomme.

19       Gegen dieses Erkenntnis (nicht aber gegen den unter einem gefassten Beschluss, womit ein Antrag des Mitbeteiligten auf Kostenersatz zurückgewiesen wurde) richtet sich die vorliegende Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

20       Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren nach § 30a VwGG, in dem der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, durchgeführt und im Anschluss die Revision samt den Verfahrensakten dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.

21       Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

22       Die Revision ist aus den vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Gründen, auf die sich auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stützt, zulässig. Sie ist auch berechtigt.

23       Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1.   ...

...

16.  der Status des subsidiär Schutzberechtigen: das vorübergehende, verlängerbare Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährt;

...

(2) ...

(3) Ein Fremder ist im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er

1.   wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, oder

2.   mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist

rechtskräftig verurteilt worden ist.

(4) ...

...

Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.   der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.   ...

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

(5) ...

...

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 9. (1) ...

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1.   einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2.   der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3.   der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

(4) ...

...“

24       § 53 FPG sieht vor (auszugsweise und samt Überschrift):

„Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.   ...

...

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.   ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.   ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.   ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.   ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.   ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.   ...

...

(4) ...

...

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

25       Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hält in der Revision der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Auffassung entgegen, die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB erfolge gemäß § 430 Abs. 2 StPO mit Urteil. Die (fehlende) Zurechnungsfähigkeit sei kein Tatbestandsmerkmal des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005. Sei das vom Fremden begangene Delikt als solches als Verbrechen einzuordnen, sei die aufgrund der Tat ausgesprochene Unterbringung eine Verurteilung wegen eines Verbrechens im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005. Dass im AsylG 2005 nicht ausdrücklich, wie etwa für die Erlassung eines Einreiseverbotes in § 53 Abs. 6 FPG, festgelegt sei, dass die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einer (sonstigen) strafgerichtlichen Verurteilung gleichgestellt sei, sei nicht entscheidungswesentlich. § 53 Abs. 6 FPG bringe nämlich nur einen Grundsatz zum Ausdruck, der auch für nach anderen Vorschriften vorzunehmende aufenthaltsbeendende Maßnahmen gelte. Stehe aber die Zurechnungsunfähigkeit der Erfüllung des Tatbestandes des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht entgegen, so müsse dies auch für die Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des Einzelfalles gelten. Die Zurechnungsunfähigkeit sei daher bei der Bewertung, ob infolge der Tat ein Ausschlussgrund verwirklicht sei, nicht einzubeziehen.

26       Das Bundesverwaltungsgericht habe überdies in rechtswidriger Weise seine Beurteilung zum Vorliegen eines Ausschlussgrundes nur unter dem Blickwinkel des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 vorgenommen, aber nicht geprüft, ob der Ausschlussgrund des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verwirklicht sei. Das hätte eine Gefährdungsprognose erfordert, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen fremdenrechtlichen Vorschriften grundgelegt sei. Eine solche andere Vorschrift sei auch § 53 Abs. 6 FPG. Somit stehe die Zurechnungsunfähigkeit einer Erfüllung (auch) des Tatbestandes des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 nicht entgegen. Dies sei dann gegeben, wenn sich prognostizieren lasse, dass ein Fremder aufgrund besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstöße eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Als besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstoß sei u.a. eine „schwere Straftat“ im Sinn des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie zu verstehen. Eine „schwere Straftat“ im Sinn von Art. 17 Abs. 1 lit. b Statusrichtlinie müsse aber nicht unbedingt auch als „besonders schwere Straftat“ im Sinn des Art. 14 Abs. 4 lit. b Statusrichtlinie zu qualifizieren sein. Umgekehrt erfülle eine „besonders schwere Straftat“ aber jedenfalls den Tatbestand der „schweren Straftat“. Art. 14 Abs. 4 lit. b Statusrichtlinie sei durch § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 umgesetzt worden. Ein „besonders schweres Verbrechen“ nach dieser Bestimmung sei daher mit einer „besonders schweren Straftat“ im Sinn des Art. 14 Abs. 4 lit. b Statusrichtlinie gleichzusetzen und damit jedenfalls auch als besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstoß anzusehen. Da das Delikt der Brandstiftung gemäß § 169 StGB grundsätzlich als „besonders schweres Verbrechen“ gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 zu qualifizieren sei (Hinweis auf VwGH 29.8.2019, Ra 2018/19/0522, Rn. 16), liege im Revisionsfall - jedenfalls abstrakt betrachtet - ein qualifizierter strafrechtlicher Verstoß und damit eine Gefahr für die Allgemeinheit vor. Außerdem ergebe sich auch aus der strafrechtlichen Bewertung der Brandstiftung, dass eine solche Tat als Gefahr für die Allgemeinheit gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 einzustufen sei. § 169 StGB finde sich nämlich im mit „Gemeingefährliche strafbare Handlungen und strafbare Handlungen gegen die Umwelt“ überschriebenen siebenten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB. Schließlich zeige fallbezogen auch der Umstand, dass der Mitbeteiligte gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden sei, dass zu befürchten sei, dass er unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit (neuerlich) eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen würde.

27       Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, im Fall der Rückführung des Mitbeteiligten sei infolge dessen Krankheit die Sicherung der lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht gewährleistet, weshalb die Rückführung gegen Art. 3 EMRK verstoße. Diese Annahme wird von der revisionswerbenden Behörde nicht in Frage gestellt, weshalb darauf hier nicht weiter einzugehen war.

28       Da sohin der vom Mitbeteiligten gestellte Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 oder aus den Gründen des § 8 Abs. 3 oder Abs. 6 AsylG 2005 abzuweisen war, hatte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des § 8 Abs. 3a AsylG 2005 zu prüfen, ob die Antragsabweisung deswegen auszusprechen war, weil ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 verwirklicht wurde (vgl. zur Prüfreihenfolge und der Sache des Beschwerdeverfahrens im Fall der Aberkennung von subsidiärem Schutz nach § 9 AsylG 2005, VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005; die dort dazu angestellten Erwägungen sind aufgrund der in § 8 AsylG 2005 enthaltenen Anordnungen auch auf den vorliegenden Fall der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zu übertragen).

29       Das Vorliegen eines Ausschlussgrundes verneinte das Bundesverwaltungsgericht in erster Linie mit der Begründung, der in § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 enthaltene Tatbestand, wonach der Fremde wegen eines Verbrechens (im Sinn des § 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden sein müsse, sei nicht erfüllt.

30       Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl macht in seiner Revision darauf aufmerksam, dass gemäß § 430 Abs. 2 StPO auch die Entscheidung über die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB mit Urteil erfolgt. Das trifft zwar zu (vgl. dazu OGH 19.9.2000, 10 ObS 240/00t), ist allerdings für das Verständnis von § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht ausschlaggebend.

31       Die revisionswerbende Behörde bringt auch vor, die Vorschrift des § 53 Abs. 6 FPG bringe einen Grundsatz zum Ausdruck, der auch für nach anderen Vorschriften vorzunehmende aufenthaltsbeendende Maßnahmen gelte.

32       Anders als das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl meint, ist der in § 53 Abs. 6 FPG zum Ausdruck kommende Gedanke aber auf jene Konstellationen, die von § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 erfasst werden, nicht ohne Weiteres übertragbar.

33       Bei der Frage, ob der Fremde einen Ausschlussgrund nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 verwirklicht hat, handelt es sich nicht um die Beurteilung, ob eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen ist, sondern ob dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen oder aufgrund der Anordnung des § 8 Abs. 3a AsylG 2005 nicht zuzuerkennen ist. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof - worauf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl offenbar abstellt - bereits zu erkennen gegeben, dass auch im Bereich asylrechtlicher Entscheidungen eine Gefährdungsprognose zu treffen sein kann, wie sie in ähnlicher Weise auch anderen, (insbesondere) fremdenrechtlichen Bestimmungen zugrunde gelegt ist (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/18/0246).

34       Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen festgehalten, dass das FPG (im Gegensatz zu früheren Fremdengesetzen) in seinem (damaligen) § 60 Abs. 4 - dabei handelte es sich um die inhaltlich idente Vorläuferbestimmung des § 53 Abs. 6 FPG - ausdrücklich vorsieht, dass einer Verurteilung nach (dem damaligen) § 60 Abs. 2 Z 1 FPG (vgl. nunmehr § 53 Abs. 3 Z 1 FPG) eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten ist. Dieser Klarstellung hätte es nicht bedurft, weil auch ohne Verwirklichung eines Tatbestandes des (damaligen) § 60 Abs. 2 FPG allein gegründet auf (den damaligen) § 60 Abs. 1 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden konnte und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht (vgl. VwGH 24.2.2009, 2008/22/0579, mwN).

35       Das gilt auch für die aktuelle Rechtslage nach dem FPG. Es ist nämlich bei der Erlassung eines Einreiseverbotes immer zu prüfen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (§ 53 Abs. 2 FPG), und ob im Fall bestimmter qualifizierter Verhaltensweisen zudem bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt (§ 53 Abs. 3 FPG). Mitunter sind bei der Prüfung der Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme für die Beurteilung einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung auch andere (regelmäßig in Abhängigkeit vom Aufenthaltsstatus des Fremden und mitunter auch strengere) Maßstäbe vorgesehen (vgl. etwa § 52 Abs. 5 FPG: „gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit“; § 66 Abs. 1 FPG: „eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit“; § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG: „auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist“, „Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“; § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG: „öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet“).

36       Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist beizupflichten, dass der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, dass der in § 53 Abs. 6 FPG zum Ausdruck kommende Grundsatz (etwa) auch in den Fällen des § 67 Abs. 1 FPG - obgleich für ein danach zu erlassendes Aufenthaltsverbot nicht ausdrücklich normiert - Platz zu greifen hat (vgl. VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0081). Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof auch insoweit darauf abgestellt, dass es sich um die Beurteilung einer vom Fremden ausgehenden Gefahr handelt, wobei dem Fremden kein Verschulden an der von ihm ausgehenden Gefährdung angelastet werden muss. Es steht daher der Prognose einer vom Fremden ausgehenden Gefahr nicht entgegen, dass die Gefährlichkeit auf eine Krankheit zurückzuführen ist (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/21/0081; weiters VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0205; 20.12.2018, Ra 2018/21/0112; 29.9.2020, Ra 2020/21/0297).

37       Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich aber gerade nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen wäre, die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme könnte in jenem Fall, in dem eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher vorliegt, auf einen der in § 53 Abs. 3 FPG (oder den entsprechenden Vorläuferbestimmungen, etwa § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 4 FPG; § 36 Abs. 2 Z 1 und Z 4 Fremdengesetz 1997) demonstrativ aufgezählten Tatbestände, die auf das Vorliegen von strafgerichtlichen Verurteilungen abstellen (sh. die Z 1 bis Z 5 des § 53 Abs. 3 FPG), gegründet werden.

38       Eine Prognose, ob infolge jener Handlungen, derentwegen ein Fremder rechtskräftig wegen eines Verbrechens verurteilt wurde, auch eine von ihm ausgehende Gefahr besteht, ist allerdings nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht vorzunehmen. Mit der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005, die der Umsetzung des Art. 17 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) dient, verfolgte der Gesetzgeber vielmehr das Ziel, einen Fremden allein schon wegen der Verurteilung aufgrund einer schweren Straftat von der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auszuschließen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung, wonach bei der Prüfung, ob der Tatbestand des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 erfüllt ist, allein auf das Bestehen einer Verurteilung wegen eines Verbrechens abzustellen und weder eine Einzelfallprüfung in Bezug auf die Umstände der Taten vorzunehmen noch eine Gefährdungsprognose anzustellen sei, im Hinblick auf die Judikatur des EuGH nicht vollumfänglich aufrechterhalten (vgl. VwGH 6.11.2018, Ra 2018/18/0295). Es ist aber (weiterhin) von § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 (ebenso wie nach Art. 17 Abs. 1 lit. b Statusrichtlinie) nicht gefordert, über die Einzelfallprüfung im genannten Sinn hinaus auch eine Gefährdungsprognose vorzunehmen.

39       Der Gesetzgeber hat nämlich nach der in den Materialien zur Schaffung des § 9 Abs. 2 AsylG 2005 zum Ausdruck gebrachten Intention (RV 330 BlgNR 24. GP, 9) beabsichtigt, Art. 17 Abs. 1 lit. b Statusrichtlinie mit der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 umzusetzen (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/18/0295). Es ist daher davon auszugehen, dass bei der Auslegung der innerstaatlichen Rechtslage nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 - ungeachtet dessen, dass der hier gegenständliche Fall, in dem jene Umstände, die nach den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts für die Gewährung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 maßgeblich waren, nicht auf die Verursachung durch Akteure oder auf einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zurückzuführen waren, nicht dem Anwendungsbereich der Statusrichtlinie unterliegt (vgl. VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/0106; weiters VwGH 21.5.2019, Ro 2019/19/0006, in dem zudem mit ausführlicher Begründung dargelegt wurde, dass § 8 Abs. 1 AsylG 2005 einer den unionsrechtlichen Vorgaben gerecht werdenden, einschränkenden Auslegung nicht zugänglich ist) - die unionsrechtlichen Kriterien für die Aberkennung von subsidiärem Schutz und die dazu ergangene Rechtsprechung des EuGH zum Tragen kommen (vgl. dazu das zu Ra 2020/20/0274 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag).

40       Bei der Beurteilung, ob eine schwere Straftat im Sinn des Art. 17 Abs. 1 lit. b Statusrichtlinie - nach dessen Wortlaut wird auf den Umstand einer strafgerichtlichen Verurteilung nicht abgestellt - vorliegt, darf sich die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats erst dann auf den in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausschlussgrund berufen, nachdem sie im Einzelfall eine Würdigung der genauen tatsächlichen Umstände, die ihr bekannt sind, vorgenommen hat, um zu ermitteln, ob schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass die Handlungen des Betreffenden, der im Übrigen die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erfüllt, unter diesen Ausschlusstatbestand fallen (vgl. EuGH 13.8.2018, Ahmed, C-369/17, Rn. 55). Mit dem hier in Rede stehenden Grund für den Ausschluss vom subsidiären Schutz wird der Zweck verfolgt, Personen auszuschließen, die als des sich aus der Zuerkennung dieses Status ergebenden Schutzes unwürdig angesehen werden, und die Glaubwürdigkeit des gemeinsamen europäischen Asylsystems zu erhalten (vgl. EuGH C-369/17, Rn. 51). Es ist demnach zur Erfüllung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hinreichend, dass - wie von dieser Bestimmung ausdrücklich gefordert - eine rechtskräftige Verurteilung des Fremden wegen eines Verbrechens vorliegt und - wie in Beachtung der Rechtsprechung des EuGH geboten - die vollständige Prüfung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls ergibt, dass eine schwere Straftat (in Sinn des Art. 17 Abs. 1 lit. b Statusrichtlinie) gegeben ist.

41       Dass der Gesetzgeber auch jene Personen als des subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 unwürdig hätte einstufen wollen, denen ihr strafbares Handeln nicht schuldhaft vorwerfbar ist, ist den Erläuterungen zur Änderung des § 9 AsylG 2005, mit der (auch) der hier in Rede stehende Ausschlussgrund (mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 - FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122/2009) geschaffen wurde, nicht zu entnehmen. Dort wird festgehalten, dass die (bis dahin) geltende Rechtslage zu dem rechtspolitisch unbefriedigenden Ergebnis geführt habe, dass Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten - samt den damit verbundenen Rechten (Arbeitsmarktzugang uä.) - nicht habe aberkannt werden können, solange die Abschiebung in den Herkunftsstaat eine Menschenrechtsverletzung im Sinne der EMRK bedeute. Dies habe auch dann gegolten, wenn der Fremde in Österreich mittlerweile (auch schwerste) Straftaten begangen habe. Dies solle künftig möglich sein und damit ein Zeichen gesetzt werden, dass Straffälligkeit mit dem Verlust von Rechten einhergehe und die Rechtsposition dieser Fremden auf das notwendige Maß beschränkt werde (RV 330 BlgNR 24. GP, 9). Dass dieses Ziel aber in Bezug auf einen Fremden, der für ein (an sich strafbewehrtes) Handeln mangels Schuldfähigkeit nicht verantwortlich gemacht werden kann, erreicht werden könnte, ist nicht ohne Weiteres zu sehen.

42       Es ergibt sich sohin - entgegen der Ansicht des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl - kein Hinweis dafür, dass der Gesetzgeber mit der in § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 enthaltenen Wendung „von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist“ auch die Anordnung einer Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB hätte verstanden wissen wollen.

43       Es entspricht daher der Rechtslage, wenn das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, im vorliegenden Fall sei der Tatbestand des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht erfüllt.

44       Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist aber mit seinem Vorbringen im Recht, dass sich das Bundesverwaltungsgericht nicht mit einer Prüfung des Ausschlussgrundes nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hätte begnügen dürfen, sondern sich auch des Näheren damit hätte befassen müssen, ob der Ausschlussgrund des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verwirklicht worden sei.

45       Nach § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt. Dass darüber hinaus auch eine rechtskräftige Bestrafung oder eine andere strafgerichtliche Anordnung vorliegen müsste, sieht diese Bestimmung nicht vor. Gleichwohl kann das Vorliegen solcher Aussprüche ein Indiz dafür sein, dass der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt.

46       Ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005; § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005; § 53 Abs. 2 und Abs. 3 FPG; § 66 Abs. 1 FPG; § 67 Abs. 1 FPG). Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/18/0246; 20.8.2020, Ra 2019/19/0522, mwN).

47       Das Tatbild der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB stellt auf die Verursachung einer Feuersbrunst ab. Eine Feuersbrunst ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ein ausgedehnter, sich weiter verbreitender Brand, der mit gewöhnlichen Maßnahmen, d.h. mit den üblichen Handfeuerlöschmitteln nur mehr mühsam oder überhaupt nicht unter Kontrolle gebracht werden, sondern nur mehr durch den Einsatz besonderer Mittel (wie der Feuerwehr) wirksam bekämpft werden kann (vgl. OGH 12.9.1996, 15 Os 121/96). Der Begriff der Feuersbrunst stellt auf eine enge Verflechtung der erforderlichen räumlichen Ausdehnung und der mangelnden Bekämpfbarkeit mit gewöhnlichen Mitteln ab. Solcherart muss das Feuer zum einen gerade aufgrund seiner bereits erreichten Ausdehnung unbeherrschbar sein, zum anderen ist die Unbeherrschbarkeit der Maßstab der erforderlichen Ausdehnung. Das bedeutet allerdings nicht, dass stets dann, wenn der Brand aufgrund seiner räumlichen Ausdehnung mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr beherrscht werden kann, eine Feuersbrunst zu bejahen wäre. Vielmehr ist damit nur eine notwendige Bedingung erfüllt. Tritt zu der durch die räumliche Ausdehnung bedingten Unlöschbarkeit nicht eine - wenngleich bloß abstrakte - Gefährdung für Leib oder Leben einer (nicht unbedingt größeren, so doch nicht auf konkrete Einzelpersonen beschränkten, mithin) unbestimmten Zahl von Menschen oder eine (konkrete) Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß hinzu, liegt eine Feuersbrunst nicht vor. Denn erst darin äußert sich die in der Überschrift des Siebenten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB angesprochene Gemeingefährlichkeit der Tatbestände nach §§ 169 f StGB (vgl. OGH 26.11.2009, 12 Os 149/09t; OGH 23.8.2006, 13 Os 54/06z).

48       Sohin ist für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 169 StGB essentiell, dass durch die Tathandlung eine - wenngleich bloß abstrakte - Gefährdung für Leib oder Leben einer (nicht unbedingt größeren, so doch nicht auf konkrete Einzelpersonen beschränkten, mithin) unbestimmten Zahl von Menschen oder eine (konkrete) Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeigeführt wurde. Vor diesem Hintergrund hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel, dass es sich bei Handlungen, die den Tatbestand der Brandstiftung nach § 169 StGB erfüllen, um solche handeln kann, die den Schluss zulassen, dass vom Täter eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ausgehen könnte. Demgemäß stellt auch der Abschluss eines Strafverfahrens, in dem die Handlungen als nach § 169 StGB tatbildmäßig beurteilt wurden, einen gewichtigen Hinweis für das Bestehen einer solchen Gefährlichkeit dar.

49       Bei der im Einzelfall vorzunehmenden Beurteilung, ob eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 gegeben ist, ist nach dem Gesagten zu prüfen, ob sich nach Art und Schwere der Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden ziehen lässt. Da es insoweit nach der Rechtsprechung um die Vornahme einer Gefährdungsprognose geht, wie sie auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften grundgelegt ist, steht der Bejahung einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung nicht entgegen, dass er sein Verhalten nicht schuldhaft zu vertreten hat.

50       Das Bundesverwaltungsgericht hat Auszüge aus dem Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 9. April 2015 wiedergegeben, aufgrund derer gewichtige Hinweise dafür vorlagen, dass der Mitbeteiligte eine Gefahr für die Allgemeinheit im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 darstellen könnte. In Verkennung der oben dargestellten Rechtslage hat aber das Verwaltungsgericht die danach gebotene Prüfung nicht vorgenommen und auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die anhand aller Umstände des konkreten Falles die Beurteilung ermöglicht hätten, ob der vom (Erwachsenenvertreter für den) Mitbeteiligten gestellte Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 3a AsylG 2005 wegen des Vorliegens des Ausschlussgrundes des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 abzuweisen gewesen wäre.

51       Sohin erweist sich das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG - zur Gänze, weil die rechtlich von der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abhängenden Aussprüche ihre Grundlage verlieren - aufzuheben war.

Wien, am 22. Oktober 2020

Gerichtsentscheidung

EuGH 62017CJ0369 Ahmed VORAB

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020200001.J00

Im RIS seit

09.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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