Entscheidungsdatum
17.07.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
W281 2223210-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SERBIEN, vertreten durch: Mag. Christian HIRSCH, gegen den Bescheid vom 19.07.2019, Zl. XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2019, Zl. XXXX , und nach Stellung eines Vorlageantrages, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung wird hinsichtlich des Spruchpunktes I. mit der Maßgabe bestätigt, dass der erste Satz des Spruchpunktes gemäß § 28 VwGVG ersatzlos behoben wird und der zweite Satz zu lauten hat: „Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen“.
II. Hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung vom 22.08.2019 bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt III.).
1.2. Mit Schriftsatz vom 20.08.2019 erhob der BF gegen diesen Bescheid Beschwerde und beantragte die ersatzlose Behebung der Rückkehrentscheidung sowie in Behebung des vorstehenden Bescheides die Zulässigkeit der Abschiebung ersatzlos aufzuheben bzw. festzustellen, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Serbien unzulässig sei.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Feststellungen zur Dauer seines Aufenthaltes in Österreich genauso wie die Feststellungen zu seiner Person unzulässig seien.
Tatsächlich sei er in der Zeit von 1990 bis 2009 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet gemeldet gewesen und am 11.01.2016 bei der versuchten Einreise in das österreichische Bundesgebiet beim Grenzübergang verhaftet worden sei und sich seither in Strafhaft befinde. Soweit ihm die Behörde jegliche Integration absprechen wolle, so geschehe dies zu Unrecht, da zu seinen Söhnen, die ihn auch während seiner Inhaftierung besucht hätten, enge Bindungen bestehen würden. Durch die aktenkundigen Besuche sei ein familiäres Naheverhältnis gegeben, welches dem Ausschluss des Vorliegens einer familiären bzw. sozialen Integration diametral entgegenstehe.
Festzuhalten sei weiters, dass er nicht illegal in Österreich gewesen sei bzw. sich nunmehr nicht illegal in Österreich aufhalte. Das Aufenthaltsverbot sei auf fünf Jahre herabgesetzt worden und sei die Befristung mit 18.06.2014 abgelaufen. Bei seiner Verhaftung vom 11.01.2016 sei er durchaus berechtigt gewesen, in das österreichische Bundesgebiet einzureisen, da er als serbischer Staatsangehöriger zum Aufenthalt von 90 Tagen innerhalb einer Frist von 180 Tagen zu touristischen Zwecken berechtigt sei. Die Vereitlung der Rückkehr nach Serbien durch die österreichische Behörde könne ihm nicht vorgeworfen werden, da sein Aufenthalt von der österreichischen Behörde geduldet sei und ein unrechtmäßiger Aufenthalt nicht vorliege. Für die Sicherheit der Republik Österreich stelle er tatsächlich kein Risiko dar, da sein letztes Fehlverhalten bereits über 10 Jahre zurückliege.
Es gebe tatsächlich keinen Hinweis dafür, dass die Überwachung seiner Ausreise erforderlich wäre oder ob ich der Verpflichtung zur Ausreise nicht zeigerecht nachkommen würde. In Ermangelung eines Einreise-oder Aufenthaltsverbotes könne es auch keine Befürchtung geben, dass er einem solchen Einreise-und Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückkehren würde. Die Abschiebung stelle ein letztes Mittel dar, um eine Ausreise sicherzustellen, die Anwendung dieses Mittels finde im gegenständlichen Anlassfall jedoch keine Deckung und sei als rechtswidrig anzusehen. Die Behörde unterlasse es, nähere Ausführungen zur Begründung abzugeben, weshalb seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, da er im Jahr 2009 bereits freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückgereist sei. Die Entscheidung des angefochtenen Bescheides erweise sich nicht nur als rechtlich unrichtig, sondern leide diese Entscheidung auch an einem erheblichen Begründungsmangel im Sinne eines schwerwiegenden Verfahrensmangels.
1.3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.08.2019 wies das BFA die Beschwerde in der Folge vom § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab und wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF im Zuge der Stellungnahme angeführt habe, dass er im Bundesgebiet zwei Söhne habe. Da der BF jedoch mit den Söhnen bereits seit Februar 2004 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebe sowie sich durch die Flucht vor den Behörden aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung seit spätestens 2009 in Serbien aufgehalten und seit der versuchten Einreise in das österreichische Bundesgebiet durchgehend in Haft sei, stelle diese Verbindung kein entgegenstehendes Hindernis dar, weil der BF den Lebensmittelpunkt im Herkunftsland habe und sich der Kontakt zu den Söhnen seit vielen Jahren auf etwaige Besuche oder Kommunikation durch Medien beschränke. Zulasten des BF würden bei der Interessensabwägung jedenfalls die genannten strafrechtlichen Verurteilungen wiegen. Im Hinblick auf die strafgerichtlichen Verurteilungen sei die Aufenthaltsbeendigung auch unter dem Aspekt der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen zu sehen. Die Tathandlungen des BF hätten ein Persönlichkeitsprofil des BF abgebildet, aus dem ein maßgebliches öffentliches Interesse an der Beendigung seines Aufenthalts zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuleiten gewesen sei.
1.4. Mit Schriftsatz vom 05.09.2019 stellte der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtvertreter fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG und wurde begründend auf den Inhalt der Beschwerde vom 19.08.2019 verwiesen.
1.5. Am 01.07.2020 wurde der Beschwerdeführer nach Serbien abgeschoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. zur Person des BF
Der BF heißt XXXX , ist serbischer Staatsangehöriger und am XXXX geboren. Seine Identität steht fest. Der BF reiste im Dezember 1990 in Österreich ein und es wurde ihm am 27.12.1990 ein Wiedereinreisesichtvermerk, gültig bis zum 06.05.1991, erteilt. Am 18.01.2008 wurde ihm von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See ein Daueraufenthalts-EG ausgestellt.
Der BF weist in Österreich insgesamt vier rechtkräftige Verurteilungen auf:
1.) Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 12.05.2004 wurde der BF wegen § 83 Abs. 1 sowie § 164 Abs. 4 StGB und § 201 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.
Dem Urteil liegt zugrunde, dass der BF seinem Opfer einen Schlag ins Gesicht versetzte, der einen Nasenbeinbruch zur Folge hatte, betrügerisch erlangte Waren mit 40.000 Euro übersteigendem Wert an sich gebracht, wobei er die Hehlerei gewerbsmäßig betrieben hat und eines seiner Opfer an den Haaren packte und ins Schlafzimmer zerrte, sich auf sie setzte, seinen Unterarm gegen ihren Hals drückte und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Vornahme des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich Oralverkehr genötigt.
2.) Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 07.09.2006 wurde der BF wegen § 27 Abs. 1 SMG sowie § 15 StGB § 127 StGB und § 88 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen in Höhe von 5,- Euro verurteilt.
3.) Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 08.05.2008 wurde der BF wegen § 201 Abs. 1 StGB sowie §§ 127, 129 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Dem Urteil liegt zugrunde, dass der BF durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben sowie durch Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich Betasten an den Brüsten und Einführen eines Fingers in die Scheide genötigt und eine bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag von insgesamt 1.015,- Euro durch Aufbrechen der Kassenlade des Geldspielautomats mittels eines mitgebrachten Schraubendrehers, mithin durch Aufbrechen eines Behältnisses, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
4.) Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 27.04.2016 wurde der BF wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je 4,- Euro verurteilt.
Dem Urteil liegt zugrunde, dass der BF seinem Opfer am 13.02.2008 durch einen Schlag ins Gesicht eine Gehirnerschütterung sowie eine oberflächliche Verletzung im Gesichtsbereich und sohin vorsätzlich am Körper verletzt.
Aus diesem Grund wurde gegen ihn zunächst 04.06.2009 ein unbefristetes Aufenthalts- bzw. Rückkehrverbot und aufgrund der Änderung der Rechtslage auf die Dauer von fünf Jahren herabgesetzt. Am 19.07.2019 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Der BF hat geringe Deutschkenntnisse und ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF war in Österreich von 20.12.1990-19.11.1991, vom 16.12.1991-14.03.1992, vom 27.05.1992 bis zum 30.11.1992, vom 15.12.1992 bis zum 02.09.1993, vom 13.09.1993-25.11.1993, vom 05.12.1993-17.12.1993, vom 03.01.1994-04.03.1994, vom 05.04.1994-31.12.1994, vom 23.01.1995-28.02.1995, vom 06.03.1995 bis zum 21.12.1995, vom 13.02.1996-31.03.1996, vom 13.05.1996-27.08.1996, vom 19.08.1996-31.12.1996, vom 10.03.1997-16.03.1997, vom 22.04.1997-18.01.1998, vom 03.03.1998-11.01.1999, vom 15.03.1999-31.12.1999, vom 21.02.2000-22.12.2000, vom 15.02.2002-31.03.2002, vom 10.02.2004-30.04.2004, vom 08.07.2004-31.12.2006 und vom 01.06.2007-06.03.2009 als Arbeiter tätig.
1.2. zum Aufenthalt des BF in Österreich
Der BF war von 1990 bis 2009 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet gemeldet, wurde am 11.01.2016 bei der versuchten Einreise nach Österreich verhaftet und befindet sich seit diesem Zeitpunkt bis 01.07.2020 in Strafhaft. Das errechnete Strafende wurde mit dem 11.07.2020 angesetzt.
Der BF war zwischen 2009 und 2016 in Serbien aufhältig.
1.3. zum Familienleben und Privatleben des BF
Der BF ist geschieden und hat in Österreich zwei volljährige Söhne.
Sein älterer Sohn, XXXX , besuchte den BF am 26.05.2018, am 29.09.2018, am 27.10.2018, am 15.12.2018 und gemeinsam mit seinem Bruder am 10.01.2018 sowie am 02.02.2019 in der Justizanstalt. Weitere Besuche des ältesten Sohnes wurden am 18.04.2019, am 10.05.2019, am 23.05.2019, am 28.05.2019, am 11.06.2019 sowie am 10.08.2019, am 26.09.2019, am 25.10.2019, am 19.11.2019, am 23.11.2019, am 26.11.2019, am 12.12.2019, am 27.12.2019 und am 14.01.2020 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder vermerkt. Der jüngere Sohn des BF besuchte seinen Vater am 04.02.2020 in der Haftanstalt.
1.4. zur finanziellen Situation des BF
Der BF ist mittellos und verfügt über keine eigenen, regelmäßigen, legalen Einkünfte in Österreich.
Der BF hat keine Ersparnisse. Der BF hat keine Besitztümer, weder in Österreich noch in Serbien.
2. Beweiswürdigung:
2.1. zur Person des BF
Die Feststellungen zur Person des BF sowie seiner Einreise nach Österreich, seinem durchgehenden Aufenthalt in Österreich von 1990 bis 2009 und der Ausstellung eines Daueraufenthaltstitels ergeben sich aus dem im (Vor)Akt befindlichen Bescheid des Landes Salzburg (AS 15), einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Daueraufenthalt-EG vom 05.02.2007 (AS 21) sowie einer FKB-Detailansicht vom 18.01.2008 (AS 49) und einer Stellungnahme des BF vom BF im Rahmen seines Parteiengehörs vom 07.03.2018 (AS 201).
Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF gehen aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister vom 11.03.2020 sowie im Akt aufliegenden Urteilen hervor.
Dass gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, das in eine Rückkehrentscheidung umgewandelt wurde, ergibt sich aus einem Bescheid des Landes Salzburg vom 04.06.2009 (Vorakt, AS 15) sowie einem Bescheid des BFA vom 19.07.2019.
Dass der BF keine vertieften Deutschkenntnisse hat, gesund und arbeitsfähig ist, geht aus seiner Stellungnahme vom 07.03.2018 hervor. So hat der BF angegeben, jede mögliche Erwerbstätigkeit durchführen zu können (AS 201).
Die Erwerbstätigkeiten des BF gehen aus Auszügen im Rahmen des AJ-WEB Auskunftsverfahrens mit Stand vom 19.07.2019 (AS 281) hervor.
2.2 zum Aufenthalt des BF in Österreich
Die Feststellung, dass der BF von 1990 und 2009 durchgehend in Österreich aufhältig war, von 2009 bis 2016 in Serbien wohnhaft war und 2016 wieder ins Bundesgebiet einreiste und am 11.01.2016 in Strafhaft genommen wurde, geht ebenfalls aus der Stellungnahme des BF im Rahmen des Parteiengehörs vom 07.03.2018 (AS 201) sowie der Vollzugsinformation nach dem Schengener Informationssystem vom 08.02.2016 hervor (AS 11). Die Feststellungen zur Ausreise ergeben sich aus dem Bericht über die Abschiebung.
2.3. zum Familienleben und Privatleben des BF
Die Feststellung, dass der BF geschieden ist und zwei volljährige Söhne hat, ergibt sich aus seiner Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs vom 07.03.2018 (AS 201) sowie seinem Beschwerdevorbringen vom 20.08.2019 (AS 337). Die Besuche seiner Söhne während seiner Inhaftierung ergeben sich aus einer eingeholten Besucherliste der Vollzugsstelle vom 04.06.2020.
2.4. zur finanziellen Situation des BF
Die Feststellungen zur finanziellen Situation ergeben sich aus dem Umstand, dass der BF seine Mittellosigkeit zu keinem Zeitpunkt bestritten hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Anwendbare Rechtslage:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 27/2020, lauten (auszugsweise):
„Rückkehrentscheidung
§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
…
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
…“
§ 31 FPG lautet auszugsweise:
„Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet
§ 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;
5. bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;
6. wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
7. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
8. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind, oder
9. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie
1. auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,
2. auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,
3. geduldet sind (§ 46a) oder
4. eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.
Gemäß § 31 Abs. 1 a FPG liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie
1.
auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,
2.
auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,
3.
geduldet sind (§ 46a) oder
4.
eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.
…“
3.1.2. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet (auszugsweise):
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2.1 Zu Spruchpunkt A) I. Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG
Das BFA hat sich in Spruchpunkt I zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt, da der Beschwerdeführer aufgrund der Überschreitung der erlaubten visumfreien Aufenthaltsdauer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war. Der Beschwerdeführer wurde aber am 01.07.2020 nach Serbien abgeschoben; zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt befindet er sich somit nicht mehr im Bundesgebiet.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann es schon im Hinblick auf die ausdrückliche Zielsetzung des Gesetzgebers nicht zweifelhaft sein, dass auch eine erst nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (mit oder ohne Einreiseverbot) während des Verfahrens über eine dagegen erhobene Beschwerde erfolgte Ausreise grundsätzlich unerheblich sein muss. Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene Bundesverwaltungsgericht darf – und muss – den Fall dann seinerseits erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abweisen. Das stellt angesichts der einheitlichen Wirkungen einer Rückkehrentscheidung keine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens dar (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, mit Verweis auf den vom Verwaltungsgerichtshof bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht beanstandeten „Umstieg“ von § 52 Abs. 1 Z 1 FPG auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG in VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 7, oder von § 52 Abs. 4 Z 4 FPG auf § 52 Abs. 5 FPG in VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0120, Rz 8 (iVm Rz 3)).
In der Entscheidung vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, traf der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf den relevanten Prüfumfang bei Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 1 FPG 2005 bei zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vorliegendem Inhaltsaufenthalt des Fremden weiters folgende maßgebliche Ausführungen:
„Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass das BVwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen hat (siehe nur VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwSlg. 18.953A, Punkt IV. B. 5.1. der Entscheidungsgründe; siehe aus jüngerer Zeit, auf das genannte Erkenntnis verweisend, auch VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381, Rn. 9;).
§ 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG sieht das ausdrücklich ‚auch‘ für den Fall einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vor, wenn sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält; auch dann sei nämlich § 28 Abs. 2 VwGVG anzuwenden, was hier nur in dem eben erwähnten Sinn (Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt) verstanden werden kann.
Die Sinnhaftigkeit dieser auf den ersten Blick ohnehin nur Selbstverständliches anordnenden Regelung erschließt sich mit Blick auf § 21 Abs. 5 BFA-VG. Darin wird angeordnet:
‚(5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.‘
Damit wird für Fälle, in denen sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, eine verfahrensrechtliche Ausnahme konstituiert. Nicht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG soll maßgeblich sein, sondern jene, die bei Bescheiderlassung seitens des BFA vorlag; die Prüfungskompetenz des BVwG wird also auf eine vergangenheitsbezogene Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.
Telos dieser dem Wortlaut nach alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfassenden Anordnung ist es, dem Fremden die Möglichkeit zu nehmen, diese Maßnahmen (bzw. die daran anknüpfenden Wirkungen) letztlich dadurch zu konterkarieren, dass er durch ein bloßes Verlassen des Bundesgebietes die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ihrer Erlassung beseitigt (in diesem Sinn ausdrücklich die ErläutRV zur ersten Vorgängerregelung, nämlich zu § 57 FPG in der Stammfassung, 952 BlgNR 22. GP 99; siehe zu nachfolgenden Vorgängerregelungen auch zusammenfassend VwGH 28.2.2013, 2012/21/0127, Punkte 4.2.3. und 4.3.2. der Entscheidungsgründe). Im hier maßgeblichen Zusammenhang bedarf es einer dieses Ergebnis sicherstellenden verfahrensrechtlichen Sonderregelung aber nicht. Es wird nämlich ohnehin durch den Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erreicht, dessen Schaffung auch ausdrücklich diesem Zweck diente (siehe oben Rn. 11). Von daher verbietet sich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 136 Abs. 2 B-VG) eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FPG). Die genannte Vorschrift ist daher trotz ihres demnach überschießenden Wortlauts, indem sie alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfasst, eingeschränkt zu verstehen, was dann auch durch die Anordnung des § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne bleibt es also trotz § 21 Abs. 5 BFA-VG in einem Fall wie dem vorliegenden dabei, dass das BVwG entsprechend allgemeinen Grundsätzen ‚in der Sache selbst‘, auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde zu erkennen hat. Dem hat das BVwG hier, wie schon erwähnt, entsprochen.“
3.2.2. Nachdem der BF im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig war, ist Spruchpunkt I betreffend § 57 AsylG 2005 ersatzlos zu beheben.
Demnach ist die Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde während aufrechten Aufenthaltes des BF in Österreich im Grunde zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung nunmehr gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage, zu prüfen, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon davor und somit jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs. 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist eingeleitet wurde.
3.2.3. Zur Rückkehrentscheidung
3.2.3.1. Staatsangehörige der Republik Serbien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2011, S. 1, idgF von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.
Gemäß Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art 5 lit. a bis e Schengener Grenzkodex vorliegen.
Im gegenständlichen Fall erfolgte die Einreise des BF daher rechtmäßig. Der weitere Aufenthalt des BF war innerhalb der ersten 90 Tage gesetzlich gedeckt, wurde jedoch in weiterer Folge aufgrund der Überschreitung der vom Gesetz bestimmten Beschränkung der legalen Aufenthaltsdauer ab dem 11.05.2016 unrechtmäßig.
Wenn nunmehr vom gesetzlichen Vertreter des BF im Rahmen des Beschwerdevorbringens ausgeführt wird, dass der BF seine Haft nicht geplant habe und ihm daher die Vereitlung der Rückkehr nicht vorgeworfen werden könne, ist diesem Einwand entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des § 31 Abs. 1a FPG gerade kein konkretes Verschulden des Fremden für einen unrechtmäßigen Aufenthalt voraussetzt.
3.2.3.2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Vom Prüfungsumfang des Begriffs des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, die miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
3.2.3.3. Unstrittig ist, dass in Österreich die beiden volljährigen Söhne des BF leben. Es ist dem BF jedoch entgegenzuhalten, dass er nach seiner Flucht nach Serbien im Jahr 2009, um sich der Verbüßung in Österreich begangener Straftaten zu entziehen, nicht damit rechnen durfte, dauerhaft im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen oder seine Strafe nicht absitzen zu müssen. Auch erscheint eine besondere Intensität des Familienlebens zwischen dem BF und seinen volljährigen Söhnen schon vor dem Hintergrund, dass der BF nach seiner Wiedereinreise im Jahr 2016 sofort inhaftiert wurde, nicht gegeben. Seit seiner Festnahme hatte der BF zwar über die Besuchszeiten mit seinem älteren Sohn Kontakt, diese regelmäßigen Besuche sind jedoch zu relativieren, da die regelmäßigen Besuche der Söhne nicht sogleich nach der Einreise des BF im Jahr 2016, sondern erst ab dem Jahr 2018 erfolgten. Zusätzlich wurde das Familienleben ausschließlich in Zeiten der Anhaltung ausgelebt. V
Da der BF aufgrund seiner Straffälligkeit im Bundesgebiet eine Haftstrafe bis Juli 2020 verbüßt hat, ist bis dahin auch an eine allfällige Intensivierung seines Familienlebens im Bundesgebiet nicht zu denken. Der BF hat durch die wiederholte Begehung von Straftaten im Bundesgebiet offenbar auch bewusst in Kauf genommen, inhaftiert und damit jedenfalls von seinen Angehörigen räumlich getrennt zu werden, wodurch er die tatsächliche (unbeschränkte) Ausübung seines Familienlebens durch eigenes Verhalten stark gemindert hat. Weiters ist zu berücksichtigen, dass es den in Bundesgebiet wohnhaften Angehörigen des BF auch vor seiner Wiedereinreise im Jahr 2016 zumutbar war, den Kontakt mit dem BF nach dessen Rückkehr in den Herkunftsstaat durch technische Mittel (Telefon, Internet,..) bzw. fallweise durch Besuche aufrechtzuerhalten. Der belangten Behörde ist daher zu folgen, dass im Rahmen der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessensabwägung jedenfalls die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung seiner Person gegenüber den familiären Interessen des BF überwiegen.
3.2.3.4. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).
In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055).
Im Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich der im Jahr 2016 wieder in Österreich eingereiste straffällige und inhaftierte BF in Österreich aufhält, kann eine von Art. 8 EMRK geschützte Aufenthaltsverfestigung noch nicht angenommen werden (VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479)
Angesichts des Umstandes, dass sich der BF einerseits von 2009 bis 2016 wieder im Herkunftsstaat aufhielt und er nach seiner Wiedereinreise im Jahr 2016 nunmehr den gesamten Teil seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Gefängnis verbrachte, ist unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des BF stark ausgeprägt und das Interesse an der Achtung des Privatlebens der BF überaus schwach:
Wesentliche Aspekte seines Privatlebens - wie die Beziehungen zu seinen volljährigen Söhnen haben sich im Bundesgebiet entfaltet, sind aber durch oben beschriebene Umstände des stets unsicheren Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet geschwächt. Darüber hinaus liegen Hinweise, dass der BF in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, nicht vor.
Der BF ist im Bundesgebiet weder beruflich, noch sozial integriert, hat in Österreich an keinen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen, keine nachgewiesene legale Erwerbstätigkeit ausgeübt und weder gemeinnützige Tätigkeiten ausgeübt, noch konnte er andere außergewöhnliche Umstände ins Treffen führen, wurde jedoch wiederholt straffällig. Unterlagen, die für eine verfestigte Integration sprechen würden, wurden beschwerdeseitig nicht vorgelegt. Es liegen beim BF auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor.
Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von starken Bindungen des BF zu seinem Herkunftsstaat ausgegangen werden, zumal er dort einen Großteil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er nach wie vor seine Muttersprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur seines Herkunftsstaates vertraut ist und nach einem langjährigen Aufenthalt in Österreich von 2009 bis 2016 nach Serbien zurückkehrte, um sich der Verbüßung mehrerer Straftaten zu entziehen. Es kann im gegenständlichen Fall nicht von einer Entwurzelung des BF von seinem Herkunftsstaat gesprochen werden.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass die Regeln über die Ein und Ausreise und den Aufenthalt auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des BF, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er vier rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen aufzuweisen hat. So wurde er einerseits vom Landesgericht Salzburg am 12.05.2004 wegen des Vergehens der Körperverletzung, der Hehlerei sowie des Verbrechens der Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt verurteilt und in der Folge mit Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See am 07.09.2006 wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften sowie versuchten Diebstahls und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 08.05.2008 wurde der BF wegen Vergewaltigung und Diebstahl durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Am 27.04.2016 wurde er letztendlich wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je vier Euro verurteilt. Hierdurch hat der BF wiederholt ein Verhalten im Bundesgebiet gesetzt, welches keine Achtung der strafrechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Überdies ist anzumerken, dass seine Straftaten gegen besonders geschützte Güter wie die körperliche und sexuelle Integrität gerichtet waren und daher als besonders schwerwiegend zu qualifizieren sind. Die Verurteilungen liegen zwar schon einige Zeit zurück, doch hat sich der BF dem Strafantritt entzogen.
Es ist unbestritten, dass aufenthaltsbeendigende Maßnahmen auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen sind. Der bisherige Aufenthalt des BF beeinträchtigte gewichtige Grundinteressen der Gesellschaft - vor allem das Interesse an Ordnung und Sicherheit.
Vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit, zumal in Anbetracht der wiederholten Delinquenz des BF, sowie angesichts der besonderen Schwere der Verbrechen nicht von Bagatelldelikten, sondern von mit hoher krimineller Energie begangenen Taten gesprochen werden muss.
Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), bei weitem schwerer als die überaus schwach ausgebildeten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, nach denen im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Da die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG keine Verletzung des BF in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK darstellt, erging der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids zu Recht.
3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seiner Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wären, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005.
Wie bereits die belangte Behörde festgehalten hat, konnten keine Anhaltspunkte dahingehend gefunden werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Serbien einer Verfolgungsgefährdung iSd. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre und wäre ihm als erwachsenem, jungen und gesunden Mann im Herkunftsstaat eine Rückkehr in den Herkunftsstaat zumutbar.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Serbien ist gegeben, da keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Eine Abschiebung nach Serbien ist daher zulässig, sodass die Beschwerde als unbegpündet abzuweisen war.
3.4 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)
Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auszuführen, dass die belangte Behörde einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkennen kann, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebungen oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zu Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Derartige Gründe sind jedoch beschwerdeseitig nicht hinreichend substantiiert worden noch sind sich sonst im Verfahren hervorgekommen.
Im angefochtenen Bescheid stützt sich die belangte Behörde bei der gegenständlichen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG. Wie bereits oben dargelegt, ist die Aufenthaltsbeendigung der BF im Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten, da sich der BF bereits im Jahr 2009 der Verbüßung mehrerer Straftaten entzog und in Serbien untertauchte. Auch hat dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in hinreichender Klarheit begründet. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist daher zu Recht erfolgt.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war somit ebenfalls abzuweisen.
3.5 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann - unter anderem - eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Seit seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (VwGH 02.08.2018, Ra 2018/19/0136; 01.03.2018, Ra 2017/19/0410; 18.05.2017, Ra 2016/20/0258), dass für die Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung daher unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen, sowie eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Beschwerdevorentscheidung Interessenabwägung öffentliche Interessen Resozialisierung RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W281.2223210.1.00Im RIS seit
27.11.2020Zuletzt aktualisiert am
27.11.2020