TE Bvwg Beschluss 2020/7/23 W235 2222154-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.07.2020
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Entscheidungsdatum

23.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §5 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §61 Abs2

Spruch

W235 2222154-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2019, Zl. 1089332308-151456579, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am 30.09.2015 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass in seinem Herkunftsstaat noch seine Ehegattin und seine drei minderjährigen – in den Jahren 2005, 2008 und 2011 geborenen - Kinder leben würden. In Österreich bzw. im Gebiet der Europäischen Union verfüge er nicht über Familienangehörige. Am XXXX .09.2015 sei er legal in die Türkei gereist und von dort aus schlepperunterstützt nach Bulgarien gebracht worden. In der Folge sei er über Serbien, Kroatien und Ungarn nach Österreich gelangt.

Am 30.09.2015 wurde das Verfahren des Beschwerdeführers in Österreich zugelassen (vgl. AS 53).

1.3. Da der Beschwerdeführer seit XXXX .05.2017 nicht mehr an seiner zuletzt bekannt gegebenen Adresse wohnhaft war, wurde sein Asylverfahren am XXXX .10.2018 gemäß § 24 Abs. 2 AsylG mit der Begründung eingestellt, dass sein Aufenthaltsort weder bekannt noch leicht feststellbar ist und eine Entscheidung ohne weitere Einvernahme nicht erfolgen kann (vgl. AS 65).

2.1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.05.2019 gemeinsam mit seiner Ehegattin und seinen drei minderjährigen Kindern einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Aufgrund dieser Antragstellung wurde das am XXXX .10.2018 eingestellte Verfahren wieder auf „laufend“ gestellt. Die Ehegattin des Beschwerdeführers wurde betreffend ihre sowie als gesetzliche Vertreterin auch betreffend die Antragstellungen ihrer drei minderjährigen Kinder am 27.05.2019 einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen.

2.2. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.06.2019 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Kroatien.

Im Zuge des Konsultationsverfahrens lehnte die kroatische Dublinbehörde mit Schreiben vom 28.06.2019 die Übernahme des Beschwerdeführers ab und führte aus, dass Bulgarien einem kroatischen Wiederaufnahmegesuch vom 24.06.2019 betreffend den Beschwerdeführer am 26.06.2019 gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt hat.

Daraufhin richtete das Bundesamt am 02.07.2019 Wiederaufnahmegesuche gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO betreffend den Beschwerdeführer, seine Ehegattin und die drei minderjährigen Kinder an Bulgarien.

Mit Schreiben vom 05.07.2019 stimmte Bulgarien dem österreichischen Wiederaufnahmegesuch des Beschwerdeführers basierend auf Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu. Betreffend die Wiederaufnahmegesuche der Ehegattin und der drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers gründet sich die ausdrückliche Zustimmung Bulgariens zu deren Wiederaufnahme auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO.

2.3. Am 12.07.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Kurdisch einvernommen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide. Er sei irakischer Staatsangehöriger, verheiratet und Vater von drei Kindern. Seine Gattin und seine Kinder seien auch hier in Österreich. Weiters habe er hier auch noch einen Bruder.

Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, eine Anordnung zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Bulgarien zu treffen, gab er an, er habe mit Bulgarien nichts zu tun und dort keine Fingerabdrücke abgegeben. Er lebe seit ca. vier Jahren in Österreich und verstehe nicht, warum er nach Bulgarien solle. Seine Familie sei ihm nach Österreich nachgereist und solle dort bleiben, wo er sei. Durch Bulgarien sei er nur durchgereist und sei dort einen oder zwei Tage aufhältig gewesen. Konkret ihn betreffende Vorfälle habe es in Bulgarien nicht gegeben. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zur Lage in Bulgarien gab der Beschwerdeführer an, dass er von Bulgarien nichts hören wolle. Er wolle in Österreich bleiben.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig ist.

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschwerdeführer irakischer Staatsangehöriger sei und an keinen lebensbedrohenden oder überstellungshinderlichen Krankheiten leide. Die Zuständigkeit Bulgariens habe sich aufgrund des Schreibens vom 05.07.2019 gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO ergeben. In Österreich befinde sich seine Gattin mit seinen drei Kindern. Außerdem habe er einen Bruder in Österreich. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 6 bis 23 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum bulgarischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien.

Beweiswürdigend wurde zunächst darauf verwiesen, dass den Angaben zur Staatsangehörigkeit Glauben geschenkt werde. Dass der Beschwerdeführer an schweren, lebensbedrohlichen Erkrankungen leide, habe er weder behauptet noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die bulgarische Behörde habe gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO zugestimmt. Der Beschwerdeführer habe glaubhaft und widerspruchsfrei vorgebracht, dass sich seine Ehegattin und seine drei Kinder in Österreich befänden. Die Verfahren sämtlicher Familienmitglieder seien in gleicher Weise entschieden und die Zuständigkeit Bulgariens festgestellt worden. Die Feststellungen zu Bulgarien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Es sei darauf zu verweisen, dass schon aufgrund der ausdrücklichen Zusicherung der bulgarischen Behörden, den Beschwerdeführer zu übernehmen, nicht erkannt werden könne, dass man ihn in Bulgarien ohne jegliche staatliche Versorgung seinem Schicksal überlassen würde. Es seien sohin keine stichhaltigen Gründe glaubhaft gemacht worden, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien konkret Gefahr liefe, dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass in Bulgarien sowohl asylrechtlicher Schutz als auch Refoulement-Schutz gewährleistet sei. Eine Grundversorgung für Asylwerber sei in Bulgarien in jeglicher Hinsicht gewährleistet.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Da die Verfahren aller Familienmitglieder in gleicher Weise entschieden worden seien und die Zuständigkeit Bulgariens festgestellt worden sei, sei davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Bulgarien sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die Bulgarien aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Bulgarien als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehegattin sowie diese auch als gesetzliche Vertreterin für die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 24.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und zum Verfahren zugelassen worden sei. Eine erstinstanzliche Entscheidung sei noch nicht ergangen, weshalb die Anwendung von Art. 10 Dublin III-VO in Bezug auf seine Familienangehörigen zwingend notwendig sei.

Ferner würden sich die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichte nur ungenügend auf das Vorbringen des Beschwerdeführers beziehen. Die Quellen würden ein unausgewogenes Bild der Aufnahme- und Versorgungssituation für Flüchtlinge zeichnen und würden Misshandlungen durch Sicherheitskräfte nicht zur Sprache kommen. Auch habe sich die Behörde nicht damit auseinander gesetzt, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers schwanger sei. Darüber hinaus seien die Berichte aus den Jahren 2016 und 2017 und somit veraltet. Unter wörtlicher Zitierung eines Berichtes von USDOS vom April 2016, eines Berichtes von ELENA/ECRE vom Feber 2016, einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 14.04.2016, eines aktuellen (!) Berichtes von UNHCR vom 29.11.2016, eines Berichtes von AIDA vom Oktober 2015, eines Berichtes des UN Menschenrechtskommissars vom 11.08.2016, eines aktuellen (!) Berichtes der Cordelia Foundation über den Berichtszeitraum 2015 und eines Berichtes des Bulgarien Helsinki Committees vom 18.11.2016 führt die Beschwerde aus, dass sich die Bedingungen seit 2014 verschlechtert hätten. Es gebe inadäquate Hygienebedingungen sowie regelmäßige Probleme bei der Bereitstellung von Dolmetschern. Wiederholt werde auf Missstände in den Unterbringungsbedingungen – insbesondere betreffend Überbelegung, mangelhafte medizinische Versorgung und Hygienebedingungen – hingewiesen. Ferner würden Misshandlungen durch reguläre Polizeieinheiten an Bulgariens Grenze zur Türkei stattfinden. Ebenso gebe es rassistische Rhetorik rechtsextremer Parteien, die negative Stereotype über Asylwerber verbreiten würden. Übergriffe auf Flüchtlinge und MigrantInnen würden so gut wie nie bestraft. Obwohl am 01.01.2016 ein neues Haftregime für Asylwerber in Kraft getreten sei, gebe es in der Praxis keine Unterscheidung zwischen Asylwerbern und sonstigen irregulär eingereisten MigrantInnen. Die Verhängung von Haft über Drittstaatsangehörige, die die Grenze überschreiten würden, erfolge als Automatismus. Als besonders problematisch werde der Umstand angesehen, dass keine Mechanismen zur Identifizierung von Folterüberlebenden, traumatisierten und anderen besonders vulnerablen AsylwerberInnen bestünden. Bei Dublin-Rückkehrern, deren Verfahren beendet worden seien und die als illegal aufhältige MigrantInnen in Haft genommen worden seien, sei es auch im Fall der Zulassung von Folgeanträgen wahrscheinlich, dass eine Inhaftierung aufrecht erhalten werde. Dublin-Rückkehrer seien einer Gefahr der Verelendung außerhalb des Aufnahmesystems oder auch im Aufnahmesystem der Gefahr erniedrigender Behandlung ausgesetzt.

Weiters wurde auf ein Urteil des EGMR vom 27.01.2015 verwiesen, in welchem der EGMR festgestellt hat, dass die Bedingungen in Haft eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden. Der EGMR habe in seiner neuesten Judikatur vom 04.11.2014, Tarakhel vs. Switzerland, klargestellt, dass es nicht notwendig sei, dass in einem Land systematische Mängel im Asylsystem bestehen müssten, um eine Überstellung dorthin unzulässig zu machen. Auch individuelle Umstände könnten die Überstellung unzulässig machen, wenn eine Gefährdung von Grundrechten vorläge. Von systemischen Mängeln in Bulgarien sei das VG Oldenburg mit Beschluss vom 11.09.2015 ausgegangen.

5. Am 24.09.2019 wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehegattin und den drei minderjährigen Kindern komplikationslos auf dem Luftweg nach Bulgarien überstellt.

6.1. Mit E-Mail vom 29.01.2020 übermittelte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht eine Verständigung der Justizanstalt XXXX , der zufolge der Beschwerdeführer am XXXX .01.2020 wegen § 114 FPG (= Schlepperei) in Untersuchungshaft genommen wurde.

Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .01.2020, GZ. XXXX , wurde über den Beschwerdeführer aufgrund des Verdachts das Verbrechen der Schlepperei begangen zu haben, die Untersuchungshaft wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr verhängt.

6.2. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes gab das Bundesamt mit Schreiben vom 30.01.2020 und vom 15.06.2020 bekannt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie im September 2019 nach Bulgarien überstellt und auf gerichtlicher Schiene wieder nach Österreich zurückgeholt worden sei. Im darauf folgenden Konsultationsverfahren seien die bulgarischen Behörden über die Inhaftierung des Beschwerdeführers informiert worden, hätten ihre Zuständigkeit abgelehnt und dies damit begründet, dass ihre Verantwortung gemäß Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO geendet habe. Daher habe sich die Überstellungsfrist auch nicht verlängert.

Dem beiliegenden Schreiben der bulgarischen Dublinbehörde vom XXXX .02.2020 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 24.09.2019 von Österreich nach Bulgarien überstellt worden sei. Nach der Überstellung sei den bulgarischen Behörden von den österreichischen Behörden ein Ersuchen um Rücküberstellung des Beschwerdeführers aufgrund eines gerichtlichen Haftbefehls übermittelt worden. Daher habe die Zuständigkeit Bulgariens mit der vollzogenen Rücküberstellung gemäß Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO geendet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit. Er stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Nach Zulassung zum inhaltlichen Verfahren erfolgte am XXXX .10.2018 die Einstellung des Verfahrens, da der Beschwerdeführer seit XXXX .05.2017 nicht mehr an seiner zuletzt bekannt gegebenen Adresse wohnhaft war. Nach unrechtmäßiger Einreise der Ehegattin und der drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers in das österreichische Bundesgebiet stellte er gemeinsam mit den genannten Angehörigen am 27.05.2019 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, woraufhin sein eingestelltes Verfahren „laufend“ gestellt wurde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 07.06.2019 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Kroatien, welches von der kroatischen Dublinbehörde mit der Begründung abgelehnt wurde, dass Bulgarien bereits am 26.06.2019 die ausdrückliche Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO erteilt hat. Mit Schreiben vom 05.07.2019 stimmte Bulgarien dem österreichischen Wiederaufnahmegesuch vom 02.07.2019 auf der Basis von Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO ebenfalls ausdrücklich zu.

Am 24.09.2019 wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehegattin und seinen drei minderjährigen Kindern nach Bulgarien überstellt. In der Folge wurde er auf gerichtlicher Schiene aufgrund eines Haftbefehls wieder nach Österreich zurückgeholt und am XXXX .01.2020 in Untersuchungshaft genommen. Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .01.2020 wurde über ihn aufgrund des Verdachts das Verbrechen der Schlepperei begangen zu haben, die Untersuchungshaft verhängt. Der Beschwerdeführer befindet sich aktuell in der Justizanstalt XXXX .

Nachdem das Bundesamt die bulgarischen Behörden von der Inhaftierung des Beschwerdeführers informiert hatte, lehnten diese ihre Zuständigkeit mit dem Verweis auf Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO ab. Festgestellt wird, dass die Zuständigkeit Bulgariens mit der vollzogenen Rücküberstellung des Beschwerdeführers von Bulgarien nach Österreich aufgrund eines österreichischen Haftbefehls geendet hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit), zu seinen Familienangehörigen (Ehegattin und drei minderjährige Kinder) sowie zu seinem Asylverfahren aus dem Jahr 2015 ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie aus dem Akteninhalt. Darüber hinaus gründet die Feststellung zur Einstellung seines Asylverfahrens auf den diesbezüglichen Aktenvermerken des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018 (vgl. AS 63) und vom 24.10.2018 (vgl. AS 65). Ebenfalls aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergibt sich Feststellung zur neuerlichen Antragstellung am 27.05.2019 sowie zur „Laufendstellung“ seines eingestellten Verfahrens.

Die Feststellungen zu den Wiederaufnahmegesuchen der österreichischen Dublinbehörde an Kroatien und Bulgarien, zur Ablehnung der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers durch die kroatische Dublinbehörde und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme durch Bulgarien am 05.07.2019 ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens.

Dass der Beschwerdeführer am 24.09.2019 gemeinsam mit seiner Ehegattin und seinen drei minderjährigen Kindern nach Bulgarien überstellt wurde, gründet auf dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom selben Tag. Die weiteren Feststellungen zur Rückholung des Beschwerdeführers nach Österreich, zu seiner Festnahme sowie zur Verhängung der Untersuchungshaft ergeben sich aus den vom Bundesamt übermittelten Unterlagen, insbesondere aus der Verständigung des Landesgerichtes XXXX von der Verhängung der Untersuchungshaft vom XXXX .01.2020, GZ. XXXX , samt bezughabenden Beschluss und aus dem damit zusammenhängenden Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich an die Staatsanwaltschaft XXXX vom XXXX .03.2020, GZ. XXXX . Dass sich der Beschwerdeführer aktuell in der Justizanstalt Wiener Neustadt aufhält, gründet auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 15.07.2020.

Die Feststellungen zum zweiten Konsultationsverfahren, insbesondere zur nunmehrigen Ablehnung der Zuständigkeit durch die bulgarischen Behörden, basieren auf den, aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes erteilten Informationen (vgl. E-Mail vom 15.06.2020) und auf dem beigelegten Schreiben der bulgarischen Dublinbehörde vom 27.02.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) […]

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 29 Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat. Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden. Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez-passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) Wurde eine Person irrtümlich überstellt oder wird einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungsentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben, nimmt der Mitgliedstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die Person unverzüglich wieder auf.

(4) […]

3.2.3. Im vorliegenden Fall hat Bulgarien zunächst mit Schreiben vom 05.07.2019 der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zugestimmt. Aufgrund dieser Zustimmungserklärung wurde der Beschwerdeführer (gemeinsam mit seiner Ehegattin und seinen minderjährigen Kindern) am 24.09.2019 nach Bulgarien überstellt. Allerdings wurde in weiterer Folge in Österreich ein Haftbefehl gegen ihn erlassen und wurde der Beschwerdeführer aufgrund dieses Haftbefehls auf gerichtlicher Schiene nach Österreich rücküberstellt.

Da sich im Fall des Beschwerdeführers nach Vollzug der Überstellung ein Überstellungshindernis in Form eines österreichischen Haftbefehls ergeben hat, kommt Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO zum Tragen, demzufolge bei einer irrtümlichen Überstellung, der Mitgliedstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die Person unverzüglich wieder aufnimmt. Im vorliegenden Fall ist die Wiederaufnahme des Beschwerdeführers bereits erfolgt und befindet sich der Beschwerdeführer bereits seit XXXX .01.2020 in Untersuchungshaft. Diesen Umstand hat das Bundesamt den bulgarischen Behörden mitgeteilt, welche daraufhin ihre Zuständigkeit mit dem Verweis auf Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO abgelehnt haben. Da die Zuständigkeit Bulgariens mit der vollzogenen Rücküberstellung des Beschwerdeführers nach Österreich geendet hat, ist Österreich für die Führung des materiellen Verfahrens des Beschwerdeführers (wieder) zuständig. Dementsprechend war der gegenständliche, die Zuständigkeit Österreichs zurückweisende Bescheid ersatzlos zu beheben.

3.2.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall konnte die mündliche Verhandlung unterbleiben, da sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere der Zuständigkeitsübergang aufgrund der vollzogenen Rücküberstellung des Beschwerdeführers aus Bulgarien nach Österreich, eindeutig aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt beantwortet werden konnten.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Sämtliche verfahrensrelevante Aspekte in gegenständlichem Verfahren lassen sich aus den Bestimmungen der Dublin III-VO ableiten.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Außerlandesbringung Behebung der Entscheidung Haftbefehl Mitgliedstaat Rückübernahmeabkommen strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W235.2222154.1.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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