TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/8 W150 2198171-1

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Veröffentlicht am 08.10.2020
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Entscheidungsdatum

08.10.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W150 2198171-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von der mj. XXXX , geb. XXXX .2016, StA. AFGHANISTAN, vertreten durch ihre Mutter XXXX , geb. XXXX 1995, StA. AFGHANISTAN, als Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreterin, vertreten durch die Diakonie – Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Steinergasse 3/12, 1170 Wien, FN 272779 x und die Volkshilfe Flüchtlings- und Migrant-Innenbetreuung GmbH, Stockhofstraße 40, 4020 Linz, FN 444937 w, gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle West (EASt-West) vom 12.05.2018, Zl XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der mj. XXXX , geb. XXXX .2016, gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass der mj. XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Herrn XXXX , geb. XXXX .1976, StA. AFGHANISTAN, wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.06.2011, Zl. XXXX – BAI, der Status des Asylberechtigten zuerkannt; gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wurde festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Die unmündig minderjährige Beschwerdeführerin (in der Folge auch: „BF“) wurde am XXXX .2016 in Braunau am Inn als Tochter von Frau XXXX , geb. XXXX 1995, StA. AFGHANISTAN und Herrn XXXX , geb. XXXX .1976, StA. AFGHANISTAN, geboren.

3. Am 07.11.2016 stellte die BF, vertreten durch ihre Mutter als Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreterin, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch: „BFA“ oder „belangte Behörde“) vom 12.05.2018, Zl XXXX , wurde der Antrag der BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das BFA in den Feststellungen unter anderem aus, dass sich der Vater der BF gemeinsam mit seiner 1. Frau und seinen 4 Kindern in Wien befinden würde. Die genaue Adresse würde die BF nicht wissen.

5. Gegen diese Entscheidung erhob die rechtsfreundlich vertretene BF durch ihre gesetzliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person der Beschwerdeführerin und ihrem Familienleben:

Die BF ist afghanische Staatsangehörige und Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken, führt den im Spruch angeführten Namen und wurde zu dem im Spruch angeführten Datum in Österreich geboren.

Sie ist unmündig minderjährig, strafrechtlich unbescholten, unverheiratet und kinderlos.

Sie ist die leibliche Tochter der afghanischen Staatsangehörigen Frau XXXX , geb. XXXX 1995, und Herrn XXXX , geb. XXXX .1976.

Ihrem Vater, Herrn XXXX , geb. XXXX .1976, StA. AFGHANISTAN, wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.06.2011, Zl. XXXX – BAI, der Status des Asylberechtigten zuerkannt; gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wurde festgestellt, dass diesem kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt; ein Aberkennungsverfahren gegen diesen ist nicht anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die angeschlossene Kopie der Geburtsurkunde der BF, den Verwaltungsakt betreffend den Vater der BF und das Einvernahmeprotokoll der Mutter der BF vor dem BFA aus dem diesbezüglichen Verwaltungsakt der belangten Behörde und die erhobene Beschwerde. Die strafrechtliche Unbescholtenheit der BF geht schon aus dem Umstand hervor, dass diese noch unmündig ist. Entscheidungswesentliche Widersprüche sind aus der Aktenlage nicht aufgetreten.

Die Eigenschaft der BF als Tochter des Herrn XXXX wurde zudem von der belangten Behörde in ihrem verfahrensgegenständlichen und hier angefochtenen Bescheid selbst festgestellt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Fest steht, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis führen würde, ging doch der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage klar hervor, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil A)

Gemäß § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 ist aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 Asylgesetz 2005 ist u.a. Familienangehöriger, wer zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges, lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die BF ist die unmündig minderjährige Tochter ihres in Österreich asylberechtigten Vaters. Die BF ist somit iSd § 2 Abs. 1 Z 22 Asylgesetz 2005 dessen Familienangehörige. Ein Aberkennungsverfahren gegen den asylberechtigten Vater ist nicht anhängig.

Da dem Vater der BF gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, war dieser Status gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Asylgesetz 2005 auch der BF zuzuerkennen da bei dieser keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vorliegt.

Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da im gegenständlichen Fall alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, war bezüglich der BF festzustellen, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die mit 01.01.2016 in Kraft getretenen Abs. 4 bis 4b des § 3 AsylG 2005, die gemäß § 75 Abs. 24 für Asylanträge gelten, die nach dem 15.11.2015 gestellt worden sind, lauten:
"(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.
(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.
(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet."

Da die Aufenthaltsberechtigung des Vaters der BF diesem seinerzeit unbefristet erteilt wurde, war deshalb für die BF keine Befristung zu erteilen, obwohl ihr Asylantrag am 07.11.2016, demnach nach dem 15.11.2015, gestellt wurde (§ 75 Abs. 24 AsylG 2005).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W150.2198171.1.00

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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