Entscheidungsdatum
11.12.2019Norm
AsylG 2005 §35 Abs4Spruch
W165 2172723-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 22.09.2017, GZ: Islamabad-OB/KONS/0449/2016, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der österreichischen Botschaft Islamabad vom 27.06.2017, GZ: Islamabad-OB/KONS/0449/2016, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß den §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 04.02.2016 bei der österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad) unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF genannt, dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 31.10.2014, GZ. 1234535 INT, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Die damit verbundene befristete Aufenthaltsberechtigung wurde stets verlängert. Laut aktuellem IZR-Auszug verfügt die Bezugsperson seit 19.10.2018 über einen bis 19.10.2023 gültigen Aufenthaltstitel.
Mit Schreiben vom 24.02.2017 teilte das BFA der ÖB Islamabad unter Anschluss einer Stellungnahme desselben Datums mit, dass gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde angeführt, dass die von der BF vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen. Die offizielle Registrierung der Eheschließung habe zudem im nachhinein stattgefunden und soll von der Schwiegermutter der BF zu einem Zeitpunkt veranlasst worden sein, zu dem sich die Bezugsperson bereits in Österreich aufgehalten habe.
Hierzu wurde der BF durch die ÖB Islamabad mit Schreiben vom 27.02.2017, übernommen am 23.05.2017, die Möglichkeit zur Erstattung einer Stellungnahme eingeräumt (Parteiengehör).
In ihrer Stellungnahme vom 30.05.2017 führte die BF im Wesentlichen aus, dass sie nach Abwarten der seinerzeitigen einjährigen Wartefrist für subsidiär Schutzberechtigte die Ausstellung der für das Einreiseverfahren notwendigen Dokumente im Herbst 2015 veranlasst habe. Sie habe auch damals die Ehe offiziell registrieren und sich eine staatliche Heiratsurkunde ausstellen lassen. Eine spätere Registrierung einer Ehe in Afghanistan würde nichts an deren Gültigkeit ab Eheschließung ändern. Die BF entspreche daher den Anforderungen des § 35 Abs. 5 AsylG 2005.
Die Stellungnahme wurde an das BFA weitergeleitet, das mit Schreiben an die ÖB Islamabad vom 26.06.2017 an seiner negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festhielt.
Mit Bescheid der ÖB Islamabad vom 27.06.2017 wurde der Einreiseantrag gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF am 21.07.2017 Beschwerde, in der im Wesentlichen wie in der Stellungnahme vom 30.05.2017 vorgebracht wurde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.09.2017 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, dass die Registrierung der Ehe zu einem Zeitpunkt stattgefunden habe, zu welchem die Bezugsperson bereits in Österreich gelebt habe, sodass die Eheschließung nicht rechtsgültig sei.
Am 22.09.2017 wurde bei der ÖB Islamabad ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 04.10.2017, eingelangt am 09.10.2017, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
Eine Abfrage des zentralen Fremdenregisters sowie des zentralen Melderegisters durch das Bundesverwaltungsgericht am 03.12.2019 ergab, dass die BF am 17.05.2019 einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus an den Magistrat der Stadt Wien, MA35, gestellt hatte. Der BF wurde am 25.09.2019 eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus mit Gültigkeitsdauer 25.09.2019 bis 25.09.2020 ausgestellt. In weiterer Folge wurde der BF von der ÖB Islamabad ein Visum D zur Abholung eines Aufenthaltstitels (Gültigkeitsdauer: 27.10.2019 bis 26.02.2020) erteilt. Die BF ist seit 20.11.2019 in Österreich polizeilich gemeldet und lebt mit der im Verfahren angegebenen, über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügenden Bezugsperson (Ehegatten), im gemeinsamen Haushalt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Einstellung des Verfahrens:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art 132 B-VG); vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren² (2018) § 28 VwGVG, Anm. 5).
Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:
Mit Bescheid der ÖB Islamabad vom 27.06.2017 wurde die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Die BF beantragte am 17.05.2019 beim Magistrat der Stadt Wien, MA35, die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus und damit die Familienzusammenführung nach dem NAG (§ 46 Abs. 1 Z 2 NAG). Am 25.09.2019 wurde der BF eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus (gültig bis 25.09.2020) ausgestellt. Am 27.10.2019 erteilte die ÖB Islamabad der BF ein Visum D zur Abholung ihres Aufenthaltstitels und reiste diese in der Folge legal in das Bundesgebiet ein, wo diese bis dato aufhältig und im gemeinsamen Haushalt mit der im Verfahren angegebenen Bezugsperson (Ehegatten) lebt.
Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist gegenständlich zu verneinen, da es für die Rechtstellung der BF keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (vgl. VwGH Ro 2016/21/0008 vom 30.06.2016). Die BF konnte legal nach Österreich einreisen, einen Aufenthaltstitel erlangen und führt mit ihrem aufenthaltsberechtigten Ehemann ein Familienleben. Der ursprünglich seitens der BF mit der Beantragung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 beabsichtigte Zweck ist damit erreicht.
Im Sinne eines nicht mehr vorhandenen rechtlichen Interesses an einer Sachentscheidung war das Verfahren somit als gegenstandslos einzustellen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.
Schlagworte
Ehe Gegenstandslosigkeit VerfahrenseinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W165.2172723.1.00Im RIS seit
27.11.2020Zuletzt aktualisiert am
27.11.2020