TE Bvwg Beschluss 2020/4/29 W195 2204949-1

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Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §7

Spruch

W195 2204949-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den "Bescheid" des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2018 XXXX beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 7 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 24.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer am 01.10.2016 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF die näheren Umstände zu seinem Asylantrag an, welche bei der Einvernahme durch das BFA am 16.05.2018 präzisiert wurden. Dies führte nach den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Akten des Administrativverfahrens zu einem als "Bescheid" titulierten, 72 -seitigen Schriftstück (AS 289-360). Dieses Schriftstück trägt auf der Seite "72/72" nach der Fertigungsklausel "Für den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl" in Maschinenschrift einen durchgestrichenen Namen und darunter, ebenfalls in Maschinenschrift, den Namen XXXX ". Über diesen maschingeschriebenen Namen ist ein kleiner Rundstempel "Republik Österreich, BFA 4" mit mittigem Staatswappen, aufgedruckt.

Auf der gleichen Seite "72/72" befindet sich links unten ein Kanzleistempel mit "reingeschrieben am, abgefertigt am" mit händischer Ergänzung "13.08.2018 mittels RSa" sowie ein unleserliches Hackerl in Form einer "1", möglicherweise eine Paraphe.

Eine Unterschrift auf Seite 72 dieses Schriftstückes ist jedenfalls nicht zu erkennen, ebenso wenig eine elektronische Signatur.

Der Administrativakt findet mit einer eigenen Zustellverfügung vom 13.08.2018, welche unterfertigt ist, seine Fortsetzung (AS 361).

Im Akt befindet sich die siebenseitige "Beschwerde" des XXXX , vertreten durch den " XXXX " vom 29.08.2018 gegen den "Bescheid" vom 20.07.2017, XXXX , zugestellt am 16.08.2018.

Am 30.08.2018 legte die belangte Behörde den Verfahrensakt sowie die Beschwerde zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Am 24.08.2016 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung von Ermittlungen durch die belangte Behörde verfasste diese ein als "Bescheid" tituliertes, 72 -seitiges Schriftstück (AS 289-360). Dieses Schriftstück trägt auf der Seite "72/72" nach der Fertigungsklausel "Für den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl" in Maschinenschrift einen durchgestrichenen Namen und darunter, ebenfalls in Maschinenschrift, den Namen " XXXX ". Über diesen maschingeschriebenen Namen ist ein kleiner Rundstempel "Republik Österreich, BFA 4" mit mittigem Staatswappen, aufgedruckt.

Auf der gleichen Seite "72/72" befindet sich links unten ein Kanzleistempel mit "reingeschrieben am, abgefertigt am" mit händischer Ergänzung "13.08.2018 mittels RSa" sowie ein unleserliches Hackerl in Form einer "1", möglicherweise eine Paraphe.

Das 72 seitige Schriftstück ist nicht handschriftlich unterfertigt und trägt auch keine elektronische Signatur.

Im Akt befindet sich die siebenseitige "Beschwerde" des XXXX , vertreten durch " XXXX " vom 29.08.2018 gegen den "Bescheid" vom 20.07.2017 XXXX , zugestellt am 16.08.2018.

Der Sachverhalt ist vollständig erhoben und entscheidungsreif.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Administrativverfahrens, an deren Echtheit und Vollständigkeit, auch auf Grund der Durchnummerierung, kein Zweifel besteht. Ein Einwand gegen die Echtheit und Vollständigkeit wurde nicht vorgebracht.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 58 Abs. 3 AVG verweist hinsichtlich der erforderlichen Formvorschriften für Bescheide auf § 18 Abs. 4 leg. cit.

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt.

II.3.1. Zu A) I.:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 BV-G erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art 132 Abs 1 Z 1 BV-G kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erhaben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde in den Fällen des Art 132 Abs. 1 Z 1 BV-G dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Das im Administrativakt befindliche Schriftstück (AS 289 bis 360), welches den Titel "Bescheid" trägt, ist nicht vom Genehmigenden unterfertigt. Dieses Schriftstück bildet eindeutig mit seinen 72 Seiten eine Einheit, die durch die Fußzeile "Seitennummerierung/72" gekennzeichnet ist. Diese Einheit ergibt sich auch aus dem Kanzleistempel auf der linken unteren Kante der letzten Seite (72/72), welche zwar die "Abfertigung" bestätigt, aber keine Kanzleibeglaubigung darstellt.

Es liegt somit entsprechend der Bestimmung des § 18 Abs. 3 AVG keine schriftlich genehmigte Erledigung eines Bescheides vor. Auch die Applizierung eines Rundstempels der Behörde heilt die Formvorschrift der erforderlichen persönlichen Unterschrift durch den Genehmigenden nicht. Da auch eine elektronische Unterfertigung dieses Schriftstückes nicht erkennbar ist, ist das Schriftstück als Gesamtes nicht rechtsgültig genehmigt, damit rechtlich auch kein genehmigter Bescheid.

Die Erhebung einer Beschwerde kann aber nur gegenüber einem (rechtlich zustande gekommenen) Bescheid erfolgen. Wird eine Beschwerde gegen ein Schriftstück erhoben, welches zwar als "Bescheid" tituliert ist, aber rechtlich kein Bescheid ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen. Diese Zurückweisung hat mittels Beschluss zu erfolgen. Die mündliche Verhandlung kann entfallen, da eine Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache bringen würde. Daran ändert auch nicht, dass in der Beschwerde das Datum des angefochtenen Bescheides auf Seite 1 (anders auf Seite 2) offensichtlich irrtümlich mit 20.07.2017 angegeben wird, weil ein diesbezüglicher Bescheid ebenfalls nicht existiert und die falsche (Datums-)Bezeichnung für die vorliegende Entscheidung nicht relevant ist.

Da die belangte Behörde somit noch nicht über den Antrag des BF vom 24.08.2016 auf internationalen Schutz entschieden hat, wird sie über diesen Antrag nach Aktualisierung des Sachverhaltes zu entscheiden haben.

II.3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei dem vorliegenden Beschluss, der eine Beschwerde gegen einen nicht existierenden Bescheid beinhaltet, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Bescheid Organwalter Rechtswidrigkeit Unterschrift Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2204949.1.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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