Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Dr. Thomas Kitzberger, Rechtsanwalt in Wels, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei Dr. C*****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky und Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. F*****, 2. Dr. D*****, beide vertreten durch die Ferner, Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Übereignung (Streitwert 21.631,18 EUR), über die Befangenheitsanzeigen der Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Linz laut angeschlossener Liste, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird an das Oberlandesgericht Linz zurückgestellt.
Text
Begründung:
In diesem Verfahren erhob der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts Wels Berufung. Die Zweitbeklagte ist Richterin des für dieses Berufungsverfahren zuständigen Oberlandesgerichts Linz und dort aktuell Mitglied eines Strafsenats.
Der Vorsitzende sowie die Mitglieder des nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung im Berufungsverfahren berufenen Senats zeigten der Präsidentin des Oberlandesgerichts Linz als der Vorsitzenden des für Befangenheitssachen zuständigen Senats ihre Befangenheit an. Von den 17 weiteren Zivilrichterinnen und Zivilrichtern des Oberlandesgerichts Linz zeigten 12 ebenso ihre Befangenheit an; drei erklärten, subjektiv nicht befangen zu sein; von zwei weiteren liegt (noch) keine Stellungnahme vor. Auch die Präsidentin des Oberlandesgerichts Linz selbst zeigte ihre Befangenheit an. Stellungnahmen der in den Strafsenaten tätigen Richterinnen und Richter wurden (vorerst) nicht eingeholt.
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts Linz legte den Akt dem Obersten Gerichtshof gemäß § 23 JN zur Entscheidung über die Befangenheit aller Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Linz vor. Es sei zu erwarten, dass weitere Richterinnen und Richter ihre subjektive Befangenheit anzeigen. Hinsichtlich der insgesamt vier Kollegen aus dem Zivilbereich bzw der Justizverwaltung, die keine subjektive Befangenheit angezeigt hätten, bestehe für einen verständig würdigenden objektiven Beurteiler der Anschein einer Befangenheit.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung über diese Befangenheitsanzeigen (derzeit) nicht zuständig.
Gemäß § 23 JN entscheidet über den Ablehnungsantrag betreffend einen Richter eines Gerichtshofs dieser Gerichtshof, es sei denn, dass dieser durch das Ausscheiden des abgelehnten Richters beschlussunfähig werden sollte. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Sinngemäß Gleiches gilt für Befangenheitsanzeigen (Selbstmeldungen) eines Richters.
Hier haben zwar zahlreiche Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Linz ihre Befangenheit angezeigt. Dieser Gerichtshof ist dadurch aber (zumindest derzeit) nicht beschlussunfähig. Von einer solchen Beschlussunfähigkeit des Gerichtshofs iSd § 23 JN kann vielmehr erst dann die Rede sein, wenn sich so viele Richterinnen und Richter für befangen erklärt haben (oder abgelehnt wurden), dass eine vorschriftsmäßige Besetzung der Senate unmöglich gemacht würde (RIS-Justiz RS0046036). Wäre aufgrund der bisherigen Selbstmeldungen die Besetzung des Ablehnungssenats nicht mehr möglich, müsste zunächst der Personalsenat des Gerichtshofs in Abänderung der bestehenden Geschäftsverteilung dafür sorgen, dass ein vorschriftsmäßig besetzter Ablehnungssenat zusammentreten kann; erst wenn dies nicht möglich ist, geht die Entscheidungsbefugnis auf den übergeordneten Gerichtshof über (Ballon in Fasching/Konecny³ I JN § 23 Rz 2 mwN).
Textnummer
E129589European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0050NC00016.20B.1007.000Im RIS seit
29.11.2020Zuletzt aktualisiert am
29.11.2020