Gbk 2019/11/13 GBK I/787/17-M

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Veröffentlicht am 13.11.2019
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Entgelt, sonstige Arbeitsbedingungen, Beendigung des Arbeitsverhältnisses (jeweils Geschlecht, Alter)

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 13. November 2019 über den am 12. September 2017 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft Regionalbüro … (R-GAW) für Mag.a A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes des Alters bei der Festsetzung des Entgelts gemäß §§ 3 Z 2 und 17 Abs. 1 Z 2 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF), bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß §§ 3 Z 6 und 17 Abs. 1 Z 6 GlBG und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 7 und 17 Abs. 1 Z 7 GlBG durch die X GmbH (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/787/17-M, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   Mag.a A ist aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei der Festsetzung des Entgelts gemäß §§ 3 Z 2 iVm 17 Abs. 1 Z 2 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

2.   Mag.a A ist nicht aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß §§ 3 Z 6 iVm 17 Abs. 1 Z 6 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

3.   Mag.a A ist nicht aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 7 iVm 17 Abs. 1 Z 7 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin, geboren am … 1956, sei vom 1. Februar 2001 bis 31. Juli 2017 bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen, wo sie seit September 2001 die Einrichtung Y geleitet habe.

Am 9. April 2015 habe die Antragstellerin erstmals davon gehört, dass bei der Antragsgegnerin MitarbeiterInnen mit Erreichen des Pensionsantrittsalters in Pension gehen sollen. Dies habe Mag. B, Geschäftsführer der Antragsgegnerin, im Rahmen einer Teamsitzung der Region 1 als „unpopuläre Einsparungsmaßnahme“ angekündigt.

Im November 2015 habe die Antragstellerin mit Dr. C, Bereichsleitung Personal & Support, über ihren zu dieser Zeit (noch) bestehenden Wunsch gesprochen, ab ihrem 60. Lebensjahr Altersteilzeit in Anspruch nehmen zu wollen. Dr. C habe die Antragstellerin informiert, dass dies von Seiten des AMS aus rechtlichen Gründen nicht möglich und die Antragsgegnerin für diese Ungleichstellung der Frauen nicht verantwortlich wäre. Zudem habe er gemeint, man müsse schauen, ob D, MSc, Regionalleitung Region 1 und unmittelbarer Vorgesetzter der Antragstellerin, nach ihrem 60. Geburtstag noch mit ihr zusammenarbeiten möchte. Die Antragstellerin habe entgegnet, dass ihres Wissens in Österreich schon eine Frau gegen ihre mit 60 Jahren erfolgte Zwangspensionierung erfolgreich gerichtlich vorgegangen wäre.

Seit dem Jahr 2015 sei ein Arbeitsverbund, d.h. eine Zusammenarbeit von Y und anderer Arbeitseinrichtungen der Antragsgegnerin in der Region 1, angestrebt worden. Bei diesem Arbeitsverbund sollte das von der Antragstellerin in Y entwickelte und angewandte Bildungskonzept für andere Einrichtungen der Region adaptiert werden und den KlientInnen der Region zu Gute kommen. Erste Schritte der Zusammenführung haben bereits 2015 erfolgreich ausgeführt werden können, d.h. KlientInnen des Arbeitsverbundes haben bereits 2015 am Bildungsangebot von Y teilgenommen.

Anlässlich regelmäßig zwischen D, MSc und der Antragstellerin stattfindenden Jour Fixe Gespräche habe D, MSc am 22. Februar 2016 erstmals die Pensionierung der Antragstellerin angesprochen. In diesem Gespräch habe die Antragstellerin klargemacht, dass sie die Absicht habe, bis zum 65. Lebensjahr arbeiten zu wollen.

Am 3. März 2016 habe der Jahresdialog zwischen der Antragstellerin und ihrem unmittelbaren Vorgesetzten stattgefunden. Dabei habe D, MSc gemeint, dass der gewünschte Arbeitsverbund bis dato „nicht in die Gänge gekommen“ sei und aus seiner Sicht weder von der Antragstellerin, noch von Dr. E (Leiter der Einrichtung Werkstätte …) Signale gekommen wären, den gemeinsam zu entwickelnden Arbeitsverbund ins Laufen zu bringen. Weiters habe er gesagt, dass er sich überhaupt mit ihr darüber unterhalten müsse, wie ihre berufliche Zukunft ausschauen solle. Die Antragstellerin habe betreffend den Arbeitsverbund erwidert, dass sie ihm doch bereits eine von ihm angeforderte Zusammenstellung über ihre möglichen zukünftigen Zuständigkeiten bzw. Aufgaben im Arbeitsverbund mitgeteilt sowie per Mail bekannt gegeben habe. Daraufhin habe D, MSc gemeint, dass sie es sich verdient hätte, die letzte Zeit ihrer Berufstätigkeit in Ruhe, ohne von Veränderungsprozessen ausgelöstem Stress zu verbringen. Die Antragstellerin habe erklärt, dass sie voller Tatendrang sei, Veränderungen gerne mittrage, ihr die Arbeit viel Freude bereite, diese überdies als sinnstiftend erachte, zumal sie auch viele Erfolge verbuchen könne.

Beim Jour Fixe zwischen der Antragstellerin und D, MSc am 13. April 2016 habe unter anderem über die Zukunft von Y gesprochen werden sollen. Die Antragstellerin habe festgehalten, dass sie nach wie vor zum Arbeitsverbund stünde, und die von ihr angedachte Funktion, wie sie ihm bereits im Februar 2016 gemailt gehabt hätte, trotz einiger Bedenken ihrerseits übernehmen möchte. Trotz ihrer klaren Bereitschaft am Arbeitsverbund festhalten zu wollen, habe D, MSc klargestellt, dass die Mitarbeiterlnnen der Antragsgegnerin mit dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter in Pension gehen sollen, da sich die Antragsgegnerin in einem großen Veränderungsprozess befinden und der Geschäftsführer meinen würde, dass ältere MitarbeiterInnen diesen Veränderungsprozess nicht mittragen können. Bezüglich der Antragstellerin habe D, MSc gesagt, dass man daher schauen müsse, wie sie sich aus dem Berufsleben verabschieden könne und er dabei an einen Zeitpunkt in eineinhalb bis zwei Jahren denken würde. Die Antragstellerin habe protestiert und argumentiert, dass dies darauf hinauslaufen würde, dass Frauen im Gegensatz zu Männern weniger lange Veränderungsprozesse mittragen könnten. D, MSc habe erwidert, dass die ungleiche Pensionsregelung keine Regelung der Antragsgegnerin wäre. Die Antragstellerin habe klargestellt, dass eine frühzeitige Pensionierung weder ihr Wunsch wäre, noch ihrer Lebensplanung entsprechen würde, da sie „voll im Saft“ stehen würde. Sie habe weiters mitgeteilt, dass sie die Gleichstellungsabteilung im Frauenministerium kontaktiert hätte, die ihr mitgeteilt hätten, dass Frauen gleich lang wie Männer, also bis zum 65. Lebensjahr, arbeiten können, da der Pensionsantritt mit 60 Jahren eine Kann-Bestimmung wäre.

Als sie sich verabschiedet haben, habe D, MSc gesagt, dass es ihm „beschissen“ gehe und er „das so nicht erwartet habe“.

In der Teamsitzung am nächsten Tag, an der das Team von Y (die Antragstellerin, F, G und H) und D, MSc anwesend gewesen seien, sei die Pensionierung der Antragstellerin erneut thematisiert worden. D, MSc habe gesagt: „Die X möchte, dass MitarbeiterInnen mit Pensionsantrittsalter in Pension gehen, da sich die X in einem großen Veränderungsprozess befindet und ältere Mitarbeiterlnnen Routine wollen und Veränderungen nicht mehr mittragen können. Künftig wird die X daher fünf Jahre vor dem gesetzlichem Pensionsantrittsalter mit den Mitarbeiterlnnen auf die Pensionierung hinarbeiten.“

Die Antragstellerin habe diese Äußerungen wieder als äußerst unangebracht empfunden und wie am Vortag entgegnet, dass demnach Männer Veränderungsprozesse bis zum Alter von 65 Jahren, Frauen hingegen nur bis zu einem Alter von 60 Jahren mittragen könnten. D, MSc habe weiters erklärt, dass er sich ihren Pensionsantritt in einem bis eineinhalb Jahren vorstellen würde.

Auch beim Jour Fixe am 18. Mai 2016 habe D, MSc das gesetzliche Pensionsantrittsalter angesprochen und auf den von ihm für die Antragstellerin angedachten Pensionsantrittszeitraum verwiesen. Auch in diesem Gespräch habe die Antragstellerin klargestellt, dass sie bis zum 65. Lebensjahr arbeiten möchte, da sie einerseits noch viel Tatendrang, Energie und Freude am Arbeiten verspüren würde, andererseits für sie eine Pensionierung vor ihrem 65. Lebensjahr mit großen finanziellen Einbußen verbunden wäre. D, MSc habe dazu erklärt, dass er keine moralische Verpflichtung für ihre berufliche Zukunft verspüren würde, er vielmehr für das Nachrücken junger Menschen ins Berufsleben sorgen wollen würde.

Am 18. Juli 2016 habe D, MSc ein Gespräch für den 20. Juli 2016 mit dem Betreff „A Pensionierungsgespräch“ angekündigt. Im Zuge dieses Gespräches habe D, MSc gemeint: „Die X möchte die Pensionierung der MitarbeiterInnen mit gesetzlichem Pensionsantrittsalter, es sei denn, es handelt sich um besondere Fälle.“ Weiters habe er gesagt, dass er im Fall der Antragstellerin den Austritt aus ihrem Berufsleben innerhalb eines Jahres möchte. Er habe angekündigt, dass Y im nächsten Sommer geschlossen werden solle. Das sei das erste Mal gewesen, dass die Antragstellerin von der Schließung der Einrichtung, die sie geleitet habe, gehört habe. Diese Mitteilung habe sie sehr getroffen. Da die Schließung von Y vorher nie thematisiert und vielmehr ein Arbeitsverbund angestrebt worden sei, habe sie sofort den Eindruck gewonnen, dass die Schließung von Y im Zusammenhang mit ihrem Pensionsantrittsalter stehe. Diese Vermutung habe sie D, MSc mitgeteilt. Er habe entgegnet, dass die Schließung von Y und seine Entscheidung über den Pensionsantritt von der Antragstellerin zwei voneinander unabhängige Entscheidungen wären.

Über die Schließung von Y sei in der Folge auch in der Teamsitzung am 27. Juli 2016 gesprochen worden, an der D, MSc, die Antragstellerin sowie ihre Mitarbeiterlnnen, F, G und H teilgenommen haben. In dieser Sitzung habe D, MSc gesagt, dass sich die Antragsgegnerin zu wenig Klientenauslastung grundsätzlich leisten könne, es aber grundlegende Veränderungen brauchen würde und er daher entschieden hätte, Y zu schließen und die Antragstellerin innerhalb eines Jahres zu pensionieren.

Im Weiteren habe er den Mitarbeiterlnnen der Antragstellerin, F und G (zum damaligen Zeitpunkt beide 50 Jahre alt) sowie H (zum damaligen Zeitpunkt 59 Jahre alt) Perspektivengespräche angeboten, um zu eruieren, welche Aufgaben für sie in der Antragsgegnerin gefunden werden können. Für die Antragstellerin sei hingegen die Pensionierung vorgesehen gewesen, weshalb er sie aufgefordert habe, ihren Pensionsstichtag bekannt zu geben. Sie habe entgegnet, dass sie das laut AK … nicht machen müsse.

Am 11. August 2016 habe eine Sitzung des Leiterlnnenteams der Region 1 stattgefunden, an welcher die Antragstellerin urlaubsbedingt nicht teilgenommen habe. Auch in dieser Sitzung habe es laut Protokoll dieser Sitzung Informationen zur Schließung der Y, der Pensionierung der Antragstellerin und generell zum Thema Pensionierungen gegeben, wonach „laut dem Geschäftsführer alle MA, die in Pension gehen können, ihren Pensionstermin auch bestmöglich wahrnehmen sollen. Aus diesem Grund sollen die MA frühzeitig (ca. 2-3 Jahre vor der Pension) angesprochen werden, wie und wann die Pensionierung dann ablaufen soll. – Abklärung des Pensionsdatums und falls jemand länger bleiben will – muss Grund vorhanden sein.“

Am 23. November 2016 habe Dr. C per Mail alle Regionalleitungen und Einrichtungsleitungen betreffend PVA und Pensionsstichtag informiert.

Die Z AG habe in einem Schreiben an die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass die Lebensversicherung betreffend der Antragstellerin fällig werde.

In der Folge sei dieses Schreiben der Antragstellerin weitergeleitet worden. Sie habe Dr. C per Mail um Verlängerung ihrer betrieblichen Zukunftsvorsorge ersucht. Dr. C habe per Mail geantwortet: „soweit ich informiert bin, werden wir dein dienstverhältnis nicht weiterführen, insoweit du alsdann schon pensionsberechtigt [b]ist. ich möchte dies bitte noch vor einer Veranlassung betreffend die zukunftsvorsorge abklären (...).“

Die Antragstellerin habe daraufhin erneut per Mail ersucht, die Zukunftsvorsorge weiterzuführen. Dr. C habe geantwortet, dass er das vorab klären müsse.

Am 23. Jänner 2017 habe Dr. C der Antragstellerin per Mail mitgeteilt, dass es bezüglich ihrer betrieblichen Zukunftsvorsorge ein „Gesamtpaket“ gäbe, über das D, MSc noch mit ihr sprechen würde.

D, MSc habe mit der Antragstellerin einen Jour Fixe für den 25. Jänner 2017 mit dem Betreff „A Pensionsbescheid“ vereinbart.

Auch am 6. Februar 2017 habe ein Gespräch zwischen D, MSc und der Antragstellerin stattgefunden, bei dem die Pensionierung der Antragstellerin Thema gewesen sei. D, MSc habe gemeint, dass er seit einem Jahr versuchen würde, mit ihr eine Lösung zu finden. Die Antragstellerin habe erwidert, dass die einzige Lösung, die ihr bislang angeboten worden wäre, ihre Pensionierung gewesen wäre und sie aus ihrer Sicht, sehr wohl Platz im angedachten Arbeitsverbund gehabt hätte. Sie habe gesagt, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass es für sie mit ihrer Ausbildung, Kompetenz und beruflicher Erfahrung bei der Antragsgegnerin, einer Organisation mit 1500 MitarbeiterInnen, kein Arbeitsangebot geben würde. D, MSc habe ihr vorgehalten, dass sie sich nicht für ausgeschriebene Stellen in der Antragsgegnerin beworben hätte. Die Antragstellerin habe diese Äußerung nicht nachvollziehen können, zumal sie mehrfach aufgefordert worden sei, ihren Pensionsstichtag bekannt zu geben und Gespräche bezüglich ihre Pensionierung führen habe müssen bzw. seitens der Antragsgegnerin mit den Mitarbeiterlnnen der Antragstellerin Perspektivengespräche geführt worden seien, mit ihr hingegen ausschließlich Pensionsgespräche.

D, MSc habe erklärt, dass sie sich sehr wohl bewerben könne, er allerdings in der Antragsgegnerin keinen adäquaten Job für sie sehen würde, wobei er die Bemerkung fallen habe lassen, dass sie an einem Wohnhaus nicht interessiert wäre. Für die Antragstellerin sei nicht klar gewesen, was er damit gemeint habe. Da er dies aber beiläufig erwähnt habe, habe sie nicht näher nachgefragt.

Im Weiteren sei es in diesem Gespräch um den von der Krankenkassa für die Antragstellerin bereits genehmigten Kuraufenthalt gegangen. D, MSc habe diese Situation mit einer Fortbildung für einen Mitarbeiter verglichen, von dem man sich trennen möchte; er habe die Genehmigung seitens der Antragsgegnerin von der Art und Weise einer Einigung über die Beendigung ihres Dienstverhältnisses abhängig gemacht.

Am 6. Februar 2017 habe die Antragstellerin ein Terminaviso für den 14. Februar 2017 betreffend „A Pensionsbescheid“ erhalten. In diesem Gespräch, das auf den 13. Februar 2017 vorgezogen worden sei, habe D, MSc der Antragstellerin zwei Alternativen betreffend die Beendigung ihres Dienstverhältnisses: entweder Kündigung seitens des Dienstgebers mit Ende Juli 2017 oder Einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses mit Ende Oktober 2017 bei Konsumation aller Urlaubsansprüche bis Ende Juli 2017, anschließender Dienstfreistellung bei vollen Bezügen und inklusive Dienstgeberbeiträge zur betrieblichen Zukunftsvorsorge für 2017. Die Antragstellerin sollte ihm dazu bis 22. Februar 2017 eine Rückmeldung geben.

Nachdem die Antragstellerin beide Alternativen auf Grund der ihr daraus entstehenden künftigen finanziellen Einbußen für nicht adäquat gehalten habe, habe sie um ein Angebot im Sinne einer Nachbesserung der zweiten Variante von drei auf sechs Monaten ersucht.

Die vorgeschlagene Nachbesserung sei seitens der Antragsgegnerin nicht angenommen worden. Dieser Korrespondenz sei unter anderem zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin grundsätzlich davon ausgehe, dass Dienstnehmer mit Erreichung des Regelpensionsalters in Ruhestand gehen – eine laut Mailverkehr geübte Praxis.

Im Zeitraum zwischen 4. März und 11. März 2017 sei I, Betriebsratsvorsitzender, drei Mal zur Antragstellerin gekommen. Er habe ihr mitgeteilt, dass andere Mitarbeiterlnnen in ähnlicher Situation sehr wohl Angebote zur einvernehmlichen Auflösung angenommen hätten und das Angebot der Antragsgegnerin seines Erachtens großzügig wäre.

Am 9. März 2017 sei die Antragstellerin von Dr. J, Betriebsratsmitglied, darüber informiert worden, dass Dr. C dem Betriebsrat eine Mail betreffend die Zustimmung zu ihrer geplanten Kündigung geschrieben habe. Darin habe dieser angeführt, dass die Antragstellerin die ihr angebotenen Stellen nicht angenommen hätte und sie nicht mit Menschen mit Behinderung arbeiten wollen würde. Für die Antragstellerin sei diese Begründung völlig überraschend gewesen, weshalb sie sogleich klargestellt habe, dass sie keine Angebote für zukünftige Arbeiten in der Antragsgegnerin erhalten hätte. Zudem habe sie in ihrer Mail vom 9. März 2017 an Dr. J festgehalten, dass sie seit über 16 Jahren mit Freude und Erfolg mit Menschen mit Behinderung arbeiten würde und sie gerne weiterhin ihre Arbeit hier fortgesetzt hätte.

Am selben Tag habe Dr. J die anderen Betriebsratskollegen über die Stellungnahme der Antragstellerin mit der Bitte informiert, im Lichte dieser doch anderen Erkenntnisse, die Entscheidung zu treffen. In der Folge habe die Antragstellerin in einem Telefonat mit einem Betriebsratsmitglied erfahren, dass der geplanten Kündigung mehrheitlich nicht zugestimmt worden sei.

Nachdem die Antragstellerin darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass ihr seitens der Antragsgegnerin Stellenangebote gemacht worden wären, habe die Antragstellerin D, MSc per Mail um ein konkretes Stellenangebot ersucht. Die Antragstellerin habe kein Stellenangebot erhalten, sondern ein Mail von Dr. C, der ihr im Auftrag der Geschäftsführung unter anderem mitgeteilt habe, dass es über ein Jahr alle möglichen Versuche gegeben hätte, ihr konkrete Alternativen zu bieten, die Einrichtung nun aber nicht weitergeführt werden würde und ihr ein Angebot zur einvernehmlichen Lösung unterbreitet worden wäre, das sie bis 17 Uhr annehmen könne, ansonsten das Kündigungsverfahren gemäß § 105 Abs. 2 ArbVG eingeleitet werden würde. Die Antragstellerin habe geantwortet, dass die Bedingungen der einvernehmlichen Auflösung für sie nicht akzeptabel wären und habe festgehalten, dass ihr keine konkreten Alternativen zu ihrer derzeitigen Dienststelle angeboten worden wären.

In weiterer Folge sei die Antragstellerin mit Schreiben vom 22. März 2017 dienstgeberseitig gekündigt worden.

Die Antragsgegnerin habe eine Zukunftssicherung gemäß § 3/1/15a EStG 1988 angeboten. Regelungen dazu finden sich in Punkt XVIII. der Betriebsvereinbarung der Antragsgegnerin. Auf Nachfrage sei die Antragstellerin von der Z darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass die Antragsgegnerin den Vertrag betreffend die betriebliche Zukunftsvorsorge für die MitarbeiterInnen jeweils bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter abgeschlossen habe und seit Beginn des Jahres 2017 nicht mehr für die Antragstellerin einbezahlt worden sei.

In der Folge habe die Antragstellerin Dr. C per Mail am 20. April 2017 mitgeteilt, dass sie ihre Ansprüche betreffend die betriebliche Zukunftsvorsorge für 2017 geltend machen möchte, um einen Verfall abzuwehren. Daraufhin habe sie ein Schreiben vom 12. Mai 2017 erhalten, mit dem sie über eine Prämienanweisung in der Höhe von brutto € 632,- informiert worden sei. Diese Prämienanweisung habe sie auf Anraten der AK … nicht angenommen, da diese eine Abgeltung etwaiger Ansprüche abdecken solle.

Die R-GAW habe ein Interventionsschreiben an die Antragsgegnerin gerichtet, um auf die vermutete Diskriminierung aufmerksam zu machen und um eine Stellungnahme einzufordern.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin, welche sich ausschließlich auf den Diskriminierungsgrund Alter beziehe, sei eine Diskriminierung der Antragstellerin verneint worden.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 10. November 2017 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Teil I.

1.       Die Kündigung der Antragstellerin sei nicht aus gleichheitswidrigen Gründen erfolgt, sondern allein aufgrund der Auflösung der von der Antragstellerin geleiteten Einrichtung nach Ablehnung aller Angebote zur Weiterbeschäftigung.

Die Antragstellerin habe diese Angebote zur Weiterbeschäftigung ebenso erhalten, wie die Aufforderung, sich mit Dritten zur Besprechung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten in Verbindung zu setzen. Dies habe sie entweder gar nicht getan oder aber seien ihre diesbezüglichen Bemühungen mangelhaft gewesen.

Nachdem – für die Antragsgegnerin überraschend – bei Durcharbeitung des übermittelten Konvolutes der Eindruck entstanden sei, es sei der Wille der Antragstellerin, sich jedenfalls in der Antragsgegnerin weiterhin zu beschäftigen, sohin auch in der Assistenz, habe die Antragstellerin unverzüglich über die R-GAW zwei konkrete, aktuell zu besetzende Stellen an die Antragstellerin übermittelt. Diese Angebote wären unmittelbar verfügbar gewesen und jenem Bereich der „beruflichen Integration“ zuzuordnen, welchen die Antragstellerin als ihre Kernkompetenz anführe. Dieses Anbot sei auch zur Kenntnis der GBK ergangen. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin weder von der Antragstellerin noch von der R-GAW überhaupt eine Antwort auf dieses Angebot bekommen. Den Erhalt des Angebotes habe die R-GAW nur über neuerliche Nachfrage der Antragsgegnerin bestätigt.

Dass also eine Weiterbeschäftigung über das Erreichen des Pensionsalters hinaus das Ziel der Antragstellerin gewesen sei, sei hierdurch neuerlich in Zweifel gezogen worden.

2.       Die von der Antragstellerin geführte Einrichtung, Y, sei sowohl aufgrund inhaltlicher wie auch aufgrund schwerer wirtschaftlicher Probleme zu schließen gewesen.

3.       Es gebe in der Antragsgegnerin kein System welcher Art auch immer, welches die automatische Kündigung von Dienstnehmerlnnen bei Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters vorsehe.

Zu keinem Zeitpunkt haben Dienstnehmerlnnen der Antragsgegnerin zum Stichtag ihres gesetzlichen Pensionsalters ihre Kündigung erhalten. Auch die Kündigung der Antragstellerin sei zeitlich in keinem Zusammenhang mit dem Erreichen des Pensionsalters gestanden (weder ursächlich noch „mitursächlich“). Dass nun behauptet werde, es gäbe einen solchen Kündigungsautomatismus, welcher in der privaten Zukunftsvorsorge der Antragsgegnerin begründet sei, sei geradezu denkunmöglich. Augenscheinlich werde hier ein Zukunftsvorsorgesystem nach den Bestimmungen des EStG, also die Organisation einer Versicherungsleistung über den Dienstgeber zu einem Dritten (private Versicherungsgesellschaft) mit einem betrieblichen Pensionskassensystem verwechselt.

Dieses Argument der R-GAW gehe völlig ins Leere, was sich auch leicht durch die faktischen, aktuellen Verhältnisse in der Antragsgegnerin nachweisen lasse. Denn aktuell seien einige Dienstnehmerlnnen – Männer wie Frauen – in der Antragsgegnerin beschäftigt, die das gesetzliche Pensionsalter bereits überschritten haben. Tatsächlich seien sogar vorwiegend Frauen über das Pensionsalter hinaus in der Antragsgegnerin beschäftigt, wie aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich.

Name

Vorname

Eintritt

Einsatzort

Geb.dat.

Geschl.

01.02.2014

...1948

M

01.07.2017

...1949

M

01.04.2004

…1951

W

02.01.2016

…1953

W

01.10.2016

...1954

W

01.04.2010

...1954

W

11.01.1988

...1954

W

01.10.2017

...1954

W

01.06.2011

...1955

W

15.01.2017

...1956

W

01.10.2011

...1956

W

15.08.2015

...1956

W

15.01.2014

...1957

W

01.03.1998

...1957

W

01.08.2012

...1957

W

01.10.2003

...1957

W

01.04.2011

...1957

W

01.06.1992

...1957

W

01.05.2016

...1957

W

01.02.2010

...1957

W

Dies sei aus Sicht der Antragsgegnerin Beweis, dass die These eines Kündigungsautomatismus betreffend Frauen bei Erreichen des Pensionsalters nicht der Wahrheit entspreche, sohin reine Fiktion verbleibe.

4.       Die Antragsgegnerin halte diesbezügliche Vorschriften zur Gleichbehandlung systemisch ein, sowohl, was die Beschäftigung von Frauen, die Beschäftigung älterer Dienstnehmerlnnen, wie auch die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung betreffe.

Hier sei auf die Aussagen von K, L, insbesondere auf die Ausführungen von Mag.a M zu verweisen: Die Antragsgegnerin lege größten Wert darauf, dass alle Menschen (seien sie Frauen, Männer, Menschen mit Behinderungen, Kinder, Menschen verschiedener Ethnie etc.) in all ihren Rechten gleichbehandelt werden. Die Antragsgegnerin bilanziere Gemeinwohl, erfülle die Quoten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz und habe eine Fülle von internen Prozessen etabliert, welche diese Bemühungen nachweisen. Wie oben tabellarisch angeführt, werde aktuell eine nicht unerhebliche Zahl von Frauen, welche das gesetzliche Pensionsalter bereits überschritten haben, beschäftigt. Die Anschuldigungen der Antragstellerin seien nachweislich falsch und fußen auf Einzelaussagen, welche – aus dem Zusammenhang gerissen – augenscheinlich ein negatives Bild auf die Antragsgegnerin werfen sollen. Das sei sehr bedauerlich und die Antragsgegnerin trete diesen Vorwürfen mit aller Entschiedenheit entgegen, zumal es sich hier um Anwürfe handle, welche die Antragsgegnerin im Kern ihres Auftrages zu desavouieren versuchen. Verwiesen sei hier nämlich unter anderem auf die Zielbestimmung des … Rehabilitationsgesetzes …, welches als eine von mehreren grundlegende Rechtsvorschriften den Auftrag der Antragsgegnerin vorgebe:

„… Aufgaben

Rehabilitation im Sinne dieses Gesetzes bedeutet die Anwendung zusammenwirkender Maßnahmen, durch die die physischen, psychischen, sozialen, beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten eines Behinderten entfaltet und erhalten werden mit dem Ziel, den Behinderten in die Gesellschaft einzugliedern oder wieder einzugliedern.“

Die Antragsgegnerin habe sich diesem Ziel verpflichtet und halte wie selbstverständlich fest, dass die Teleologie des … Rehabilitationsgesetzes nicht allein die zu assistierenden Menschen mit Behinderungen umschließe, sondern auch die Gleichberechtigung und Wertschätzung aller Menschen ins Auge fasse, seien sie nun Klientlnnen, Dienstnehmerlnnen, Sachwalterlnnen, ElternvertreterInnen, Systempartnerlnnen, etc.

Teil II. Rechtliche Würdigung

1.   Grundlagen

1.1.   Rechtsprechung

Nachdem die Antragsgegnerin bereits mit der R-GAW außer Streit stellen habe können, dass die arbeitsrechtlichen Ansprüche der Antragstellerin durch Verstreichen der bezüglichen Anfechtungsfristen geklärt seien, erhebe die Antragstellerin Ansprüche auf Schadenersatz. Es läge eine Diskriminierung aufgrund Alters und des Geschlechts vor, insoweit die Antragsgegnerin sich bei der Auflösung des bezüglichen Dienstverhältnisses auf die gesetzlichen, unterschiedlichen Pensionsalter von Männern und Frauen berufen habe.

1.2.   Entscheidungen des OGH zu 90bA 13/16 vom 26.01.2017 sowie 90bA 106/15a vom 18.08.2016

Zumal Diskriminierungstatbestände regelmäßig im Zusammenhang mit arbeitsvertraglichen Auflösungsverfahren (Anfechtung von Dienstgeberkündigungen) gem. § 105 Abs. 3 ArbVG geltend gemacht werden, der Oberste Gerichtshof im Zuge solcher Verfahren auch regelmäßig auf Ansprüche nach dem GIBG, der Gleichbehandlungsrichtlinie RL 2000/78/EG sowie auf die bezügliche Rechtsprechung des EuGH Bezug nimmt, erlauben wir uns auf die obgenannten Entscheidungen des OGH beispielhaft zu verweisen.

1.3.   Rechtsansicht des OGH

Aus den Entscheidungen lasse sich gemäß der Lesung der Antragsgegnerin ableiten, dass der OGH gerade unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH nicht aus jeder Kündigung eines Dienstnehmers mit Pensionsanspruch eine Diskriminierung aufgrund Alters ableiten will, sondern nur dann, wenn

a)  das Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters das eigentliche Motiv der Kündigung war und

b)  kein legitimes sozialpolitisches Ziel iSd § 20 Abs. 3 GIBG den Dienstgeber rechtfertigt.

2.   Betreffend Antragstellerin – Kündigung

Gerade diese beiden Merkmale liegen aber im gegenständlichen Falle nicht vor.

Denn, zum ersten war das Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters nicht das Motiv zur Kündigung der Antragstellerin, auch nicht „mitursächlich“.

Dies lässt sich allein daraus ableiten, dass ein Zusammenhang zwischen Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters und Kündigung schon datumsmäßig nicht herzustellen sei. Auch habe in der Antragsgegnerin bis dato keine Dienstnehmerln bei Erreichung ihres/seines Regelpensionsalters automatisch ihre/seine Kündigung erhalten, noch werde dies je der Fall sein. Aktuell seien zahlreiche Dienstnehmerlnnen über das erreichte Regelpensionsalter hinaus in der Antragsgegnerin beschäftigt (siehe oben unter Teil I. Punkt 2.).

Zum zweiten liege im Gesamtpersonalkonzept der Antragsgegnerin in Hinblick auf den Unternehmenszweck (bestmögliche Assistenz von Menschen mit geistiger Behinderung) ein legitimes sozialpolitisches Ziel iSd § 20 Abs. 3 GIBG wie weiter unten dargetan werde.

2.1.   Gründe für die Kündigung

Der Grund für die Kündigung sei nachweislich darin gelegen, dass

a)  die von der Antragstellerin geleitete Einrichtung „Y“ geschlossen worden sei (siehe dazu oben unter Teil I.)

b)  eine Einigung über eine sinnvolle Weiterbeschäftigung der Antragstellerin trotz Angeboten von Seite der Antragsgegnerin im Gesamtpersonalkonzept nicht erzielt werden habe können (siehe dazu oben unter Teil I.). Die Antragstellerin habe sich an einer Neugestaltung ihres Arbeitsauftrages weder konstruktiv noch zielorientiert beteiligt. Bezügliche Aufträge habe sie teilweise schlichtweg ignoriert (siehe Aussage N).

2.1.1.  Schließung der Einrichtung

Die Einrichtung „Y“ sei zwischenzeitlich von der Antragsgegnerin geschlossen worden. Dieser Umstand sei seit vielen Monaten bekannt gewesen und es seien daher mit der Antragstellerin eine Vielzahl von Besprechungen abgehalten worden, welche das Ziel einer geordneten Abwicklung gehabt haben. Dass also die Antragstellerin zur einer einvernehmlichen Lösung „gedrängt“ worden sei, entspreche nachweislich – wie oben in Teil l. dargetan – nicht den Fakten, vielmehr habe sie selbst eine solche angestrebt, wie der Betriebsratsvorsitzende, I, dartue. Auch seien betreffend den übrigen Dienstnehmerlnnen der Einrichtung im gleichen Zeitraum sehr wohl Lösungen im Einvernehmen gefunden worden (siehe dazu zB Aussage Dr. E).

Einzelne Einrichtungen der Antragsgegnerin werden auch geschlossen und es gebe hierzu ein regelmäßig angewandtes Prozedere, welches auch im gegenständlichen Falle zur Anwendung gekommen sei. Die zuständige Regionalleitung, D, MSc habe wie üblich den Auftrag erhalten, sich um eine geordnete Abwicklung zu bemühen. Dies sei allein deshalb ebenso wichtig wie nachvollziehbar, als die Antragstellerin ausschließlich Menschen mit geistiger Behinderung assistiere, gerade diese aber im Regelfall weniger flexibel betreffend Än

Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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