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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §24 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über den Antrag des Mag. Dr. K in W, betreffend die Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 11. März 1997, Zl. 97/12/0022, eingestellten Verfahrens über die Beschwerde des Antragstellers gegen die Leistungsfeststellungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. November 1996, Zl. LK I - 1/10/96, betreffend Zurück- bzw. Abweisung von Anträgen und Feststellung einer negativen Dienstleistung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag auf Wiederaufnahme wird stattgegeben.
Begründung
Der Antragsteller (im folgenden auch Beschwerdeführer genannt) begehrt die Wiederaufnahme des zu Zl. 97/12/0022 anhängig gewesenen und mit Beschluß vom 11. März 1997 eingestellten Beschwerdeverfahrens betreffend Leistungsfeststellung.
In dieser Sache war - ausgehend davon, daß weder der damals angefochtene Bescheid noch die Eingabe des Beschwerdeführers einen akademischen Grad ausgewiesen und der Beschwerdeführer auch nicht behauptet hatte, rechtskundig im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG zu sein - mit Berichterverfügung vom 6. Februar 1997, abgefertigt am 12. Februar 1997, nach Mitteilung des Beschwerdeführers ihm zugestellt am 27. Februar 1997, folgender, binnen einer Woche zu erfüllender Mängelbehebungsauftrag erteilt worden:
"Es ist die Beschwerde mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zu versehen (§ 24 Abs. 2 VwGG) oder der Nachweis zu führen, daß der Beschwerdeführer rechtskundig im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG ist. Allenfalls kann nach Vorlage eines nicht mehr als vier Wochen alten "Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe - Vermögensbekenntnis zur Bewilligung der Verfahrenshilfe" oder nach Ausfüllung, Fertigung und fristgerechter Rücksendung des beigefügten Antragvordruckes die Bestellung eines Vertreters zur Verfahrenshilfe begehrt werden."
Darauf antwortete der Beschwerdeführer in dem am 27. Februar 1997 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Schreiben lediglich wie folgt:
"Betr. § 24 Abs 2 VwGG wird auf die do. Personalunterlagen, die gegenständliche Beschwerde sowie die bei der belangten Behörde und dem BMF laufenden dienstlichen Verfahren verwiesen."
Am 7. März 1997 langte per Post beim Verwaltungsgerichtshof noch folgende weitere Eingabe des Beschwerdeführers ein:
"Um die Zusendung der (nicht beigefügten) Antragsunterlagen betreffend Verfahrenshilfe wird gebeten."
Im Einstellungsbeschluß vom 11. März 1997 wurde auf die letzte Eingabe (- diese war vermutlich im Zeitpunkt der Beschlußfassung noch nicht dem Akt angeschlossen -) nicht eingegangen, sondern nur ausgeführt, nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei er aus dem Bundesdienst entlassen worden. Die vom Beschwerdeführer angezogenen "do. Personalunterlagen" gebe es beim Verwaltungsgerichtshof nicht. Die oberste Dienstbehörde des Beschwerdeführers gehe auch von seiner rechtskräftigen Entlassung aus.
Letztlich wurde das Verfahren mit Beschluß vom 11. März 1997 eingestellt, weil der Beschwerdeführer den ihm erteilten Mängelbehebungsauftrag, nämlich die Beschwerde mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zu versehen oder den Nachweis zu führen, daß er rechtskundiger Bediensteter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG sei, nicht erfüllt habe.
Mit dem nunmehr vorliegenden Antrag vom 17. Mai 1997 begehrt der Antragsteller (Beschwerdeführer), das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 "bzw. auch § 45 Abs. 1 Z. 1" VwGG wieder aufzunehmen; er bezeichnet als Tag seiner Kenntnisnahme im Sinne des § 45 Abs. 2 VwGG den 15. Mai 1997. In weiterer Folge bekämpft der Antragsteller die im Einstellungsbeschluß getroffene Feststellung, daß es die "do. Personalunterlagen" nicht gäbe, weil ein Personalakt aus seiner Zeit als Schriftführer beim Verwaltungsgerichtshof existiere. Weiters bekämpft er die Feststellung, seine oberste Dienstbehörde gehe von seiner rechtskräftigen Entlassung aus, weil "mehrere dienstliche Verfahren" mit "Vorfragenbedeutung offen" seien. Dies wertet der Antragsteller letztlich als "offenbar vorsätzliche Entscheidungsverweigerung (vgl. Amtsmißbrauch)" und verweist auf die Objektivitätsverpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes, der nicht eine rechtsgültige Entlassung annehmen dürfe, wenn diese Frage Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei.
Im vorliegenden Fall ist vorweg zur Klärung festzuhalten, daß die von einem rechtskundigen Beamten im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG eingebrachte Beschwerde gegen die Auflösung seines Dienstverhältnisses, sofern der Beschwerdegegenstand gerade die Frage der Rechtswirksamkeit der Beendigung oder des Bestehens des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ist, nicht der Unterschrift eines Rechtsanwaltes bedarf. Rechtskundiger Bediensteter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG ist aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur der Beamte, der die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien vollendet hat und auch einen Dienstposten innehat oder zuletzt innehatte, für dessen Erlangung die Vollendung der genannten Studien als Antstellungserfordernis vorgesehen ist (vgl. insbesondere den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1952, VwSlg. Nr. 2682/A).
Das bedeutet für den dem Wiederaufnahmeantrag zugrunde liegenden Beschwerdefall, daß der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, nicht nur seine Rechtskundigkeit durch Ablegung der entsprechenden Studien nachzuweisen, sondern auch darzulegen, daß es sich bei dem von ihm zuletzt innegehabten Dienstposten um einen solchen gehandelt hat, für den die Vollendung der genannten Studien als Anstellungserfordernis vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht.
Der nicht näher substantiierte Hinweis des seinerzeitigen Beschwerdeführers und nunmehrigen Antragstellers in seiner Beschwerdeergänzung vom 27. Februar 1997 auf die
"do. Personalunterlagen" sowie die Beschwerde selbst und die bei der belangten Behörde und dem Bundesministerium für Finanzen laufenden Verfahren wird den vorher dargestellten Erfordernissen an die verfügte Mängelbehebung keinesfalls gerecht. Wie auf Grund der nunmehrigen Ausführungen des Antragstellers festgestellt werden konnte, war er aber tatsächlich vor Jahren beim Verwaltungsgerichtshof als Schriftführer tätig und existiert über diese Zeit ein "Personalakt". Das ändert aber nichts an der an sich unvollständigen Mängelbehebung, weil sich daraus nur ergibt, daß es sich beim Beschwerdeführer um einen Juristen handelt. Es kann jedoch danach keine Aussage darüber getroffen werden, welche(n) Dienstposten mit welchen Anstellungserfordernissen der Beschwerdeführer während seiner Tätigkeit bei der Finanz zuletzt bekleidet hat.
Die seinerzeitige Einstellung des Verfahrens mangels entsprechender Mängelbehebung ist daher - ungeachtet eines allfälligen Irrtums hinsichtlich des Hinweises auf die "do. Personalunterlagen" - zu Recht erfolgt. Ein Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Zusammenhang mit der Einstellung mangels entsprechender Mängelbehebung ist weder im Hinblick auf § 45 Abs. 1 Z. 1 noch Z. 2 VwGG zu erkennen.
Ungeachtet dessen hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem nunmehrigen Vorbringen des Beschwerdeführers (konkreter Hinweis auf eine einschlägige juristische Vortätigkeit im Bundesdienst) erhoben, daß der Beschwerdeführer auch nach seiner Verwendung im Verwaltungsgerichtshof im Bereich der Finanzverwaltung im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG einschlägig verwendet worden ist. Es kommt ihm daher das Selbstvertretungsrecht im Sinne des § 24 Abs. 2 letzter Satz VwGG zu.
Davon ausgehend erweist sich der Antrag auf Wiederaufnahme aus folgender Überlegung gerechtfertigt:
Der Beschwerdeführer hat innerhalb offener Frist mit Schreiben vom 7. März 1997 "um Zusendung der (nicht beigefügten) Antragsunterlagen betreffend Verfahrenshilfe" gebeten. Dieser im konkreten Fall nicht als unberechtigt erkennbare Antrag, der im Hinblick auf den Mängelbehebungsauftrag im Beschwerdefall inhaltlich als Antrag auf Verfahrenshilfe verstanden werden kann, ist aber beim Einstellungsbeschluß vom 11. März 1997 nicht berücksichtigt worden, weil dieser Antrag dem erkennenden Senat aus nicht eruierbaren Gründen nicht vorlag. Dies zeigt, daß der Verwaltungsgerichtshof bei seinem Einstellungsbeschluß von einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis der Frist nach § 34 Abs. 2 VwGG ausgegangen ist. Dem Antrag auf Wiederaufnahme war daher gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG aus den vorstehend dargestellten Überlegungen zu entsprechen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997120183.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
17.11.2011