TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/24 W283 1251313-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.09.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W283 1251313-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2019, Zl. 741114304 - 190828094, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, stellte erstmals am 28.05.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte zusammengefasst vor, er habe 1996 im ehemaligen Jugoslawien eine Firma gegründet, wobei sein Geschäftspartner anschließend in die Machenschaften der Mafia geraten sei. Ein Clan habe vom Beschwerdeführer und dessen Geschäftspartner ein monatliches Schutzgeld verlangt. Es sei ihnen mit dem Tod gedroht worden, wenn sie dieses nicht bezahlten. Der Beschwerdeführer sei in Österreich von drei Männern aufgesucht worden, die ihn und seinen Vater geschlagen und dem Beschwerdeführer aufgetragen hätten, am nächsten Morgen einen näher genannten Betrag zu bezahlen. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer eine Bank in Österreich überfallen und sei anschließend in seine Heimat zurückgekehrt. Sein Geschäftspartner habe das Schutzgeld nicht bezahlen können, weshalb er im Jahr 2001 erschossen worden sei. Im November 2001 sei der Beschwerdeführer wieder nach Österreich zurückgeschickt worden, um erneut Geld zu beschaffen.

2. Das Bundesasylamt wies den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 23.06.2004 ab (Spruchpunkt I.), erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien-Montenegro für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt III.). Begründend führte es unter anderem aus, es sei nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Verfolgung drohe und liege zudem keine asylrelevante Verfolgung vor.

3. Das dagegen erhobene Rechtsmittel wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.03.2014, G304 1251313-2/32E, hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) zurückverwiesen.

Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass von keiner Asylrelevanz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) auszugehen sei und der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeergänzung vom 03.02.2013 überdies angegeben habe, nicht mehr von einem Clan verfolgt zu werden. Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers hielt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer habe nach eigenen Angaben drei Herzinfarkte erlitten, wobei sein gesundheitlicher Zustand ihn nicht daran hindere, seine Interessen im Verfahren aus eigenem wahrzunehmen. Eine unmittelbare Lebensbedrohung im Falle einer Rücküberstellung könne nicht festgestellt werden.

4. Mit Bescheid vom 20.04.2017 erteilte das Bundesamt den Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei. Unter einem erließ es gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot und hielt fest, dass er sein Recht zum Aufenthalt im Bundegebiet ab dem 02.11.2007 verloren habe. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

5. Während seiner Anhaltung in Haft stellte der Beschwerdeführer am 13.08.2019 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte er begründend dazu im Wesentlichen aus, er sei in der Justizanstalt auf ein Mitglied des Clans getroffen, welches ihn sofort wiedererkannt habe. Dabei habe der Beschwerdeführer erfahren, dass der Clan über seinen Aufenthalt in der Justizanstalt Bescheid wisse. Im Falle seiner Entlassung drohe dem Beschwerdeführer in Serbien der Tod durch die Mitglieder des Clans.

6. In der am 05.09.2019 durchgeführten Einvernahme durch das Bundesamt gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, bei dem bereits in der Erstbefragung genannten Clan handle es sich um kriminelle Personen, die vor Mord nicht zurückschrecken würden. Der Cousin des Beschwerdeführers sei halbtot geschlagen worden und der Beschwerdeführer sei erpresst worden und musste daher in Österreich einen Banküberfall begehen. Der Beschwerdeführer wisse, dass er keine Chance auf Asyl habe, aber habe er gesundheitliche Probleme und benötige eine Versicherung aufgrund seiner Erkrankung. Sein Gesundheitszustand habe sich seit Abschluss des Vorverfahrens wesentlich verschlechtert, er habe sieben Herzinfarkte erlitten, werde in Österreich behandelt und könne ein Spenderherz erhalten. Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer ärztliche Unterlagen vor.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.). Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens des Beschwerdeführers nicht geändert. Er habe keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht. Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers hielt das Bundesamt fest, er leide an einer Herzerkrankung und habe bereits Herzinfarkte erlitten, es sei ihm jedoch möglich, die Krankheit in seinem Heimatland behandeln zu lassen.

8. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde. Er brachte zusammengefasst vor, es liege ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vor, zumal sich sein Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert habe. Der Beschwerdeführer habe auch einen Antrag nach § 133 StVG wegen Haftunfähigkeit gestellt, welcher noch geprüft werde. Aus einem Untersuchungsbericht 05.09.2019 gehe hervor, dass die gesamte gesundheitliche Lage des Beschwerdeführers sehr labil sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Serbien einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, weshalb ihm die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 zuerkennen hätte müssen. Unter anderem wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Im beigelegten handschriftlichen Schreiben des Beschwerdeführers wurde darüber hinaus ausgeführt, es biete sich in Österreich die Möglichkeit, einen Defibrillator eingesetzt zu bekommen und in die Warteliste für ein Spenderherz aufgenommen zu werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Er ist serbischer Staatsangehöriger (AS 147, 163; Erkenntnis des BVwG vom 21.03.2014, G304 1251313-2/32E, S. 5). Er wurde in Serbien geboren und ist seit dem Jahr 1969 – mit einigen Unterbrechungen – im Bundesgebiet aufhältig (AS 71 f; Erkenntnis des BVwG vom 21.03.2014, G304 1251313-2/32E, S. 5).

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Strafhaft (AS 5, 9; Auszug aus dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister).

1.2. Zum Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz

1.2.1. Am 28.05.2004 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, er werde von einem Clan bedroht und erpresst (Protokolle der Einvernahmen durch das Bundesasylamt vom 15.06.2004 und 18.06.2004). Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 23.06.2004 ab. Auch das dagegen erhobene Rechtsmittel wurde hinsichtlich des ersten Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.03.2014 als unbegründet abgewiesen (GZ G304 1251313-2/32E).

1.2.2. Der Beschwerdeführer stellte während aus dem Stande der Strafhaft am 13.08.2019 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (AS 5-11). Diesen begründete er damit, dass er in der Justizanstalt auf ein Mitglied des Clans getroffen sei und ihm bei seiner Haftentlassung in Serbien der Tod durch die Mitglieder des Clans drohe (AS 9-11, 69-71). Zudem brachte er seinen seit der Rechtskraft des ersten Verfahrens wesentlich verschlechterten Gesundheitszustand vor (AS 73).

1.2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück (AS 89-131).

1.2.4. Hinsichtlich des Antrags auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten konnte der Beschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 28.05.2004 kein neues entscheidungsrelevantes Vorbringen glaubhaft dartun. Im gegenständlichen Verfahren ergaben sich im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asylrelevante Lage in Serbien.

1.2.5. Hinsichtlich der gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers ergaben sich auch keine wesentlichen Änderungen: Der Beschwerdeführer hat seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens zwei weitere Herzinfarkte erlitten (AS 79-81, AS 161). Den vorgelegten medizinischen Unterlagen war insgesamt keine relevante wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zu entnehmen. Es ergaben sich im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende Situation in Serbien hinsichtlich der medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat. Bereits der Vorentscheidung wurde zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer bereits drei Herzinfarkte erlitten hat. Zudem wurde der Vorentscheidung zugrunde gelegt, dass Herzerkrankungen in Belgrad behandelbar sind. In Belgrad werden Bypassoperationen durchgeführt und ist auch der Einsatz von Herzschrittmachern grundsätzlich möglich. Dem Folgeantragsverfahren liegen Feststellungen zugrunde, wonach in Belgrad Bypassoperationen vorgenommmen werden und Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern in Belgrad grundsätzlich möglich ist. Auch Herz- und sonstige Organtransplantationen werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Lebensrettende und lebenserhaltende Maßnahmen sind für alle Patienten kostenlos. Die Nachsorge für Herzoperationen ist in Serbien möglich (G304 1251313-2/32E; AS 114 ff).

Der Beschwerdeführer befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt in Strafhaft (Melderegister).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt und in die Akte des Erstverfahrens. Darüber hinaus wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vorgelegten Urkunden des Beschwerdeführers, die schlüssig und nachvollziehbar sind und an deren Echtheit und Richtigkeit kein Zweifel besteht, sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und Strafregister. Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers stützen sich neben den Aussagen des Beschwerdeführers in der behördlichen Einvernahme auf den Inhalt der Verfahrensakte (AS 147, 163; Erkenntnis des BVwG vom 21.03.2014, G304 1251313-2/32E, S. 5). Dass er in Serbien geboren wurde und ist seit dem Jahr 1969 – mit einigen Unterbrechungen – im Bundesgebiet aufhältig ist, ergibt sich ebenfalls aufgrund seiner Angaben im Verfahren und dem Gerichtsakt des Vorverfahrens (AS 71 f; Erkenntnis des BVwG vom 21.03.2014, G304 1251313-2/32E, S. 5). Dass sich der Beschwerdeführer derzeit in Strafhaft befindet fußt auf dem Akteninhalt und der Einsicht in das Melderegister und Strafregister (AS 5, 9; Auszug aus dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister).

2.2. Zum Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz

2.2.1. Die Feststellungen zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichts- bzw. Verwaltungsakten (G304 1251313-2/32E; AS 5-11).

2.2.2. Die Feststellungen zum Vorbringen hinsichtlich der Asylanträge fußt auf dem Inhalt der Akten (Protokolle der Einvernahmen durch das Bundesasylamt vom 15.06.2004 und 18.06.2004; AS 9-11, 69-71).

2.2.3. Die Feststellungen zum Verfahrensstand bzw. Verfahrensergebnis des ersten Asylantrages bzw. hinsichtlich des Folgeantrages ergeben sich aufgrund des Akteninhalts (AS 89-131).

2.2.4. Die Feststellung, dass sich keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asylrelevante Lage in Serbien ergaben, war zu treffen, zumal der Beschwerdeführer seinen Folgeantrag damit begründet, dass er vor einiger Zeit in der Justizanstalt auf ein Mitglied eines Clans getroffen sei und ihm bei seiner Haftentlassung in Serbien der Tod durch die Mitglieder dieses Clans drohe. Seinen ersten Asylantrag hat der Beschwerdeführer ebenfalls mit einer Bedrohung durch diesen Clan begründet, wobei der erste Antrag auf internationalen Schutz bereits rechtskräftig abgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer vermochte vorliegend keine Änderung des Sachverhaltes aufzuzeigen, sondern beruft er sich in seinem Folgeantrag schließlich erneut auf eine angebliche Bedrohung durch einen Clan und führte dabei seine bereits im Erstverfahren angeführten Verfolgungsbehauptungen wiederholt ins Treffen (AS 9 und 69). Auch mit seiner Behauptung, wonach „Abtrünnige des Clans wieder aus den Löchern hervorkriechen“ würden (AS 69), zeigte der Beschwerdeführer keine Sachverhaltsänderung auf, zumal er bereits im Zuge des Erstverfahrens angab, der Clan würde halb Belgrad besitzen und sie würden mit der Polizei und den Politikern zusammenarbeiten (Einvernahme Bundesasylamt vom 18.06.2004). In einer Gesamtschau bekräftigte der Beschwerdeführer mit dem verfahrensgegenständlichen Asylvorbringen einen Sachverhalt, über den bereits rechtskräftig entschieden wurde. Die belangte Behörde hat auch zutreffend festgestellt, dass sich die Lage in Serbien – im Vergleich zum Erstverfahren – nicht maßgeblich geändert hat.

2.2.5. Betreffend die Feststellung zur Änderung der gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers wurde bereits im Zuge des rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahrens festgestellt, dass der Beschwerdeführer drei Herzinfarkte erlitten hat. Eine unmittelbare Lebensbedrohung im Falle einer Rücküberstellung konnte nicht festgestellt werden (Erkenntnis vom 21.03.2014, GZ G304 1251313-2/32E, S. 5).

Im gegenständlichen Verfahren brachte der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme durch das Bundesamt vor, nunmehr bereits sieben Herzinfarkte erlitten zu haben und im Juni „knapp dem Tod entronnen“ zu sein (vgl. AS 73). Weiters habe er vor zwei Wochen einen Antrag auf nachträglichen Aufschub des Strafvollzuges wegen Vollzugsunfähigkeit gestellt (AS 73). Zum Beweis seines Vorbringens legte der Beschwerdeführer insgesamt fünf ärztliche Unterlagen vor, wovon sich lediglich zwei (Patientenbriefe vom 11.09.2014 und 11.02.2015) auf die Zeit nach dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren beziehen. Diese bestätigen, dass der Beschwerdeführer nach Abschluss des Erstverfahren zumindest zwei weitere Herzinfarkte erlitten hat (AS 79 und 81). Im vorliegenden Fall ergibt sich für das erkennende Gericht unter Bedachtnahme auf die vorgelegten ärztlichen Unterlagen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit den dazu gemachten Angaben des Beschwerdeführers jedoch nicht, dass sich Gesundheitszustand seit 2014 wesentlich und entscheidungsrelevant verschlechtert habe. Dass er seit der rechtskräftigen Abweisung des ersten Antrages auf internationalen Schutz zwar jedenfalls zwei weitere Herzinfarkte erlitten hat, stellte keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes dar. Dafür spricht auch, dass dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Antrag auf Aufschub des Strafvollzuges zum Entscheidungszeitpunkt nicht entsprochen wurde.

Dass sich im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende Situation in Serbien hinsichtlich der medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat ergaben, war aufgrund der dem Erkenntnis des Vorverfahrens zugrunde gelegten Länderfeststellungen und der dem aktuellen Verfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen hinsichtlich der medizinischen Versorgung festzustellen (G304 1251313-2/32E; AS 114 ff).

Dass sich der Beschwerdeführer sich zum Entscheidungszeitpunkt in Strafhaft befindet, ergibt sich aufgrund der Einsicht in das Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache

3.1.1. Der mit „Abänderung und Behebung von Amts wegen“ betitelte § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) – (7) […]“

3.1.2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG, der gemäß § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwenden ist, sind Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Zurückweisung eines Anbringens gemäß § 68 Abs. 1 AVG setzt dabei voraus, dass sich der neue Antrag auf eine rechtskräftig entschiedene Sache bezieht, die nur dann vorliegt, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung, deren Abänderung oder Aufhebung begehrt wird, weder am erheblichen Sachverhalt noch an der maßgeblichen Rechtslage etwas geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 17.12.2009, 2008/22/0275, mwN). Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen (vgl. VwGH 14.01.2020, Ra 2019/18/0311, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Vergleichsbescheid jene Entscheidung heranzuziehen, mit der zuletzt in der Sache entschieden – und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen – wurde (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0329, mwN).

Maßgeblicher „Vergleichsbescheid“ ist im gegenständlichen Fall das rechtskräftige hg. Erkenntnis vom 21.03.2014, GZ: G304 1251313-2/32E, mit dem das letzte Mal über den Status eines Asylberechtigten und des subsidiären Schutzes inhaltlich entschieden worden ist.

„Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das Bundesamt gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend zu prüfen, ob das Bundesamt auf Grund des von ihm zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zu dem rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren des Asylwerbers keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (siehe z.B. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0329).

Nur ein zeitlich, örtlich oder sachlich differentes Geschehen kann als anderer Sachverhalt angesehen werden, nicht auch die Beurteilung eines bereits einer Entscheidung zugrunde gelegten, im Vorverfahren bewerteten Sachverhaltes (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 25; auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 483). Wesentlich ist eine Änderung nur dann, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgeblich erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (vgl. VwGH 30.06.2010, 2007/08/0095; auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 26).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

3.1.3. Der Beschwerdeführer begründet seinen Folgeantrag damit, dass er vor einiger Zeit in der Justizanstalt auf ein Mitglied eines Clans getroffen sei und ihm bei seiner Haftentlassung in Serbien der Tod durch die Mitglieder dieses Clans drohe. Da der Beschwerdeführer damit kein neues asylrelevantes Vorbringen glaubhaft dartun konnte, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers in Bezug auf den Status des Asylberechtigten im Ergebnis zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides – Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache

3.2.1. Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 27.11.2019, E 2038/2019; 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344, mwN).

3.2.2. Im vorliegenden Fall hat sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seit rechtskräftigem Abschluss seines Vorverfahrens nicht maßgeblich verschlechtert, sodass eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes nicht eingetreten ist.

Auf die in der Einvernahme vor der belangten Behörde vorgelegten ärztlichen Unterlagen des Beschwerdeführers sowie dessen Vorbringen, wonach sich sein Gesundheitszustand seit 2014 wesentlich verschlechtert habe, hat das Bundesamt Bedacht genommen. Es stellte in seiner Entscheidung fest, dass eine Herzerkrankung vorliege, und führte dahingehend in der rechtlichen Beurteilung aus, dass eine Behandlung in seinem Heimatland möglich sei (AS 98, 124). Eine wesentliche Sachverhaltsänderung ist im Vergleich zum Erstverfahren nicht eingetreten. Eine Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz ist nach § 68 Abs. 1 AVG möglich, wenn im Vergleich zu den rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren des Asylwerbers keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Aufgrund der des Nichtvorliegens von wesentlichen Sachverhaltsänderungen im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und im Hinblick auf die Situation zur medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat war auch auszuschließen, dass die Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz in einem inhaltlichen Verfahren anders zu beurteilen sei.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Folgeantrag Identität der Sache non-refoulement Prüfung Prozesshindernis der entschiedenen Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W283.1251313.3.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten