Entscheidungsdatum
17.08.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W279 2213649-1/12E
W279 2213646-1/12E
W279 2213647-1/11E
W279 2225685-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX 1990, StA Moldawien, 2) XXXX , geb. XXXX 1993, StA. Moldawien, 3) XXXX , geb. XXXX .2017, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , StA. Moldawien, 4) XXXX , geb. XXXX .2019, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , StA. Moldawien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2018, Zl. 1) 1204649003/180826817/BMI-BFA_BGLD_RD, 2) 1204648910/180826825/BMI-BFA_BGLD_RD, 3) 1204648605/180826833/BMI-BFA_BGLD_RD, und vom 06.11.2019 4) 1244473109/190895778/ BMI-BFA_BGLD_RD, zu Recht:
A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin; diese sind die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (alle zusammen als BF bezeichnet). Sie sind Staatsangehörige der Republik Moldau.
2. Der 1.BF, die 2.BF sowie die 3.BF reisten im August 2018 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 30.08.2018 Anträge auf internationalen Schutz.
3. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag führte der 1.BF aus, dass er im Herkunftsstaat neun Jahre die Grundschule besucht habe und vor seiner Ausreise zuletzt als Aufzugswärter tätig gewesen sei. In Österreich würden sich neben seiner mitgereisten Ehegattin und Tochter auch seine Mutter sowie seine Schwester und Großmutter aufhalten. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der 1.BF zu Protokoll, dass die Lebensbedingungen in der Republik Moldau für seine Familie sehr schwierig gewesen seien, da seine Großmutter deutschstämmig sei. Sie seien gedemütigt und als Menschen zweiter Klasse abgestempelt worden, weshalb die meisten deutschstämmigen Familien in den Westen gezogen seien. Seine Großmutter habe aufgrund ihrer deutschstämmigen Herkunft in Österreich einreisen wollen. Im Falle einer Rückkehr gebe es für ihn und seine gesamte Familie keine Zukunftsperspektiven.
Die 2.BF erklärte im Rahmen ihrer Erstbefragung, dass die Großmutter ihres Ehegatten Deutsche sei und die moldawische Gesellschaft ihre Familie deshalb ablehne. Ihre Tochter habe keine eigenen Fluchtgründe.
4. Am 07.11.2018 wurde der 1.BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA" genannt), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er zusammenfassend vor, dass er wegen seiner deutschen Herkunft in der Republik Moldau oftmals geschlagen worden sei und daher viele Narben habe. Die Fragen, ob er vorbestraft sei oder in Österreich arbeitstätig sei, wurden vom BF verneint. Befragt, wovon er in der Republik Moldau gelebt habe, führte der 1.BF an, dass er Aufzugsmechaniker gewesen sei, diese Tätigkeit jedoch nicht offiziell ausgeübt habe. Neben dieser Beschäftigung habe er im Dorf in der Landwirtschaft gearbeitet und nur tageweise eine Anstellung bekommen. Er habe Probleme gehabt, den Lebensunterhalt für seine Familie zu verdienen, da sein Vater bereits verstorben sei und seine Mutter nicht arbeite. In seiner Kindheit habe seine Mutter für den Lebensunterhalt der Familie gesorgt, sie sei nunmehr jedoch aufgrund fehlender Perspektiven arbeitslos. Zur Frage, wie er seinen Unterhalt in Österreich verdienen wolle, entgegnete der 1.BF, dass er eine Lehre als Elektromechaniker anstrebe und die Sprache lernen wolle. Auf Nachfrage, ob er gesundheitliche Probleme habe, replizierte der 1.BF, dass er seit drei Jahren unter Kopfschmerzen leide und nach einer erneuten Prügelattacke vor fünf Monaten Schmerzen in der linken Brust habe, weswegen er bereits ärztlich behandelt worden sei. Auf Aufforderung, seine genauen Wohnadressen zu bezeichnen, erklärte der 1.BF, dass er in der Stadt XXXX geboren worden sei und dort sieben Jahre lang gelebt habe. Anschließend sei er nach XXXX übersiedelt, wo er von der zweiten bis zur neunten Klasse gelebt habe. In weiterer Folge habe er mit seiner Familie aufgrund seiner Erwerbstätigkeit teilweise in XXXX und teilweise in Chisinau sowie auch in Russland gelebt. Nachgefragt, wo und von welchem Einkommen seine Mutter sowie seine Geschwister gelebt hätten, brachte der 1.BF vor, dass diese in XXXX gelebt hätten und der Gatte seiner Schwester wie er selbst den Lebensunterhalt seiner Familie nur durch Gelegenheitsjobs erwirtschaftet habe. Seine Mutter sei abwechselnd als Buslenkerin sowie als Wächterin in einem Casino tätig gewesen. Befragt, wann er beschlossen habe, die Republik Moldau zu verlassen, gab der 1.BF zu Protokoll, dass er nach der letzten Prügelattacke beschlossen habe, sein Heimatland zu verlassen, da ihm davon abgeraten worden sei, aufgrund seiner Probleme die Polizei zu verständigen. Zur Frage, ob er noch Angehörige in der Republik Moldau habe, führte der 1.BF an, dass er dort noch einen Onkel habe, zu dem er jedoch keinen Kontakt habe. Die Frage, ob seine Familie in Österreich familiäre oder sonstige Anknüpfungspunkte habe, wurde vom 1.BF verneint und ausgeführt, dass sich lediglich seine deutsche Großmutter im Bundesgebiet befinde.
Zum Fluchtgrund befragt, führte der 1.BF aus, dass es in seinem Herkunftsstaat sehr gefährlich sei und er im Zuge eines Vorfalles zusammengeschlagen worden sei. Überdies seien die Verhältnisse in der Republik Moldau auch für sein Kind äußerst problematisch gewesen. Auf Nachfrage, was genau bei dem erwähnten Vorfall passiert sei, entgegnete der 1.BF, dass sie als Faschisten beschimpft worden sei und er bei einer Schlägerei verletzt worden sei. Auf Aufforderung, die Geschehnisse detaillierter zu beschreiben, gab der 1.BF zu Protokoll, dass er zuerst gestoßen und anschließend geschlagen worden sei. Die geschilderten Angriffe seien häufig vorgekommen, einmal sei er jedoch zudem von sieben Personen mit einem Schlagstock attackiert worden. Auf Nachfrage, ob das beim konkreten Vorfall erfolgt sei, erklärte der 1.BF, dass es sich dabei um einen anderen Zwischenfall handle und er bei dem Vorfall vor fünf Monaten nur an einer Seite seines Oberkörpers geschlagen worden sei und er danach keine blauen Flecken erlitten habe. Die Angreifer hätten sie als Faschisten bezeichnet und angebrüllt. Befragt, wieso die erwähnten Personen Interesse gehabt hätten, ihnen keine blauen Flecken zuzufügen, erwiderte der 1.BF, dass er dies nicht wisse und ihm die Polizei gesagt habe, dass seine Kopfverletzung nicht schlimm sei. Drei der Angreifer seien von der Polizei zwar ausfindig gemacht worden, diese hätten sich jedoch gegen Bezahlung einer Geldsumme von etwaigen Strafen freikaufen können. Die Frage, ob er wegen der Verletzungen auch einen Arzt aufgesucht habe, wurde vom 1.BF bejaht. Auf Nachfrage, wer die Personen gewesen seien, die ihn verprügelt hätten, entgegnete der 1.BF, dass er lediglich annehme, dass es sich um Personen aus seinem Ort oder der benachbarten Ortschaft handle, er habe jedoch kein Gesicht erkennen können. Auf Aufforderung, die Hintergründe seine Narben betreffend darzulegen, führte der 1.BF an, dass ihm ein umgedrehtes Kreuz in die Haut geritzt und er in weiterer Folge als „Fritz“ beschimpft worden sei. Befragt, wo und wann sich der letzte Vorfall ereignet habe, entgegnete der 1.BF, dass der Angriff vor fünf Monaten zwischen zwei Dörfern stattgefunden habe, als er gerade auf dem Heimweg gewesen sei. Nachgefragt, ob seine Mutter und seine Frau ebenfalls attackiert worden seien, erwiderte der 1.BF, dass auf seine Gattin während ihrer Schwangerschaft mit einem Messer eingestochen worden sei, als sie gerade ein Geschäft verlassen habe. Die konkreten Personen habe der 1.BF aufgrund der nächtlichen Dunkelheit nicht gesehen. Auf die weitere Frage, wieso die Unbekannten ihn einfach schlagen sollten, gab der 1.BF zu Protokoll, dass es sich aus Bewohner seines Dorfes sowie aus benachbarten Ortschaften handle, da sie die Familie des 1.BF als „Deutsche“ qualifizieren. Auf Vorhalt, wie diese zu dieser Annahme gelangen sollten, brachte der 1.BF vor, dass seine Großmutter Deutsche sei und ehemalige Deutsche sein Heimatgebiet bereits verlassen hätten. Seine Ehefrau und sein Kind hätten keine eigenen Fluchtgründe und wären in der Republik Moldau aufgrund seiner Herkunft ebenfalls gefährdet. Er habe sich um die Zukunft seiner Tochter gesorgt. Befragt, ob er sich nicht in einen anderen Teil des Herkunftsstaates begeben hätte können, erwiderte der 1.BF, dass er befürchtet habe, an einem anderen Ort ebenfalls geschlagen zu werden. Seine Tochter sei zwar nie konkret bedroht worden, man habe ihn jedoch vor zukünftigen Übergriffen gewarnt.
Die 2.BF erklärte im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 22.11.2018, dass sie im Rahmen der Erstbefragung aufgrund der Stresssituation keine vollständigen Angaben getätigt habe. Sie habe nicht erwähnt, dass sie mit einem Messer verletzt worden sei. Einige Männer hätten sie gestoßen und ihren Mann geschlagen. In weiterer Folge sei sie mit einem Messer am Bauch verletzt worden, als sie weitere Angriffe verhindern habe wollen. Nach diesem Vorfall habe sie Angst gehabt, ihr Haus zu verlassen. Nachgefragt, wieso sie diesen Zwischenfall nicht bereits im Rahmen der Erstbefragung wiedergegeben habe, erklärte die 2.BF, dass sie dies nicht wisse, da sie die Nacht zuvor nichts geschlafen habe. Die Attacke der Männer habe sich jedenfalls während ihrer Schwangerschaft zugetragen, den genauen Tag oder die Identität der Männer könne die 2.BF jedoch nicht zu Protokoll geben. Die Frage, ob sie den geschilderten Vorfall bei der Polizei gemeldet habe, wurde von der 2.BF verneint und ausgeführt, dass ihnen von der Polizei immer selbst die Schuld für irgendwelche Vorfälle gegeben werde. Auf Nachfrage, welchen Grund die Männer gehabt hätten, sie und ihren Gatten zu überfallen, entgegnete die 2.BF, dass die Großmutter deutscher Abstammung sei. Auf die weitere Frage, wo der erwähnte Vorfall genau stattgefunden habe, replizierte die 2.BF, dass sie vor einem Geschäft in Chisinau unterwegs gewesen seien, sie jedoch den Standort nicht mehr genau wisse. Es habe sich jedenfalls um ein 24-Stunden Geschäft gehandelt, dessen Name sie sich nicht mehr in Erinnerung rufen könne. Befragt, was nach dem Zwischenfall passiert sei, erklärte die 2.BF, dass sie ab diesem Zeitpunkt Angst gehabt hätten, das Haus zu verlassen. Unmittelbar nach dem Vorfall seien sie nach Hause gegangen, ohne ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen. Zur Frage, in welchem Monat sie im Zeitpunkt des Vorfalles schwanger gewesen sei, brachte die 2.BF vor, dass sie es nicht genau wisse, ihr Bauch jedoch noch nicht groß gewesen sei. Sie selbst habe von diesem Angriff eine Wunde am Bauch davongetragen, ihr Ehegatte sei nur geschlagen worden.
Die Fragen, ob sie je von einer gerichtlichen Untersuchung oder einem Gerichtsverfahren betroffen gewesen sei, von einem Gericht zu einer Strafe verurteilt worden sei oder in Österreich arbeitstätig sei, wurden von der 2.BF verneint. Auf Nachfrage, wovon sie in der Republik Moldau gelebt habe und welcher Arbeitstätigkeit sie nachgegangen sei, replizierte die 2.BF, dass sie Kindergartenhelferin gewesen sei, bevor sie ihren Ehemann kennengelernt habe. Da sie schwanger geworden sei, habe ihr Gatte den Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten erwirtschaftet. Falls sie in Österreich bleiben könnte, würde sie einer Tätigkeit als Kindergärtnerin nachgehen. Die Fragen, ob sie selbst oder ihre Tochter Medikamente einnehmen würden, wurde vom 2.BF verneint. Ihr Ehemann habe in Österreich jedoch einen Arzt aufgesucht und nehme Medikamente ein, da er von den Schlägen weiterhin Beschwerden habe. In der Republik Moldau sei er nicht in Behandlung gewesen. Da sie kein Geld mehr für die Mietwohnung in Chisinau gehabt hätten, seien sie aus der Republik Moldau ausgereist und hätten sich nach Österreich begeben. Überdies sei ihr Ehemann vor der Ausreise noch zwei weitere Mal geschlagen worden. An den genauen Zeitpunkt dieses Vorfalles könne sie sich jedoch nicht erinnern, ihr Mann sei wegen diesem Vorfall auch nicht zur Polizei gegangen. Auf Nachfrage hätten sie sich nie an die Polizei gewandt, da die Korruption in der Republik Moldau hoch sei. Die Frage, wer die Täter bei den zwei weiteren Vorfällen gewesen seien, konnte die 2.BF nicht beantworten. Sie wisse auch nicht, wie ihr Ehemann und ihre Schwiegermutter im Herkunftsstaat den Lebensunterhalt verdient hätten. Ihr Vater sei als Schafhirte und ihre Mutter als Reinigungskraft in einem Krankenhaus tätig. Auf Nachfrage, woher sie das Geld für die Ausreise gehabt hätten, führte die 2.BF an, dass ihr Ehemann, ihr Schwager sowie ihre Schwiegermutter Geld gespart hätten. Da sie selbst kein Telefon habe, könne sie mit ihren Eltern nicht Kontakt aufnehmen. Die Frage, ob sie im österreichischen Bundesgebiet enge familiäre oder private Anbindungen habe, wurde von der 2.BF verneint. Ihre Fluchtgründe würden sich auch auf ihren Ehemann beziehen, da sie eine Familie seien und sie ebenfalls geschlagen worden sei. Auf erneute Nachfrage, weshalb sie die Republik Moldau verlassen hätten, gab die 2.BF an, dass sie geschlagen und erniedrigt worden seien und sie aufgrund des einmaligen Vorfalles Angst um ihre Tochter gehabt habe. Sie seien in der Republik Moldau die einzige Familie mit deutschen Namen gewesen. Ihre Tochter leite ihre Asylgründe ebenfalls von ihrem Vater ab. Die Frage, ob ihre Tochter im Heimatland auch geschlagen worden sei, wurde von der 2.BF verneint. Die 2.BF habe in der Republik Moldau normal leben können, bevor sie ihren Ehemann kennengelernt habe.
5. Der minderjährige 4.BF wurde XXXX .2019 in Österreich geboren und stellte vertreten durch seine Eltern am 02.09.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
6. Mit den o.a. Bescheiden vom 20.12.2018 bzw. vom 06.11.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz der BF sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. in Bezug auf die Republik Moldau ab (Spruchpunkte II.) und erteilte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkte III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Republik Moldau zulässig sei (Spruchpunkte V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise der BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Beweiswürdigend wurde in den Bescheiden ausgeführt, dass das Vorbringen des 1.BF insgesamt nicht glaubhaft und nachvollziehbar gewesen sei, da er keine glaubhaften, detaillierten Angaben zu einem angeblich massiven Vorfall machen habe können, im Zuge dessen er geschlagen worden sei. Das Bundesamt gehe davon aus, dass der 1.BF bewusst nicht ins Detail gegangen sei, um sich nicht in Widersprüche zu verstricken. Selbst auf mehrmalige Nachfrage sei der 1.BF nicht imstande gewesen, die Umstände um den geschilderten Vorfall zu konkretisieren. Die Identität der Angreifer habe der 1.BF auch nicht angeben können, er vermute lediglich, dass es sich bei den Personen um Leute aus seinem Heimatdorf bzw. aus benachbarten Ortschaften handle, was jedoch nicht nachvollziehbar sei, da der 1.BF diese nicht gekannt habe. Das Datum des besagten Vorfalles wisse der 1.BF ebenfalls nicht. Die gesamten Erzählungen des 1.BF seien somit absolut nicht nachvollziehbar und somit auch nicht glaubhaft. Es sei nicht verständlich, weshalb der 1.BF aufgrund seiner angeblichen Abstammung als „Deutscher“ in jeder Stadt in der Republik Moldau, in der er gelebt habe, immer wieder von irgendwelchen unbekannten Menschen verletzt und beschimpft worden sei. Genau wie der 1.BF habe die 2.BF ebenfalls keine genauen Angaben machen können, da sie nicht einmal angeben habe können, in welchem Monat sie schwanger gewesen sei, was nicht nachvollziehbar sei. Weder der 1.BF noch die 2.BF hätten irgendwelche Beweismittel vorlegen können. Die BF hätten somit nicht vermitteln können, einer aktuellen oder intensiven konventionsrelevanten oder intensiven EMRK-relevanten Gefahr unterlegen zu sein oder dass er einer solchen künftig unterliegen würde.
7. Gegen diese Bescheide erhoben die BF am 22.01.2019 fristgerecht durch ihren bevollmächtigten Vertreter gleichlautende Beschwerden, in denen die Bescheide in vollem Umfang angefochten wurden. Zusammenfassend wurde vorgebracht, dass die BF aufgrund der Nationalität einer Verfolgung ausgesetzt gewesen seien und tatsächlich mehrfach von privater Seite verfolgt worden. Wie den Länderfeststellungen zu der Republik Moldau zu entnehmen sei, sei sowohl das Justiz-als auch das Gesundheitssystem mit Korruption belastet. Der 1.BF habe einen Vorfall bei der Polizei angezeigt, doch sei dieser aufgrund des Erhalts von Bestechungsgeldern nicht mehr weiterbearbeitet. Einen Arztbesuch habe er sich aufgrund der schlechten finanziellen Situation nicht in Anspruch nehmen können, weshalb er keine Bestätigung über die erlittenen Verletzungen vorlegen könne. Der Heimatstaat sei nicht willens oder fähig, die BF vor weiteren Angriffen zu schützen, weswegen asylrechtlich relevante Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohe. Die gesamte Kernfamilie des 1.BF befinde sich derzeit in Österreich in offenen Asylverfahren und es gebe im Herkunftsstaat keine weiteren Verwandten. Im vorliegenden Fall würden die privaten Interessen der BF an einem Verbleib in Österreich zweifellos den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen.
8. Mit Dokumentenvorlage vom 10.09.2019 wurde vom bevollmächtigten Vertreter eine Teilnahmebestätigung am Kurs „Deutsch als Fremdsprache A1“ den 1.BF sowie ein Schreiben bezüglich der Aufnahme in einen Kindergarten und ein Gesamtauszug aus der Ambulanzkartei der Schieleambulanz zum 26.09.2019 mit der Diagnose „Astigmatismus“ die 3.BF betreffend in Vorlage gebracht.
9. Mit Dokumentenvorlage vom 18.09.2019 wurde vom bevollmächtigten Vertreter der BF eine Bestätigung über eine Nachbehandlung in der Kinderambulanz den 4.BF betreffend mit den Diagnosen „Hydronephrose Grad IV rechte Niere“ sowie „Hydronephrose Grad II linke Niere“ sowie „Windelsoor“ unter Anordnung einer medikamentösen Behandlung in Vorlage gebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den Personen der BF:
Der 1.BF ist der Ehemann der 2.BF; diese sind die Eltern der minderjährigen 3.BF und des minderjährigen 4.BF. Der BF sind Staatsangehörige der Republik Moldau. Die Identitäten der BF stehen fest und sind aus dem Spruch der gegenständlichen Entscheidung ersichtlich.
Die 1.-2.-und 3.BF reisten schlepperunterstützt ins Bundesgebiet ein und stellten am 30.08.2018 Anträge auf internationalen Schutz. Am 02.09.2019 stellten der 1.BF und die 2.BF für den nachgeborenen 4.BF einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die BF haben vor ihrer Ausreise nach Europa in der Stadt Chisinau gelebt. Der 1.BF wurde in der Stadt XXXX geboren und hat dort bis zum siebenten Lebensjahr gewohnt. In weiterer Folge übersiedelte der 1.BF mit seiner Familie nach XXXX , wo er von der zweiten Klasse bis zur neunten Klasse die Schule besucht hat. Anschließend ist er in XXXX sowie in XXXX einer Erwerbstätigkeit als Gehilfe eines Aufzugsmechanikers nachgegangen. Die 2.BF hat in der Republik Moldau neun Jahre die Grundschule besucht und vor ihrer Eheschließung als Kindergartenhelferin in einem Kindergarten gearbeitet.
Dem Verfahren wird nicht zugrunde gelegt, dass die BF in der Republik Moldau aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wären. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung der BF in die Republik Moldau festgestellt werden.
Ebenfalls wird dem Verfahren nicht zugrunde gelegt, dass die BF im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Moldau in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wären.
Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Die BF leiden an keinen physischen oder psychischen Krankheiten, welche eine Rückkehr in die Republik Moldau iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden. Die 3.BF leidet an Astigmatismus und der 4.BF leidet an einer Erweiterung des Nierenbeckens sowie einem Hautausschlag.
Die BF waren in der Republik Moldau in der Lage, sich ihren Lebensunterhalt durch die berufliche Tätigkeit des 1.BF als Gehilfe eines Aufzugsmechanikers zu sichern.
Die unbescholtenen BF halten sich nunmehr seit etwa zwei Jahren im Bundesgebiet auf. Die BF leben von der Grundversorgung und der 1.BF sowie die 2.BF gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Der 1.BF hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 erfolgreich bestanden. Die 3.BF wurde ab März 2020 für einen Kindergartenplatz vorgemerkt.
Im österreichischen Bundesgebiet hielten sich die Mutter, die Schwester sowie die Großmutter des 1.BF auf, die jedoch ebenfalls negative Entscheidungen erhielten. Eine nachhaltige Integration der BF im Sinne einer tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebiet kann nicht erkannt werden. Die Eltern sowie die Schwester der 2.BF halten sich nach wie vor in der Republik Moldau auf.
Eine die BF betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde daher keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.
Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zur medizinischen Versorgungssituation und zur Lage von Rückkehrern und Binnenflüchtlingen wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen in Bezug auf die Republik Moldau Folgendes festgestellt:
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
Moldau hat annähernd 34.000 km² Fläche und ca. 2,9 Mio. Einwohner (ohne Transnistrien). Das Land ist eine parlamentarische Demokratie, Staatsoberhaupt ist seit 23. Dezember 2016 Präsident Igor Dodon (PSRM). Regierungschef ist seit 20. Januar 2016 Ministerpräsident Pavel Filip (PDM). Das moldauische Parlament hat eine Kammer mit 101 Sitzen. Die Regierungskoalition umfasst derzeit die Demokratische Partei (PDM – 42 Sitze), informell auch auf die Europäische Volksgruppe (GPPE, 9 Sitze). Zur parlamentarischen Opposition gehören die Partei der Kommunisten der Republik Moldau (PCRM - 6 Sitze), die Partei der Sozialisten der Republik Moldau (PSRM - 24 Sitze), die Liberal-Demokratische Partei (PLDM - 5 Sitze), die Liberale Partei (PL - 9 Sitze) und 6 Parteilose (AA 3.2018a).
Zwei Runden der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 führten zur Wahl von Igor Dodon zum Präsidenten der Republik Moldau. Laut Wahlbeobachtungsmission der OSZE waren beide Wahlgänge kompetitiv und respektierten die Grundfreiheiten. Internationale und nationale Beobachter stellten jedoch eine polarisierte und unausgewogene Medienberichterstattung, harte und intolerante Rhetorik, mangelnde Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung und Fälle von Missbrauch administrativer Ressourcen fest (USDOS 20.4.2018).
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Juni 2018, die Bürgermeisterwahl in Chi?in?u wegen kleinerer Vorfälle (Vorwurf des Wahlkampfs über Social Media nach dem offiziellen Ende des Wahlkampfes) für nichtig zu erklären, trug weiter zur Wahrnehmung bei, dass die Justiz politisch entscheidet (FH 2019).
Die Republik Moldau erlebte im Jahr 2017 deutliche Anzeichen eines demokratischen Rückschritts mit illiberalen und autoritären Tendenzen und kam internationalen und nationalen Verpflichtungen bzw. Reformvorhaben nur zum Schein nach. Die Zeiten, in denen Moldau als Erfolgsgeschichte der europäischen Integration galt, sind vorbei. Das Verschwinden von einer Milliarde Dollar aus dem nationalen Bankensystem (2014) und die erbitterte Auflösung der Regierungskoalition, die dem Bankenskandal folgte, zerstörten viel von dem positiven Bild, das Moldau seit 2009 von sich aufzubauen verstanden hatte. Gerade die Rolle der Demokratischen Partei (PDM) wird in diesem Zusammenhang sehr kritisiert. Deren Vorsitzender, der Oligarch Vlad Plahotniuc, hatte es nach 2014 geschickt verstanden, seine Partei trotz einer bescheidenen demokratischen Legitimation von 16% bei den Parlamentswahlen 2014 zur wichtigsten politischen Kraft des Landes zu machen und diese Macht zu festigen, nicht zuletzt auch durch Einführung eines neuen Wahlsystems (JF 10.1.2018; vgl. FH 2019, BAMF 18.2.2019).
Laut Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europaparlaments befindet sich die Republik Moldau im Griff von oligarchischen Interessen mit einer Konzentration wirtschaftlicher und politischer Macht in den Händen einer kleinen Gruppe von Menschen, die Einfluss auf das Parlament, die Regierung, die politischen Parteien, die Staatsverwaltung, die Polizei, die Justiz und die Medien ausübt. Es werden darin Rückschritte bei demokratischen Standards und Rechtsstaatlichkeit und Mängel bei Unabhängigkeit der Justiz und Korruptionsbekämpfung moniert (BI 10.10.2018).
Bei der Parlamentswahl am 24. Feber 2019 hat keine Partei eine absolute Mehrheit gewonnen. Pro-russische und pro-westliche Kräfte sind fast gleichauf. Nach den ersten Ergebnissen liegen die pro-russischen Sozialisten (PSRM) von Staatspräsident Igor Dodon mit ca. 31% vorne. Gefolgt von dem bisher nicht im Parlament vertretenen pro-europäischen Wahlblock ACUM mit knapp 26%. Auf Platz drei, mit 24%, liegen die amtierenden formal pro-europäischen Demokraten (PDM) von Vlad Plahotniuc. Die Wahlbeteiligung lag nur bei 49%. Wenn nicht innerhalb von 45 Tagen eine Regierung gebildet wird, müssen Neuwahlen stattfinden (BAMF 25.2.2019).
Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten in einer ersten Reaktion den Urnengang vom 24. Feber als kompetitiv und bestätigten die generelle Respektierung grundlegender Rechte, sprachen jedoch auch von Vorwürfen des Drucks auf öffentlich Bedienstete, starken Hinweisen auf Stimmenkauf und den Missbrauch staatlicher Ressourcen (OSZE 25.2.2019). Oppositionsparteien werfen den regierenden Demokraten massiven Wahlbetrug vor. Sowohl die Demokraten als auch die Sozialisten beschuldigten einander des Stimmenkaufs. Laut der CEC gab es 18 Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten, aber die Wahlen verliefen ohne größere Zwischenfälle (RFE/RL 24.2.2019; vgl. RFE/RL 25.2.2019).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (3.2018a): Republik Moldau, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/moldau/201826, Zugriff 22.2.2019
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (18.2.2019): Briefing Notes vom 18.02.2019, per E-Mail
- BAMF -Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (25.2.2019): Briefing Notes vom 25.02.2019, per E-Mail
- BI – Balkan Insight (10.10.2018): Oligarchs Have ‘Captured Moldova’, EU Resolution Warns, https://balkaninsight.com/2018/10/10/eu-urges-moldovan-authorities-to-respect-democratic-standards-10-10-2018/, Zugriff 26.2.2018
-FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 4.3.2019
- JF – Jamestown Foundation (10.1.2018): A Year in Review: Oligarchic Power Consolidation Defines Moldova’s Politics in 2017, https://www.ecoi.net/de/dokument/1421482.html, Zugriff 22.2.2019
- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (25.2.2019): Fundamental rights generally respected in competitive Moldovan elections, though campaign tainted by violations, international observers say, https://www.osce.org/odihr/elections/moldova/412361, Zugriff 1.3.2019
- RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Free Europe (24.2.2019): Crucial Moldovan Parliamentary Vote Marred By Fraud Allegations, https://www.rferl.org/a/moldova-elections-dodon-socialists-acum-democrats-russia-eu/29787009.html?ltflags=mailer, Zugriff 1.3.2019
- RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Free Europe (25.2.2019): Moldova Elects Parliament With No Clear Majority, https://www.rferl.org/a/moldova-socialists-lead-democrats-acum-parliamentary-vote/29788181.html, Zugriff 1.3,2019
- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019
Sicherheitslage
Die Republik Moldau ist Teil der im Mai 2009 ins Leben gerufenen „Östlichen Partnerschaft der EU“, die das Land näher an die EU heranführen soll. Am 27. Juni 2014 wurde in Brüssel das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Moldau unterzeichnet, das am 1. Juli 2016 vollständig in Kraft trat. Zentraler Kern des Abkommens ist die Einrichtung einer Tiefen und umfassenden Freihandelszone (Deep and Comprehensive Free Trade Area - DCFTA), in deren Rahmen eine schrittweise Annäherung moldauischer Rechtsvorschriften an EU-Rechtsvorschriften und Standards erfolgen soll. Die Beziehungen zur Russischen Föderation bleiben für die Republik Moldau von zentraler Bedeutung, unter anderem wegen der Abhängigkeit der Republik Moldau von russischen Gaslieferungen und der großen Bedeutung des russischen Marktes für moldauische Exporte, insbesondere Agrarprodukte. Ein erheblicher Teil der moldauischen Gastarbeiter lebt in der Russischen Föderation. Seit 2013 hat die Russische Föderation Handelsrestriktionen gegen Moldau verhängt. Während die moldauische Regierung an einer pro-europäischen Ausrichtung des Landes festhält, bemüht sich Präsident Dodon um eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland, z.B. durch Erleichterungen bei den Handelsrestriktionen. Die OSZE unterhält seit 1993 eine Mission in Chi?in?u. Die Republik Moldau ist seit 1994 Partner der NATO. Die moldauische Verfassung schreibt die bündnispolitische Neutralität des Landes vor. Moldau nimmt innerhalb dieses Rahmens aktiv am NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“ teil und beteiligt sich mit Soldaten am KFOR-Einsatz. Im Dezember 2017 eröffnete die NATO ein Verbindungsbüro in Chisinau (AA 3.2018b).
Quellen:
-AA – Auswärtiges Amt (3.2018b): Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/-/202836, Zugriff 22.2.2019
Allgemeine Menschenrechtslage
Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen zählen Folter in Gefängnissen und psycho-neurologischen Einrichtungen; harte Haftbedingungen; willkürliche Festnahme oder Inhaftierung; Verweigerung eines fairen öffentlichen Verfahrens; Einschränkungen der Medienfreiheit, Korruption; Fälle von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen in Betreuungseinrichtungen; und Menschenhandel. Eine Vielzahl nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Beschränkungen und untersucht Menschenrechtsfälle und veröffentlicht ihre Ergebnisse. Regierungsstellen sind einigermaßen kooperativ und offen für deren Vorstellungen. Es gibt eine voll funktionsfähige Ombudsstelle der Regierung. Das Parlament verfügt auch über einen eigenen ständigen Ausschuss für Menschenrechte und interethnische Beziehungen (USDOS 20.4.2018).
Auf offizieller Ebene ist die Republik Moldau verpflichtet, die Bürgerrechte zu achten, die gesetzlich kodifiziert sind. Trotz positiver Entwicklungen in dieser Hinsicht über die letzten Jahre hinweg, werden Grundfreiheiten immer noch oft verletzt. Dies betrifft das Fehlen fairer Verfahren, Hassreden, das Recht auf sozialen Schutz und Gesundheitsversorgung, schlechte Bedingungen in Gefängnissen, Menschenhandel und die Rechte sexueller Minderheiten und der Roma-Gemeinschaft. Und obwohl moldauische Gesetze Folter verbieten, gibt es Berichte über Verletzungen des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, einschließlich Fälle des Todes von Gefangenen oder Häftlingen (BS 2018).
Einige Menschenrechtsanwälte und -aktivisten hatten unter politisch motivierten Medienkampagnen, polizeilichen Ermittlungen und Anklagen zu leiden. Aktivisten der Zivilgesellschaft äußeren Bedenken gegen Abhöraktionen und stellen fest, dass die Anzahl der von den Richtern der Republik Moldau genehmigten Abhöranfragen zunimmt (FH 2019).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019
- BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019
- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019
- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019
Bewegungsfreiheit
Die Gesetze garantieren Reisefreiheit innerhalb und außerhalb des Landes und die moldauischen Behörden respektieren diese Rechte generell. Obwohl die Bürger im Allgemeinen frei reisen und in das Land zurückkehren können, gab es einige Einschränkungen bei der Auswanderung. Vor der Auswanderung verlangt das Gesetz, dass alle ausstehenden finanziellen Verpflichtungen mit anderen Personen oder juristischen Personen beglichen werden. Die Regierung setzt diese Anforderung aber nicht streng durch. Das Gesetz sieht auch vor, dass nahe Verwandte, die finanziell von einem potenziellen Auswanderer abhängig sind, zustimmen müssen, bevor der potenzielle Auswanderer das Land verlassen darf. Die Behörden setzen auch dieses Gesetz nicht durch (USDOS 20.4.2018).
Das Gesetz schützt die Personenfreizügigkeit im Inland und Ausland und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Es gibt keine formellen Einschränkungen für das Recht, den Arbeits- oder Ausbildungsort zu wechseln (FH 2019).
Quellen:
- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 4.3.2019
- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019
Grundversorgung und Wirtschaft
Die Republik Moldau hat eine in weiten Teilen freie Marktwirtschaft. Als Teil des Assoziierungsabkommens mit der EU ist die Einrichtung einer Vertieften und Umfassenden Freihandelszone (Deep and Comprehensive Free Trade Area - DCFTA) vereinbart worden. Diese Freihandelszone sieht die schrittweise Annäherung moldauischer Rechtsvorschriften an die der EU vor und ermöglicht eine enge Anbindung an den EU-Binnenmarkt. Die Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas. Die EU ist größter Handelspartner. Die Republik Moldau ist aber weiterhin in hohem Maß auf Russland als Energielieferant und wichtigem Absatzmarkt für Agrarerzeugnisse sowie Rücküberweisungen dort lebender Gastarbeiter angewiesen. 48,8% der Beschäftigten arbeiteten 2017 im Dienstleistungssektor, 35,2% in der Landwirtschaft und 16% in der Industrieproduktion sowie Bauwirtschaft. Die Republik Moldau rangiert beim Human Development Index (2016) auf Rang 107 von 188 Ländern. Das Stadt-Land-Gefälle ist beträchtlich. In den meisten Dörfern fehlt der Anschluss an das Wasser- und Abwassersystem, Straßen und Wege sind oft unbefestigt. Eltern gehen vielfach als Arbeitsmigranten ins Ausland und lassen Kinder und alte Menschen zurück. Die Rücküberweisungen der fast 1.000.000 Auslands-Moldauer belaufen sich auf ein Viertel des BIP. Die Arbeitslosenrate wurde für 2017 mit 3,2 % angegeben. Diese Zahl berücksichtigt weder die Migranten noch die erhebliche Schattenwirtschaft. Das monatliche Durchschnittsgehalt von knapp 270 Euro reicht zum Leben nicht aus. In den Dörfern wird daher häufig Subsistenzwirtschaft betrieben und in den Städten sind Mehrfach- und Gelegenheitsjobs die Regel (AA 3.2018e).
Die Schattenwirtschaft macht 30% des Bruttosozialprodukts aus. Rund 30% der arbeitenden Bevölkerung sind im informellen Sektor tätig und mehr als die Hälfte dieser Jobs findet sich in der Landwirtschaft (USDOS 20.4.2018).
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist unter normalen Umständen sichergestellt. Sozialhilfe für bedürftige Personen wird nicht gewährt. Bedürftige können sehr geringe Zuschüsse zu den Heizkosten beantragen und Alleinerziehende (Mütter) können ebenfalls sehr geringe Zuschüsse zum Kindesunterhalt beantragen. Es gibt keine nennenswerte staatliche Unterstützung bei der Wohnungssuche. Arbeitslose können sich bei Arbeitsbörsen anmelden und erhalten bis zu maximal 9 Monaten geringe Unterstützung (AA 29.10.2018).
Moldau verfügt über ein Sozialsystem, für das alle Beschäftigten Beiträge einzahlen. Zusätzlich gibt es eine vom Staat gewährte Komponente an Sozialhilfen. Es gibt Renten für Pensionisten, Hinterbliebene und Behinderte, Leistungen für Krankheit, Mutterschaft und Pflege, Leistungen bei Arbeitsunfällen, Arbeitslosigkeit und Familienbeihilfen. Der Zugang zu den Leistungen richtet sich immer entweder nach dem Alter, gearbeiteten Jahren, Grad der Behinderung usw. (SSA 9.2018).
Laut amtlicher Statistik aus dem Jahr 2015 verfügt Moldau über eine aktive Bevölkerung von 1.265.600. Es ist nicht klar, welcher Prozentsatz der Bevölkerung tatsächlich vom Sozialsystem erfasst wird. 2015 erhielten 279.330 Personen Krankengeld und 679.877 Altersrenten. Es kann davon ausgegangen werden, dass Leistungen für Arbeitslose und Rentner nicht ausreichend sind. Bei der Sozialhilfe gab es Verbesserungen, aber auf niedrigem Niveau (CoE 1.2018).
Die Effizienz des moldauischen Sozialhilfesystems ist aufgrund der schlechten finanziellen Lage des Landes weiterhin sehr eingeschränkt. Dabei sind die Rentenzahlungen niedrig (im Durchschnitt nicht mehr als 65 USD pro Monat, was etwa 10 USD unter dem moldauischen Existenzminimum liegt). Das Niveau der Arbeitslosenunterstützung ist ebenfalls unzureichend und entspricht der durchschnittlichen Rente. Die Situation von Rentnern ist sehr schlecht, da 89% der Rentner erklären, dass ihr Einkommen entweder nicht ausreichend ist , um die Grundbedürfnisse zu decken, oder nur die absolut notwendigen Ausgaben erlaubt (BS 2018).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019
- AA – Auswärtiges Amt (3.2018e): Republik Moldau, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/-/201934, Zugriff 22.2.2019
- BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019
- CoE – Council of Europe - European Committee of Social Rights (ECSR) (1.2018): European Committee of Social Rights Conclusions 2017; Moldova, https://www.ecoi.net/en/file/local/1425569/1226_1519804343_cr-2017-mda-eng.pdf, Zugriff 22.2.2019
- SSA – US Social Security Administration (9.2018): Social Security Programs Throughout the World, Moldova, https://www.ecoi.net/en/file/local/1447001/1788_1539767421_moldova.pdf, Zugriff 26.2.2019
- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019
Medizinische Versorgung
Es gibt eine staatliche beitragsfinanzierte Pflicht-Krankenversicherung, die auch (gegen Zahlung einer jährlichen Versicherungsgebühr) die Behandlung nicht erwerbstätiger Personen übernimmt. Die Dienstleistungen im staatlichen Gesundheitswesen sind grundsätzlich für Moldauer umsonst und jegliche Form der Bestechung ist unter Strafe gestellt. In der Praxis jedoch sind Extrazahlungen die Regel, um z. B. Zugang zu bestimmten Untersuchungen/Eingriffen zu erhalten oder diesen Zugang zu beschleunigen. Ebenso ist die freie Arztwahl tatsächlich nur gegen entsprechende Zahlung möglich. Für derartige Zahlungen sind Quittungen natürlich nicht erhältlich. Sie sind somit auch nicht erstattungsfähig. Andere Leistungen wie z. B. zahnmedizinische Prophylaxen bzw. Behandlungen werden durch die staatliche Pflichtversicherung erst gar nicht abgedeckt. Behandlungsmöglichkeiten in den staatlichen und privaten Krankenhäusern sind nicht mit dem westeuropäischen Standard vergleichbar. In ländlichen Gebieten existiert bestenfalls eine eingeschränkte Grundversorgung. Keine Klinik kann ein umfassendes Behandlungspaket anbieten; angeboten wird sowohl von staatlichen als auch Privatkliniken vielmehr nur in Teilbereichen Medizin auf hohem Niveau, wobei dieser Service gelegentlich an die Fachkompetenz einzelner Ärzte gebunden ist und somit nicht für die gesamte Klinik gilt. Die Versorgung mit Medikamenten ist nicht überall gesichert. Auch in der Hauptstadt kommt es gelegentlich zu Engpässen. Staatliche Preisvorgaben haben in der Vergangenheit zu einem Rückzug vieler ausländischer Arzneimittelhersteller vom moldauischen Markt geführt. Die gezielte persönliche Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist grundsätzlich möglich (AA 29.10.2018).
Die Verfassung von 1994 garantiert das Recht auf Gesundheit und eine kostenlose Basisbehandlung durch den Staat. 2001 wurde die verpflichtende Krankenversicherung geschaffen und 2004 landesweit eingeführt. Die staatliche Garantie eines universellen Zugangs zu medizinischer Basisversorgung wurde überarbeitet und durch die verpflichtende Krankenversicherung ergänzt. Die primäre Gesundheitsversorgung in Moldau basiert auf den familienmedizinischen Zentren und Gesundheitszentren, mit Ordinationen und Gesundheitsbüros in den ländlichen Gegenden. Seit Anfang 2008 sind diese verwaltungstechnisch autonom, davor unterstanden sie dem nächstgelegenen Bezirkskrankenhaus. Die sekundäre Versorgung umfasst spezialisierte ambulante und stationäre Behandlung in Bezirks- und städtischen Krankenhäusern. In Chisinau gibt es davon unabhängige spezialisierte ambulante Betreuung durch örtliche medizinische Vereinigungen. In jedem Bezirk gibt es darüber hinaus notfallmedizinische Einrichtungen (Ambulanzdienste) des Gesundheitsministeriums. Die medizinischen Einrichtungen der tertiären Versorgung bieten spezialisierte und hochspezialisierte medizinische Versorgung für die gesamte Bevölkerung. Sie befinden sich fast alle in Chisinau und unterstehen dem Gesundheitsministerium. Alle drei Organisationsebenen haben Verträge direkt mit der verpflichtenden Krankenversicherung. Viele medizinische Dienste werden von Privaten angeboten, vor allem Spezialambulatorien, diagnostischen Labors, Apotheken usw. Diese können Verträge mit der Versicherung haben. Es gibt parallel eine ganze Reihe von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen anderer Ministerien, die deren Budgets unterliegen aber auch Verträge mit der Versicherung haben können. Eine große Zahl an NGOs, welche auf dem Gesundheitssektor aktiv sind, arbeiten vor allem in den Bereichen HIV/AIDS bzw. Tuberkulose-Eindämmung und in der Kindergesundheit. Sie arbeiten mit an der Formulierung von Gesundheitspolitik und beim Monitoring der Umsetzung von Gesundheitsreformen. Die Ausgaben für das Gesundheitssystem sind relativ niedrig. Das Basispaket der verpflichtenden Krankenversicherung umfasst grundlegende Versorgung von Erkrankungen, eine kurze Liste von Medikamenten, welche übernommen werden; Notfallversorgung; primäre, sekundäre und tertiäre (auch Rehabilitation) medizinische Versorgung; Zahnbehandlung; Krankentransport; Laborleistungen; Heimpflege und palliative Pflege. 2012 wurde das Paket um neue immunologische, radiologische und nuklearmedizinische Behandlungen erweitert. Diese Behandlungen werden gewährt, wo medizinisch nötig. 2011 scheiterte der Versuch der Regierung einen Selbstbehalt für Arztbesuche einzuführen. Out-of-pocket-Zuzahlungen gibt es in Form von Direktzahlungen und informellen Zahlungen. Schätzungen aus dem Jahr 2011 gingen davon aus, dass der Anteil an Zuzahlungen in Spitälern bei 58% lag. Bei Unversicherten liegen die Zahlen höher. Leistungen, die nicht unter die verpflichtende Krankenversicherung fallen, müssen direkt bezahlt werden, mehrheitlich sind das Medikamente und zahnmedizinische Leistungen. Out-of-pocket-Zuzahlungen sind vor allem bei Medikamenten recht hoch, was die Regierung veranlasste, den Preisregulierungsmechanismus für Medikamente zu ändern. Informelle Zahlungen (also Bestechung für mehr, bessere oder schnellere Leistungen) betreffen einer Umfrage zufolge in Spitälern 37,9% der Patienten. Diese leisteten informelle Zahlungen an Krankenhauspersonal (durchschnittlich USD 100,-). In ländlichen Gebieten waren es 40,8% der Patienten. Am häufigsten waren die informellen Zahlungen in der tertiären medizinischen Versorgung (48,4%). Nach Fachgebieten geordnet waren informelle Zahlungen in Geburtseinrichtungen (71%) am häufigsten, gefolgt von der Chirurgie (50,9%). Von den versicherten Patienten tätigten 36,8% informelle Zahlungen, von den Unversicherten hingegen 45,5%. Das Gesundheitsministerium ist bestrebt dieses Phänomen zurückzudrängen. Das Netzwerk öffentlicher Gesundheitseinrichtungen in Moldau besteht aus dem Nationalen Zentrum für öffentliche Gesundheit in Chisinau, zwei städtischen Zentren für öffentliche Gesundheit in Chisinau und Balti, und 34 Bezirkszentren für öffentliche Gesundheit, zuzüglich sieben Zentren für öffentliche Gesundheit anderer Ministerien welche parallel bestehen. Das Netzwerk der Labors besteht aus physikalischen, chemischen, mikrobiologischen, parasitologischen und radiologischen Labors bis hinunter auf die Bezirksebene. Einer Umfrage zufolge sind 80,2% der Moldauer mit den Leistungen ihrer Krankenhäuser zufrieden, aber 53,4% äußerten Kritik an den Zuzahlungen. Wartezeiten sind relativ kurz. 75% fühlen sich über die Behandlung gut informiert und auf dem Laufenden gehalten. 28% haben das Gefühl, die Krankenversorgung habe sich verbessert, 10% meinen das Gegenteil und 30% sehen keine Änderung. Die Sterblichkeit ist in Moldau für europäische Verhältnisse hoch, jedoch im internationalen Kontext niedrig. Die Häufigkeit von Tuberkulose, insbesondere multiresistenter TB, ist ein Problem. Arbeitslose müssen sich arbeitslos melden und erhalten dann für sechs Monate Arbeitslosengeld und Krankenversicherung. Viele Roma haben Probleme mit der verpflichtenden Krankenversicherung, weil sie nicht über die für den Zugang nötigen Identitätsdokumente verfügen oder in entlegenen Gegenden leben (WHO 2012).
Das moldauische Gesundheitssystem zielt auf universellen und kostenlosen Zugang zu bestimmten Behandlungen (Grundversorgung, vorklinische Notfallversorgung, Behandlung von Tuberkulose, AIDS und Krebs), egal ob der Patient versichert ist oder nicht. Die Pflichtversicherung deckt Angestellte und Selbstständige auf der Grundlage von Beiträgen ab, bestimmte andere Personengruppen sind automatisch abgedeckt (Kinder, Studenten, Schwangere und Wöchnerinnen und Mütter von vier oder mehr Kindern, Menschen mit Behinderungen, Rentner, formal arbeitslos gemeldete Personen, pflegende Angehörige und Sozialhilfeempfänger). Es ist nicht klar, welcher Prozentsatz der Bevölkerung tatsächlich vom Gesundheitssystem erfasst wird (CoE 1.2018).
Die öffentliche Gesundheitsversorgung ist nach wie vor extrem unterfinanziert und der Großteil der Bevölkerung ist gezwungen private Mittel zu verwenden, um angemessene Pflege zu erhalten. Das fördert Korruption bei medizinischem Personal (BS 2018).
Die Umstrukturierung der öffentlichen Gesundheitsdienste ist in vollem Gange, einschließlich einer formellen Entscheidung zur Einrichtung einer Nationalen Gesundheitsbehörde. Ein aktualisiertes Konzept zur Krankenhausregionalisierung wurde vorgelegt, es gab aber keine Fortschritte bei der Umsetzung der Krankenhausreform. Moldau beteiligt sich am EU-Gesundheitsprogramm 2014-2020 (EC 3.4.2018).
Die Verteilungsungleichheit zwischen Stadt und Land, auch im Bereich der Gesundheitsversorgung, gibt Anlass zur Besorgnis. Die jüngsten Dezentralisierungsmaßnahmen der Regierung haben das Problem eher verschärft, da die Gemeinden unterschiedlich leistungsfähig sind. Die öffentlichen Ausgaben für Gesundheit sinken, Korruption ist im Gesundheitssektor weit verbreitet. Durch Abwanderung fehlt gut ausgebildetes medizinisches Personal. Von der obligatorischen Krankenversicherung werden rund 20 Prozent der Bevölkerung nicht abgedeckt. Die allgemeine Qualität der Gesundheitsdienstleistungen ist schlecht und es gibt keine Monitoringmechanismen für öffentliche Gesundheitseinrichtungen. Roma, Behinderte, HIV/AIDS-Kranke, Flüchtlinge/Asylwerber und andere benachteiligte und marginalisierte Personen und Gruppen sind beim Zugang zu Gesundheitsversorgung diskriminiert. HIV/AIDS verbreiten sich zusehends, ebenso die Tuberkulose, vor allem die mehrfach medikamentenresistente Tuberkulose. Drogenkonsumenten sind Berichten zufolge gelegentlich einer Zwangsbehandlung in Verbindung mit Inhaftierung unterzogen, während die internationale Finanzierung für Drogenprogramme zurückgeht (UN CESCR 19.10.2017).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019
- BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019
- CoE – Council of Europe - European Committee of Social Rights (ECSR) (1.2018): European Committee of Social Rights Conclusions 2017; Moldova, https://www.ecoi.net/en/file/local/1425569/1226_1519804343_cr-2017-mda-eng.pdf, Zugriff 22.2.2019
- EC – European Commission (3.4.2018): Association Implementation Report on Moldova, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/association_implementation_report_on_moldova.pdf, Zugriff 22.2.2019
- UN CESCR – UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights (19.10.2017): Concluding observations on the third periodic report of the Republic of Moldova, https://www.ecoi.net/en/file/local/1416373/1930_1508916285_g1732326.pdf, Zugriff 5.3.2019
- WHO – Weltgesundheitsorganisation (2012): Health Systems in Transition, Vol. 14, No. 7 2012, Republic of Moldova. Health system review, http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0006/178053/HiT-Moldova.pdf?ua=1, Zugriff 24.5.2018
Rückkehr
Nach vorliegendenden Erkenntnissen müssen aus Deutschland oder anderen Staaten rückgeführte moldauische Staatsangehörige nicht damit rechnen, bei ihrer Rückkehr in die Republik Moldau festgenommen, misshandelt oder sonstigen staatlichen Maßnahmen ausgesetzt zu werden. Abgesehen von einem Pilotprojekt in der Hauptstadt zur Notunterbringung gibt es keine weiteren Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrerinnen und Rückkehrer. Bei dem Pilotprojekt handelt es sich um einen Dienst beim Republikanischen Asylheim für Behinderte und Rentner (untergeordnet dem Ministerium für Arbeit, Familie, und soziale Sicherheit – MLSPF) mit einer Kapazität von maximal 10 Betten. Die moldauische Migrationsbehörde führt eine Informationskampagne für rückgeführte Roma durch (AA 29.10.2018).
Die Republik Moldau wurde als eines der Pilotländer für die 2008 begonnene Mobilitätspartnerschaft mit der EU ausgewählt. Hierbei werden Projekte im Bereich Asyl, Grenzmanagement sowie Arbeitsmigration mit verschiedenen Mitgliedstaaten umgesetzt. Am 1. Januar 2008 ist zwischen der EU und der Republik Moldau ein Rückübernahmeabkommen in Kraft getreten. Seit Ende April 2014 können sich moldauische Staatsangehörige bis zu 90 Tage im Halbjahr visumfrei in den EU-Mitgliedstaaten (außer dem Vereinigten Königreich und Irland) aufhalten (AA 3.2018c).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019
- AA – Auswärtiges Amt (3.2018b): Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/-/202836, Zugriff 22.2.2019
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zu den Personen der BF und dem vorgebrachten Fluchtgrund:
Die Feststellungen zu den Personen der BF und ihren persönlichen und familiären Verhältnissen ergeben sich aus den dahingehenden Angaben des 1.BF und der 2.BF vor dem BFA in Zusammenschau mit den im Original in Vorlage gebrachten moldawischen Reisepässen. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zur Republik Moldau deckenden - Aussagen der BF zu zweifeln.
Die Feststellung, dass die BF jeweils an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leiden, ergibt sich aus deren Angaben im Rahmen ihrer Einvernahmen vor dem BFA in Zusammenschau mit den im Zuge des Verfahren vorgelegten medizinischen Befunden.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der BF ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
Wie auch von der belangten Behörde festgestellt, waren die Angaben der BF betreffend ihre Diskriminierungen sowie Belästigungen durch unbekannte Privatpersonen nicht glaubhaft. Es gibt keine Hinweise auf eine staatliche Verfolgung der BF oder eine Schutzunwilligkeit oder Schutzunfähigkeit der Behörden, zumal ihre geschilderten Probleme bereits über Jahre hinweg bestanden und die BF allein aus diesem Grund auch keine weitergehende Verfolgung vorbrachten bzw. der 1.BF keine konkreten Personen, von denen eine Gefährdung ausgehen könnte, benennen konnte. Es ist daher davon auszugehen, dass der 1.BF ein Opfer allgemeiner Kriminalität geworden ist, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner deutschen Abstammung steht.
Es sind im Verfahren zudem keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wie die deutschen Wurzeln des 1.BF nach außen erkennbar sein sollten, da dieser nicht einmal die deutsche Sprache beherrscht. Unabhängig davon wurden im gesamten Verfahren auch keine Berichte vorgelegt, die auch nur ansatzweise aufzeigen würden, dass Angehörige der deutschen Minderheit in der Republik Moldau unter unerträglichen Bedingungen leben würden.
Im Ergebnis bleiben somit einzig allgemeine Befürchtungen, aufgrund eines deutschen Nachnamens diskriminiert zu sein, wofür sich allerdings aus den Länderfeststellungen überhaupt kein konkreter Hinweis liefert.
Überdies ist logisch nicht nachvollziehbar, dass der 1.BF einerseits angab, die Angreifer im Zuge des geschilderten Vorfalles aufgrund der Dunkelheit nicht erkannt zu haben, andererseits aber erklärte, dass diese von der Polizei ausfindig gemacht worden seien und sich diese durch Bestechungsgelder freikaufen hätten können. Daher ist bereits aufgrund dieser wenig plausiblen Angaben nicht von einer pauschalen Untätigkeit der moldawischen Exekutive auszugehen.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die BF nicht schlüssig erklären konnten, weshalb sie trotz erheblicher Gefährdung der 2.BF aufgrund ihrer Schwangerschaft keinen Arzt aufsuchten.
Andere Fluchtgründen wurden von den BF im behördlichen Verfahren nicht vorgebracht und sind auch vor dem Hintergrund der ins Verfahren eingebrachten Länderberichte nicht hervorgekommen.
Aufgrund der, wie dargestellt, rein spekulativen Befürchtungen des 1.BF hinsichtlich einer Verfolgung sowie dem unsubstantiierten Beschwerdevorbringen, in welchem ebenfalls kein Sachverhalt aufgezeigt wurde, welcher eine Gefährdung seiner Person in der Republik Moldau erklärbar erscheinen ließe, ist die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Verfolgung von staatlicher oder privater Seite zu befürchten hat.
Da die 2.BF in ihrem eigenen Verfahren darüber hinaus keine individuellen Verfolgungsbefürchtungen geäußert hat, sondern sich ebenfalls ausschließlich auf die Gründe des 1.BF sowie allgemeine Diskriminierungen berufen hat, war die Feststellung zu treffen, dass auch der 2.BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine individuelle Gefährdung von staatlicher oder privater Seite droht.
Den vorliegenden Länderberichten lassen sich zudem keine Hinweise auf eine etwaige Verfolgung oder maßgebliche Diskriminierung der BF in zentralen Teilen der Republik Moldau aufgrund ihrer Herkunft zu entnehmen.
Die Beschwerden sind den Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden, demnach die BF aufgrund ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes zu einer uneingeschränkten Teilnahme am Erwerbsleben fähig sind und ihren Lebensunterhalt wie bereits vor ihrer Ausreise eigenständig bestreiten werden können, nicht entgegengetreten. Die Beschwerden haben nicht aufgezeigt, weshalb es der Familie nicht möglich sein sollte - nach allfälligen Startschwierigkeiten - eine neue Existenz aufzubauen und ein Leben unter würdigen Bedingungen zu führen. Hierzu ist festzuhalten, dass sowohl der 1.BF als auch die 2.BF über Berufserfahrung (Aufzugsmechaniker, Kindergartenhelferin) verfügen und sich diese Kenntnisse auch am Arbeitsmarkt in anderen Landesteilen zu Nutze machen könnten.
2.2. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die in das Verfahren miteinbezogenen Länderinformationen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen. Der aktuelle Länderbericht der Staatendokumentation ist im Wesentlichen eine Aktualisierung des von der belangten Behörde verwendeten Berichtes, auch der aktuelle Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes zeigt nicht auf, dass auf Grund der allgemeinen Ländersituation eine besondere Gefahrenlage für die konkreten BF besteht. Eine ausweglose Situation für den Fall der Rückkehr ist bei den BF aus den eben genannten Gründen nicht erkennbar, wobei erneut darauf hinzuweisen ist, dass die BF ausschließlich auf Grund des Familiennamens überhaupt der deutschen Volksgruppe zuordenbar sind, offensichtlich haben sämtliche Familienmitglieder sich in der Republik Moldau überhaupt keine Kenntnisse der deutschen Sprache angeeignet und sprechen ausschließlich die in der Republik Moldau üblichen Landessprachen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
3.1. Zu Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide (Asyl):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses