TE Bvwg Beschluss 2020/9/30 W123 2138153-4

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Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W123 2138153-4/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.09.2020, Zl. 324749300-200746617, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA: Albanien, vertreten durch RA Dr. WAGENEDER, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 AsylG idgF, § 22 BFA-VG idgF, rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 22.03.2005 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei brachte er im Wesentlichen vor, er habe in Albanien Probleme, da er ein Mitglied der XXXX Partei wäre und aufgrund von Teilnahmen an Versammlungen und Protestmärschen von der Polizei immer wieder verhört und geschlagen worden sei. Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer vor, dass er und seine Familie Probleme mit der Mafia hätten. Sie (Familie) würde daher vom Staat gesucht werden und wären in ihrer Abwesenheit zu 8 bzw. 9 Jahre Haft verurteil worden. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 22.10.2005 abgewiesen. Eine dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des damals zuständigen Unabhängigen Bundesasylsenates abgewiesen und erwuchs dieser am 25.10.2007 in Rechtskraft. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 31.01.2008 abgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet in Folge mehrmals straffällig und führte dies zu folgenden Verurteilungen:

1)       Vom Bezirksgericht Graz unter der Zahl: U 502/2005Z am 14.12.2005 (RK 20.12.2005) wegen Urkundenfälschung und fahrlässiger Körperverletzung nach den §§ 223/2 und 88/1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe 2 von Monaten;

2)       Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 15 HV 39/2006P am 23.05.2006 (RK 23.05.2006) wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 28/1 (1. und 2. Fall, 27/1 1. und 2. FALL SMG und wegen Verleumdung und Urkundenfälschung nach den §§ 297/1 Halbsatz und 229/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt;

3)       Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 15 HV 94/2007B vom 28.06.2007 (RK 21.08.2007) wegen Übertretungen nach dem Suchmittelgesetz nach den §§ 27/1 1.2.6. Fall, 27 Abs 2/2 1. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten;

4)       Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 12 HV 95/2009F am 28.08.2009 (RK 28.08.2009) wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 28 Abs. 1 5. Fall, 27 Abs. 1/11.2. Fall, 28 Abs 1 6. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren;

5)       Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 11 HV 110/2009D am 14.09.2009 (RK 17.09.2009) wegen schwerer Körperverletzung nach den §§ 83/1, 84/1 StGB. Es wurde keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG WELS 12 HV 95/2009F verhängt;

6)       Vom Bezirksgericht Schärding unter der Zahl 1 U 65/2010K am 04.10.2010 (RK wegen Raufhandel nach § 91/2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat;

7)       Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 007 HV 14/2012m am 16.04.2012 (RK 31.07.2012) wegen gewerbsmäßigem schweren Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 128 (1) Z 4,129 Z 1,130 4. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten;

3. Aufgrund dieser strafrechtlichen Verurteilungen wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (BPD Wels vom 06.03.2008, Zl.: 1-1019422/FP/08).

4. Der Beschwerdeführer wurde am 18.01.2013 gemäß § 133a StVG (bereit erklärt in seinen Heimatstaat zurückzukehren) aus der Haft entlassen und reiste nach Albanien aus.

5. Entgegen dem Aufenthaltsverbot, wurde der Beschwerdeführer wieder am 10.04.2014 im Bundegebiet angetroffen und einer Personenkontrolle unterzogen. Der Beschwerdeführer wurde festgenommen und in die Justizanstalt Wels eingeliefert. Der Beschwerdeführer reiste wieder am 06.06.2014 freiwillig aus dem Bundesgebiet in Richtung ihres Heimatlandes aus.

6. Der Beschwerdeführer wurde am 12.09.2014 von einem deutschen Staatsangehörigen adoptiert und hielt sich aufgrund dessen ab diesem Zeitpunkt in Deutschland auf.

7. Am 13.10.2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Begründet wurde es damit, dass der Beschwerdeführer durch die Adoption seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland habe und dort strafrechtlich unbescholten sei. Dem Antrag wurde vom BFA (im Folgenden: belangte Behörde) stattgegeben und das Aufenthaltsverbot am 28.10.2014, ZI.: 1-1019422/FP/08, ersatzlos behoben.

8. Am 05.05.2015 stellte der Beschwerdeführer beim Magistrat Wels einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben.

9. Am 15.09.2015 wurde von den ungarischen Behörden unter der Zl. HU/0000020547958/0000/01 ein Schengen weites Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen, gültig bis 14.09.2017. Grund dafür war laut Mitteilung der ungarischen Behörden, dass der Beschwerdeführer die Seiten 11-12, 13-14, 27-28 seines albanischen Reisepasses mit der Nr. BI4063970 verfälscht habe.

10. Der Beschwerdeführer wurde wiederum straffällig und führte dies zu folgenden Verurteilungen:

1)       Vom Landesgericht Wels, Zahl 016 U 184/2015s vom 27.10.2015 wegen § 125 StGB zu einer Gelstrafe von 280 € verurteilt.

2)       Vom Landesgericht Wels, Zahl 012 HV 67/2016 y vom 29.07.2016, rechtskräftig wegen § 27 SMG, § 28a (1) 5. Fall SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

11. Am 06.10.2016 wurde der Beschwerdeführer vorzeitig aus der Haft entlassen.

12. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.09.2016 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 erlassen, ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde wurde gemäß § 18 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und es wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

13. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.04.2018, G311 2138153-1/19E, wurde der Beschwerde gegen die Entscheidung der Regionaldirektion Oberösterreich stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG mit der Begründung behoben, dass gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 diese Rückkehrentscheidung mit der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zu verbinden ist.

14. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 12.12.2016, Zl. 2 C 26/16z, rechtskräftig am 06.02.2017, wurde die Ehe des Beschwerdeführers wegen einer aufrechten Vorehe der Ehegattin für nichtig erklärt.

15. In der Zwischenzeit wurde der Beschwerdeführer abermals strafrechtlich verurteilt:

Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 012 HV 12/2017m vom 21.09.2017, rk mit 21.09.2017, gemäß § 12 3. Fall StGB §§ 28a (1) 2.3. Fall, 28a (4) Z 3 SMG § 15 StGB Datum der (letzten) Tat 14.12.2015 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. (Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG WELS 012 HV 67/2016y RK 29.07.2016")

16. Im Stande der Strafhaft stellte der Beschwerdeführer am 29.03.2018 neuerlich, nunmehr seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Nunmehr führte der Beschwerdeführer den Namen XXXX . Begründet brachte der Beschwerdeführer vor, dass er die im ersten (Asyl-)Verfahren gemachten Angaben aufrecht halte. Als neuen Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer an, dass er im Jahr 2016 im Strafverfahren gegen verdeckte Ermittler (LKA Salzburg) und Vertrauenspersonen ( XXXX ) ausgesagt habe. Der Beschwerdeführer habe wegen der „getätigten Aussagen große Probleme mit seinen Landsleuten und Kosovo-Albanern in Österreich sowie in Albanien und Kosovo“. Bei einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer, dass seine „Landsleute und die Kosovo Albaner“ ihn töten werden. Der Beschwerdeführer sei von der Familie bzw. Freunden „der Vertrauensperson“ im November oder Dezember 2016 bei seiner Arbeitsstelle in Österreich bedroht worden. Auch habe er im Jahr 2016 eine „offizielle schriftliche Drohung“ in Form eines Drohbriefes von XXXX bekommen.

17. Dieser zweite Antrag wurde in weiterer Folge mit Bescheid der belangten Behörde gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 erlassen und es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Albanien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestand keine Frist für die freiwillige Ausreise. Es wurde ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

18. Eine gegen die Entscheidung der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.07.2019, G303 2138153-2/6E, betreffend die Spruchpunkte I. bis VI. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde zu Spruchpunkt VII. wurde stattgegeben und die Dauer des Einreiseverbotes auf 6 Jahre herabgesetzt. Diese Entscheidung erwuchs mit 27.07.2019 in Rechtskraft. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.10.2019, Ra 2019/18/0333-5, wurde die außerordentliche Revision als unbegründet abgewiesen.

19. Der Beschwerdeführer wurde am 14.06.2019 aus der Justizanstalt Wels entlassen und wurde als fremdenpolizeiliche Maßnahme ein gelinderes Mittel verhängt.

20. Der Beschwerdeführer hat sich in weiterer Folge dem gelinderen Mittel entzogen. Einem Festnahmeauftrag, konnte daher in Folge nicht entsprochen werden.

21. Der Beschwerdeführer wurde am 24.04.2020 von Beamten der Fremden- und grenzpolizeilichen Abteilung FGA Wels PI Fremdenpolizei, befragt und gab an, dass er sich von Oktober 2019 bis Jänner 2020 in Deutschland aufgehalten habe. Er und seine Mutter wären bedroht worden. Die Mutter habe wegen der Corona-Krise keine Anzeige machen können. Wenn der Beschwerdeführer nach Albanien komme, werde man ihn umbringen. Der Beschwerdeführer wurde nach der durchgeführten Kontrolle und Befragung, aufgrund des aufrechten Einreiseverbot, festgenommen.

22. Im Zuge dieser Amtshandlung stellte der Beschwerdeführer einen dritten Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen im Wesentlichen mit dem nahezu identen Vorbringen wie beim Erst- und Zeitantrag auf internationalen Schutz.

23. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG in Schubhaft genommen.

24. Der Beschwerdeführer erklärte sich am 11.05.2020 bereit, freiwillig in s Heimatland Albanien zurückzukehren.

25. Mit mündlich verkündetem Bescheid der belangten Behörde vom 20.05.2020, Zl 324749300-200385266, wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

26. In der Zwischenzeit wurde der Beschwerdeführer wiederum strafrechtlich verurteilt:

Vom Landesgericht Wels unter der Zahl 016 U 95/2020k vom 16.06.2020, rk mit 20.06.2020, gemäß § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat verurteilt.

27. Am 17.06.2020 wurde der Beschwerdeführer in sein Heimatland abgeschoben.

28. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.06.2020, Zl. 324749300/200360425, wurde der dritte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

29. Im Zuge einer neuerlichen Festnahme stellte der Beschwerdeführer am 19.08.2020 einen vierten Antrag auf internationalen Schutz.

30. In der am 25.08.2020 erfolgten Einvernahme durch die belangte Behörde bestätigte der Beschwerdeführer zunächst, dass er die gleichen Fluchtgründe habe wie in den Vorverfahren. Zusätzlich brachte der Beschwerdeführer vor, dass er aber auch Fakten habe, dass man ihn fast umgebracht hätte.

31. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 23.09.2020 vor der belangten Behörde, verkündete der Leiter der Amtshandlung, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG idgF aufgehoben werde. Die belangte Behörde traf dabei Feststellungen zur Person und zum Herkunftsstaat auf Grundlage des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation, aktueller Stand, und kam im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen würden.

32. Am 25.09.2020 langte die Beschwerdevorlage bzw. der mündliche verkündete Bescheid vom 23.09.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben unter I. wiedergegebene Sachverhalt wird festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG 2005 lautet:

"§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.       gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.       kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3.       im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4.       eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.       gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.       der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1.       gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.       der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist (§ 58 Abs. 2 FPG) und

3.       darüber hinaus

a)       sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b)       gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c)       der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1.       der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2.       sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

3.2. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes " betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

3.3. Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG, auf die gegenständlichen Fälle bezogen, im Detail:

Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung oder eine Ausweisung, ist notwendiges Tatbestandselement des §12a Abs. 2 AsylG. Gegen den Beschwerdeführer besteht nach Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde (erste Antragstellung betreffend internationalen Schutz), seit dem 25.10.2007, gemäß § 8 Abs. 2 AsylG eine rechtskräftige Ausweisung. Gegen den Beschwerdeführer besteht nach Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde (zweite Antragstellung betreffend internationalen Schutz), seit dem 27.07.2019 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung mit der Feststellung, dass gemäß § 46 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Albanien zulässig ist. Zudem wurde der dritte Folgeantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.06.2020 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel erhoben.

Aus dem Vorbringen zum nunmehrigen Folgeantrag ergibt sich kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt (vgl. Sachverhaltsfeststellungen). Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen jedenfalls hinsichtlich der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gleichgeblieben. Es gab diesbezüglich auch kein gegenteiliges Vorbringen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz normiert § 12a Abs. 2 AsylG in seiner Z 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf. Bereits in den zuvor geführten Asylverfahren wurde seitens der belangten Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt ist oder für ihn als Zivilpersonen als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. Auch im aktuellen Verfahren vor der belangten Behörde ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat Albanien im Sinne dieser Bestimmungen spräche.

Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt: Der Beschwerdeführer wurde am 25.08.2020 von der belangten Behörde einvernommen. Zudem hatte der Beschwerdeführer in der am Einvernahme am 23.09.2020 die Möglichkeit, zu den seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen Stellung zu beziehen (vgl. AS 250).

Den Feststellungen wurden das Vorbringen in den vorangegangenen Verfahren sowie das gegenständliches Vorbringen zugrunde gelegt.

Das nunmehrige Vorbringen bezog sich auf das Vorbringen der Vorverfahren. Es hat sich bezüglich der Fluchtgründe nichts wesentliches entscheidungsrelevantes geändert.

Die belangte Behörde hat sich in ihrer Beweiswürdigung umfassend mit der Chronologie der bisherigen Verfahren auseinandergesetzt (vgl. mündlich verkündeter Bescheid vom 23.09.2020, „D Beweiswürdigung, betreffend die Gründe für die voraussichtliche Entscheidung“) und kam – schlüssig und nachvollziehbar – zum Ergebnis, dass es dem Beschwerdeführer auch im dritten Folgeverfahren nicht gelungen sei, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Insbesondere hob die belangte Behörde – zur Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers – hervor, dass die Recherchen des Verbindungsbeamten in Tirana einen gänzlich anderen Sachverhalt ergaben, als vom Beschwerdeführer ursprünglich behauptet (vgl. dazu auch AS 197). Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen Ausführungen an.

Im nunmehrigen vierten Asylantrag bezweckte der Beschwerdeführer offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache.

In diesem Zusammenhang wird darüber hinaus betont, dass das Vorbringen in den Vorverfahren nicht für asylrelevant befunden wurde.

Die belangte Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

Mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen.

Anzumerken ist noch, dass der Maßstab für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a AsylG lediglich eine Prognoseentscheidung ist und diese aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers eine voraussichtliche Zurückweisung bedingt, da keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts erkennbar ist.

Die Lage in im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland in Verbindung mit dem nunmehrigen im Wesentlichen gleichen Vorbringen wie bei der vorangegangenen Antragstellung droht dem Beschwerdeführer keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben.

Da insgesamt die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid der belangten Behörde vom 23.09.2020 rechtmäßig.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

aufrechte Ausweisung faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Glaubwürdigkeit Prognoseentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2138153.4.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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