TE Bvwg Beschluss 2020/1/13 W203 1409993-4

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Veröffentlicht am 13.01.2020
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Entscheidungsdatum

13.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §69
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W203 1409993-4/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über den Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2019 auf Wiederaufnahme des durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens zu W203 1409993-3:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2010, Zl. 10 05.864 - BAG, wurde der Antrag eines namentlich genannten afghanischen Staatsbürgers sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen.

2. Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14.01.2015, GZ. W203 1409993-3/13E, stattgegeben und dem damaligen Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.

3. Mit Schreiben vom 06.12.2019 - hg. Eingelangt am 10.12.2019, stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Antragsteller) einen Antrag auf Wiederaufnahme des durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl W203 1409993-3 abgeschlossenen Verfahrens, da sich der damalige Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten erschlichen habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Asylberechtigten wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.01.2015, GZ: W203 1409993-3, nach einer gegen den abweisenden Bescheid erhobenen Beschwerde der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Mit Schreiben vom 06.12.2019 stellte der Antragsteller einen Antrag auf "Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 69 AVG".

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu A) Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme gemäß § 69 AVG:

3.2.1. Die im folgenden maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

§ 69 AVG:

Wiederaufnahme des Verfahrens

----------

1.-der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.-neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.-der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4.-nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

3.2.2. Die Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens gemäß § 69 AVG, mit der im Dienste des Grundsatzes der Rechtsrichtigkeit die Möglichkeit eröffnet wird, besonders schwerwiegende Rechtswidrigkeiten zu beseitigen, setzt zweierlei voraus:

1. Das betreffende Verfahren muss durch Bescheid abgeschlossen worden sein. Der Bescheid muss rechtsgültig - d.h. mündlich verkündet oder (schriftlich) zugestellt (ausgefolgt) worden - und rechtswirksam sein. Dies bedeutet, dass der Bescheid nicht z.B. durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes seine Existenz eingebüßt haben darf.

2. Es darf gegen den Bescheid kein "Rechtsmittel" (mehr) zur Verfügung stehen, d.h. er muss formell rechtskräftig sein. Aus welchem Grund kein Rechtsmittel mehr zur Verfügung steht - sei es, dass die Parteien die Rechtsmittelfrist ungenützt verstreichen haben lassen oder sei es, dass sie auf das Rechtsmittel verzichtet haben - ist dabei nicht von Bedeutung.

3.2.3. Im gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.01.2015 über die Beschwerde gegen den Bescheid des Antragsstellers das im Zuge des Verfahrens erlassene Erkenntnis an die Stelle des Bescheides tritt (vgl. z.B. VwGH vom 09.09.2015, Ro 2015/03/0032, mwH). Es liegt somit kein "durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren" iSd § 69 AVG vor.

3.2.4. Auf ein durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgeschlossenes Verfahren sind die §§ 69 f AVG nicht anwendbar; die Wiederaufnahme wäre somit ausschließlich mit einem - vom Antragsteller gegenständlich nicht gestellten Antrag - gemäß § 32 VwGVG anzustreben gewesen (vgl. VwGH vom 21.12.2016, Ra 2016/12/0106). Ein ausdrücklich auf § 69 AVG gestellter Antrag erweist sich als unzulässig (VwGH vom 28.02.2019, Ra 2019/12/0010).

3.2.5. Da somit bereits die erste Voraussetzung (der Abschluss des maßgeblichen Verfahrens durch Bescheid) nicht vorliegt, war auf die zweite Voraussetzung nicht mehr einzugehen.

3.2.6. Der an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Antrag auf Wiederaufnahme des durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 69 AVG war somit zurückzuweisen.

3.2.7. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG entfallen, da eine solche weder beantragt wurde noch der Akt erkennen ließ, dass die mündliche Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhaltes herbeigeführt hätte und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (verwiesen wird auf die zitierte Judikatur in den diesbezüglichen Erkenntnisabschnitten) bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

mangelnder Anknüpfungspunkt Rechtskraft Voraussetzungen Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W203.1409993.4.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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