Entscheidungsdatum
17.06.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W140 2149793-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alice HÖLLER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2017, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs 1 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 20.02.2017, Regionaldirektion Wien, Zl. XXXX , wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG das gelindere Mittel zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Konkret wurde dem BF aufgetragen in XXXX Unterkunft zu nehmen sowie sich beginnend mit 21.02.2017, in der Zeit zwischen 08:00 – 12:00 Uhr, bei der Polizeiinspektion XXXX , täglich zu melden. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 10.03.2017, eingebracht beim BVwG am selben Tag, durch seine damalige Vertretung ein als „Beschwerde“ bezeichnetes Rechtsmittel. In weiterer Folge erging kein Ermittlungsverfahren sowie kein weiterer Bescheid durch die belangte Behörde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.
Insbesondere wird festgestellt, dass der BF fristgerecht ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 20.02.2017 erhob und in Folge kein Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde eingeleitet wurde.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, insbesondere in den Bescheid vom 20.02.2017, den Schriftsatz des BF vom 10.03.2017 sowie Ermittlungen bei der Behörde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A)
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im gegenständlichen Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Die Behörde verweist auf Seite 8 des angefochtenen Bescheides auf § 77 Abs. 8 FPG.
Gemäß § 57 Abs. 2 AVG kann gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Abs. 3 leg cit besagt, dass die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten hat, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels allein dessen Unzulässigkeit nicht begründen. Für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ist ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend [...] (VwGH 18.03.2013, 2011/16/0200).
Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder "des Untergangs" des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, eine Einstellung des Verfahrens auch bei materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm. 5).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn auf andere Weise als durch Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne des Beschwerdeführers durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung im Nachhinein wegfällt (vgl. zB VwGH 17.12.2007, 2005/12/0153, mwN).
Gemäß § 57 Abs. 3 AVG tritt der angefochtene Bescheid ex lege außer Kraft, sofern die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung kein Ermittlungsverfahren einleitet.
Im vorliegenden Fall erhob der BF fristgerecht ein Rechtsmittel, welches zwar als „Beschwerde“ bezeichnet wurde – nach der dargestellten Judikatur jedoch als Vorstellung zu deuten war. Da in Folge kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, trat der angefochtene Bescheid außer Kraft, wodurch das Rechtsschutzinteresse des BF wegfiel. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Außerkrafttreten Gegenstandslosigkeit Verfahrenseinstellung Vorstellung Wegfall des RechtschutzinteressesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W140.2149793.1.00Im RIS seit
27.11.2020Zuletzt aktualisiert am
27.11.2020