Entscheidungsdatum
05.08.2020Norm
AVG §73Spruch
W198 2233207-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Säumnisbeschwerde der XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Christoph KOPECKY, wegen der Verletzung der Entscheidungspflicht der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, beschlossen:
A) Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Wien (im Folgenden: PVA) hat mit Bescheid vom 12.02.2020, WLA4/5758 230160-1 01Z, den Anspruch von XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) auf Alterspension ab 01.02.2020 anerkannt und festgestellt, dass die Pension ab 01.02.2020 monatlich € 474,91 beträgt. Zugleich wurde ausgesprochen, dass über einen Anspruch auf Ausgleichszulage erst nach Abschluss der Erhebungen entschieden werden könne.
2. Mit Schriftsatz vom 07.07.2020 hat die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin eine Säumnisbeschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3 B-VG und Art 132 Abs. 3 B-VG erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin am 09.12.2019 einen Antrag auf Erteilung der Alterspension eingebracht habe. Ein Antrag auf Alterspension beinhalte immer auch den Antrag auf Gewährung einer Ausgleichszulage. Die belangte Behörde habe über den Antrag der Beschwerdeführerin bis zum heutigen Tag keine bescheidförmige Entscheidung getroffen. Im Bescheid vom 12.02.2020 habe die belangte Behörde lapidar angeführt, dass über einen Anspruch auf Ausgleichszulage erst nach Abschluss der Erhebungen entschieden werden könne. Die Beschwerdeführerin habe dazu die Auskunft bekommen, dass dies noch mindestens ein Jahr dauern werde. Festzuhalten sei, dass die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht stets nachgekommen sei. Die sechsmonatige Entscheidungsfrist nach
§ 73 AVG bzw. § 8 VwGVG sei längst abgelaufen und sei die Säumnis auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen.
3. Die Beschwerdesache wurde gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 21.07.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid vom 12.02.2020 hat die belangte Behörde den Anspruch auf Alterspension der Beschwerdeführerin ab 01.02.2020 anerkannt. Zugleich wurde ausgesprochen, dass über die Ausgleichszulage erst nach Abschluss der Erhebungen entschieden werden könne.
Zumal über die Ausgleichszulage noch nicht entschieden wurde, hat der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde erhoben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts.
Der Sachverhalt ist unstrittig. Vorliegend handelt es sich um eine reine Beurteilung einer Rechtsfrage. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war aus diesem Grund gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht notwendig. Die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht für erforderlich, weil der der Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt zur Beurteilung der Zuständigkeit (und der behaupteten Säumnis) auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt erschien und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.
Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Gemäß § 9 Abs. 5 VwGVG entfallen bei Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG die Angaben nach Abs. 1 Z 1 bis 3 und 5 (Anm. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die Bezeichnung der belangten Behörde, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist). Als belangte Behörde ist die Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache begehrt wurde. Ferner ist glaubhaft zu machen, dass die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 abgelaufen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
Einleitend ist festzuhalten, dass sich aus der eingebrachten Säumnisbeschwerde vom 07.07.2020 überhaupt nicht ergibt, bei welchem Gericht die Beschwerdeführerin die Säumnisbeschwerde einbringen wollte. So schreibt sie auf Seite 1 der Beschwerde, dass sie die Säumnisbeschwerde an das „Bundesverwaltungsgericht Wien“ richtet; auf Seite 2 schreibt sie hingegen, dass sie die Säumnisbeschwerde an das „Landesverwaltungsgericht“ richtet, ohne jedoch näher auszuführen bzw. zu bezeichnen, welches Landesgericht sie meint. Der Säumnisbeschwerde ist jedoch in Beilage ./1 ein Zahlungsbeleg über die Entrichtung einer Eingabegebühr an das Verwaltungsgericht Wien, mit der Buchungsinfo „Eingabegebühr Säumnisbeschwerde“ mit Buchungsdatum 07.07.2020 angeschlossen. Die belangte Behörde hat jedoch die Säumnisbeschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine Leistungssache im Sinne des § 354 ASVG und keine Verwaltungssache in Sinne von § 355 ASVG. Die Ausgleichszulage ist rechtlich eine Leistung mit Fürsorgecharakter und eine Annexleistung zur Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung. Mag die Ausgleichszulage auch fürsorgeähnliche Züge tragen, so ist sie dennoch eine Leistung der gesetzlichen Pensionsversicherung und nicht eine Erscheinung der Sozialhilfe (siehe dazu Ziegelbauer in Sonntag (Hrsg), ASVG (2020) § 292 Rz 1 sowie die dort zitierte Judikatur). Bei der Ausgleichzulage handelt es sich im weitesten Sinne um eine Versicherungsleistung mit Sozialhilfecharakter. Eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gemäß Artikel 130 Abs 1 Z 3 und Artikel 132 Abs 3 B-Vg iVm. § 414 SVG ist daher – zumal es sich um keine Verwaltungssache handelt - nicht gegeben.
Die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich auch aus der „Belehrung über das Klagerecht“ im Bescheid der PVA vom 12.02.2020, aus welcher sich die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichts Wien ergibt.
Zur behaupteten Säumnis:
Aus Sicht des erkennenden Gerichts liegt gegenständlich keine Säumnis im Sinne des § 368 ASVG vor, da anspruchsrelevante Erhebungen bezüglich des Anspruches der Beschwerdeführerin auf Ausgleichszulage dem Grunde nach noch ausständig sind. Infolge dessen ist die PVA noch nicht in der Lage über den Anspruch auf Ausgleichszulage bescheidmäßig abzusprechen. Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde darauf verweist, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht als Partei stets vollumfänglich nachgekommen sei, sie sämtliche Unterlagen, die für die positive Erledigung ihres Antrages erforderlich seien, vorgelegt hätte, ist dem entgegenzuhalten, dass dies dem Bescheid vom 12.02.2020 widerspricht und die Beschwerdeführerin keinerlei Beweis für dieses Vorbringen anbietet, ihr diesbezügliches Vorbringen daher völlig unsubstantiiert ist.
Gemäß § 368 Abs. 2 ASVG hat der Versicherungsträger einen Bescheid zu erlassen, kann er dies aber innerhalb der nach Abs. 1 in Betracht kommenden Frist nicht, weil der Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist, so hat er, wenn seine Leistungspflicht dem Grunde nach feststeht, die Leistung zu bevorschussen. Solche Vorschüsse kann er auch, sobald seine Leistungspflicht dem Grunde nach feststeht, schon vor Ablauf der Frist nach Abs. 1 gewähren.
Da jedoch - wie oben ausgeführt und gewürdigt - noch anspruchsrelevante Erhebungen betreffend die Ausgleichszulage ausständig sind, die dahingehend relevant sind, ob der Beschwerdeführerin überhaupt eine Ausgleichszulage zusteht, ist auch kein Vorschuss von Seiten der belangten Behörde zu leisten.
Die Säumnisbeschwerde ist mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausgleichszulage Leistungssache Säumnisbeschwerde Unzuständigkeit ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2233207.1.00Im RIS seit
27.11.2020Zuletzt aktualisiert am
27.11.2020