TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/28 W127 2200723-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.2020
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Entscheidungsdatum

28.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W127 2200723-1/35E

W127 2200723-2/26E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerden von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2018 und 06.11.2018, Zl. 1125740301/161099501, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.09.2019 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2018, Zl. 1125740301/161099501, wird stattgegeben und der Bescheid ersatzlos aufgehoben.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2018, Zl. 1125740301/161099501, wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der damals noch minderjährige Beschwerdeführer (geboren XXXX ) ist gemeinsam mit seinem älteren Bruder in die Republik Österreich eingereist und hat am 09.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.08.2016 wurde die Antragstellung des Beschwerdeführers dahingehend begründet, dass der Bruder des Beschwerdeführers bei einer Spezialeinheit der Polizei tätig gewesen und von Taliban mehrmals bedroht worden sei. Auch die Eltern des Beschwerdeführers hätten Feinde gehabt, die die Familie mehrmals bedroht und den Beschwerdeführer einmal beim Nachhauseweg von der Schule mit dem Auto angefahren hätten. Bei einer anderen Gelegenheit sei der Beschwerdeführer mit sieben Messerstichen verletzt worden. Die Eltern seien umgebracht worden. Als der Bruder des Beschwerdeführers Afghanistan verlassen habe, sei ihm der Beschwerdeführer gefolgt, weil er sonst niemanden mehr gehabt hätte. Bei einer Rückkehr befürchte er, getötet zu werden.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 07.06.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari sowie einer Vertrauensperson niederschriftlich einvernommen. Er gab an, dass manche der protokollierten Angaben bei der Erstbefragung nicht gestimmt hätten. Sein Bruder habe damals die meisten Fragen beantwortet und dem Beschwerdeführer nicht erlaubt zu sprechen. Auch der Dolmetscher habe gesagt, dass der Bruder des Beschwerdeführers die Fragen beantworten solle. Alle damaligen Angaben zum Fluchtgrund würden vom Bruder des Beschwerdeführers stammen.

Der Beschwerdeführer begründete seine Flucht aus Afghanistan nunmehr insbesondere mit Problemen mit einem Onkel väterlicherseits und dessen Söhnen, da er zweimal mit der Tochter dieses Onkels geflohen sei. Der Beschwerdeführer sei in diesem Zusammenhang nach seiner Rückkehr in den Heimatort auch von Mullahs am Rücken geschlagen und von den Cousins mit einem Messer "überall an [s]einem Körper" verletzt worden. Überdies habe er bei einem Fluchtversuch nach einem Sprung aus dem Fenster eine Verletzung am Fuß erlitten, die in einem Krankenhaus in Pakistan behandelt worden sei.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 18.05.2018 verloren habe (Spruchpunkt VII.).

In der Begründung wertete die belangte Behörde den Beschwerdeführer als persönlich unglaubwürdig. Sein fluchtbezogenes Vorbringen sei zu vage, unplausibel und massiv widersprüchlich und auch die Angaben seines Bruders stünden dazu in Widerspruch. Betreffend Spruchpunkt VII. wies das Bundesamt auf eine Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer am 18.05.2018 und ein Strafurteil vom 29.05.2018 hin.

5. Hiegegen wurde Beschwerde erhoben und der Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis V. wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe eine außereheliche Beziehung zu seiner Cousine geführt und sei sowohl von seinem Onkel und seinen Cousins als auch von Taliban öfters geschlagen und verprügelt worden, obwohl er noch minderjährig und wehrlos gewesen sei. Er sei daraufhin "halbtot" ins Spital gebracht worden. Die Familie des Beschwerdeführers sei von Taliban umgebracht worden. Aus diesem Grund und wegen seines Onkels habe der Beschwerdeführer mit seinem Bruder Afghanistan verlassen müssen. Taliban hätten den Beschwerdeführer entführt und mit einem Messer auf ihn eingestochen. Die Narben dieser Angriffe seien noch immer am Körper des Beschwerdeführers sichtbar. Der Beschwerdeführer und seine Cousine seien in einander verliebt gewesen und gemeinsam geflüchtet, hätten aber nicht heiraten können. Der Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers sei sehr einflussreich und gegen die genannte Beziehung gewesen und habe den Beschwerdeführer und seine Tochter "gefunden". Der Onkel habe seine Tochter zwangsverheiraten wollen, weshalb diese Selbstmord begangen habe. Der Beschwerdeführer sei schließlich durch die Machtausübung seines Onkels väterlicherseits über die Dorfältesten nach islamischem Gesetz verurteilt und bestraft worden. Er sei geflüchtet, weil er Angst gehabt habe, auch getötet zu werden. Unter Anführungen von Länderberichten wurde eine Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner außerehelichen Beziehung im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan vorgebracht und auf die dortige Sicherheitslage und die Situation von Rückkehrenden hingewiesen. Hinsichtlich des gesundheitlichen Zustandes und der Integration des Beschwerdeführers wurde darauf hingewiesen, dass dieser an psychischen Problemen leide und derzeit medizinische Behandlung und psychische Unterstützung erhalte. Der Beschwerdeführer könne sich nicht konzentrieren und wisse manchmal nicht, was er mache und wie er sich verhalten müsse. Er habe in Afghanistan viele Schwierigkeiten erleben müssen, weil er sich in seine Cousine verliebt habe. Er versuche, die deutsche Sprache zu erlernen, obwohl er Analphabet gewesen sei und erst alphabetisiert habe werden müssen. Der Beschwerdeführer habe in Afghanistan niemanden, den er kontaktieren und von dem er Unterstützung erhalten könnte.

Der Beschwerde wurden eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom 05.06.2018, Fotos von Verletzungen bzw. Narben des Beschwerdeführers, eine Bestätigung des Vereins XXXX betreffend ein Erstgespräch mit dem Beschwerdeführer und eine Aufnahme in die Warteliste für Psychotherapie sowie Unterlagen betreffend die Integration des Beschwerdeführers in Österreich beigeschlossen.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 16.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Mit - gegenständlich ebenfalls angefochtenen - Bescheid vom 06.11.2018 änderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Entscheidung vom 12.06.2018 gemäß § 68 Abs. 2 AVG ab und erließ neuerlich gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.) und verhängte gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

Begründend wies das Bundesamt insbesondere auf zwei rechtskräftige Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz sowie wegen einer Sachbeschädigung hin.

8. Eine hiegegen eingebrachte Beschwerde und der Verwaltungsakt der Behörde langten am 23.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Mit hg. Erkenntnis vom 27.11.2018, GZ W127 2200723-2/3E, wurde der Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.11.2018 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt, da vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Afghanistan ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers eine reale Gefahr einer Verletzung der genannten Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

10. Am 25.09.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der auch das Bundesamt teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Zur Integration des Beschwerdeführers wurde überdies eine vom Beschwerdeführer beantragte Zeugin befragt. Zu den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten wurde seitens der Parteien keine Stellungnahme abgegeben.

Im Rahmen der Verhandlung brachte der Beschwerdeführer ein Konvolut von Unterlagen zum Nachweis seiner Integration in Österreich, einen Sozialbericht seiner Bewährungshelferin vom 05.07.2019 sowie betreffend seinen Gesundheitszustand eine Medikamentenübersicht der Justizanstalt XXXX vom 23.11.2018, eine therapeutische Stellungnahme vom "16.05.20189" (gemeint wohl: 16.05.2019) und eine Therapiebestätigung vom 25.09.2019 zur Vorlage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die vorliegenden Verwaltungsakten sowie in den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den Bruder des Beschwerdeführers, Zl. XXXX , und die Gerichtsakten, durch Befragung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und Einsichtnahme in die in der Verhandlung vorgelegten Dokumente sowie durch Einsicht insbesondere in folgende Länderberichte: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 04.06.2019; EASO, Country Guidance Afghanistan, Juni 2019; UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.08.2018; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 02.09.2019; EASO, Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan: Gezielte Gewalt gegen Individuen aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher Normen, Dezember 2017; EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan: Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City, April 2019; EASO Country of Origin Information Report Afghanistan: Networks, Jänner 2018; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan: Substitutionsprogramm für Drogenabhängige in Mazar-e Sharif, 05.09.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan: Antidepressiva, psychiatrische und psychologische Betreuung in Kabul-Stadt, Mazar-e Sharif und Herat-Stadt, 15.05.2019; Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC), Situation of the Right to Access Quality Health Services (National Inquiry Report), April 2017; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, 05.04.2017.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Tadschiken zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 09.08.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan im Distrikt Paghman der Provinz Kabul geboren und hat dort bis zu seiner Reise nach Österreich gelebt. Er hat in seiner Heimatprovinz acht Jahre lang die Schule besucht, manchmal als Hilfsarbeiter gearbeitet und spricht Dari, Paschtu und Urdu. Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben, der mit dem Beschwerdeführer aus Afghanistan ausgereiste Bruder hielt sich zuletzt in Frankreich auf, die Schwester des Beschwerdeführers lebt im Iran. In Afghanistan leben jedenfalls noch eine Großmutter und ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers in dessen Heimatdorf.

Der Beschwerdeführer ist zumindest seit dem 27.04.2018 volljährig, ledig und hat keine Kinder. Er macht bzw. machte seit 17.09.2019 eine Drogenentzugstherapie, leidet derzeit aber an keinen schweren Erkrankungen und ist arbeitsfähig. Er hat in Österreich keine nahen Familienangehörigen oder sonstige enge Bindungen. Der Antrag auf internationalen Schutz des Bruders des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen; die Entscheidung wurde mit einer Rückkehrentscheidung verbunden und ist bereits in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer ist im Sinne des Asylgesetzes straffällig geworden:

1) Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichtes vom 29.05.2018 (rechtskräftig am 02.06.2018) wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 und 27 Abs. 2a SMG zu einer bedingt erlassenen Freiheitsstrafe (Probezeit: drei Jahre) von zwei Monaten verurteilt.

2) Der Beschwerdeführer wurde am 17.10.2018 neuerlich mit Urteil eines Landesgerichtes rechtskräftig wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG und §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 2a und 3 SMG, § 15 StGB sowie wegen § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, davon acht Monate bedingt erlassenen (Probezeit: drei Jahre), verurteilt; die Probezeit hinsichtlich der mit Urteil vom 29.05.2018 verhängten Freiheitsstrafe wurde auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

3) Am 08.07.2019 wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal mit Urteil eines Landesgerichtes rechtskräftig wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt; die bedingte Nachsicht der mit Urteil vom 29.05.2018 verhängten Freiheitsstrafe wurde widerrufen, die Probezeit hinsichtlich der mit Urteil vom 17.10.2018 verhängten Freiheitsstrafe wurde auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

Darüber hinaus wurden über den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion XXXX vom 26.03.2018 wegen § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG, § 82 Abs. 1 SPG und § 1 Abs. 1 Z 1 WSLG Geldstrafen in Höhe von insgesamt ? 450 verhängt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkurse besucht (u.a. Basisbildung Deutsch A1) und spricht etwas Deutsch. Er hat auch österreichische Freunde bzw. Bekannte und hat im Ausmaß von vier Tagen gemeinnützige Arbeit geleistet, ist darüber hinaus in Österreich aber keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich.

1.2. Zum Fluchtvorbringen:

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung im Zusammenhang mit einer (unterstellten) vorehelichen sexuellen Beziehung zu der Tochter eines Onkels (zweiten Grades) väterlicherseits. Daher besteht mit der Familie dieses Onkels auch keine auf dem behaupteten Konflikt gründende Feindschaft und kein damit zusammenhängender Grundstücksstreit.

Auch im Zusammenhang mit der vorgebrachten Tätigkeit des Bruders des Beschwerdeführers für die afghanische Polizei bzw. mit Feinden seines Vaters droht dem Beschwerdeführer keine Gefahr in Afghanistan.

Dem Beschwerdeführer droht aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. aufgrund seiner Religionszugehörigkeit weder Gewalt noch Diskriminierung. Weiters haben sich keine Anhaltpunkte ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.

Der Beschwerdeführer hat bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch keine sonstige konkret gegen seine Person gerichtete Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Privatpersonen zu erwarten.

1.3. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Paschtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan. Sie machen etwa 30 % der afghanischen Gesellschaft aus. Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan bilden Tadschiken in weiten Teilen Afghanistans ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten: In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25 % in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

Außereheliche bzw. voreheliche sexuelle Beziehungen können auch einen Grund für "Ehrenmorde" darstellen. Viele Fälle werden allerdings von lokalen Schuras und Dschirgas beigelegt bzw. ohne Beteiligung von Gerichten oder Vermittlungsgremien gelöst, um den entstandenen "Ehrverlust" lokal einzugrenzen. Wenn ein unverheiratetes Paar einvernehmlichen Geschlechtsverkehr hatte, folgt häufig eine Eheschließung zwischen dem Mann und der Frau. Familien mit hoher Bildung, Familien in Großstädten, Hazara und Tadschiken sind allgemein dafür offen, Lösungen zu finden, häufig auch mithilfe von Vermittlung. Insbesondere in Großstädten kommt es selten vor, dass solche Fälle in Gewalt bzw. Mord enden.

Die Provinz Kabul liegt in Zentralafghanistan östlich von Parwan und Wardak. Außerhalb der Hauptstadt sind von den aufständischen Gruppierungen in Afghanistan vor allem die Taliban aktiv, Berichten zufolge stehen aber keiner Distrikte unter der Kontrolle von Aufständischen. Die Hauptstadt der Provinz Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Kabul-Stadt hat etwa 4,1 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen gut zu erreichen. Die Lage in der Hauptstadt ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.

Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif verfügt über einen internationalen Flughafen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.

Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt gut erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.

Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land - auch hinsichtlich einer ersten Unterkunftnahme. In den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser - insbesondere in der Stadt Kabul - lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.

Medizinische Versorgung wird in Afghanistan auf drei Ebenen gewährleistet: Gesundheitsposten und Gesundheitsarbeiter bieten ihre Dienste auf Gemeinde- oder Dorfebene an; Grundversorgungszentren, allgemeine Gesundheitszentren und Bezirkskrankenhäuser operieren in den größeren Dörfern und Gemeinschaften der Distrikte. Die dritte Ebene der medizinischen Versorgung wird von Provinz- und Regionalkrankenhäusern getragen. In urbanen Gegenden bieten städtische Kliniken, Krankenhäuser und Sonderkrankenanstalten jene Dienstleistungen an, die Gesundheitsposten, Grundversorgungszentren und Gesundheitszentren in ländlichen Gebieten erbringen. 90 % der medizinischen Versorgung in Afghanistan wird dennoch nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen. Medikamente sind grundsätzlich verfügbar, die Patienten müssen diese aber oft selbst kaufen.

Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt" oder es wird ihnen durch eine "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuell Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung und Depression sind in Afghanistan weit verbreitet, die Infrastruktur für die Bedürfnisse mentaler Gesundheit entwickelt sich aber nur langsam. So existieren beispielsweise in Mazar-e Sharif ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus. In Kabul existiert eine weitere psychiatrische Klinik. Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in einigen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Personen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und bei anderen Nichtregierungsorganisationen behandelt werden.

Drogenkonsum ist in Afghanistan weit verbreitet - etwa 11 % der Bevölkerung sind drogensüchtig bzw. nehmen zumindest gelegentlich Drogen; bei etwa einem Drittel der Drogenkonsumenten handelt es sich um Frauen und Kinder. Landesweit bestehen in Afghanistan 104 Zentren zur Behandlung der Drogenabhängigkeit, 56 dieser Zentren gehören zum Gesundheitsministerium, der Rest wird von NGOs verwaltet. Die Kapazitäten für eine stationäre Behandlung der Drogensucht sind noch unzureichend, für je 1.280 Personen steht nur ein Bett zur Verfügung. Das Kabul Mental Health and Drug Addicts Hospital (KMHH) bietet ambulante psychiatrische Behandlungen an; es ist das einzige staatliche Spital in Afghanistan, das spezialisierte Behandlungen für eine größere Zahl von Patientinnen und Patienten einschließlich medikamentöser Behandlung, Psychotherapie (Gruppen-, individuelle und kognitive Verhaltenstherapie), Ergotherapie sowie Beratungen anbietet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, Schulbildung und beruflichen Erfahrung des Beschwerdeführers sowie zu seinen Familienangehörigen, Sprachkenntnissen und seinem Familienstand beruhen auf den diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und der mündlichen Verhandlung dem Bundesverwaltungsgericht.

Die spätestens mit 27.04.2018 erreichte Volljährigkeit des Beschwerdeführers beruht auf dem seitens des Bundesamtes eingeholten gerichtsmedizinischen Gutachten vom 24.10.2016, aus dem hervorgeht, dass das vom Beschwerdeführer mit XXXX (Antragstellung) bzw. XXXX (Verhandlung) angegebene Geburtsdatum mit dem an Hand von Untersuchungen festgestellten höchstmöglichen Mindestalter nicht vereinbar ist. Soweit die beschwerdeführende Partei in der mündlichen Verhandlung weiterhin auf einem abweichenden Geburtsdatum beharrt hat, ist darauf hinzuweisen, dass dem Rekurs gegen den Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom 29.01.2018, mit dem das Geburtsdatum des Beschwerdeführers auf den XXXX korrigiert wurde, mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen vom 16.04.2018 nicht Folge gegeben wurde. Diesem Beschluss ist zu entnehmen, dass der Rekurs keine Gründe aufzeigt, weshalb das gegenständliche Altersfeststellungsgutachten unrichtig bzw. nicht nachvollziehbar sei. Da auch im Rahmen des Asyl- bzw. Beschwerdeverfahrens dem Gutachten nicht substantiiert entgegengetreten wurde, ist der Entscheidung der XXXX als Geburtsdatum zugrunde zu legen.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser bei der Einvernahme durch das Bundesamt am 07.06.2018 angegeben hat, er sei gesund, nehme nicht dauerhaft Medikamente und könnte auch arbeiten gehen. In der Folge brachte der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Medikamentenübersicht der Justizanstalt Josefstadt vom 23.11.2018 ("QUETIAPIN SAN FTBL 100MG 0-1-1-0 Stk. täglich/aufgelöst- Psychopharm"), eine "Therapeutische Stellungnahme" eines Psychotherapeuten vom 16.05.2019 ("[...] psychosomatische Symptome einer Traumatisierung sowie suizidales Verhalten [...]) mit der Empfehlung psychotherapeutischer Sitzungen und psychiatrischer Behandlung sowie eine Therapiebestätigung vom 25.09.2019 betreffend eine stationäre Therapie seit dem 17.09.2019 zur Vorlage, bejahte in der mündlichen Verhandlung - im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters - aber über Befragen seine Verhandlungsfähigkeit. Der Beschwerdeführer gab zu den vorgelegten Unterlagen lediglich an, derzeit eine Entzugstherapie zu machen, und verneinte eine aktuelle Einnahme des in der Medikamentenübersicht der Justizanstalt Josefstadt angeführten Medikaments. Abgesehen von der angeführten Drogenentzugstherapie finden sich in den Akten keine Hinweise für die Inanspruchnahme einer Psychotherapie oder einer psychiatrischen Behandlung und wurde dies auch nicht behauptet. Der Beschwerdeführer hat im Laufe der Beschwerdeverhandlung über Vorhalt widersprüchlicher Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl behauptet, dass es ihm "psychisch nicht gut" gehe und er zwei Selbstmordversuche unternommen habe, fachärztliche Befunde bzw. Gutachten, aus denen eine entsprechende Beeinträchtigung des Beschwerdeführers bzw. eine aktuell bestehende Suizidalität hervorgeht, wurden im gesamt Asylverfahren aber nicht vorgelegt. Auch hinsichtlich einer aktuellen Einschränkung der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers sind den Verwaltungs- bzw. Gerichtsakten keine konkreten Anhaltspunkte zu entnehmen. Eine über eine allenfalls noch bestehende Suchterkrankung hinausgehende, aktuelle, krankheitswertige psychische Beeinträchtigung des Beschwerdeführers kann daher nicht festgestellt werden. Weiters ist zu einer Drogensucht des Beschwerdeführers darauf hinzuweisen, dass aus den Angaben des Beschwerdeführers und dem Akteninhalt lediglich hervorgeht, dass der Beschwerdeführer Haschisch bzw. Cannabis konsumiert hat und er laut den Angaben in der Beschwerdeverhandlung bei seinen Festnahmen jeweils auch nur mit "geringsten Mengen Suchtmittel" aufgefunden wurde. Vor diesem Hintergrund ist daher auch hinsichtlich einer Suchterkrankung des Beschwerdeführers nicht von einer wesentlichen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auszugehen, zumal der Beschwerdeführer zumindest bereits über einen Zeitraum von mehreren Monaten therapiert wurde und grundsätzlich auch in Afghanistan Möglichkeiten zur Behandlung einer Drogenabhängigkeit bzw. psychischen Störung vorhanden sind.

Die Feststellungen zur Einreise, Antragstellung und dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers.

Hinsichtlich der Feststellungen zu dem aktuellen Privat- und Familienleben sowie insbesondere der Integration des Beschwerdeführers in Österreich werden die Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung sowie die vorgelegten Nachweise, Unterstützungserklärungen und Empfehlungsschreiben den Feststellungen zugrunde gelegt. Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung geht aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem (GVS) hervor. Die Feststellungen zur Delinquenz des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich und den in den Akten aufliegenden gekürzten Urteilsausfertigungen bzw. dem Straferkenntnis vom 26.03.2018.

2.2. Zum Fluchtvorbringen:

Bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wertete das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine asylrelevante Verfolgungsgefahr aufgrund vager und widersprüchlicher Angaben als unglaubhaft. Dieser Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers verstärkte sich in der Folge noch, da sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens weitere Ungereimtheiten im Vorbringen ergaben, welche der Beschwerdeführer nicht schlüssig zu erklären vermochte.

Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hat vor allem auch zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Fluchtvorbringens die Wahrheit gesagt hat. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer bereits zu seinem Alter falsche Angaben gemacht. Sogar nach Einholung eines gerichtsmedizinischen Gutachtens zur Altersfeststellung machte der Beschwerdeführer beharrlich Angaben zu seinem Lebensalter, die mit den Ergebnissen des Gutachtens nicht in Einklang zu bringen waren.

Der Beschwerdeführer behauptete im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde, er sei Analphabet gewesen und habe in Österreich erst alphabetisiert werden müssen. In Anbetracht der sowohl bei der der Erstbefragung als auch bei der Einvernahme durch das Bundesamt vom Beschwerdeführer angegeben Schulbildung in Afghanistan im Ausmaß von insgesamt acht Jahren ist - auch mangels eines dahingehenden Vorbringens in der Einvernahme - nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer dennoch seine Muttersprache nicht schreiben oder lesen kann und Grammatikstrukturen nicht kennt.

Auch hinsichtlich des Zeitpunktes und der Umstände des Todes seines Vaters erstattete der Beschwerdeführer stark abweichendes Vorbringen. Entgegen seinen Angaben vor dem Bundesamt, er sei ungefähr drei Jahre alt gewesen, als sein Vater während eines Kampfes ums Leben kommen sei, gab er in der Beschwerdeverhandlung unter anderem an, er glaube, seine Mutter sei mit ihm schwanger gewesen, als sein Vater verstorben sei; er habe ihn nie kennen gelernt und nur das Foto seines Vaters gesehen. Auch über Nachfrage gab der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht zu den Todesumständen seines Vaters lediglich an, er wisse nicht, wie er verstorben sei.

Auch wenn der Beschwerdeführer Informationen über ein Ableben seines Vaters zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer selbst noch nicht geboren bzw. lediglich wenige Jahre alt war, nur aus Erzählungen kennen kann, erklärt dies die stark abweichenden Angaben des Beschwerdeführers nicht. Erst über Vorhalt seiner Angaben vor dem Bundesamt hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nähere Angaben zum Ableben seines Vaters gemacht und erklärend - wenig plausibel - Folgendes angegeben: "Mir haben meine Mutter und meine Schwester erzählt, also nein, meine Großmutter hat mir erzählt, dass er im Kampf gestorben ist."

Bei der Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ist ferner zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch die Frage nach von ihm begangenen strafbaren Handlungen, Vorstrafen und Inhaftierungen in seinem Heimatland, in Österreich oder einem anderen Land wahrheitswidrig verneint hat. Erst über mehrfaches Nachfragen räumte der Beschwerdeführer ein, sowohl in Ungarn als auch in Österreich bereits in Haft bzw. "im Gefängnis" gewesen zu sein.

Betreffend die Angaben zum Fluchtgrund des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass im Rahmen der Erstbefragung stark abweichendes Vorbringen erstattet und im Wesentlichen auf eine Tätigkeit des Bruders des Beschwerdeführers bei einer Spezialeinheit der Polizei und auf Feinde der Eltern des Beschwerdeführers hingewiesen wurde. Auch eine Verletzung des Beschwerdeführers durch Messerstiche wurde nicht mit Problemen mit einem Onkel väterlicherseits und dessen Söhnen begründet, sondern mit den Feinden der Eltern in Zusammenhang gebracht. Des Weiteren ist der Erstbefragung - entgegen den späteren Angaben des Beschwerdeführers - zu entnehmen, dass beide Elternteile des Beschwerdeführers umgebracht worden seien.

Die oben dargestellten gravierenden Abweichungen des Vorbringens zum Ausreisegrund bzw. zu den Ausreisegründen sind weder mit der besonderen Situation bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes noch damit erklärbar, dass die Erstbefragung insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden dient und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. zu Widersprüchen zur Erstbefragung VwGH 24.02.2015, Ra 2014/19/0171 mwN). Soweit der Beschwerdeführer bereits in der Einvernahme durch das Bundesamt am 07.06.2018 und in weiterer Folge auch in der Beschwerdeverhandlung behauptet hat, die Angaben in der Erstbefragung habe nicht er selbst, sondern sein Bruder gemacht, ist darauf hinzuweisen, dass der damals zwar noch minderjährige, aber jedenfalls bereits 16 Jahre alte Beschwerdeführer das Protokoll der Erstbefragung unterfertigt und die erfolgte Rückübersetzung bestätigt hat. Auch ist nicht plausibel erklärbar, warum die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erstbefragung statt dem damals persönlich anwesenden Beschwerdeführer, einem mündigen Minderjährigen, lediglich dessen Bruder, der hinsichtlich des Beschwerdeführers auch nicht vertretungsbefugt war, befragen würden. Der Niederschrift der Erstbefragung, die dem Beschwerdeführer in Kopie ausgehändigt wurde, sind ferner keinerlei Hinweise auf eine solche Vorgehensweise zu entnehmen und ist auch darauf hinzuweisen, dass die protokollierten Angaben des Beschwerdeführers überdies in Widerspruch zu dem asylbezogenen Vorbringen des Bruders des Beschwerdeführers stehen (vgl. etwa die Angaben des Bruders zum Ableben des Vaters sowie zu einer nach einer Bestrafung des Beschwerdeführers durch Peitschenhiebe erfolgten Entschuldigung des Beschwerdeführers, die von dessen Onkel akzeptiert worden sei, in der Einvernahme am 07.05.2018). Insbesondere vor dem Hintergrund der Mitwirkungspflichten von Asylwerbern gemäß § 15 AsylG 2005 ist auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer fast zwei Jahre bis zur Einvernahme durch das Bundesamt am 07.06.2018 zuwarten würde, um falsche Angaben in der Erstbefragung zu korrigieren, umso mehr der Kern seines fluchtbezogenen Vorbringens hievon betroffen war. Auch ein Widerspruch durch den Rechtsberater vor der ersten Einvernahme im Zulassungsverfahren (§ 10 Abs. 3 letzter Satz BFA-VG) ist nicht erfolgt.

Das fluchtbezogene Vorbringen des Beschwerdeführers hat sich darüber hinaus auch unbeachtlich der massiven Widersprüche zur Erstbefragung als unglaubhaft erwiesen, da sich in der Einvernahme durch das Bundesamt am 07.06.2018 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht weitere Ungereimtheiten bzw. Widersprüche ergeben haben:

Während sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Bruder vor dem Bundesamt angegeben haben, der Beschwerdeführer habe seine Cousine geliebt, änderte der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht sein Vorbringen und behauptete nunmehr, er sei mit dem Mädchen nicht befreundet gewesen und habe sie nur aus Mitleid vor einer Zwangsverheiratung retten wollen. Diese neue Begründung steht allerdings nicht nur in deutlichem Widerspruch zu den bisherigen Angaben des Beschwerdeführers, sondern ist unter Berücksichtigung der vorherrschenden gesellschaftlichen und religiösen Vorschriften in Afghanistan auch keineswegs geeignet glaubhaft zu machen, dass der Beschwerdeführer trotz der drohenden Konsequenzen wiederholt mit seiner minderjährigen, unverheirateten Cousine gegen den Willen ihres Vaters in andere Provinzen Afghanistans "flüchten" würde. Gerade wenn der Beschwerdeführer mit dem Mädchen weder befreundet noch in dieses verliebt gewesen wäre, ist kaum nachvollziehbar, dass der minderjährige Beschwerdeführer nach einer bereits erfolgten körperlichen Bestrafung durch Mullahs neuerlich mit dem Mädchen davonlaufen und damit sein eigenes Leben riskieren würde.

Im Laufe der Beschwerdeverhandlung änderte der Beschwerdeführer sein diesbezügliches Vorbringen neuerlich: Über Nachfrage, warum er nach der Rückkehr in den Heimatort wieder den Kontakt zu dem Mädchen gesucht habe, gab der Beschwerdeführer an, das Mädchen sei mit ihm groß geworden und sei eine Freundin von ihm gewesen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht steigerte der Beschwerdeführer sein Vorbringen betreffend einen Angriff seiner Cousins, als er sich mit der Cousine in Mazar-e Sharif aufgehalten habe. Entgegen seinen Angaben vor dem Bundesamt, er sei nach dem Angriff mit einem Messer aus dem Fenster des Hotelzimmers gefallen bzw. gesprungen, habe sich dabei den Fuß gebrochen und blutende Verletzungen ("ein Loch auf meiner Ferse und auch noch auf der Seite meines Fußes") zugezogen, deren Ursache er nicht kannte ("Ich weiß nicht, was war [...]"), behauptete der Beschwerdeführer erstmals vor dem Bundesverwaltungsgericht, es sei geschossen worden und er wisse nicht, ob er von einer "Patrone" oder einem Kieselstein getroffen worden sei. Die genannte Steigerung ist allerdings auch nicht damit erklärbar, dass der Beschwerdeführer die genaue Ursache der Verletzung nicht kannte, zumal er in der Beschwerdeverhandlung angegeben hat, im Krankenhaus sei ihm damals gesagt worden, dass er einen Splitter abbekommen habe; der Arzt habe ihm gesagt, dass der Schuss zuerst einen Stein und [dieser] dann sein Bein getroffen habe.

Vor dem Hintergrund der angeführten Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben des Beschwerdeführers ist auch das ebenfalls erstmals in der Beschwerdeverhandlung erstattete Vorbringen, der Onkel habe auch die Grundstücke der Familie in Besitz genommen, als unglaubhafte Steigerung zu werten, umso mehr als der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelschrift behauptet hat, er habe in Afghanistan niemanden, mit dem er Kontakt aufnehmen könne.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass weite Teile des Vorbingens des Beschwerdeführers überaus vage gehalten sind, sogar seine groben zeitlichen Angaben oftmals divergieren (vgl. Einvernahme vom 07.06.2018: im Jahr 2015 sei der Beschwerdeführer erstmals mit der Cousine geflüchtet; die zweite Flucht sei ungefähr zehn Monate danach - im Jahr 2014 erfolgt; die Ausreise aus Afghanistan sei ungefähr zwei Jahre nach der ersten Flucht - sohin 2017, das bedeutet, nach der Asylantragstellung in Österreich - erfolgt) und der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung trotz konkreter Aufforderung die an ihn gerichteten Fragen bloß ausweichend beantwortet hat (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 25.09.2019).

Auch die vom Beschwerdeführer in Form von Fotos dokumentierten Narben sind in Anbetracht der oben dargestellten Widersprüche und Ungereimtheiten nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers entscheidend zu stärken.

Im Gesamtzusammenhang betrachtet ist der Beschwerdeführer sohin persönlich unglaubwürdig und weisen auch die Angaben zu seinen Fluchtgründen Widersprüche und Ungereimtheiten in zentralen Teilen des Vorbringens auf, welche der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar zu klären vermochte. Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat sich der Eindruck verstärkt, dass der Beschwerdeführer lediglich eine konstruierte Geschichte wiedergegeben hat, und war daher sein gesamtes fluchtbezogenes Vorbringen als unglaubhaft zu werten. In Anbetracht der zahlreichen, teils eklatanten Widersprüche und Ungereimtheiten vermag an dieser Beurteilung auch nicht zu ändern, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der behaupteten Vorfälle sowie bei der Erstbefragung noch minderjährig war, zumal auch zwischen den Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht - bei denen der Beschwerdeführer bereits volljährig war - deutliche Widersprüche festzustellen waren. Im Übrigen ist auch bei einem (zum Zeitpunkt der Erstbefragung) sechzehnjährigen Asylwerber davon auszugehen, dass er etwa unterscheiden kann, ob er von den Feinden seiner Eltern oder von den Brüdern seiner Cousine mit Messern verletzt wurde.

Zu einer Bedrohung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit einer früheren Tätigkeit seines Bruders für die afghanischen Sicherheitskräfte ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf internationalen Schutz des Bruders des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mangels glaubhafter individueller Verfolgung zur Gänze abgewiesen wurde. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Die Feststellungen hinsichtlich einer nicht bestehenden Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Asylantragstellung sowie seiner rechtswidrigen Ausreise beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten bzw. wurde auch kein substantiiertes Vorbringen zu bereits erfolgten oder konkret drohenden Diskriminierungen oder Übergriffen erstattet. Konkrete Anhaltpunkte für eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers sind daher nicht hervorgekommen.

2.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Afghanistan gewährleistet - und dem EASO-Bericht "Country Guidance: Afghanistan" vom Juni 2019.

Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Im Ergebnis ist auch nicht zu erkennen, dass sich seit der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte. Die Situation in Afghanistan stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019, den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 02.09.2019 und das ecoi.net-Themendossier "Überblick über die Sicherheitslage in Afghanistan" vom 27.11.2019) versichert hat.

Die Parteien sind überdies den im Rahmen der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebrachten Länderberichten nicht entgegengetreten.

Auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des UNHCR in den Richtlinien vom 30.08.2018 betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul ("UNHCR ist der Auffassung, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist.") ist im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass Rückkehrern bei einer Neuansiedlung in der Stadt Kabul jedenfalls ernsthafter Schaden droht. Wenngleich den Richtlinien des UNHCR besondere Beachtung zu schenken ist ("Indizwirkung"; vgl. etwa VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103-0106, und 22.09.2017, Ra 2017/18/0166, jeweils mit weiteren Nachweisen), folgt das erkennende Gericht diesbezüglich der etwas differenzierteren Beurteilung in den von EASO im Juni 2019 publizierten Neuauflage der Guidance Notes, laut denen eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif aufgrund der allgemeinen Lage grundsätzlich weiterhin in Betracht kommt ("It can be concluded that the general security situation in the cities of Kabul, Herat and Mazar-e Sharif does not preclude the consideration of the three cities as IPA"). Sowohl hinsichtlich einer möglichen ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne von Artikel 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (Statusrichtlinie) als auch hinsichtlich der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative wird in dem Bericht ausdrücklich auf das Vorliegen besonderer persönlicher Umstände abgestellt. Die in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vorherrschenden allgemeinen Bedingungen stehen der Zumutbarkeit einer innerstaatliche Fluchtalternative grundsätzlich nicht entgegen ("Based on available COI, it is concluded that the general circumstances prevailing in the cities of Kabul, Herat and Mazar-e Sharif, assessed in relation to the factors above, do not preclude the reasonableness to settle in the cities.").

Die Beurteilung des EASO ist mit dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation und auch mit den Ausführungen in den UNHCR-Richtlinien betreffend einen UNAMA-Bericht vom Juli 2018 in Einklang zu bringen, in dem 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 genannt werden (eine Steigerung von 5 % im Vergleich zum Vorjahr), zumal diese Zahlen im Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung der Provinz Kabul von rund 4,6 Millionen Einwohnern zu betrachten sind, wobei von einer erhöhten Gefährdung für Staatsbedienstete und Ausländer auszugehen ist. Hinsichtlich der Würdigung der EASO-Leitlinien ist ferner darauf hinzuweisen, dass in Artikel 8 Abs. 2 der Statusrichtlinie hinsichtlich der für die Prüfung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers einzuholenden Informationen aus relevanten Quellen gleichermaßen auf Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) wie auch des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) verwiesen wird. Den Berichten mit Herkunftsländerinformationen (Country of Origin Information - COI) des EASO, die nach den Grundsätzen der Neutralität und Objektivität erstellt werden und darüber hinaus qualitätssichernden Verfahren unterliegen (vgl. EASO, Methodik für das Erstellen von COI-Berichten des EASO, Juli 2012, S. 6; vgl. auch Artikel 4 lit. a und b der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 vom 19.05.2010), wird daher seitens des erkennenden Gerichts ein ebenso hoher Beweiswert wie den Richtlinien des UNHCR beigemessen. Auch UNHCR hat in den Richtlinien vom 30.08.2018 den - in den Kernaussagen mit dem Folgebericht vergleichbaren - EASO-Bericht vom Juni 2018 herangezogen; soweit UNHCR darauf hingewiesen hat, dass EASO zu der Einschätzung gekommen sei, dass "in der Provinz Kabul, einschließlich der Hauptstadt, willkürliche Gewalt herrscht", ist festzuhalten, dass EASO in unmittelbarem Zusammenhang mit der von UNHCR zitierten Aussage zur Sicherheitslage in Kabul näher ausführt, dass eine tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne von Artikel 15 lit. c der Statusrichtlinie bestehen kann, wenn der Antragsteller aufgrund seiner persönlichen Umstände konkret betroffen ist. Im Übrigen ist festzuhalten, dass es sich bei der Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative um eine rechtliche Beurteilung handelt und darüber hinaus auch in den UNHCR-Richtlinien nicht davon ausgegangen wird, dass eine interne Schutzalternative in Kabul keinesfalls bestehe, sondern dass diese "grundsätzlich" nicht verfügbar sei.

Auch hinsichtlich der Städte Herat und Mazar-e Sharif stützen sich die getroffenen Feststellungen neben dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation insbesondere auf den EASO-Leitfaden vom Juni 2019, dem etwa bezüglich der Stadt Herat Folgendes zu entnehmen ist (vgl. auch die gleichlautenden Ausführungen betreffend die Stadt Mazar-e Sharif): "In the provincial capital of Herat City, indiscriminate violence is taking place at such a low level that in general there is no real risk for a civilian to be personally affected by reason of indiscriminate violence within the meaning of Article 15(c) QD."

Wie bereits oben ausgeführt, geht EASO hinsichtlich der Städte Herat und Mazar-e Sharif - insbesondere für "single able-bodied men" - ebenfalls von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative aus.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und Kognitionsbefugnis:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

3.2. Zur Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2018:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden (§ 68 Abs. 2 AVG).

Ziel und Zweck der Regelung des § 68 AVG ist es, die Bestandskraft von Bescheiden zu schützen, oder anders ausgedrückt, eine Aufhebung oder Abänderung des Bescheides durch die Verwaltungsbehörde, insbesondere der im Spruch des Bescheides getroffenen normativen Anordnung, außerhalb des Rechtsmittelverfahrens nur unter bestimmten, vom Gesetz eng begrenzten Voraussetzungen zuzulassen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 1, mwH).

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt nach herrschender Auffassung gemäß seinem Abs. 1 weiterhin, daran hat die AVG-Novelle BGBl. I Nr. 2013/33 nichts geändert, das Vorliegen eines "der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides" voraus. Mit "Berufung" sind alle ordentlichen Rechtsmittel im Sinne des AVG gemeint. Die bis zur Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit herrschende Auffassung in Judikatur und Lehre ging davon aus, dass der Bescheid damit in formeller Rechtskraft erwachsen ist. Seit der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nun unter formeller Rechtskraft die Unanfechtbarkeit des Bescheides nicht nur mit ordentlichen Rechtsmitteln im Sinne des AVG, sondern auch mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu verstehen. § 68 AVG stellt nicht auf die formelle Rechtskraft von Bescheiden ab, sondern macht seine Anwendbarkeit ausschließlich davon abhängig, dass der Bescheid der Berufung (gemeint sind alle im AVG geregelten ordentlichen Rechtsmittel) nicht oder nicht mehr unterliegt. Bescheide, die noch mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpft werden können (und gegen die ein im AVG vorgesehenes ordentliches Rechtsmittel im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG nicht mehr zur Verfügung steht), können jedoch gemäß § 68 AVG von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit sowie die Anhängigkeit einer zulässigen Beschwerde beim Verwaltungsgericht der Anwendung des § 68 AVG nicht entgegenstehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 5 ff, mwH).

Eine amtswegige Aufhebung oder Abänderung von der Berufung nicht (mehr) unterliegenden Bescheiden gemäß § 68 Abs. 2 AVG käme nach dem Wortlaut der Bestimmung nur für rein belastende Bescheide, eben solche, "aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist", in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt allerdings in ständiger Rechtsprechung über den Wortlaut des § 68 Abs. 2 AVG hinausgehend die Auffassung, dass es letztendlich nicht darauf ankommt, ob der abzuändernde Bescheid selbst begünstigende oder belastende Wirkung hat. Ausschlaggebend für die Anwendbarkeit der Bestimmung ist der Effekt der Aufhebung oder Abänderung. Wirkt sie zugunsten der Partei(en), ist sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht nach § 68 Abs. 2 AVG stets zulässig, gleichgültig, ob der Partei aus dem Bescheid ein Recht erwachsen ist oder nicht. Belastende Abänderungen von der Berufung nicht (mehr) unterliegenden Bescheiden können aber nicht auf § 68 Abs. 2 AVG gestützt werden, auch dann nicht, wenn es sich um Bescheide handelt, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist. Im Ergebnis vertritt der Verwaltungsgerichtshof also den Standpunkt, dass es unmaßgeblich ist, ob es sich um einen begünstigenden oder belastenden Bescheid handelt, die Behörde aber von der ihr in § 68 Abs. 2 AVG eingeräumten Möglichkeit nur dann Gebrauch machen darf, wenn damit keine Verschlechterung der Rechtsstellung einer Partei verbunden ist, weshalb eine Vorgangsweise, durch welche die Rechtslage - nicht sonstige Umstände - ungünstiger als durch den ursprünglichen, aufgehobenen oder abgeänderten Bescheid gestaltet wird, nicht auf § 68 Abs. 2 AVG gestützt werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 81 und 84, mwH).

Mit dem angefochtenen, auf § 68 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid vom 06.11.2018 änderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den zunächst erlassenen Bescheid vom 12.06.2018, der hier ebenfalls verfahrensgegenständlich ist, dahingehend ab, dass gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen wurde und keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

Nach den obenstehenden Ausführungen steht zwar die Anhängigkeit einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einer Anwendung von § 68 Abs. 2 AVG nicht entgegen, jedoch ist eine auf diese Bestimmung gestützte Abänderung eines Bescheides, die zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung für den Betroffenen führt, nicht zulässig (vgl. hiezu auch aktuell VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0146). Da mit der Erlassung des befristeten Einreiseverbotes und dem Ausspruch des Nichtbestehens einer Frist für die freiwillige Ausreise unzweifelhaft eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Beschwerdeführers einhergeht, hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den angefochtenen Bescheid nicht erlassen dürfen.

Dieser Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben.

3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 12.06.2018:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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