Entscheidungsdatum
19.03.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L511 2217097–1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Vorsitzende und den Richter Dr. DIEHSBACHER sowie den fachkundigen Laienrichter RR PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle XXXX vom 13.03.2019, Zahl: OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 05.04.2018 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) iVm § 1 Abs. 4 Z3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen Folge gegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt
1. Verfahren vor dem Sozialministeriumservice [SMS]
1.1. Die Beschwerdeführerin verfügt seit 14.09.2015 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 % (Aktenzahl der elektronisch übermittelten Aktenteile [AZ] 2.31). Am 05.04.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gilt (AZ 2.6). Die Beschwerdeführerin legte dazu im Verfahren medizinische Befunde vor (AZ 2.7-2.22).
1.2. Das SMS holte in der Folge zur Zusatzeintragung ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizinvom 08.08.2017, eines aus dem Fachgebiet der Psychiatrie vom 15.09.2018 ein. Diese wurden jeweils auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin sowie unter Einbeziehung des Vorgutachten vom 10.07.2016 und neuer Befunde erstattet. Als Ergebnis der Begutachtung wurde im zusammenfassenden Gesamtgutachten vom 08.10.2018 zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zusammengefasst ausgeführt, dass aus psychiatrischer Sicht die Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich sei, da bisher therapeutische Optionen nicht zum Einsatz gekommen seien (AZ 2.27-2.30).
1.3. Mit Bescheid des SMS vom 13.03.2019, Zahl: XXXX , wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 05.04.2018 gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen, da bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen (AZ 2.32).
Begründend verwies das SMS auf die Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens, welche als schlüssig erkannt wurde. Die Gutachten wurden bereits davor an die Beschwerdeführerin übermittelt.
1.4. Mit Schreiben vom 01.04.2019 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde [Bsw] gegen den oben bezeichneten Bescheid des SMS (AZ 1.2).
Darin führt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass es ihr unmöglich sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, ihr Zustand werde immer schlechter. Selbst die Führung des Haushaltes sei ihr nicht mehr zumutbar.
2. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 08.04.2019 die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer Form vor (Ordnungszahl des gegenständlichen Gerichtsaktes OZ 1 [=AZ 1.1-1.3, 2.1 -2.33]).
2.1. Das BVwG holte ein weiteres Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Psychiatrie ein (OZ 3). Dieses Gutachten vom 04.10.2019 wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 01.10.2019 unter Beiziehung einer Dolmetscherin. Das Gutachten verneint die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
2.2. Mit Parteiengehör vom 29.09.2019 übermittelte das BVwG den Verfahrensparteien das Sachverständigengutachten vom 04.10.2019 mit dem Ersuchen um Stellungnahme und dem Hinweis, dass das BVwG beabsichtige, sich auf dieses Gutachten zu stützen (OZ 5).
2.3. Keine der Verfahrensparteien nahm dazu Stellung.
II. Zu A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
1.1. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich wohnhaft und verfügt über einen gültigen Behindertenpass mit einem eingetragenen Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. (AZ 2.31).
1.2. Im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind folgende Feststellungen zu treffen (OZ 3):
Bei der Beschwerdeführerin besteht eine chronifizierte depressive Symptomatik mit ausgeprägten Erschöpfungszuständen, Panikattacken und Agoraphobie, welche nach ICD10 auch diagnostizierbar sind. Die Beschwerdeführerin ist seit Jahren in fachärztlicher Kontrolle und medikamentös eher niedrigdosiert antidepressiv eingestellt. Eine psychotherapeutische Behandlung ist nicht laufend. Die Belastbarkeit der Beschwerdeführerin ist ausgesprochen gering, sie kann auch bei alltäglichen Verrichtungen im Haushalt nur sehr wenig erledigen. Es werden massive Ängste im öffentlichen Raum unter anderen Menschen angegeben; in solchen Situationen treten dann auch panikartige Zustände auf.
Von der psychiatrischen Symptomatik her ist es der Beschwerdeführerin derzeit nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Die dabei offensichtlich auftretenden Ängste, verbunden auch mit den Gangunsicherheiten, welche sich in solchen Situationen verstärken und dem zeitweisen Harnverlust, führen zu einer Situation, durch welche der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist.
2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt (OZ 1), aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen herangezogen:
? Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie vom 04.10.2019 (OZ 3)
? Bescheid des SMS vom 13.03.2019 (AZ 2.32)
? Beschwerde vom 01.04.2019 (AZ 1.2)
? Datenstammblatt Behindertenpass (AZ 2.31)
? Einsicht in das Zentrale Melderegister [ZMR] (OZ 1)
2.2. Beweiswürdigung
2.2.1. Die allgemeinen Feststellungen (Punkt 1.1.) ergeben sich aus der Antragstellung und dem Behindertenpass der Beschwerdeführerin, sowie dem ZMR und sind unstrittig (AZ 2.31; OZ 1).
2.2.2. Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich insbesondere aus dem Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der der Psychiatrie (OZ 3). Die Feststellungen im Gutachten sind nachvollziehbar, schlüssig und in sich widerspruchsfrei. Das Gutachten basiert erstmals auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin in Muttersprache, berücksichtigt die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunde (AZ 2.7-2.22), die Vorgutachten (AZ 2.27-2.30) und steht mit diesen auch nicht in Widerspruch (vgl. dazu VwGH 26.02.2016, Ro2014/03/0004).
2.2.2.1. Weder die Beschwerdeführerin noch das SMS sind den Feststellungen im Gutachten im Verfahren entgegengetreten (OZ 3).
3. Entfall der mündlichen Verhandlung
3.1. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 24 VwGVG) ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).
3.2. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zur Gänze aus den der Beschwerdeführerin bekannten vorliegenden Aktenteilen und war weder ergänzungsbedürftig (vgl. dazu VwGH 19.09.2018, Ra2018/11/0145) noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Senat ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 45 Bundesbehindertengesetz [BBG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die das SMS im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
4.1.2. Die Beschwerde gegen den Bescheid des SMS ist rechtzeitig und zulässig.
4.1.3. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten auszugsweise:
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen […].
§ 42. (1) […] Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. […]
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
4.1.4. § 1 der Verordnung über die Ausstellung von [VO] Behindertenpässen und Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:
§ 1 (4) Z 3: Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: [...] die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten (Teilstrich 1) oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit (Teilstrich 2) oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen (Teilstrich 3) oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems (Teilstrich 4) oder eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d (Teilstrich 5) vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
4.2. Stattgabe der Beschwerde
4.2.1. Die Beschwerdeführerin verfügt über einen gültigen Behindertenpass mit einem eingetragenen Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H, womit die grundsätzliche Voraussetzung für die Vornahme einer Zusatzeintragung gemäß § 42 BBG erfüllt ist.
4.2.2. Die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist im verfahrensgegenständlichen Fall gemäß § 1 Abs. 5 VO Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen. Das eingeholten Sachverständigengutachten vom 04.10.2019 ist (wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt) richtig, vollständig und schlüssig und die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind in nachvollziehbarer Weise dargestellt worden (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra2017/11/0288; 21.06.2017, Ra2017/11/0040 mwN).
4.2.3. In den Erläuterungen zur Stammfassung der VO Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) – soweit im gegenständlichen Fall relevant – insbesondere Folgendes ausgeführt: Durch die Verwendung des Begriffes 'dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses. [...] Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder: Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr, hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten, schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen, nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich
4.2.4. Bei der Beschwerdeführerin besteht eine chronifizierte depressive Symptomatik mit ausgeprägten Erschöpfungszuständen, Panikattacken und Agoraphobie, welche nach ICD10 auch diagnostizierbar sind. Die Beschwerdeführerin ist seit Jahren in fachärztlicher Kontrolle und medikamentös eher niedrigdosiert antidepressiv eingestellt. Es bestehen massive Ängste im öffentlichen Raum unter anderen Menschen und es treten in solchen Situationen panikartige Zustände auf. Von der psychiatrischen Symptomatik her ist es der Beschwerdeführerin daher derzeit nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen.
4.2.5. Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ spruchgemäß Folge zu leisten.
4.2.6. Da das SMS gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG an die Rechtsansicht des BVwG gebunden ist, hat das SMS die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass des Beschwerdeführers vorzunehmen.
4.3. Im Hinblick auf den gestellten Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO wird der Vollständigkeit halber angemerkt, dass es zwar zutrifft, dass dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO erst dann entsprochen werden könnte, wenn im Behindertenpass die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" vorgenommen wurde. Dennoch kann die bescheidmäßige Erledigung dieses Antrags nicht dadurch ersetzt werden, dass (lediglich) am Ende des nunmehr angefochtenen Bescheides angemerkt wird, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Da der Antrag somit noch offen ist, wird er unter Berücksichtigung des nunmehrigen Verfahrensergebnisses zu behandeln sein.
III. ad B) Unzulässigkeit der Revision:
Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum BBG. Die angewendeten Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind – soweit für den vorliegenden Fall maßgeblich – eindeutig. Zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage (trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) etwa VwGH 28.05.2014, Ro2014/07/0053. Zur Schlüssigkeit von Gutachten VwGH 27.06.2018, Ra2018/09/0079; 28.06.2017, Ra2017/09/0015; zur Form der Auseinandersetzung mit dem Gutachten insbesondere VwGH 26.02.2016, Ro2014/03/0004. Zu den Voraussetzungen zur Vornahme der verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung VwGH 19.12.2017, Ra2017/11/0288; 21.06.2017, Ra2017/11/0040 mwN.
Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Unzumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2217097.1.00Im RIS seit
27.11.2020Zuletzt aktualisiert am
27.11.2020