TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/11 W212 2216162-1

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Veröffentlicht am 11.08.2020
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Entscheidungsdatum

11.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch

W212 2216162-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2019, Zahl: 1220006502/190166377, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, reiste zuletzt am 04.09.2018 ins Bundesgebiet ein.

2. Im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle am 15.02.2019 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, keine Barmittel bei sich trug und nach eigenen Angaben auch nicht in der Wohnung, in der er angetroffen worden sei, lebte.

3. In einer Einvernahme vor dem BFA am 16.02.2019 gab der Beschwerdeführer an, dass er am 04.09.2018 nach Österreich gekommen sei. Ihm gefalle Österreich und er wolle sich hier niederlassen. Ihm sei bewusst, dass er sich illegal im Bundesgebiet aufhalte. Er lebe in der Wohnung, in der er festgenommen worden sei. Er habe sich nicht behördlich gemeldet, weil er niemanden in Österreich kenne, der ihm dabei helfen könne. Er sei mit 500 € nach Österreich gekommen. Seine Eltern hätten ihm immer wieder über einen Busfahrer Geld nach Österreich geschickt. Derzeit habe er nur 5 € und er könne sich nur aus Serbien Geld schicken lassen. Er gehe in Österreich keiner Beschäftigung nach und habe keine Familienangehörigen oder Freunde. Seine Familie (Eltern, Geschwister) lebe in Serbien.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm §10 Abs. 2 und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot gegen diesen verhängt (Spruchpunkt IV.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf im Rahmen der Entscheidungsbegründung Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und stellte dessen Identität und Staatsbürgerschaft fest. Er befinde sich seit 04.09.2018 im Bundesgebiet und sei über den erlaubten Zeitraum hinaus im Bundesgebiet verblieben.

Das Einreiseverbot wurde mit der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers begründet und ausgeführt, dass er nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt aus eigenem zu finanzieren.

5. Mit Mandatsbescheid vom selben Tag wurde gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

6. Gegen den Spruchpunkt IV. des Bescheides richtet sich die am 15.03.2019 fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Begründet wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Fußballer sei und nach Österreich eingereist sei, um ein Engagement bei einem österreichischen Verein zu bekommen. XXXX sei bereit gewesen ihn unter Vertrag zu nehmen und versuche seinen Aufenthaltsstaus zu regeln. Neben dem Fußball und der Unterstützung seiner Eltern versuche der Beschwerdeführer sich durch Gelegenheitsarbeiten etwas dazuzuverdienen. Er sei nicht vorbestraft und habe auch das Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht verletzt. Der Beschwerdeführer sei nicht mittellos. Er werde von seinen Eltern finanziert, erhalte eine geringe Vergütung für Fußballspielen und mache Gelegenheitsarbeiten. Er lebe in seinem Elternhaus, die Familie besitze mehrere Häuser. Der Beschwerdeführer stelle daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die konkrete Beurteilung sei im gegenständlichen Fall nur lückenhaft und inhaltlich falsch durchgeführt worden. Die Erlassung eines Einreiseverbots von drei Jahren sei daher nicht geboten.

Der Beschwerde lagen Auszüge aus einer Datenbank des ÖFB (teilweise abgeschnitten bzw. schlecht leserlich) bei, aus denen im Wesentlichen hervorgeht, dass der Beschwerdeführer ab 18.02.2019 beim XXXX spiele.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht fest. Er reiste am 04.09.2018 nach Österreich ein und blieb über den Zeitraum von 90 Tagen hinaus bis zu seiner Festnahme am 15.02.2019 im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer weist im Bundesgebiet weder Wohnsitzmeldungen im Zentralen Melderegister noch Versicherungszeiten in der Sozialversicherung auf. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Er verfügte über keine gesicherte Unterkunft oder finanzielle Mittel und war nicht in der Lage, sich diese zu beschaffen. Er ging keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach.

Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht konnten nicht festgestellt werden.

Die im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 4 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung sowie die gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien sind infolge insofern ungenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen auf den Inhalt des Verwaltungsaktes, wo eine Kopie des Reisepasses des Beschwerdeführers aufliegt. Die Einreise des Beschwerdeführers am 04.09.2018 nach Österreich ergibt sich aus seinem Reisepass sowie seinen eigenen Angaben. Der illegale Verbleib in Österreich ergibt sich ebenso aus seinen Angaben.

Die Feststellung zu seinen persönlichen Verhältnissen ergibt sich ebenfalls aus seinen eigenen Angaben.

Der Beschwerdeführer gab vor seiner Festnahme am 15.02.2019 gegenüber Polizeibeamten an, in der Wohnung, in der er angetroffen worden sei, nicht zu leben (Aktenseite 1). In der Einvernahme am 16.02.2019 bestritt er diese Angaben (AS 30). Der Beschwerdeführer war in jedem Fall nicht an dieser Adresse gemeldet und konnte nicht nachweisen, über einen Rechtsanspruch auf diese Unterkunft zu verfügen. Er gab an, von seinen Eltern Geld geschickt zu bekommen, aktuell aber nur über 5 € zu verfügen und sich auch keine finanziellen Mittel beschaffen zu können, diese müssten ihm erst aus Serbien (per Bote) geschickt werden. Eine finanzielle Unterstützung durch die Eltern oder Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers wurde im Verfahren auch nicht nachgewiesen, da keine Nachweise über Einkünfte oder Vermögen des Beschwerdeführers oder seiner Eltern in Vorlage gebracht wurden.

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer bei einem österreichischen Verein Fußball spiele und dafür eine Vergütung erhalte, ist festzuhalten, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, dass der Beschwerdeführer erst ab 18.02.2019 bei diesem Verein als Spieler registriert war. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich jedoch schon in Schubhaft. Darüber hinaus handelt es sich beim XXXX um einen Amateurverein, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer eine nennenswerte Vergütung erhalten würde.

Die Feststellung, dass keine Hinweise auf Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht vorliegen, war aufgrund der Tatsache zu treffen, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist.

Die Feststellung, dass fallgegenständlich lediglich das ausgesprochene Einreiseverbot sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise in Beschwerde gezogen wurde und die übrigen Spruchteile unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Beschwerdeschriftsatzes vom 15.03.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich ausschließlich gegen das in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides für die Dauer von drei Jahren gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Einreiseverbot, die übrigen Spruchteile (Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG sowie Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde) erwuchsen demnach mit insofern ungenutztem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist in Rechtskraft, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gegen den Beschwerdeführer verhängten Einreiseverbotes (vgl. zur Trennbarkeit dieser Spruchpunkte VwGH 15.5.2012, 2012/18/0029 u.a.; 22.5.2013, 2011/18/0259; 24.5.2018, Ra 2017/19/0311) zu beschränken haben.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt III.):

3.2.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG i.d.g.F. lautet auszugsweise:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt. (4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

…“

3.2.2. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 gestützt und mit dem Umstand begründet, dass der Beschwerdeführer den Besitz ausreichender Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte, was die Annahme rechtfertige, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könnte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 13.09.2012, Zl. 2011/23/0156; 22.01.2013, Zl. 2012/18/0191).

Ein derartiges Vorbringen hat der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde erstattet und auch keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt, weshalb die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Wie bereits dargelegt konnte der Beschwerdeführer keine notwendigen Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts in Österreich nachweisen und hielt er sich bereits seit über ein Jahr illegal und ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet auf. Schon die Erfüllung des Tatbestandes des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG indiziert das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230). Gerade weil der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts verfügte und ihm mangels Vorliegens einer Bewilligung die Aufnahme einer legalen Beschäftigung verwehrt ist, erscheint die Prognose einer Gefahr der illegalen Arbeitsaufnahme oder kriminellen Aktivität jedenfalls nicht als unbegründet. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Einvernahme vor dem BFA auch zum Ausdruck, dass er nicht beabsichtige, das Bundesgebiet zu verlassen oder seinen Aufenthalt zu legalisieren.

Die Verhinderung von Schwarzarbeit stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der Schäden und Folgen für die staatliche Wirtschaft ein Grundinteresse der Gesellschaft dar (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, Aufrechterhaltung eines geordneten Meldewesens, Verhinderung von Schwarzarbeit), als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Letztlich war zu berücksichtigen, dass sich auch im Lichte der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung nicht ergeben hat, dass vorhandene familiäre oder private Bindungen in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden.

Da ein großes öffentliches Interesse an einem geregelten Fremdenwesen in Österreich und an der Einhaltung der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften herrscht und die Nichtbeachtung von Rechtsnormen einem gedeihlichem gesellschaftlichem Zusammenleben zuwiderläuft, ist gegenständlich, unter Beachtung der fehlenden Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, der Schluss zu ziehen, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten – und der sich daraus resultierenden negativen Zukunftsprognose – den Beweis für die Gefährdung österreichischer – in Art 8 Abs. 2 EMRK genannter – öffentlicher Interessen erbracht hat und die Verhängung eines Einreiseverbotes als notwendiges Mittel zu deren Begegnung zu betrachten ist.

Was den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes anbelangt, ist festzuhalten, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an die Rückführungsrichtlinie gebunden sind (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29. September 2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff „Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten“ auszulegen. Es ist somit nicht erforderlich, im Spruch eines Bescheides, mit dem gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011, somit iSd. Art. 11 Abs. 1 iVm. Art. 3 Z 6 Rückführungsrichtlinie ein Einreiseverbot erlassen wird, jene Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthaltes ausgesprochen wird, noch einmal konkret zu nennen, sofern deutlich wird, dass es sich um ein Einreiseverbot handelt (VwGH 22.05.2013, Zl. 2013/18/0021).

Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG kann für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von illegalem Aufenthalt, Verwaltungsübertretungen und strafbaren Handlungen massiv zuwidergelaufen.

Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von drei Jahren steht im Vergleich zum persönlichen Fehlverhalten des Beschwerdeführers in angemessener Relation.

Eine Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes kam daher nicht in Betracht, sondern war gerade auch zum Schutz der angeführten öffentlichen Interessen in Österreich, aber auch in anderen europäischen Staaten, geboten.

Da sich das angeordnete Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes als angemessen erwiesen haben, war die Beschwerde insoweit gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war insofern ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht beantragt. Die für die Begründung der Gefährdungsprognose und Bemessung der Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbotes maßgeblichen Sachverhalte wurden zur Gänze bereits im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erhoben und im angefochtenen Bescheid offengelegt, wobei die Behörde unter Abwägung des vom Beschwerdeführer gezeigten Verhaltens eine einzelfallbezogene Begründung des Einreiseverbotes vorgenommen hat. Die Beschwerde hat die Beurteilung des angefochtenen Bescheides pauschal bestritten, jedoch keine Sachverhalte aufgezeigt, die zu einem für den Beschwerdeführer allenfalls günstigeren Verfahrensergebnis hätten führen können. Die wesentlichen Feststellungen, nämlich der illegale Aufenthalt des Beschwerdeführers sowie die Mittellosigkeit während seines Aufenthalts in Österreich und die nicht vorhandenen familiären und privaten Anknüpfungspunkte, blieben im Wesentlichen unbestritten. Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Mittellosigkeit Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2216162.1.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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