Entscheidungsdatum
25.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W195 2221597-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , Rechtsanwälte in Wien, gegen die Spruchpunkte I bis V des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.06.2019, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.05.2020 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 25.04.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer Erstbefragung am Tag der Antragstellung gab der BF zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, seit dem Jahr 2009 sei er Unterstützer und Mitglied bei der Oppositionspartei Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) gewesen. Als „die Festnahmen“ 2009/2010 begonnen hätten, hätte der BF „damit“ aufgehört. Mit Hilfe seiner Familie habe er ein Studentenvisum erwirkt und er sei im April 2011 nach Österreich gekommen. Seitdem habe er mit dieser Partei nichts mehr zu tun. Im November 2017 sei der Vater des BF verstorben und er sei wieder nach Bangladesch geflogen. Er habe dann seine alten Parteikollegen getroffen, die ihn aufgrund des Todes seines Vaters beruhigen hätten wollen. Der BF habe sich dann weiterhin mit ihnen im Parteibüro getroffen und mit ihnen Zeit verbracht. Die früheren Parteigegner hätten das mitbekommen. Aus Rache und aus Gründen des Transporthandels seines Vaters im Wert von zehn bis 15 Mio. Taka hätten sie gegen den BF eine falsche Anzeige wegen Schutzgeld, Erpressung und versuchten Mordes eingebracht. Sie hätten den BF durch die Justiz misshandeln wollen. Die Anzeige sei erstattet worden, nachdem der BF im Februar 2018 wieder nach Österreich gekommen sei. Die Polizei komme immer wieder in sein Elternhaus in Bangladesch und suche nach dem BF. Die Parteigegner hätten sogar zu Lebzeiten seines Vaters von seiner Mutter Geld verlangt und würden dies immer noch tun. Sein Vater habe ihnen noch nie Geld gegeben und es habe auch einen Angriff gegen ihn gegeben. Wegen dem Stress und den Sorgen sei sein Vater dann auch gestorben. Weitere Fluchtgründe habe der BF nicht.
I.2. Am 29.04.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich zu seinen Generalien, seinen Angehörigen im Herkunftsland, seinen Umständen in Österreich und in Bangladesch, seiner Reiseroute sowie zu seinem abgelaufenen Aufenthaltstitel befragt.
I.3. Am 11.06.2019 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.
Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen zu Protokoll, in den Jahren 2009 und 2010, als der BF politisch aktiv gewesen sei, sei ebenso die Awami League (im Folgenden: AL) an der Macht gewesen. Es seien von der Regierung Festnahmen in Auftrag gegeben worden. Aber der BF selbst sei noch nie inhaftiert worden. Der BF sei zwar im Auge behalten worden, aber direkt festgenommen worden sei er noch nie, weil er in der Partei im Parteibüro mit seinen Anhängern unterwegs gewesen sei. Derzeit gebe es kein Parteibüro mehr, es gebe sozusagen gar keine Partei mehr. Alle Parteibüros der BNP seien von der AL zerstört worden. Die Parteivorsitzende sei zu fünf Jahre verurteilt worden. Ihr Sohn habe in einem anderen Land um internationalen Schutz ansuchen müssen.
Aufgefordert, ihn selbst betreffende Angaben zu machen, führte der BF aus, die Probleme hätten begonnen, nachdem sein Vater verstorben sei und der BF dort gewesen wäre. Als sein Vater verstorben sei, sei der BF nach Bangladesch zu seinem Begräbnis geflogen. Zu dem Begräbnis seien auch viele Anhänger der Partei des BF gekommen. Sie hätten versucht, den BF zu beruhigen und zu trösten. Viele dieser Anhänger habe der BF nicht gekannt, da er zehn Jahre zuvor das letzte Mal in Bangladesch gewesen sei. Anhänger der AL hätten dies bemerkt. Aus diesem Grund sei ein Strafverfahren gegen den BF eingeleitet worden. Es sei nicht nur politisch motiviert. Der Vater des BF sei Besitzer eines Transporthandles gewesen, welcher sehr großen Wert habe. Die Anhänger der AL würden diesen Handel in Besitz nehmen wollen. Da der Eigentümer, also der Vater des BF, verstorben sei, würden sie verhindern wollen, dass der BF Eigentümer dieses Handels werde und sich erneut für seine Partei einsetze. Deshalb wurde sei Anzeige eingebracht worden. „Sie“ würden den BF als Gefahr sehen. Erstens, weil sie vermuten würden, dass sich der BF politisch engagiere und zweitens wegen den Besitztümern, die seinem Vater gehört hätten. Sie bräuchten ein Motiv, um den BF zu inhaftieren oder zu töten, das hätten sie durch diese Anzeige. Seit einer Woche komme die Polizei regelmäßig zur Mutter des BF nach Hause und suche nach dem BF. Seine Mutter werde belästigt, der BF wolle, dass eine Recherche über ihn in Bangladesch durchgeführt werde, damit ersichtlich sei, dass er tatsächlich in Gefahr sei. Er habe Angst um seine Frau, er habe Angst, sie in Gefahr zu bringen.
Als der BF Bangladesch verlassen habe, habe er keine Angst um sein Leben gehabt. Erst als er in Österreich gewesen und das zweite Mal nach Bangladesch geflogen sei, habe sich das Problem dargestellt. In Bangladesch mangle es an seiner Sicherheit. Der BF habe dort Angst um sein Leben. Daher habe er um internationalen Schutz angesucht. Es könne sein, dass er körperlich misshandelt und gefoltert werde. Seine Hände würden gebunden werden, sie würden seinen Anus an Druckluft anschließen und solche in seinen Darm blasen. Sie könnten ihn auch töten.
Aufgefordert, konkrete Angaben zu den Geschehnissen zu machen, führte der BF an, schon alles gesagt zu haben. Er sei von 2011 bis 2019 in Österreich gewesen. Die Anzeige sei am 18.04.2019 eingebracht worden, als er schon hier gewesen sei. Sein Cousin habe ihn schon informiert, warum er angezeigt worden sei. Er werde beschuldigt, Schutzgeld von jemandem verlangt zu haben. Er hätte auch eine Körperverletzung und Attacken mit seinen Parteifreunden begangen. Einer, der vom BF attackiert worden wäre, wäre angeblich verletzt, hätte geblutet und es wäre zu zahlreichen Verletzungen gekommen. Vor seinem Antrag auf Asyl habe er von seinem Cousin von den Anschuldigungen erfahren, er habe sich die Dokumente im Voraus schicken lassen, aber ohne Behördenzahl, weil es dem Magistrat am Nachmittag wahrscheinlich zu spät gewesen wäre, hätten sie das Dokument ohne Geschäftszahl und ohne Signatur ausgegeben. In Bangladesch sei es so, dass die Geschäftszahlen und die Signaturen im Nachhinein hinzugefügt würden. Das sei ein Problem der Verwaltung. Er habe seinem Cousin nur gesagt, er brauche Beweise.
In den Jahren 2009 und 2010 habe sich der BF politisch engagiert. Damals hätten sie sich nicht rächen können, weil der BF nach Österreich gekommen sei. Jetzt, wo sein Vater gestorben sei, hätten sie die Gelegenheit, sich am BF zu rächen.
Eine innerstaatliche Fluchtalternative habe der BF in Bangladesch nicht, weil er sich polizeilich melden müsse. Die Polizei könne ihn dann einfach finden und töten.
Im Falle einer Rückkehr werde der BF gefoltert, geschlagen, ihm würden die Beine gebrochen, damit er nicht mehr fähig sei, zu arbeiten. Sie würden ihn erschießen und dies mit einer Schießerei bei der Verhaftung rechtfertigen.
I.4. Mit dem angefochtenen und im Spruch bezeichneten Bescheid vom 17.06.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gem. § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gem. § 55 Abs. 1a bestünde keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid sei die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, weil das Vorbringen des BF offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche, daher bestünde auch keine Frist für die freiwillige Ausreise des BF.
I.5. Mit Schriftsatz vom 16.07.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des rechtsanwaltlich vertretenen BF zur Gänze angefochten.
Neben Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und der behaupteten Fluchtgründe wurde dabei zusammengefasst begründend ausgeführt, dass das BFA ein einseitiges Ermittlungsverfahren geführt habe. Das BFA hätte Vor-Ort-Recherchen durchführen müssen, so hätte es erkannt, dass die Anzeigen gegen den BF tatsächlich vorlägen und dem BF unmenschliche Behandlung drohe. Der BF habe ein glaubhaftes Vorbringen erstattet und es sei ihm objektiv gelungen, die Verfolgung glaubhaft zu machen. Das BFA habe seien Antrag auf internationalen Schutz zu Unrecht abgewiesen. Darüber hinaus habe es das Privat- und Familienleben des BF nicht berücksichtigt. Der BF sei seit über acht Jahren durchgehend im Bundesgebiet, habe die Deutschprüfung zum Niveau B2 erfolgreich absolviert, erziele ein monatliches Einkommen iHv € 1.000,–, habe einen breiten Freundes- und Bekanntenkreis und sei Mitglied des XXXX .
Es wurden die Anträge gestellt, den Bescheid zu beheben und dem BF Asyl bzw. subsidiären Schutz zu gewähren, in eventu, den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen, in eventu, dem BF einen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung Plus“ zu erteilen sowei eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.
I.6. Mit Schreiben vom 19.07.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.7. Mit hg. Teilerkenntnis vom 30.07.2019, XXXX , wurde der verfahrensgegenständlichen Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte VI. und VII. des verfahrensgegenständlichen Bescheides Folge gegeben, diese Spruchpunkte ersatzlos behoben, festgestellt, dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommt (Spruchpunkte A I. und II.) und die Revision für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B). Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Vorbringen des BF sei allenfalls schlicht, keinesfalls aber qualifiziert unglaubhaft.
Diese Entscheidung erging ohne eine mündliche Verhandlung.
Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft; damit befinden sich die Spruchpunkte VI und VII des angefochtenen Bescheides nicht mehr im Rechtsbestand.
I.8. Mit der Ladung zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde das aktuelle Länderinformationsblatt (Stand April 2020) der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 25.05.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.
I.9. Am 25.05.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.
Zusammengefasst wiederholte der BF sein bisheriges Vorbringen. Er sei mit einem Studentenvisum nach Österreich gekommen und habe fleißig Deutsch gelernt.
Nach dem Tod seines Vaters sei er im November 2017 nach Bangladesch geflogen und habe am Begräbnis teilgenommen. Viele Mitglieder der BNP, aber auch einige der Awami-League, hätten ihn gesehen. Dies hätte die Mitglieder der AL „sehr ärgerlich gemacht“. Er habe dann im Jänner seine Frau geheiratet, diese Hochzeit sei noch vom Vater organisiert worden. Obwohl es eine organisierte Hochzeit gewesen sei würde er seine Frau lieben. Seine Frau lebe derzeit bei der Mutter des BF in Bangladesch.
Die Probleme hätten erst nach seinem Rückflug nach Österreich begonnen. Konkret hätten dem BF nicht bekannte Personen der Awami League vier von sechs LKW aus dem väterlichen Betrieb angeeignet. Seine Mutter, welche den Betrieb geführt habe, habe nichts dagegen machen können. Begründet sei dies damit worden, dass der Betrieb niemanden gehöre.
In weiterer Folge sei sogar eine Anzeige wegen Schutzgelderpressung durch den BF in Bangladesch eingebracht worden, obwohl er nachweislich in Österreich gewesen sei.
In Österreich habe er eine Arbeit als selbständiger Medikamenten-Zusteller im Auftrag der Fa. XXXX . Vor allem in der Zeit der Corona-Pandemie habe er weitergearbeitet, weil er dies als Verpflichtung gesehen habe. Er würde monatlich ca 2.000 € verdienen.
Er habe viele Freunde aus verschiedenen Kulturkreisen, auch Österreicher; mit denen könne er sich gut verständigen, weil seine Deutschkenntnisse sehr gut seien, wovon sich auch der VR im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wiederholt überzeugen konnte. Der BF versuche sich aktiv zu integrieren.
Eine Stellungnahme zum aktuellen Länderbericht wurde nicht abgegeben, jedoch verwies der VR auf den aktuellen Stand der Corona-Pandemie in Bangladesch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass über die Spruchpunkte VI und VII des angefochtenen Bescheides bereits mit Teil-Erkenntnis des BVwG vom 30.07.2019, XXXX , rechtskräftig entschieden und die genannten Spruchpunkte ersatzlos behoben wurden. Diese Entscheidung erging ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Eine Beurteilung, auch der Begründung, zu den anderen in Beschwerde gezogenen Spruchpunkten wurde mit dieser Entscheidung nicht getroffen.
Festgestellt wird, dass nach der Entscheidung des BVwG vom 30.07.2019 das BVwG am 25.05.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, in der das gesamte Vorbringen des BF einschließlich des Beschwerdevorbringens umfassend erhoben und dargelegt wurde. Auf Grund dieser Verhandlung konnte sich das BVwG ein umfassendes Bild, auch von der Glaubwürdigkeit des BF, machen.
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (gleichlautende Angaben in Erstbefragung AS 33 ff. sowie bei Einvernahme vom beim BFA AS 67 ff., 135). Seine Identität steht fest (AS 233).
Der BF ist im XXXX geboren und aufgewachsen (AS 33 ff, 67, 73, 135). Zuletzt hat er auch dort gewohnt (AS 37, 71, 147). Er hat in seinem Heimatland für zehn Jahre die Schule und zwei Jahre ein College besucht (AS 35, 73, 147) und in Bangladesch in einem Gewerbe für Kleintransporter gearbeitet (AS 73, 147 f.).
Der BF ist Jänner 2018 verheiratet und hat keine Kinder (AS 35, 69, 135, 147). Seine Frau hält sich in Bangladesch auf, sie lebt bei der Mutter des BF (AS 69, 147). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt.
Der BF ist im Februar 2019 in das Bundesgebiet wieder eingereist (AS 71). Zuvor war er von 2011 bis 2018 im Bundesgebiet mit einem bis 16.02.2018 gültig gewesenen Aufenthaltstitel der XXXX aufhältig. Er war zwar in die staatliche Grundversorgung einbezogen, wobei der letzte Leistungsbezug im April 2019 war. In Österreich hat der BF das freie Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ angemeldet (AS 199). Er hat eine Einstellungszusage mit einem Taxi- und Transportunternehmen vorgelegt (AS 211). Er ist Mitglied beim Wiener XXXX (AS 213 ff.), beim XXXX und bei der XXXX .
Der BF engagierte sich während seines bisherigen Aufenthaltes nicht ehrenamtlich.
Der BF verfügt über sehr gute Deutschkenntnisse, er hat ein Deutschzertifikat auf dem Niveau B2 vorgelegt (AS 183). Er ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF hatte im März 2019 einen Juckreiz, dessentwegen er beim Arzt war, nunmehr ist er gesund. Er nimmt keine Medikamente (AS 135 f.).
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Nicht festgestellt werden kann eine konkrete politische Verfolgung des BF in Bangladesch.
Es wird festgestellt, dass nach dem Tod des Vaters einige Personen der Familie des BF Transportleistungen, ausgeführt mit LKW, streitig machen, weil diese Unternehmensteile nicht betrieben werden würden. Diese Aneignung von Besitztümern, welche der Familie des BF im Sinne eines väterlichen Erbes zustünde, ist nicht anders zu werten als die (widerrechtliche) Inbesitznahme von (verweisten) Grundstücken, wie dies in Bangladesch regelmäßig vorkommt. Es wird festgestellt, dass diese Streitigkeiten nicht politischer Natur sind, sondern allenfalls zivil- und strafrechtliche Komponenten aufweisen, also auf dem Gerichtswege zu klären sind.
Es wird festgestellt, dass der BF behauptet, dass eine Anzeige gegen ihn erhoben worden sei wegen Schutzgelderpressung.
Es wird festgestellt, dass der BF zu dem angegebenen Zeitpunkt der behaupteten Schutzgelderpressung nachweislich in Österreich aufhältig war, somit davon auszugehen ist, dass diese Anzeige eine falsche Anzeige ist.
Es wird festgestellt, dass dem BF im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland nicht die Verhaftung droht. Es droht ihm auch keine wie auch immer geartete Gefahr für Leib und Leben. Festgestellt wird weiters, dass in Bangladesch niemand ein Interesse hat, den BF einer Folter zuzuführen. Festgestellt wird, dass dem BF jedenfalls die Möglichkeit offensteht, allfälligen Behelligungen in Bangladesch durch eine Niederlassung in anderen Landesteilen zu entgehen.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage
Letzte Änderung: 06.04.2020
Bangladesch – offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?apraj?tantr? B??l?de?) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 13.3.2020) leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 13.3.2020; vgl. GIZ 3.2020, AA 6.3.2020a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer, der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 6.3.2020a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 8.2019; vgl. GIZ 11.2019a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 8.2019) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 11.2019a; vgl. USDOS 11.3.2020). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 8.2019).
Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien, die „Awami League“ (AL) und „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) bestimmt (ÖB 8.2019). Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 22.7.2019; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina Wazed von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 11.2019a; vgl. ÖB 8.2019). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die „junge Generation“ übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019, DW 14.2.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl „völlig frei und unabhängig“ (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl „viel freier und fairer“ ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden, innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist (GIZ 11.2019a).
Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 8.2019). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein (ACCORD 12.2016). Die Ankündigung von PM Sheik Hasina, ein Tribunal einzusetzen, um erstmals die Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971, aber auch für die Ermordung ihres Vaters und Staatsgründers Sheikh Rajibur Rahman 1975 sowie versuchte Mordanschläge auf ihr eigenes Leben 2004 zur Rechenschaft zu ziehen, stoßen in gewissen (pro-pakistanischen Kreisen) in Bangladesch auf heftigen Widerstand (ÖB 8.2019).
Die Kommunalwahlen 2019 fanden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 statt (bdnews24 20.6.2019; vgl. bdnews24 3.2.2019). Nachdem die BNP und einige andere Parteien die Wahlen boykottierten, wurde eine niedrige Wahlbeteiligung beobachtet (bdnews24 20.6.2019; vgl. DS 10.3.2019). Die Kandidaten der AL waren in 317 von 470 Upazillas [Landkreisen] siegreich, in 149 Upazillas gewannen unabhängige Kandidaten, die vorwiegend abtrünnige der Regierungsparteien sind. In 115 Upazillas gab es keine Gegenkandidaten (bdnews 20.6.2019). Für die Nachwahlen in insgesamt 8 Upazillas am 14.10.2019 kündigte die BNP jedoch eine Teilnahme an (PA 8.9.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 92 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), über 4.500 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 8.2019). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 8.2019).
Quellen:
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? AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 2.4.2020
? ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (12.2016): Länderkurzübersicht Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/1047992/90_1485186416_122016-bangladesch.pdf, Zugriff 2.4.2020
? BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote, https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 6.4.2020
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? bdnews24 (20.6.2019): Turnout in Upazila polls drops 50% from general elections, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/06/20/turnout-in-upazila-polls-drops-50-from-general-elections, Zugriff 6.4.2020
? BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019
? CIA – Central Intelligence Agency (13.3.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html, Zugriff 1.4.2020
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? DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 6.4.2020
? DT – Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia’s candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019
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? FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020
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? Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 6.4.2020
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? ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
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? USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 24.3.2020
? WPR – World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2020, http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 6.4.2020
2. Sicherheitslage
Letzte Änderung: 06.04.2020
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League (AL) und die Bangladesch National Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende Awami-Liga (AL) hat ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut (FH 2020). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nicht-staatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 22.7.2019).
Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 18.3.2020; vgl. AA 22.3.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 29.3.2020a).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). 2017 kam es zu fünf Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 18.3.2020; vgl. SATP 2.4.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna. Am 29.2.2020 erfolgte ein Anschlag auf die Polizei in Chittagong, bei welchem auch improvisierten Sprengkörper (IEDs) eingesetzt worden sind. Die bangladeschischen Behörden sind weiterhin in höchster Alarmbereitschaft und vereiteln geplante Angriffe. Es wurde eine Reihe von Verhaftungen vorgenommen. Einige Operationen gegen mutmaßliche Militante haben ebenfalls zu Todesfällen geführt (UKFCO 29.3.2020b). Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; AA 27.7.2019). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. Sicherheitsbehörden reagieren manchmal nicht zeitnah bzw. überhaupt nicht auf religiös motivierte Vorfälle (AA 22.7.2019).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 22.3.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Protestkundgebungen sowie Gewalttätigkeiten und Unruhen sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch unter den Bewohnern der Lager, nachdem ein lokaler politischer Führer ermordet worden ist (HRW 18.9.2019; vgl. AA 5.11.2019, TDS 24.8.2019).
Im März 2019 wurden bei den Kommunalwahlen im Gebiet Baghicahhari im Norden des Distrikts Rangamati mehrere Wahl- und Sicherheitsbeamte getötet (UKFCO 29.3.2020a).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 29.3.2020a).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte ums Leben. 2019 belief sich die Opferzahl terrorismus- relevanter Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. Bis zum 5.3.2020 wurden 81 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 17.3.2020).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 263 Vorfälle terrorismus-relevanter Gewalt. Im Jahr 2018 wurden 135 solcher Vorfälle verzeichnet und 2019 wurden 104 Vorfälle registriert. Bis zum 2.4.2020 wurden 29 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 2.4.2020).
In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 22.3.2020). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 22.7.2019; vgl. Kaipel 2018). Die Kriminalität ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 18.3.2020).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (22.3.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 2.4.2020
? AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
? ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019
? AA - Anadolu Agency (5.11.2019): Bangladesh rejects Amnesty report on Rohingya killings, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-rejects-amnesty-report-on-rohingya-killings/1636457, Zugriff 2.4.2020
? AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html, Zugriff 2.4.2020
? BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (18.3.2020): Bangladesch – Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 2.4.2020
? FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020
? HRW – Human Rights Watch (18.9.2019): Spate of Bangladesh ‘Crossfire’ Killings of Rohingya, https://www.hrw.org/news/2019/09/18/spate-bangladesh-crossfire-killings-rohingya, Zugriff 4.2.2020
? Kaipel, Simione Christina (2018): „Globaler Wandel – regionale Krisen? Ökologische und sozioökonomische Perspektiven umweltbedingter Migrationsflüsse“, Masterarbeit, Seite 41 – 54, http://othes.univie.ac.at/54839/1/56687.pdf, Zugriff 2.4.2020
? SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh, Number of Terrorism Related Incidents Year Wise 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020
? SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh, Yearly Sucide Attacks, Advance Search 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020
? TDS – The Daily Star (24.8.2019): Jubo League leader killed by ‘Rohingyas’, https://www.thedailystar.net/frontpage/news/jubo-league-leader-killed-rohingyas-1789726, Zugriff 15.1.2020
? UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020a): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 4.2.2020
? UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020b): Foreign travel advice Bangladesh – Terrorism, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/terrorism, Zugriff 4.2.2020
? USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 24.3.2020
3. Rechtsschutz / Justizwesen
Letzte Änderung: 06.04.2020
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen „Common Law“. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem „High Court“, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem „Appellate Court“, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 8.2019).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 8.2019). Gemäß einer Verfassungsänderung können Richter abgesetzt werden (AA 22.7.2019).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze („Public Safety Act“, „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act”, “Women and Children Repression Prevention Act”, „Special Powers Act“) wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese „Speedy Trial“ Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zum Tode verurteilt (ÖB 8.2019).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019; vgl. FH 2020). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 2020). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese „Gerichte“ eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 8.2019).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
? FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020
? FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 3.4.2020
? ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
4. Sicherheitsbehörden
Letzte Änderung: 06.04.2020
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit sowie Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 11.3.2020).
Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 27.7.2019). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. (USDOS 11.3.2020). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 8.2019).
Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über 2 Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 8.2019).
Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig „verschwinden“ (AI 30.1.2020; siehe auch Abschnitt 5). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben. Auch im Falle einer Beschwerde herrscht weitestgehend Straffreiheit. Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, werden durch die politische Ebene die zuständigen Polizisten oft bestraft (AA 27.7.2019).
Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten „Bangladesch Police“, die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 8.2019).
Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt rund 12 RABs mit insgesamt ca. 8.500 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 8.2019). Ihnen werden schwere Menschenrechtsverstöße wie z.B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 27.7.2019). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete „Gang“-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 8.2019). Die Regierung streitet weiterhin das Verschwindenlassen von Personen, Folter und andere Verstöße durch Sicherheitskräfte, sowie außergerichtliche Tötungen, etwa durch Angehörige des RAB ab. Die Sicherheitskräfte versuchen seit langem, unrechtmäßige Tötungen zu vertuschen, indem sie behaupteten, dass es bei einem Schusswechsel oder im Kreuzfeuer zu Todesfällen gekommen ist. Hunderte wurden angeblich in solchen „Kreuzfeuer“ getötet (HRW 14.1.2020).
Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leicht bewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 8.2019).
Bangladesh Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 8.2019).
Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches „Platoon“ à 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 8.2019).
Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 27.7.2019).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch,