Gbk 2020/1/28 GBK I/870/19

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Veröffentlicht am 28.01.2020
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Mangelnde Abhilfe im Falle einer sexuellen Belästigung, sexuelle Belästigung durch Dritten

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 28. Jänner 2020 über den am 3. Jänner 2019 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des/der ArbeitgeberIn im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) durch X (Erstantragsgegner) und durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch B (Zweitantragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/870/19, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des/der ArbeitgeberIn im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG durch X diskriminiert worden.

2.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch B diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin habe seit dem Frühjahr 2015 [sic! Im Zuge der mündlichen Befragungen wurde das Datum von der GAW auf 2016 korrigiert.] beim Erstantragsgegner gearbeitet, und zwar als Betreuerin auf dem sog. Y-Spielplatz ... Die Antragstellerin habe, so wie die meisten ihrer KollegInnen, einen jährlich befristeten Vertrag jeweils von März bis Dezember eines Jahres gehabt, dazwischen sei sie arbeitslos bzw. in Ausbildung gewesen.

Die Antragstellerin habe ihre Tätigkeit große Freude gemacht. Allerdings sei ihr von Beginn an aufgefallen, dass ihr unmittelbarer Vorgesetzter, der Zweitantragsgegner, ihr regelmäßig zu nahe getreten und immer wieder unpassende und sexuelle Themen berührende Bemerkungen gemacht habe. Beispielsweise habe er häufig ihr Aussehen kommentiert, Einladungen etwa für ein „Frühstück zu zweit am Dach“ ausgesprochen oder gemeint, sie sollte zu einer Besprechung mitkommen, „damit die auch mal eine junge hübsche Frau sehen“. Als die Antragstellerin einmal schwarz gekleidet gewesen sei, habe er dies mit der Bemerkung kommentiert, dass sie „sicherlich gerne einmal ausgepeitscht werden würde“. Auch habe er sie immer wieder ohne Notwendigkeit berührt und sie manchmal umarmt. Der Zweitantragsgegner habe die Antragstellerin auch häufig außerhalb der Arbeitszeit angerufen, um private Themen mit ihr zu besprechen, was für sie unangenehm und unpassend gewesen sei. In einer Situation, als ein 15-jähriger Jugendlicher, der mehrmals auf dem Spielplatz gewesen sei, sich zu sämtlichen Betreuerlnnen distanzlos verhalten habe, habe der Zweitantragsgegner zur Antragstellerin mit Bezugnahme auf das anwesende Team, in dem sich drei Männer und die Antragstellerin befunden haben, gemeint „naja, ich fürchte, da musst du uns abhelfen“, als wäre sie als Frau dafür verantwortlich, die Nähebedürfnisse des Jugendlichen zu erfüllen. Der Zweitantragsgegner habe die Antragstellerin auch immer wieder gerne mit Wasserbomben oder einer Spritzpistole beschossen, häufig auch vor Besucherlnnen des Spielplatzes und dies ausgiebig mit Bemerkungen kommentiert, an welche Körperstellen er nicht spritzen dürfe, „weil das bei Frauen immer so problematisch ist“.

Auf dem Spielplatz habe es keinen Platz gegeben, wo man sich unbeobachtet umziehen habe können, weshalb sich alle Kolleglnnen im Büro und in Anwesenheit der anderen umgezogen haben. Wenn die Antragstellerin sich dabei abgewandt habe, damit die anderen sie nicht beobachteten, habe dies der Zweitantragsgegner regelmäßig abfällig mit Bemerkungen wie etwa „wir schauen dir schon nix ab“ kommentiert.

Die Antragstellerin habe versucht mit dieser Situation der permanenten Belästigungen durch den Zweitantragsgegner lange Zeit alleine fertig zu werden. Sie habe ihren Arbeitsplatz nicht gefährden wollen; nachdem es sich um jährlich befristete Verträge gehandelt habe, sei die Abhängigkeit der Antragstellerin und ihrer KollegInnen vom Zweitantragsgegner diesbezüglich sehr groß gewesen, da dieser alleine über die Weiterbeschäftigung bzw. Neuanstellung von MitarbeiterInnen am Spielplatz entschieden habe. Sie habe aber begonnen, zunehmend abweisender zu ihm zu werden und die Belästigungen seien mit der Zeit seltener geworden.

Nachdem sie und ihre Kolleglnnen auch wegen anderer Themen Schwierigkeiten mit dem Zweitantragsgegner gehabt haben – mangelhafte Versorgung der am Spielplatz gehaltenen Tiere; Schlechtreden über Kolleglnnen; intransparente Arbeitszeitaufzeichnungen und Geldflüsse; Probleme, die der Zweitantragsgegner mit KundInnen, dh Besucherlnnen des Spielplatzes, gehabt habe, etc. – sei es schließlich 2018 zu einem Austausch unter den Kolleglnnen gekommen, bei denen auch die sexuelle Belästigung Thema geworden sei. Nun habe sich herausgestellt, dass die sexuellen Belästigungen teilweise von den Kolleglnnen beobachtet worden seien. Das Kernteam jener MitarbeiterInnen, die bereits mehrere Jahre am Spielplatz angestellt gewesen seien, haben die Vorfälle im Juni 2018 an den Vorgesetzten des Zweitantragsgegners, C, gemeldet und diese am 7. Juni 2018 mit ihm persönlich besprochen. Anwesend seien dabei neben C und der Antragstellerin ihre Kolleglnnen D, E, F und G gewesen. Nachdem sich C die Beschwerden angehört hatte, war sein Vorschlag, die Probleme mittels Mediation zu bearbeiten; die Antragstellerin und ihre Kolleglnnen haben dies keine passende Maßnahme gefunden. Sie haben gehofft gehabt, dass arbeitgeberseitig nach ihrer Beschwerde über die bereits lange andauernde Belästigung, aber auch die anderen teils massiven Fehlentscheidungen und problematischen Handlungen des Zweitantragsgegners effektive Maßnahmen des Arbeitgebers folgen würden, damit keine weiteren Belästigungen mehr stattfinden würden können und auch die anderen angesprochenen Probleme gelöst würden.

Es sei am 12. Juni ein Treffen zwischen C, dem Zweitantragsgegner und H, dem Geschäftsführer des Erstantragsgegners, gefolgt. Schließlich habe C dem Team mitgeteilt, dass die Probleme mittels Supervision bearbeitet werden sollte. Die Supervisionstermine haben Ende Juni begonnen und wöchentlich, manchmal zweiwöchentlich, stattgefunden. C sei dabei nur einmal – auf expliziten Wunsch des Teams – anwesend gewesen. Der Supervisor habe sich überrascht gezeigt angesichts der Belästigungsvorwürfe.

Die Antragstellerin habe sich sodann auch an die GAW gewandt. Der daraufhin folgende Briefwechsel zwischen der GAW und dem Erstantragsgegner habe allerdings nicht dazu geführt, dass sich die Situation der Antragstellerin verbessert habe; nun sei der Zweitantragsgegner auf sie wütend gewesen und habe sie dies in der Zusammenarbeit spüren lassen.

Weiters habe sich – durch Gespräche der Antragstellerin und ihrer Kolleglnnen mit ehemaligen Kolleginnen – herausgestellt, dass es bereits früher sexuelle Belästigungen durch den Zweitantragsgegner gegeben gehabt habe, die offenbar auch dem Erstantragsgegner gemeldet worden seien. Dies sei im zweiten Schreiben der GAW an den Erstantragsgegner thematisiert und um Informationen dazu gebeten worden. In beiden Stellungnahmen des Erstantragsgegners bzw. von dessen Rechtsanwalt sei – trotz ausdrücklichen Ersuchens der GAW sowie konkreter Fragen zum Sachverhalt – nichts Substanzielles vorgebracht worden. Den Schreiben zu entnehmen sei lediglich, dass am 22. Juli – also nicht nach der Beschwerde der Betroffenen, sondern erst nach dem ersten Schreiben der GAW — der Zweitantragsgegner „streng verwarnt“ worden sei. Auch dem Ersuchen, zu den neuen Informationen bezüglich der früheren Meldung sexueller Belästigung Stellung zu nehmen, sei nicht entsprochen worden, sondern seitens der Rechtsvertretung nur moniert worden, dass es nicht akzeptabel sei, von der GAW „derartig gemaßregelt“ zu werden.

Die Antragstellerin und ihre Kolleglnnen haben in weiterer Folge die genannten Probleme auch dem Betriebsrat von Z, von dem sie aber bis heute keine Rückmeldung erhalten haben, gemeldet.

In den folgenden Supervisionseinheiten sei es zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen; auch der beauftragte Supervisor habe festgestellt, dass sexuelle Belästigung kein Thema sei, das in einer Supervision bearbeitet werden könne. Der Zweitantragsgegner habe sich nicht an dort abgemachte Regeln gehalten. So sollte das Team die Möglichkeit haben, sich ohne ihn untereinander auszutauschen, um zukünftigen Belästigungsvorfällen vorzubeugen und einen sicheren Gesprächsraum zu schaffen. Der Zweitantragsgegner sollte daher nur jedes dritte Mal bei der Supervision dabei sein. Das sei von ihm nicht akzeptiert worden und er sei – entgegen der Abmachung – bei den Supervisionen ohne Vorankündigung je nach Lust und Laune erschienen. Schließlich habe sich das Team geweigert, weiter Supervisionsstunden in Anspruch zu nehmen.

Letztendlich habe sich die Antragstellerin durch die fehlenden Maßnahmen ihres Arbeitgebers so unter Druck gefühlt, dass sie sich entschieden habe, ihr – ohnehin befristetes – Dienstverhältnis vorzeitig zu kündigen, was sie am 24. September 2018 auch getan habe; letztendlich habe sie eine einvernehmliche Auflösung ihres Dienstverhältnisses mit Ende September 2018 vereinbart.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung des Erstantragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 31. Jänner 2019 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Der Erstantragsgegner weise selbstverständlich jegliches Verhalten einer sexuellen Diskriminierung aufs Schärfste zurück und sei bestmöglich darum bemüht, seinen Mitarbeiterlnnen diesbezüglich einen angemessenen Schutz zu gewähren.

Auch im Hinblick auf den von der Antragstellerin erstmals im Juni 2018 gegenüber dem Erstantragsgegner, konkret gegenüber dem zuständigen Abteilungsleiter, C, geäußerten Verdachtes einer sexuellen Belästigung durch den Zweitantragsgegner habe der Erstantragsgegner unverzüglich gehandelt, und sei somit jedenfalls seiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeber bzw. Verpflichtung, angemessene Abhilfe zu gewähren, nachgekommen.

Wie auch bereits in den Schreiben vom 6. August 2018 und vom 12. Oktober 2018 an die GAW ausgeführt, habe der Erstantragsgegner erstmals von einem Vorwurf der sexuellen Belästigung gegen seinen Mitarbeiter, dem Zweitantragsgegner, am 7. Juni 2018 erfahren.

Ausdrücklich dürfe hervorgehoben werden, dass zuvor zu keinem Zeitpunkt Vorwürfe der sexuellen Belästigung bezüglich dem Zweitantragsgegner beim Erstantragsgegner deponiert worden sei. Der Zweitantragsgegner habe bereits seit 15 Jahren als Leiter des Y-Spielplatzes fungiert, und es zu keinem Zeitpunkt zu irgendwelchen diesbezüglichen Beschwerden von Mitarbeiterinnen gekommen. Es seien auch zu keinem Zeitpunkt Beschwerden von Eltern oder sonstigen Gästen des Y-Spielplatzes über den Zweitantragsgegner geäußert worden, sondern es habe im Gegenteil viele positive Rückmeldungen über den Zweitantragsgegner im speziellen bzw. über das gesamte Team und die Leitung des Y-Spielplatzes gegeben.

Der Erstantragsgegner dürfe daher ausdrücklich betonen, dass er über die erstmals am 7. Juni 2018 erhobenen Vorwürfe vollkommen überrascht gewesen sei.

Weiters sei darauf hinzuweisen, dass der Erstantragsgegner umgehend im Hinblick auf die erstmals am 7. Juni 2018 erhaltene Information tätig geworden sei:

Der Zweitantragsgegner sei unverzüglich zu einem persönlichen Gespräch mit dem Geschäftsführer, H, im Beisein seines unmittelbaren Vorgesetzten C geladen worden. Im Rahmen dieses Gespräches sei der Zweitantragsgegner im Hinblick auf den Vorwurf der sexuellen Belästigung bezüglich der Antragstellerin zur Rede gestellt worden, und sei ihm ausdrücklich mitgeteilt worden, dass ein derartiges Verhalten in keinster Weise zu akzeptieren sei und selbstverständlich arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge habe.

Im Anschluss an dieses Gespräch sei eine Supervision eingeleitet worden, und der Zweitantragsgegner sei zusätzlich vom Erstantragsgegner am 23. Juli 2018 streng verwarnt worden. In der gegenüber dem Zweitantragsgegner ausgesprochenen strengen Verwarnung sei festgehalten worden, dass die dem Zweitantragsgegner zum Vorwurf gemachten Verhaltens- und Ausdrucksweisen absolut unzulässig und rechtswidrig seien und sexuelle Belästigung jeglicher Art, worunter selbstverständlich auch distanzloses Verhalten, anzügliche Bemerkungen oder ähnliche Äußerungen fallen, generell, aber insbesondere im Rahmen einer Beschäftigung beim Erstantragsgegner verboten seien. Der Zweitantragsgegner sei darauf hingewiesen worden, dass weitere derartige Verhaltensweisen strenge arbeitsrechtliche Konsequenzen, insbesondere eine fristlose Entlassung, zur Folge haben würden.

Über die am 23. Juli 2018 ausgesprochene strenge Verwarnung sei die GAW auch mit Schreiben vom 6. August 2018 entsprechend informiert worden.

Zusammenfassend sei somit festzuhalten, dass der Erstantragsgegner seiner Verpflichtung gemäß § 6 GIBG zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht zur Gänze nachgekommen sei, weshalb der nunmehrige Vorwurf, der Erstantragsgegner hätte keinerlei angemessenen Maßnahmen zur Hintanhaltung einer verpönte sexuellen Belästigung gesetzt, nicht nachvollzogen werden könne.

Zudem sei festzuhalten, dass die Ausführungen, wonach eine Abhängigkeit der Antragstellerin gegenüber dem Zweitantragsgegner bestanden habe, da dieser allein über die Weiterbeschäftigung bzw. Neuanstellung von Mitarbeiterlnnen am Spielplatz zu entscheiden habe, unrichtig seien. Es liege keineswegs im Kompetenzbereich des Zweitantragsgegners, über die Weiterbeschäftigung von Mitarbeiterlnnen zu entscheiden. Diese Entscheidung liege vielmehr bei seinem direkten Vorgesetzten, C, weshalb das dargestellte Abhängigkeitsverhältnis bezüglich der Verlängerung bzw. Weiterbeschäftigung in keinster Weise bestehe und somit die Bezeichnung „Alleinherrschaft des Zweitantragsgegners am Spielplatz“ in keinster Weise zutreffe.

Im Hinblick auf die Ausführungen, wonach kein Platz bestehe, sich unbeobachtet umzuziehen, und sich daher sämtliche KollegInnen im Büro und in der Anwesenheit der anderen umzuziehen haben, sei festzuhalten, dass dies ebenfalls unrichtig sei. So bestehe die Möglichkeit, sich ungestört im Damen-WC, welches gleichzeitig als Behinderten-WC fungiere und ausreichend Platz biete, umzuziehen. Ebenfalls können sich alle Mitarbeiterlnnen in den sogenannten „Werkraum“ (neben dem Büro) zurückziehen, der verschließbar sei, und für den sämtliche Mitarbeiterlnnen einen Schlüssel haben. Es sei somit jedenfalls gewährleistet, dass sich sämtliche Kolleglnnen unbeobachtet umziehen können.

Zur durchgeführten Supervision sei festzuhalten, dass insgesamt elf Supervisionstermine von Ende Juni bis Saisonende Ende Oktober stattgefunden haben, dies regelmäßig alle zwei Wochen, teilweise sogar wöchentlich. Dies Supervisionstermine seien auch bis zuletzt vom Großteil des Teams (zehn Mitarbeiterlnnen) wahrgenommen worden. Es sei somit nicht richtig, dass die Supervision vorzeitig abgebrochen worden sei.

Der Vorwurf der sexuellen Belästigung sei auch zu Beginn der Supervision Thema gewesen, wobei es dem Erstantragsgegner wichtig gewesen sei, dass das gesamte Team die gleichen Informationen erhalte. Der Supervisor sei selbstverständlich über die Sachlage bezüglich der Vorwürfe der sexuellen Diskriminierung informiert gewesen, weshalb die Ausführungen, wonach der Supervisor über die Vorwürfe überrascht gewesen sei, nicht nachvollzogen werden können.

Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass der Erstantragsgegner auch für das Jahr 2019 entsprechende Maßnahmen zur Hintanhaltung jeglicher sexuellen Belästigung geplant habe, Teamsupervisionen sollen weiterhin regelmäßig stattfinden, teilweise auch ohne Anwesenheit des Leiters. Weiters sei vorgesehen, dass bei den Teambesprechungen der Vorgesetzte des Zweitantragsgegners, Abteilungsleiter C, regelmäßig anwesend sein werde, dies ebenfalls auf Wunsch des Teams bei Teamsupervisionen. Kurz vor Saisonbeginn 2019 seien zudem zwei angeleitete Teamtage geplant, dies mit einer externen Moderation, wobei auch der Umgang miteinander und die Kommunikation im Team thematisiert werden.

Zudem habe der Erstantragsgegner geplant, eine weibliche Vertrauensperson, die nicht dem Team am Y-Spielplatz angehöre, zu nennen, damit sich die Teammitglieder bei Problemen an diese wenden können.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom Zweitantragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 30. Jänner 2019 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Er leite den Y-Spielplatz sehr erfolgreich seit beinahe 15 Jahren und den größten Teil davon völlig konfliktfrei.

Es ist ihm ein großes Anliegen die Rechte von Frauen zu stärken und den respektvollen, gleichberechtigten Umgang zwischen den Geschlechtern zu leben. Er wiederhole noch einmal, dass es in keinster Weise sexuelle Belästigungen und auch keine sexuellen Anspielungen von seiner Seite gegeben habe – er weise das auf das Schärfste zurück! Ein bewusstes Interpretieren in eine Richtung sei unzulässig. Es sei niemals seine Absicht gewesen, die Antragstellerin in irgendeiner Weise zu belästigen. Sollte er unüberlegte oder unbedachte Äußerungen getätigt haben, entschuldige er sich abermals in aller Form dafür.

Es seien ihm zwei weitere Vorwürfe der sexuellen Belästigung unterstellt worden (in der Supervision), die beide nicht stimmen. In einem Fall habe sein Vorgesetzter bei „U“ auf seinen Wunsch hin sofort angerufen. Im zweiten Fall habe er die Bestätigung per E-Mail. Die Person sei sehr erbost gewesen, da sie nie eine solche Äußerung gemacht habe und es auch nie eine Erlaubnis gegeben habe, ihren Namen zu nennen. Wie könne so ein schwerwiegender und unwahrer Vorwurf sein? Auch seien niemals derartige Vorwürfe früher geäußert worden – von niemandem. Auffallend für ihn sei auch der Umstand, dass in einer akuten Konfliktsituation plötzlich eine sexuelle Belästigung in den Raum gestellt werde.

Er begrüße die angekündigte Befragung, da es ist dringend notwendig sei, dass es eine Klärung gebe und die Wahrheit ans Licht komme. In einer Konfliktsituation könne es nicht sein, dass jegliche Mittel herangezogen werden um ihn, den Spielplatz und den Erstantragsgegner zu schädigen. Es habe immer die Möglichkeit gegeben und gebe immer die Möglichkeit ohne persönliche Angriffe Konflikte konstruktiv zu klären.

Der Auslöser der Probleme sei ein an ihn herangetragener Auftrag, ein anderes Gelände („W“) auf die Tauglichkeit für eine Kinderbetreuung zu überprüfen, gewesen. Eine ehemalige Mitarbeiterin sei als Verein am Z-Gelände eingemietet und habe sich in ihrer Existenz bedroht gefühlt. Es habe immer eine Unterstützung von ihm gegeben, da sie für die Kinder da seien.

Das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und ihm sei jahrelang sehr gut gewesen. Ein Beispiel für ein vertrauensvolles Miteinander sei, dass die Antragstellerin immer wieder von ihrer anderen Arbeit erzählt habe, in der sie öfters mit sexueller Belästigung von männlichen Kollegen konfrontiert gewesen sei bzw. sei. Mittlerweile haben zwei Personen ohne Wissen von den genaueren Vorwürfen ihm gegenüber ausgesagt, dass die Antragstellerin sich oft sehr „unpassend“ und „provokativ“ im Büro das T-Shirt umgezogen habe.

Mit privaten Themen in und außerhalb der Arbeit sei er sehr zurückhaltend gewesen. Er sei von ihr zu einem privaten Fest am Wochenende eingeladen worden.

Eine Supervision ohne dem Zweitantragsgegner sei sehr wohl möglich gewesen. Sein Supervisor habe große Bedenken geäußert gehabt, eine Supervision ohne Leitung zu machen.

Sehr verwunderlich sei auch, dass G in einem Mitarbeiterlnnengespräch am 8. März 2018 auf die Frage, wie es ihr am Y-Spielplatz gehe, gesagt habe, dass sie sich so wohl fühle, alles perfekt sei und sie sich auf die neue Saison sehr freue. Auch habe sie gesagt, dass sie und E eigentlich nicht zu C gehen wollten und sie beide Seiten gut verstehen würde. E habe auch gesagt, dass das Team immer zusammenhalten müsse.

Der Zweitantragsgegner mache gerade einen Teamleitungslehrgang.

Es sei sehr traurig und tragisch, wie es gekommen sei und er auf diese Art seine Unschuld beweisen müsse.

Auf Anraten seiner Anwältin seien der Stellungnahme Bestätigungen zugefügt. Es sei von ihm die Vertraulichkeit eingehalten und auch bei allen Personen dazugesagt worden. Auch sei von ihm kein Name genannt worden.

Es habe nicht nur eine Einladung auf das Dach gegeben, sondern es sei mit zwei Personen auch ein Frühstück veranstaltet worden. Die betreffenden Personen möchten aber nicht genannt werden. I und J bestätigen ebenfalls die Einladung auf das Dach. Mit K sei auch mehrmals über ein Dachfrühstück gesprochen worden.

Da es immer wieder unerlaubte Absprachen von mehreren Teammitgliedern gegeben habe, seien diverse andere Bestätigungen beigelegt.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin, des Erstantragsgegners und des Zweitantragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin, von Geschäftsführer H (informierter Vertreter des Erstantragsgegners) und des Zweitantragsgegners vom 28. Jänner 2020. Als weitere Auskunftspersonen wurden C, L, M, G und D am 28. Jänner 2020 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf den Dienstvertrag der Antragstellerin vom 9. März 2018, das Gedächtnisprotokoll der Antragstellerin (undatiert, „gekürzte Version“), das Gedächtnisprotokoll zum Gespräch mit C am 7. Juni 2018, das E-Mail der Antragstellerin an den Betriebsrat von Z vom 13. Juli [2018], die E-Mailkommunikation der Antragstellerin und N (Betriebsrat PädagogInnen) vom 25. Juli 2018, die Stellungnahme des Zweitantragsgegners an die GAW vom 29. Juli 2018, die Stellungnahmen der rechtsfreundlichen Vertretung des Erstantragsgegners an die GAW vom 6. August und 12. Oktober 2018, das Gedächtnisprotokoll von F vom 26. August 2018, das Gedächtnisprotokoll von G vom 4. September 2018 zum Gespräch mit C, das Gedächtnisprotokoll von G vom 5. September 2018 zum Supervisionstermin am 16. Juli 2018, das Kündigungsschreiben der Antragstellerin mit E-Mail vom 6. September [2018], das Gedächtnisprotokoll der Antragstellerin, von G und F zum Supervisionstermin am 10. September [2018], das Gedächtnisprotokoll von O vom 22. September 2018, das Gedächtnisprotokoll von G vom 22. September 2018 über die Zusammenarbeit mit dem Zweitantragsgegner, die Auflösung des Dienstverhältnisses der Antragstellerin im beiderseitigem Einvernehmen vom 24. September 2018, die Erklärungen von F, G vom 25. September 2018 und von O vom 26. September 2018 betreffend Einladung durch den Zweitantragsgegner zu einem Frühstück am begrünten Dach des Spielplatz-Gebäudes, das Gedächtnisprotokoll von E vom 15. Oktober 2018, die Anwesenheitslisten der Team-Supervision am 25. Juni, 9., 16. und 30. Juli, 13. und 27. August, 10. und 17. September sowie 1., 8. und 15. Oktober 2018, das Mail von M an die Antragstellerin vom 8. Jänner [2019], die Stellungnahme von I vom 25. Jänner 2019, die Stellungnahme von L, die Erklärung von J vom 25. Jänner 2019 betreffend Einladung durch den Zweitantragsgegner zu einem Frühstück am begrünten Dach des Spielplatz-Gebäudes, die Stellungnahme von Mag.a P (Tierarztpraxis …) vom 25. Februar 2019, die Replik des Zweitantragsgegners vom 11. März 2019 auf die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen, das E-Mail [VerfasserIn anonymisiert] an die GAW vom 27. Mai 2019 mit dem Betreff „unangenehme Situation mit meinem Chef“, das E-Mail von H an den Zweitantragsgegner vom 6. November 2019, die undatiert Stellungnahme von Q, das undatierte Gedächtnisprotokoll von D sowie den Artikel aus der Zeitschrift von Z zur Auszeichnung für das begrünte Dach am Spielplatz (…).

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

„§ 6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person

[…]

2. durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen,

3. durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder […]

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt [...]“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 6 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei vom Teamleiter verbal und körperlich sexuell belästigt worden und der Arbeitgeber hätte trotz Kenntnis der Vorfälle keine angemessene Abhilfe geschaffen, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin arbeitete seit dem Frühjahr 2016 beim Erstantragsgegner als freizeitpädagogische Betreuerin von Kindern und Jugendlichen am sogenannten Y-Spielplatz (…) immer befristet von März bis Dezember, zuletzt im Ausmaß von 11 Stunden.

Der Zweitantragsgegner war dort als Teamleiter beschäftigt.

Das Personalmanagement oblag dem Leiter des freizeitpädagogischen Bereichs, C, faktisch war der Zweitantragsgegner jedoch in bestimmte Personalentscheidungen, zB die Beschäftigung von MitarbeiterInnen, involviert.

Im Zuge des Arbeitsverhältnisses kam es vor allem in den Jahren 2016 und 2017 zu Belästigungen der Antragstellerin durch den Zweitantragsgegner. So bemerkte er etwa in Hinblick auf ihre schwarze Kleidung, dass sie „sicherlich gerne einmal ausgepeitscht werden will“. Im Zuge einer Wasserbombenschlacht bespritzte er die Antragstellerin, die gerade mit Gästen sprach, und kommentierte, an welche Körperstelle er nicht spritzen dürfe, „weil das bei Frauen immer so problematisch ist“. Als sich die Antragstellerin in Anwesenheit des Zweitantragsgegner im Büro ihr T-Shirt umzog und wegdrehte, sagte dieser „ich schaue dir nichts weg“. Im Zuge eines Teamtreffens sprach der Zweitantragsgegner in einem Tonfall, der der Antragstellerin merkwürdig erschien, eine Einladung zu einem Frühstück zu zweit am begrünten Dach des Spielplatzgebäudes aus. Darüber hinaus kommentierte er das Aussehen der Antragstellerin, umarmte diese und rief sie außerhalb der Arbeitszeit an, wobei die Telefonate nicht ausschließlich dienstliche Themen zum Inhalt hatten.

Ende 2016 vertraute sich die Antragstellerin ihrer Kollegin D an.

Nachdem Schwierigkeiten des „Kernteams“, also jener MitarbeiterInnen, die bereits seit mehreren Jahren am Spielplatz beschäftigt waren, mit dem Zweitantragsgegner hinsichtlich den Spielplatz betreffenden Themen entstanden, kam es 2018 zu einem Austausch unter diesen KollegInnen, bei dem auch die sexuelle Belästigung Thema war.

Am 7. Juni 2018 fand ein Gespräch zwischen C, der Antragstellerin, D, G, E und F statt, in dem das „Kernteam“ die diversen Probleme, darunter die sexuelle Belästigung durch den Zweitantragsgegner schilderte.

Am 8. Juni 2018 informierte C H von den Vorwürfen.

Am 12. Juni 2018 fand ein Gespräch von C und H mit dem Zweitantragsgegner statt, in dem dieser insbesondere mit den Vorwürfen der sexuellen Belästigung konfrontiert wurde.

Am 20. Juni 2018 informierte C das gesamte Team.

Beginnend mit 25. Juni 2018 fand an insgesamt 11 Terminen bis 15. Oktober 2018, in Anwesenheit eines Großteils des Teams und zweitweiser Anwesenheit des Zweitantragsgegners eine Supervision statt. Der Zweitantragsgegner erhielt zudem gesondert eine Supervision. Am ersten Termin und an einem weiteren nahm auch C teil.

Am 13. Juli 2018 informierte das „Kernteam“ außerdem den Betriebsrat von Z von den Vorfällen, wobei es keine Antwort erhielt.

Am 22. oder 23. Juli 2018 – hier finden sich in den Stellungnahmen des Erstantragsgegners divergierende Datumsangaben – sprach der Erstantragsgegner gegenüber dem Zweitantragsgegner eine Verwarnung aus.

Am 6. September 2018 kündigte die Antragstellerin ihr bis 2. Dezember 2018 befristetes Arbeitsverhältnis, da für sie eine weitere Zusammenarbeit mit dem Zweitantragsgegner unangenehm war. Die Kündigung wurde in eine einvernehmliche Auflösung zum 30. September 2018 umgewandelt.

Als weitere Maßnahmen für 2019 plante der Erstantragsgegner, dass weiterhin regelmäßig Supervisionstermine, teilweise auch ohne den Leiter, stattfinden sollen und bei Teambesprechungen auch C regelmäßig anwesend sein soll. Zudem wurden für den Saisonbeginn 2019 zwei Teamtage, in denen auch der Umgang miteinander und die Kommunikation im Team thematisiert werden solle, mit einer externen Moderation geplant.

Im Frühjahr 2019 wurde eine weibliche Vertrauensperson, R, vorgestellt, an die sich die Teammitglieder bei Problemen wenden können.

Im August 2019 wurden von einer weiteren Mitarbeiterin des Y-Spielplatzes Vorwürfen der sexuellen Belästigung durch den Zweitantragsgegner an den Erstantragsgegner heran.

In weitere Folge wurde der Zweitantragsgegner nach seinem Urlaub dienstfrei gestellt und das Arbeitsverhältnis arbeitgeberseitig mit 31. Dezember 2019 gekündigt.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

1.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des/der ArbeitgeberIn im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG vor.

§ 6 Abs. 1 Z 2 GlBG enthält eine Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht. Danach haben ArbeitgeberInnen auch dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre der in den Betrieb eingegliederten ArbeitnehmerInnen nicht durch Belästigungen durch Dritte beeinträchtigt wird. ArbeitgeberInnen haben daher dafür zu sorgen, dass die geschlechtliche Selbstbestimmung, sexuelle Integrität und Intimsphäre der ArbeitnehmerInnen nicht gefährdet werden. ArbeitgeberInnen sind zum unverzüglichen Einschreiten verpflichtet, wenn sexuelle Belästigungen hervorkommen, zum einen, um die Betroffenen nicht der Gefahr weiterer Belästigungen auszusetzen, zum anderen aber auch, um sich nicht selbst dem Vorwurf auszusetzen, nicht wirksam für angemessene Abhilfe gesorgt zu haben. „Angemessen“ ist die Abhilfe dann, wenn sie geeignet ist, die belästigte Person vor weiteren Belästigungen zu schützen. Um angemessene Abhilfe zu schaffen, bedarf es der Ermahnung, Verwarnung, Versetzung, Kündigung oder allenfalls Entlassung der belästigenden Person, wobei nach herrschender Rechtsprechung das jeweils gelindeste Mittel zu wählen ist. Es ist eine Handlung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin gefordert, die weitere Belästigungen mit sofortiger Wirkung und effizient verunmöglicht.4

Um ein schuldhaftes Unterlassen annehmen zu können, muss dem/der ArbeitgeberIn das Vorliegen einer Abhilfe gebietenden Situation entweder bekannt oder zumindest erkennbar sein. Der/Die ArbeitgeberIn haftet daher nicht, wenn er/sie von der Belästigung eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin weder wusste noch wissen musste. Für eine Haftung des Arbeitgebers genügt Fahrlässigkeit. Bei „Erkennbarkeit“ kommt es auf eine besondere „Bekanntgabe“ durch die betroffene Person nicht mehr an.5

Es ist vom Erstantragsgegner unbestritten, dass sich die Antragstellerin mit dem Vorwurf der sexuellen Belästigung durch den Zweitantragsgegner erstmals am 7. Juni 2018 an ihren Vorgesetzten, C, gewandt hat.

Der Erstantragsgegner legte ausführlich dar, welche Schritte er in weiterer Folge gesetzt hat. Aus den Schilderungen des Erstantragsgegners geht dessen Bemühen, die vorgebrachten Vorwürfe zu klären und Lösungen zu finden, hervor.

Nach Ansicht des Senates waren jedoch die gewählten Mittel nicht geeignet die Antragstellerin ausreichend zu schützen. Insbesondere oblag es der Antragstellerin selbst, die Diensteinteilung so vorzunehmen, dass es zu keinem Aufeinandertreffen mit dem Zweitantragsgegner kam. Auch empfand die Antragstellerin die Teamsupervisionstermine nicht dazu geeignet, ihren Vorwurf der sexuellen Belästigung entsprechend aufzuarbeiten, weshalb sich die Antragstellerin schließlich dazu gezwungen sah, ihr ohnehin befristetes Arbeitsverhältnis vor Saisonende zu kündigen.

Zudem erfolgte der Ausspruch der Verwarnung an den Zweitantragsgegner erst spät, nämlich ca. eineinhalb Monate nach Bekanntwerden der Vorwürfe. Da die Verwarnung von den einem/einer ArbeitgeberIn im Einzelfall zur Verfügung stehenden Abhilfemaßnahmen zu den gelinderen Mitteln gezählt werden kann, kann hier nach Auffassung des Senates ein schnelleres Handeln des Erstantragsgegners vorausgesetzt werden.

Alle für das Jahr 2019 geplanten bzw. tatsächlich umgesetzten Maßnahmen waren für die Antragstellerin nicht mehr von Belang und können daher nur als Präventivmaßnahmen für die Vermeidung allfälliger Belästigungen anderer MitarbeiterInnen gewertet werden.

Im nachfolgenden Beschwerdefall reagierte der Erstantragsgegner tatsächlich erheblich zügiger und konsequenter, was den Schutz von MitarbeiterInnen vor möglichen weiteren Belästigungen betrifft, indem der Zweitantragsgegner nach seinem Urlaub sofort dienstfreigestellt wurde.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Erstantragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass er alle notwendigen Maßnahmen ergriffen hat, um angemessene Abhilfe zu leisten.

2.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.

Als Dritte iSd § 6 kommen vom/von der ArbeitgeberIn und der belästigten Person verschiedene Personen in Betracht. Im Fall des § 6 Abs. 1 Z 3 sind das zB ArbeitskollegInnen der belästigten Person, Vorgesetzte, GeschäftspartnerInnen oder KundInnen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin.6

Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise unsittliche Redensarten7, anzügliche – sei es auch in „Komplimente“ verpackte – Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben, unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht, „zufällige“ Körperberührungen und erzwungene Umarmungen8.

Um von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs. 2 sprechen zu können, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten des Weiteren die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.9 Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Nach den Gesetzesmaterialien zum ArbBG sollen Beispiele wie das Nachpfeifen oder die unerwünschte Einladung zum Kaffee oder zum Essen „grundsätzlich“ nicht genügen, um bereits die Voraussetzung der Verletzung der Würde und damit den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen. Anders zu sehen ist dies aber uU dann, wenn zwar die einzelnen Belästigungshandlungen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, dafür aber immer wieder erfolgen.10

Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.

Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass das belästigende Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein muss (§ 6 Abs. 2). Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden.11

Schon die Gesetzesmaterialien zum ArbBG betonen, dass für den/die BelästigerIn erkennbar sein muss, dass das Verhalten für die betroffene Person unerwünscht ist. An das ablehnende Verhalten der betroffenen Person dürfen jedoch keine allzu hohen Ansprüche gestellt werden. Dabei geht es keinesfalls um eine Ablehnungspflicht, sondern äußerstenfalls – beschränkt auf Grenzfälle, missverständliche Situationen etc. – um eine Ablehnungsobliegenheit. Abgelehnt und damit unerwünscht ist ein Verhalten keineswegs erst dann, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt; die Ablehnung eines bestimmten Verhaltens kann auch schlüssig erfolgen.12

Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 Z 1 ist, dass ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Meistens wird die „Arbeitsumwelt“ erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Doch wie schon oben erwähnt, kann bereits eine einzelne Belästigungshandlung derartig schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.13 Durch körperliche Kontakte gegen den Willen der betroffenen Person (sog. „Begrapschen“) wird im Allgemeinen die Toleranzgrenze überschritten.14

Sexuelle Belästigung liegt somit vor, wenn ein objektiv der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, und dieses Verhalten objektiv eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt.

Der Zweitantragsgegner ist Dritter iSd § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG, da er ebenso wie die Antragstellerin beim Erstantragsgegner beschäftigt war. Er hat auch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt, das die Würde der Antragstellerin beeinträchtigte, indem er insbesondere in Hinblick auf ihre schwarze Kleidung die Bemerkung, dass sie „sicherlich gerne einmal ausgepeitscht werden will“ machte; sie mit einer Wasserbombe bzw. Spritzpistole nass machte und dabei kommentierte, an welche Körperstelle er nicht spritzen dürfe, „weil das bei Frauen immer so problematisch ist“; als sich die Antragstellerin in seiner Anwesenheit im Büro ihr T-Shirt umzog und wegdrehte, dieser sagte „ich schaue dir nichts weg“; sie in einem für sie unangenehmen Tonfall zu einem Frühstück zu zweit am begrünten Dach des Spielplatzgebäudes einlud; Komplimente zu ihrem Aussehen und ihrer Person machte und sie umarmte. Die geforderte Intensität ist hier jedenfalls gegeben, da selbst, wenn bestimmte der vorgebrachten Belästigungshandlungen für sich gesehen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen würden, wiederkehrend ein belästigendes Verhalten seitens des Zweitantragsgegners gesetzt wurde.

Das Verhalten des Zweitantragsgegners war auch unerwünscht für die Antragstellerin, was sich darin zeigte, dass sich die Antragstellerin erstmals Ende 2016 einer Kollegin anvertraute, die Handlungen des Zweitantragsgegners zum Teil verbal abwehrte, begann, Dienste so einzuteilen, dass sie nicht mit dem Zweitantragsgegner zusammenarbeiten musste und schließlich 2018 weitere KollegInnen und danach ihren Vorgesetzten von den Vorfällen in Kenntnis setzte.

Weiters ist die Voraussetzung, dass eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitswelt für die betroffene Person geschaffen werden muss/bezweckt wird, erfüllt. Die Antragstellerin fühlte sich, wie festgestellt, aufgrund des wiederholten belästigenden Verhaltens des Zweitantragsgegners nicht mehr wohl in der Arbeit und kündigte ihr bis 2. Dezember 2018 befristetes Arbeitsverhältnis vorzeitig mit Schreiben vom 6. September 2018.

Der Antragstellerin gelang es, im vorliegenden Fall den glaubhaften Anschein einer sexuellen Belästigung darzulegen. Denn ihre Schilderung – der Zweitantragsgegner habe insbesondere anzügliche Bemerkungen gemacht, unerwünschte Komplimente zu ihrer Person und ihrem Aussehen gemacht und sie umarmt – ließ darauf schließen, dass sie vom Zweitantragsgegner im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis sexuell belästigt wurde. Dass das Verhalten des Zweitantragsgegners für die Antragstellerin unerwünscht war und sie sich aufgrund des Umstandes, dass der Zweitantragsgegner immer wieder Verhaltensweisen setzte, die sie als unangebracht empfand, nicht mehr wohl in der Arbeit fühlte, konnte diese bei ihrer mündlichen Befragung durch den Senat glaubwürdig und nachvollziehbar darlegen. Bei dieser Befragung kam auch die persönliche Betroffenheit der Antragstellerin zum Ausdruck.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Zweitantragsgegner.

Es ist für den Senat evident, dass neben dem Vorwurf der sexuellen Belästigung noch einige weitere Konflikte zwischen dem sogenannten „Kernteam“ und dem Zweitantragsgegner bestanden haben.

Aufgabe des Senates ist die Überprüfung jenes Sachverhaltes, dem eine mögliche Diskriminierung nach dem GlBG inhärent ist.

Die Argumentationslinie des Zweitantragsgegners fokussierte stark auf seinen Verdiensten für den Y-Spielplatz und die dortige Situation. Dies belegte der Zweitantragsgegner insbesondere durch das positive Feedback zweier ehemaliger MitarbeiterInnen von „U“, I und Q, bzw. eines ehemaligen Spielplatzbesuchers und nun dort ehrenamtlich Tätigen, L, sowie durch eine Bestätigung der zuständigen Tierärztin über den guten Gesundheitszustand der Enten.

Es wurde für den Senat sehr deutlich, dass der Spielplatz für den Zweitantragsgegner sein Lebenswerk darstellt, in das er viele zeitliche und persönliche Ressourcen gesteckt hat. Sein Engagement hinsichtlich des stetigen Aufbaus des Spielplatzes manifestierte sich u.a. in der eklatant gestiegenen BesucherInnenzahl in den vergangenen Jahren und der Auszeichnung für das begrünte Dach. L bestätigte das Vorbringen des Zweitantragsgegners hinsichtlich des Erfolgs des Spielplatzes bei den BesucherInnen. Auch seitens des Arbeitgebers stand die Qualität der langjährigen Arbeit des Zweitantragsgegners nie in Frage.

Während, wie aus den vom Zweitantragsgegner vorgelegten Stellungnahmen hervorgeht, für einige (ehemalige) MitarbeiterInnen das Engagement des Zweitantragsgegners inspirierend war bzw. ist, ergab sich im Ermittlungsverfahren der Eindruck, dass die, auch über seine Dienstzeit hinausgehende, Präsenz des Zweitantragsgegners am Arbeitsort für andere (ehemalige) MitarbeiterInnen, u.a. die Antragstellerin, unangenehm war.

Dass das Verhalten des Zweitantragsgegners nicht immer gewünscht war, zeigte sich zB auch an den Aussagen von D zur –von ihm augenscheinlich gut gemeinten – Hilfestellung des Zweitantragsgegners im Zusammenhang mit dem W-Projektgelände, und den Ausführungen der Antragstellerin zu den Telefonaten außerhalb der Arbeitszeit, mögen diese auch (zumindest teilweise) dienstliche Themen zum Inhalt gehabt haben.

Die Auskunftspersonen D und G erschienen in ihren Schilderungen (selbst) erlebter fehlender Distanz des Zweitantragsgegners glaubwürdig. Der Senat konnte keinen Grund erkennen, an den Aussagen der beiden Auskunftspersonen zu zweifeln. D kündigte vor dem Hintergrund, dass sie „die Situation mit dem Zweitantragsgegner nicht mehr ertragen wollte“ bereits im Jahr 2018 ihr Arbeitsverhältnis zum Erstantragsgegner. Auch für die noch im Unternehmen tätige G hätte es aus einer etwaigen arbeitgeberseitigen Kündigung des Zweitantragsgegners nichts zu gewinnen gegeben. An den Funktionen im Team hat sich nach der mittlerweile tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Zweitantragsgegners nichts geändert, die interimistische Leitung des Y-Spielplatz wurde von C übernommen. Insofern geht die Vermutung des Zweitantragsgegners, die gegenständlichen Vorwürfe seien gegen ihn erhoben worden, weil es sich um eine Intervention gegen ihn handle, ins Leere.

Hinsichtlich des Umgangs des Zweitantragsgegners mit anderen, beschrieb L den Zweitantragsgegner als zurückhaltend. In den 15 Jahren, in denen er den Zweitantragsgegner kenne, sei immer nur ein Handschlag gekommen. Hier ergibt sich ein Widerspruch zum Vorbringen der Antragstellerin, dass die Initiative zur Umarmung nicht von ihr, sondern vom Zweitantragsgegner ausgegangen sei. Der Zweitantragsgegner hielt dem lediglich entgegen, dass seine Art immer defensiv sei, d.h. er maximal auf Situationen reagiere. Nach Ansicht des Senates war dem Vorbringen der Antragstellerin Glauben zu schenken, da es auch in anderen Situationen von Auskunftspersonen bestätigte Grenzüberschreitungen des Zweitantragsgegners gab.

So bestätigte F in seiner Stellungnahme die „offensichtliche Suche nach Aufmerksamkeit“ der Antragstellerin und bestätigte, dass der Zweitantragsgegner gezielt die Antragstellerin mit Wasserbomben beworfen bzw. mit einer Spritzpistole bespritzt hat. Diesen Vorfall bestätigte auch E. Es erscheint für den Senat zudem glaubhaft, dass der Zweitantragsgegner im Zuge dessen Bemerkungen darüber gemacht hat, an welche Körperstellen er nicht spritzen dürfe, weil das bei Frauen immer so problematisch sei, und dass die Antragstellerin nach anfänglichem Ignorieren zu ihm gesagt hat, dass sie das nicht wolle. L erläuterte generell zu den Wasserschlachten, dass zwischen den Teams, bestehend aus Kindern und BetreuerInnen, vereinbart gewesen sei, dass jenes Team gewinne, wo noch irgendwo ein trockener Fleck sei. In der von der Antragstellerin geschilderten Situation war diese aber gerade in einem Gespräch mit Gästen, folglich nicht Teil eines Wasserschlachten-Teams. Dass L keine Wahrnehmungen zur vorgebrachten Aussage des Zweitantragsgegners hat, lässt sich auch dadurch erklären, dass er beruflich bedingt nur mehr drei bis viermal pro Monat am Y-Spielplatz ehrenamtlich tätig ist.

Den Vorfall, dass der Zweitantragsgegner zur Antragstellerin gesagt habe, er schaue ihr schon nichts weg, als diese in den Büroräumlichkeiten ihr T-Shirt wechselte, bestätigte der Zweitantragsgegner. Ob er dies – wie er in der mündlichen Befragung ausführte – aus einer gewissen Not heraus, weil er perplex gewesen sei, gesagt hat oder es gezielt als anzügliche Bemerkung gedacht war, ist irrelevant. Die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin ist grundsätzlich verschuldensunabhängig. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob der Zweitantragsgegner die Absicht hatte, die Antragstellerin zu belästigen.15 Zudem ist es aus Sicht des Senats insofern egal, ob es eine Empfehlung, sich auf dem WC umzuziehen, gab oder nicht, da vorausgesetzt werden kann, dass der Zweitantragsgegner in seiner Funktion als Teamleiter die nötige Distanz zu den anderen MitarbeiterInnen wahrt und in einer derartigen Situation den Raum umgehend verlässt, jedenfalls aber keinen Kommentar abgibt. Die Antragstellerin und G konnten zudem glaubhaft darlegen, dass das WC, das auch von Gästen benutzt wurde, nicht gerne benutzt wurde, da es teilweise schmutzig und keine Ablagefläche vorhanden war, und zum anderen aufgrund von Überschneidungen des Vormittags- und Nachmittagsbetriebs eventuell gerade von einem Gast besetzt war.

Die Argumentationslinie des Zweitantragsgegners bezüglich des Vorwurfs, er habe hinsichtlich des Tragens schwarzer Kleidung eine anzügliche Bemerkung gemacht, war nicht nachvollziehbar. Es erschien dem Senat befremdlich, dass sich der Zweitantragsgegner alleine aufgrund des Umstandes, dass er die Antragstellerin lediglich gebeten haben solle, sie solle sich bunter kleiden, mehrmals im Zuge der mündlichen Befragung entschuldigte und derart betroffen wirkte. Dies legte für den Senat den Schluss nahe, dass die Aussage sehr wohl in der sexuell konnotierten Form, wonach die Antragstellerin sicherlich gerne einmal ausgepeitscht werden würde, erfolgt ist.

Hinsichtlich der Einladung zu einem Frühstück zu zweit am Dach bestätigten I und J in ihren Stellungnahmen, ebenso wie die Auskunftsperson L, dass sie eine Einladung erhalten haben. Für den Senat ist aufgrund der glaubhaften mündlichen Schilderungen der Antragstellerin über die Art und Weise, in der der Zweitantragsgegner seine Einladung ihr gegenüber ausgesprochen hat, nachvollziehbar, warum es für sie eine unangenehme Situation war. Hinzu kommt der Umstand, dass die Antragstellerin der Meinung war, dass sie als einzige eine derartige Einladung erhalten hat, nachdem aus dem „Kernteam“ niemand bestätigen konnte, ebenfalls eingeladen worden zu sein.

Für die glaubhafte Darstellung der Antragstellerin spricht, neben den Wahrnehmungen von D und G – letztere machte im Übrigen auf den Senat nicht den Eindruck, als sei sie unfreiwillig zum Gespräch mit C mitgekommen –, auch die Schilderung von M über die Situation zwischen R und dem Zweitantragsgegner. M, der bereits 2015 sein Arbeitsverhältnis zum Erstantragsgegner beendet hat, also lange vor dem Konflikt zwischen dem „Kernteam“ und dem Zweitantragsgegner, konnte als recht unbeteiligte Person einen weitgehend objektiven Eindruck der Situation schildern. R wurde nicht als Auskunftsperson herangezogen, da diese nach Angaben der Antragstellerin nicht im GBK-Verfahren befragt werden wollte. Der Zweitantragsgegner brachte darüber hinaus vor, dass R ausdrücklich gesagt habe, dass sie niemals die Erlaubnis gegeben habe ihren Namen zu nennen bzw. über sie zu reden. Der Senat hält fest, dass ihm dazu keine Informationen vorliegen. Für den Senat entstand der Eindruck, dass sich die Situation mit R anders darstellt, als mit der Antragstellerin. So sprach M im Wesentlichen davon, dass es sich bei dem Konflikt zwischen R und dem Zweitantragsgegner nicht um sexuelle Belästigung gehandelt habe, sondern der Zweitantragsgegner sich wohl in R verliebt habe, wobei diese anfangs unsicher gewesen sei, wie sie damit umgehen solle, sie sich dann aber klar distanziert und sich die Situation dann ziemlich zugespitzt habe. Dennoch bestätigten seine Schilderungen das Bild, das G vom Zweitantragsgegner in Bezug auf dessen Verhalten einigen neuen Mitarbeiterinnen gegenüber gewonnen hat.

Da bezüglich eines weiteren Vorwurfs sexueller Belästigung durch den Zweitantragsgegner, aufgrund dessen sein Arbeitsverhältnis beendet wurde, kein Antrag beim Senat eingebracht wurde, sondern lediglich von der GAW ein Mail eines/einer anonymisierten Verfassers/Verfasserin vorgelegt wurde, kann der darin vorgebrachte Sachverhalt nicht auf seinen Wahrheitsgehalt hin überprüft werden. Tatsache ist jedoch, dass der Zweitantragsgegner vom Erstantragsgegner bereits anlässlich der Vorwürfe der Antragstellerin mit dem Hinweis verwarnt wurde, dass weitere Vorwürfe arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würden.

Da die Aussagen aller am 28. Jänner 2020 befragten Auskunftspersonen und die bis zur Abstimmung vorgelegten Unterlagen aus Sicht des Senates ausreichend waren, um sich ein Bild von den Vorwürfen machen zu können, wurde auf die Ladung weiterer, vom Zweitantragsgegner namhaft gemachter, Auskunftspersonen verzichtet.

Zu den vom Zweitantragsgegner nach der Abstimmung am 28. Jänner 2020 übermittelten Stellungnahmen wird festgehalten, dass diese nicht mehr in die Entscheidung einbezogen werden konnten. Dem Zweitantragsgegner bot sich ausreichend Zeit, Unterlagen vorzulegen, die sein Vorbringen unterstützen können. Bereits im ersten Anschreiben, mit dem der Zweitantragsgegner vom Antrag der GAW in Kenntnis gesetzt wurde, wurde er auf die Möglichkeit, Unterlagen vorzulegen, hingewiesen, was der Zweitantragsgegner auch in weiterer Folge tat. Im Ladungsschreiben vom 13. Dezember 2019 wurde abermals auf die Möglichkeit der Übermittlung von Unterlagen vor dem Befragungstermin hingewiesen. Warum seitens des Zweitantragsgegners trotz des klaren Hinweises im Ladungsschreiben diese Unterlagen nicht bereits vorab oder jedenfalls spätestens in der Sitzung am 28. Jänner 2020 vorgelegt wurden, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, zumal die nach der Abstimmung eingelangten Stellungnahmen, sofern mit Datum versehen, bereits im Herbst bzw. Winter 2019 verfasst wurden.

Abschließend wird festgehalten, dass der Senat aufgrund der Schilderungen über den Zweitantragsgegner nicht davon ausgeht, dass dieser die Verhaltensweisen gegenüber der Antragstellerin in der Absicht gesetzt hat, ihre Grenzen im Sinne einer vorsätzlichen Belästigungshandlung zu überschreiten. Es wird jedoch nochmals betont, dass es unerheblich ist, ob der Zweitantragsgegner die Absicht hatte, die Antragstellerin zu belästigen oder es womöglich eine bloße Interessensbekundung war. Das subjektive Empfinden, ob für eine Person das Verhalten eines anderen bereits belästigend ist oder nicht, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dieser Umstand ist zu respektieren und in der Überprüfung mitzudenken, zumal die Antragstellerin das Verhalten des Zweitantragsgegners offenkundig nicht als bloß schmeichelhaft, sondern als unangenehm empfunden hat. Dass sie dies vielleicht nicht immer nachdrücklich kundgetan hat, erklärt sich aus ihrer Wahrnehmung, dass der Zweitantragsgegner sehr wohl Einfluss auf ihre berufliche Zukunft beim Erstantragsgegner hätte.

Zusammengefasst geht der Senat somit davon aus, dass der Zweitantragsgegner durch die von ihm getätigten Äußerungen und Handlungen, objektiv ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt hat, das aufgrund der Intensität geeignet war, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, für die Antragstellerin persönlich unerwünscht war und zudem objektiv geeignet war, eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt zu schaffen.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Zweitantragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

VORSCHLAG

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine

Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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