Gbk 2020/1/28 GBK I/782/17

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Veröffentlicht am 28.01.2020
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Sexuelle Belästigung durch Dritten, Verletzung des Benachteiligungsverbotes

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 28. Jänner 2020 über den am 11. August 2018 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG sowie durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) durch B (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/782/17, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist nicht aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch B diskriminiert worden.

2.   A ist nicht aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes bei Vorliegen einer sexuellen Belästigung gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG durch B diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag der GAW vom 11. August 2017 wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei seit 13. Oktober 2011 in einer Filiale der X AG, tätig gewesen. Nach ca. einem Jahr, im Oktober 2012, habe ihr stellvertretender Filialleiter (der Antragsgegner) sich ihr gegenüber in anzüglicher und für sie höchst unangenehmer Weise geäußert. Anlass dafür sei gewesen, dass eine Kollegin, C, nach einer großen Lieferung Kaffee in die Runde von Arbeitskollegen/innen, bei denen sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner anwesend gewesen wären, gemeint habe, dass sie so gut zusammenarbeiten würden und daher einmal gemeinsam auf einen Kaffee gehen sollten. Der Antragsgegner machte danach mit der Antragstellerin die Lieferung alleine fertig und meinte plötzlich, dass das aus seiner Sicht eine sehr gute Idee sei und er sie sowieso schon lange gern mal alleine einladen würde. Dabei machte er ihr auch Komplimente über ihren Körper und meinte, dass die Antragstellerin so sexy sei. Der Antragstellerin sei darüber vollkommen schockiert gewesen, weil es sich um ihren Chef gehandelt habe, habe die Situation unangebracht gefunden und vehement abgelehnt. Sie habe dem Antragsgegner mitgeteilt, dass sie bereits verheiratet sei und ein Kind habe und keinesfalls an mehr als einer Arbeitsbeziehung interessiert sei. Der Antragsgegner habe die Ablehnung allerdings nicht akzeptiert und habe in weiterer Folge vielmehr die ihm durch seine Stellung als Vorgesetzten verliehene Autorität genutzt, Druck auf die Antragstellerin auszuüben, um ein sexuelles Verhältnis mit ihm einzugehen. Der Antragsgegner habe seine unerwünschten „Komplimente" fortgesetzt und habe versucht, ihre Einwilligung durch unerbetene Bevorzugungen zu erlangen. Er habe sie immer wieder seine „Prinzessin" genannt und habe sie von der Kassa an die Regale versetzt, wo sie zwar einer geringeren Belastung und Stress, jedoch den ständigen Beobachtungen und verbalen Belästigungen des Antragsgegners ausgesetzt gewesen sei. Regelmäßig habe er auf ihren Körper gestarrt und Kommentare gemacht wie: „Du hast so einen schönen Arsch. Du bist so sexy.“ Im Sommer 2013 sei es auch zu einem körperlichen Übergriff an der Antragstellerin gekommen. Während sie im Lager auf einer Leiter eine große Lieferung Chips in die Regale geschlichtet habe, habe sich der Antragsgegner unbemerkt von hinten genähert. Durch das Rascheln der Packungen habe sie ihn nicht bemerkt. Plötzlich habe er ihr mit der Bemerkung auf den Hintern geschlagen, dass dieser so schön sei. Sie habe entsetzt aufgeschrien und habe ihn angefahren, dass er „ein Idiot und nicht normal sei“. Daraufhin habe sie das Lager verlassen, denn sie sei von dem Vorfall höchst irritiert gewesen und habe ihn aufgebracht ihrer Kollegin, C, erzählt. Auch diese sei entsetzt gewesen. Als der Antragsgegner ebenfalls aus dem Lager gekommen sei, habe er ihr gegenüber behauptet, es hätte ihr doch gefallen, dass er ihren Hintern berührt hatte und habe noch hinzugefügt, sie solle sich vorstellen wie toll es wäre, wenn er sie am ganzen Körper umarmen würde. Auch darüber habe sich die Antragstellerin aufgeregt und habe ihn wiederum einen Idioten genannt. Der Antragsgegner habe gemeint, sie solle ihn als Chef nicht Idiot nennen, worauf sie erwiderte, dass er sich nicht wie ein Chef benehmen würde. Allerdings habe sie sich nicht getraut, sich wegen dem Vorfall an den damaligen Filialleiter, D, zu wenden, da dieser ein enger Vertrauter vom Antragsgegner gewesen sei. Ca. zwei Wochen später sei es zu einer Eskalation gekommen. Der Antragsgegner habe von der Antragstellerin verlangt, sich innerhalb von zwei Tagen „endlich dafür zu entscheiden", auf seine Avancen einzugehen. Nach Ablauf dieser zwei Tage habe er sie darauf angesprochen, sie habe - wie bereits mehrmals zuvor - abgelehnt. Daraufhin habe er sehr aggressiv reagiert und habe ihren Mann beschimpft. Dieser Arbeitstag habe sich für die Antragstellerin als äußerst belastend entwickelt. Zunächst sei sie mit dem Barcode-Scanner beschäftigt gewesen, um Waren zu scannen. Dafür habe sie allerdings Hilfe vom Antragsgegner gebraucht, da nur dieser als Filialleiterstellvertreter den Code ändern könne und dürfe. Darauf angesprochen weigerte er sich und meinte sie solle sich doch nun einen andern „Schatz" suchen, sie wolle ja auch nicht seine „Prinzessin" sein. Er befahl ihr ab sofort wieder an der Kassa zu arbeiten und machte ihr klar, dass er ihr von nun an das Leben schwermachen würde. Am selben Tag habe der Filialleiter, D, gegen Abend alle Mitarbeiter/innen auf ein Eis eingeladen. Die Antragstellerin habe noch an der Kassa gearbeitet und sei von einer Kollegin angesprochen worden, sie übernehme nun und sie solle sich nun ebenfalls ein Eis holen. Als die Antragstellerin von der Kassa mit dem Eis in der Hand aufstehen habe wollen, habe der Antragsgegner sie derart böse angeblickt, dass sie in der Kassa geblieben sei und das Eis wegschmeißen habe müssen. Die Antragstellerin habe sich am Ende des Arbeitstages derart eingeschüchtert und gedemütigt gefühlt, dass sie die Fassung verloren habe und sich an den Filialleiter, D, gewandt habe. Sie wagte es allerdings nicht, über die sexuellen Belästigungen zu sprechen, sondern beschwerte sie sich lediglich über das angespannte Arbeitsklima und das unkooperative Verhalten vom Antragsgegner. D war sehr verwundert und meinte, dass der Antragsgegner sie und ihre Arbeitsleistung immer in höchsten Tönen loben würde. Noch am selben Abend habe der Antragsgegner der Antragstellerin zur Rede gestellt, und fragte nach, ob sie D von seinen Avancen berichtet hätte, was sie verneinte. Er drohte ihr, sie solange zu schikanieren, bis sie kündige. Als weiteres Druckmittel behauptete er, dass er gute Kontakte zur Zentrale habe, wodurch er ihr auch in Zukunft das Leben erschweren könne. A entgegnete, dass sie eher selbst kündigen würde, als sich diese Degradierungen weiter gefallen zu lassen. Daraufhin schlug B wieder einen sanfteren Ton an und schwächte seine Aussagen ab. Er versprach sogar, sie künftig nicht mehr zu belästigen oder zu benachteiligen. In weiterer Folge behandelte B sie allerdings so, als wäre sie Luft.

Nach ca. zwei Monaten hätten die Benachteiligungen wieder angefangen und immer wieder habe er nachgefragt, warum die Antragstellerin nichts von ihm wollen würde. 2014 sei die Antragstellerin schwanger gewesen. Auf ihre besondere Situation habe der Antragsgegner keine Rücksicht genommen und habe sie zurechtgewiesen, als sie seiner Meinung nach zu oft die Kassa verlassen habe, obwohl dies daran gelegen sei, dass sie sich oft übergeben habe müssen.

Am 2. Februar 2015 sei die Antragstellerin ein Jahr in Karenz gegangen. Danach sei sie mit zehn Stunden geringfügig wieder eingestiegen und arbeite seit 1. November 2016 wieder in Vollzeit. Gleich bei ihrem Wiedereinstieg am 6.3.2016 begann B wieder damit, ihr unerwünschte Komplimente zu machen. So meinte er sie sei so sexy und ein Wahnsinn und es sei gut, dass sie jetzt wieder da sei. Als die Antragstellerin den Antragsgegner gefragt habe, ob sie wieder an den Regalen arbeiten dürfe, habe dieser gemeint, weil sie eine gute „Maschine" (Anmerkung: damit habe er ihr Gesäß gemeint) hätte, dürfe sie das.

Seit 1. Jänner 2017 gebe es einen neuen Filialleiter, E. Im Februar 2017 seien alle Mitarbeiter/innen einzeln vom Antragsgegner am Computer eingeschult worden, so auch die Antragstellerin. Bei dieser Gelegenheit sei er mit seinem Stuhl zu nah an ihren herangerückt und habe ein Kommentar darüber fallengelassen, dass ihm „so heiß wäre" und dass sie einen „so schönen Arsch" und „so schöne Haare" hätte. Die Antragstellerin habe gemeint, er solle doch nun endlich damit aufhören sie zu belästigen, sie würde sonst dem neuen Filialleiter alles erzählen. Darauf habe er geantwortet, dass alles nur ein Spaß sei.

Die Antragstellerin habe ihm mitgeteilt, dass er doch ohnehin eine neue Freundin in der Filiale habe (F) und sie in Ruhe lassen solle. Doch der Antragsgegner nicht lockergelassen und habe gemeint: „Du weißt nicht, was du verloren hast, überleg‘ es dir nochmal. Schau mich unten an und du wirst merken was ich für dich empfinde", wobei er mit den Augen in die Richtung seines Geschlechtes gedeutet habe. Die ganze Situation sei für die Antragstellerin extrem unangenehm gewesen.

In weiterer Folge habe die Antragstellerin feststellen müssen, dass der Antragsgegner Gerüchte darüber verbreitet habe, dass sie etwas miteinander gehabt hätten. Der Antragsgegner habe etwa einem Kollegen erzählt, G, dass er die Antragstellerin „bombardiert“ hätte, womit er den Vollzug des Geschlechtsverkehrs gemeint habe. Als die Antragstellerin einmal neben F bei einem Regal gestanden sei, das zum Zuständigkeitsbereich vom Antragsgegner gehört habe, habe sie die Antragstellerin mit der Aussage provoziert habe, ob sie absichtlich im Gang ihres „Ex-Mannes" arbeiten würde, um mit diesem in Kontakt zu sein. Darüber habe sich die Antragstellerin sehr empört und habe sich sowohl vom Antragsgegner als auch von F zunehmend gemobbt gefühlt. Schließlich habe sie sich vertraulich an den neuen Filialleiter, E, gewandt und habe ihm die gesamten Vorfälle erzählt. Dieser habe auch den Regionalleiter, H, eingeschaltet. Jedoch habe die Antragstellerin ersucht, dass nichts gegen den Antragsgegner zu unternehmen, weil sie Angst gehabt habe. Nachdem allerdings noch ein weiterer Fall einer sexuellen Belästigung vom Antragsgegner an den Filialleiter herangetragen worden sei, habe dieser die Personalabteilung und den Betriebsrat eingeschaltet. Der Antragsgegner sei in eine andere Filiale versetzt worden.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung des Antragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 17. November 2017, bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die aufgestellten Behauptungen seien haarsträubend. Wenn die Antragstellerin behaupte, wegen angeblichen Komplimenten im Oktober 2012 — sohin vor über 5 Jahren — „vollkommen schockiert“ gewesen zu sein, sei dies völlig unglaubwürdig. Wenn dies so dramatisch gewesen sein solle, so hätte sie in den letzten 5 Jahren entweder dem Arbeitgeber Meldung erstattet, oder sonst etwas unternommen. „Unerwünschte Komplimente" seien per se nicht geeignet, eine sexuelle Belästigung darzustellen, da die Betroffene zuerst signalisierten müsste, dass die Komplimente unerwünscht seien. Dies behaupte die Antragstellerin jedoch nicht. Auch der angebliche Vorfall im Sommer 2013 sei frei erfunden. Keinesfalls habe der Antragsgegner der Antragstellerin auf den „Hintern" geklopft. Auch hier sei nicht nachvollziehbar, warum erst nach 4 Jahren ein angeblicher Klaps auf den Hintern für Aufregung sorge. Es sei verwunderlich, dass die Antragstellerin diesen angeblichen Vorfall erst jetzt erwähne. Just in dem Zeitraum, als der Marktleiter E aufgrund der persönlichen Differenzen mit dem Antragsgegner als Marktleiter Stellvertreter diesen aus dem Dienstverhältnis drängen wollte bzw. es schließlich auch geschafft habe. Es sei auch nicht wahr, dass D, der Marktleiter vor E ein enger Vertrauter des Antragsgegners gewesen wäre. Der Antragsgegner habe niemanden auf irgendwelche Avancen einzugehen gedrängt, zumal er der Antragstellerin gegenüber keine Avancen gemacht habe. Keineswegs sei der Antragsgegner daher aggressiv gewesen oder habe den Ehemann der Antragstellerin beschimpft. Die Geschichte mit dem Bar-Code und der Verweigerung der Hilfe unter Beifügung der Worte „Schatz" und „Prinzessin" sei schlichtweg erfunden. Zu keinem Zeitpunkt habe der Antragsgegner der Antragstellerin irgendwie damit gedroht, ihr das Leben schwer zu machen oder ähnliches. Der Antragsgegner habe keinen Druck auf die Antragstellerin ausgeübt, lediglich normalen Arbeitsdruck, wenn die Antragstellerin die Dienstanweisungen nicht befolgt habe. Die Antragstellerin spreche die Ermahnungen selbst an: die Antragstellerin habe immer wieder die Kasse verlassen, ohne für deren sichere Verwahrung oder die wartenden Kunden Sorge zu tragen, sie habe keine Vertretung oder ähnliches geholt. Selbstverständlich habe der Antragsgegner dieses sorgfaltswidrige Verhalten ermahnen müssen. Keinesfalls habe der Antragsgegner nach dem Wiedereinstieg nach der Karenz irgendwelche Belästigungen von sich gegeben. Der Antragsgegner sei seit Oktober 2013 in einer festen Beziehung mit F, die ebenfalls in der hier gegenständlichen Filiale arbeite. Auch im Jahr 2017 habe der Antragsgegner keine Äußerungen über die Hitze in der Nähe der Antragstellerin, ihren „Arsch“ oder ihre Haare getätigt habe. Auch alte weiteren Behauptungen seien frei erfunden. Die Behauptung, der Antragsgegner habe herumerzählt habe, dass „sie etwas miteinander gehabt hätten" sei ebenso unwahr. Warum sollte der Antragsgegner dies — in einer aufrechten Beziehung — tun, zumal seine Partnerin im selben Betrieb arbeitet. Dies sei mehr als lebensfremd. Warum sich die Antragstellerin von F zunehmend „gemobbt“ gefühlt habe, sei ohnehin nicht nachvollziehbar.

Zusammenfassend habe der Antragsgegner weder eine sexuelle Belästigung noch eine Benachteiligung zu verantworten, da die Behauptungen alle unwahr seien. Es sei doch sehr seltsam anmutend, dass die Antragstellerin sich jahrelang nicht dem Marktleiter D habe anvertrauen wollen, jedoch zufällig sich dem neuen Marktleiter E anvertraut, der mit dem der Antragsgegner in einem privaten Konflikt stehe. Vielmehr stelle sich die Sache so dar: I habe einmal der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie Deutsch lernen soll, damit sie die Kunden/innen und auch die Anweisungen richtig verstehe. Die Beiden hätten eine Diskussion gehabt und I habe der Antragstellerin gesagt, sie solle erst einmal Deutsch lernen, damit sie überhaupt verstehe, was Thema der Diskussion sei. Die Antragstellerin sei sofort zu E gegangen und habe sich beschwert und habe E I in das Büro geholt. Zufällig sei der Antragsgegner dazugekommen. Er habe hören können, wie E I zu Recht gewiesen habe, dass diese mit der Antragstellerin so nicht reden soll, wobei sich der Antragsgegner einmengt und gesagt habe, E solle nicht nur die Albaner — er sei selbst Albaner — verteidigen, sondern auch gleich Augenmaß für alle Mitarbeiter haben.

Am selben Tag dieses Vorfalls habe sich die Antragstellerin bei E über einen vermeintlichen Vorfall mit F beschwert. Die Antragstellerin habe F jedoch aufgrund ihrer mangelhaften Deutschkenntnissen falsch verstanden. F habe sich über das viele Essen im Sozialraum gewundert und habe sie gefragt, ob heute Beyram sei, wobei anzumerken ist, dass „Beyram“ ein muslimischer Feiertag ist, an dem viel Essen kredenzt werde. Die Antragstellerin habe sich unverzüglich bei D bzw. bei E beschwert, welcher F angerufen habe, dass sie in die Filiale kommen solle und habe sie sich dafür rechtfertigen müssen. Es sei absolut unnachvollziehbar, dass die Antragstellerin angeblich sei 2012 vom Antragsgegner belästigt werden sollte und sie sich jahrelang nicht bei D oder E oder anderen Personen beschwert habe. Die Antragstellerin habe sich immer wieder sofort bei allen möglichen Personen, insbesondere D und E beschwert. Zum Beispiel habe sich die Antragstellerin auch beschwert, als F sie gebeten habe, Ware einer neuen Lieferung in ein Regal einzuräumen. Die Antragstellerin habe dies nicht machen wollen und habe sich bei D bzw. E beschwert. Auch der Antragsgegner sei zu diesem Vorfall zufällig hinzugekommen und habe die Antragstellerin ebenso angewiesen, die einlangenden Waren unverzüglich einzuräumen, wie alle anderen Mitarbeiter auch. Wenn die Antragstellerin diese Arbeit nicht verrichte, bleibe sie der nächsten Schicht übrig. Die Antragstellerin solle einfach ihre Arbeit ordnungsgemäß erledigen. Die Antragstellerin habe ihre Arbeit immer wieder nicht richtig, nicht vollständig und nicht ordnungsgemäß erledigt. Der Antragsgegner habe sie immer wieder zurechtweisen und auffordern müssen, dass sie die Arbeit korrekt verrichte. Die Antragstellerin sei dann wie ein kleines Kind beleidigt gewesen und habe sich dann oft an D oder später E gewandt und sich beschwert.

Es sei im Übrigen die Antragstellerin gewesen, die im Jahr 2012 versucht habe, dem Antragsgegner näher zu kommen. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner einmal zu einem Kaffee-Treffen bei einem Kollegen eingeladen. Es ist nicht richtig, dass der Antragsgegner sie eingeladen hätte; die Einladung ist von der Antragstellerin erfolgt. Der Antragsgegner ist dieser Einladung auch nicht gefolgt. Keine Rede davon ist, dass der Antragsgegner die Antragstellerin einladen wollte, schon erst recht nicht alleine. Bestritten wird ausdrücklich, dass er der Antragstellerin Komplimente über ihren Körper gemacht hätte. Die Antragstellerin wollte auch mit dem Antragsgegner in seinem Auto mitfahren, was die anderen Mitarbeiter nicht sehen sollten, jedoch hat der Antragsgegner dies auch abgelehnt. Völlig unwahr sei, dass der Antragsgegner als Vorgesetzter Autorität und Druck ausgeübt hätte. Bestritten wird ausdrücklich, dass der Antragsgegner die Antragstellerin als seine „Prinzessin" angesprochen hätte. Eine völlig unwahre Behauptung sei, dass der Antragsgegner gesagt haben soll „Du hast so einen schönen Arsch, du bist so sexy." Es war die Antragstellerin die dem Antragsgegner Avancen gemacht hat.

Am 17. Oktober 2013 habe F in der Filiale ihren Dienst aufgenommen und hat den Antragsgegner kennengelernt. Die beiden hätten sich auf Anhieb gut verstanden. Dies habe die Antragstellerin auch mitbekommen und sei äußerst eifersüchtig gewesen. Die Antragstellerin habe F angeschrien. Einmal sei F versehentlich an die Kassenlade der Antragstellerin, die diese Antragstellerin hinter der Kasse deponiert, gestoßen, sodass diese auf den Boden gefallen sei, sodass die Münzen herausgefallen und die Kasse wieder eingeräumt werden musste. Dabei sei die Antragstellerin richtiggehend hysterisch geworden und habe F angeschrien, dass sie fertigmachen werde, etc. Es sei eine unwahre Behauptung, dass F die Antragstellerin gemobbt hätte, vielmehr habe F die Antragstellerin sogar im Krankenhaus besucht, als diese ihr Kind bekommen habe. Davon gebe es auch Fotos. Nach der Rückkunft der Antragstellerin aus der Karenz habe die Antragstellerin unbedingt in die Schicht des Antragsgegners zugeteilt werden wollen. Dies habe sie mit vielen Mitarbeitern besprochen u.a. auch mit F und D wie auch mit dem Antragsgegner persönlich. Aufgrund ihres Ersuchens sei die Antragstellerin auch der Schicht des Antragsgegners zugeteilt worden. Würden ihre hier aufgestellten Behauptungen auch nur ein Fünkchen Wahrheit entsprechen, so wäre nicht nachvollziehbar, warum sie wiederum in der Schicht des Antragsgegners arbeiten wollte. Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung, dass die Antragstellerin sich nicht an den damaligen Filialleiter, D, wenden wollte, da dieser ein enger Vertrauter des Antragsgegners gewesen wäre. D sei lediglich ein Kollege des Antragsgegners und kein enger Vertrauter gewesen. Darüber hinaus hätte sich die Antragstellerin auch an den Regionalmanager wenden können. Zum damaligen Zeitpunkt sei auch noch ein anderer Regionalmanager im Dienst gewesen, d.h. vor H. Dieser heiße J. Dazu sei festzuhalten, dass H seit Juni 2016 die Position als Regionalmanager besetze und E seit August 2016 bzw. offiziell ab 1.Jänner 2017 Marktleiter der gegenständlichen Filiale sei. Viele Zeugen seien nach wie vor bei der X AG an derselben Filiale beschäftigt und würden sich vor Retorsionsmaßnahmen fürchten. Teilweise sei ihnen auch gedroht bzw. in den Raum gestellt worden, dass sie ihre Beschäftigung verlieren könnten, wenn sie für den Antragsgegner aussagen würden.

Aus diesem Grund könne der Antragsgegner nur Erklärungen von Mitarbeitern/innen vorlegen, die anonym bleiben möchten. Interessant sei auch der Umstand, dass seitens des Regionalmanagers zufälligerweise im Mai 2017, als diese Behauptungen gegen den Antragsgegner aufgekommen seien, der Antragstellerin einen Aufstieg d.h. Beförderung angeboten habe und zwar die Tagesaufsicht bei der Kasse. Dies sei auch mit mehr Gehalt verbunden gewesen. Dazu werde festgehalten, dass dem Antragsgegner zu keinem Zeitpunkt seitens des Marktleiters oder Regionaleiters irgendwelche Vorwürfe zugetragen worden seien, sondern der Antragsgegner am 19. Mai 2017 eine Woche nach seinem Urlaub von zwei Kollegen erfahren habe, dass es angeblich irgendwelche Vorkommnisse mit ihm geben würde. Aus diesem Grund habe der Antragsgegner das Gespräch mit dem Marktleiter E und dem Regionaleiter, H, gesucht. Bei einem Gesprächstermin am 22. Mai 2017 sei dem Antragsgegner plötzlich eröffnet worden, dass K — und nicht die Antragstellerin — behauptet hätte, er habe sie sexuell belästigt. Von der Antragstellerin sei nie die Rede gewesen. Dem Antragsgegner sei lediglich vorgehalten worden, dass er K gesagt habe, dass sie einen schönen Po habe. Der Antragsgegner habe diese Behauptung dort vehement bestritten. Bei einer Besprechung zwei Tage später sei dem Antragsgegner mitgeteilt worden, dass er in eine andere Filiale versetzt werde. Der Antragsgegner wurde nicht zu dem Vorwurf — damals war es auch bloß einer, nunmehr sind es mehrfache — konkret gefragt, sondern sei er vollendete Tatsachen gestellt worden. Dem Antragsgegner sei angekündigt worden, dass er in eine andere Filiale versetzt werden sollte, jedoch nicht zu dem gelinderen Mittel einer Verwarnung gegriffen. Der einzige Vorhalt sei gewesen, dass der Antragsgegner gemeint hätte, K habe einen schönen Po". Dies — auch wenn es wahr wäre — was ausdrücklich bestritten werde — rechtfertigt keinesfalls eine Versetzung, da der Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Antragsgegner habe und eine Versetzung in keinem Verhältnis zum Vorwurf steht — zumal kein rechtsstaatliches Verfahren über den erhobenen Vorwurf abgeführt worden sei. Es handle sich bloß um eine Behauptung, deren Wahrheitsgehalt keiner geprüft habe.

Am 29. Mai 2017 sei der Antragsgegner in Krankenstand gegangen, da er der Belastung aufgrund dieser unwahren Vorwürfe nicht standgehalten habe. Am 29. August 2017 habe der Antragsgegner — immer noch im aufrechten Krankenstand — die Kündigung zugestellt erhalten. Festzuhalten sei, dass der Antragsteller bereits am 7. Juni 2017 ein Aufforderungsschreiben an X gerichtet habe, in welchem er darlegte, dass die erhobenen Vorwürfe unwahr seien. X habe mit Schreiben vom 12. Juni 2017 geantwortet, dass „aufgrund des Vorfalls betreffend der sexuellen Belästigung“ eine Versetzung vorgenommen werden. Es sei daher noch Mitte Juni 2017 nur die Rede von einem einzigen Vorfall gewesen. Es sei wohl ein reiner Zufall gewesen, dass der Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft erst vom 11. August 2017 stamme, somit nach dem Zeitpunkt, als der Antragsgegner wegen des unwahren Vorwurfes rechtliche Schritte androhte.

Der Regionalleiter H und der Marktleiter E wollten den Antragsgegner aus seinem Arbeitsverhältnis drängen, da er diese zum Beispiel zu Recht darauf hingewiesen habe, dass diese ungerechtfertigten Mitarbeiterbeobachtungen durch betriebsfremde Personen unterlassen sollten. Es habe sich nämlich zugetragen, dass Ende Dezember/Anfang Jänner 2016/2017 zwei Mitarbeiter L und M (Nachname unbekannt) während der Arbeitszeit vor der Türe des Lagers geraucht hätten, was erlaubt gewesen sei. Plötzlich hätten die beiden mitbekommen, dass sie von einem Auto aus mit einer Handykamera gefilmt worden seien. M sei zu dem Herrn im Auto gegangen und habe gefragt, was er da mache. Der Herr habe mit seinem Handy E angerufen, das Handy M gegeben, damit er direkt mit ihm sprechen könne. E habe gefragt, was die beiden hier machen würden, sie sollten nicht rauchen, sondern wieder arbeiten gehen. L und M hätten sich ungerechtfertigt behandelt gefühlt, da sie beim zulässigen Rauchen unzulässiger Weise gefilmt worden seien. Sie hätten sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt befunden. Der Antragsgegner habe seine Bedenken betreffend diese seiner Ansicht nach unzulässige Videoüberwachung am Arbeitsplatz geäußert. Eine Genehmigung des Betriebsrats sei wohl nicht vorgelegen.

Weiters habe der Antragsgegner gegenüber dem Marktleiter F und auch dem Regionalleiter H immer wieder seine Meinung zu unrechtmäßigen oder unpassenden Vorgehensweisen bekannt gegeben z.B., dass er es nicht für in Ordnung befinde, dass die Mitarbeiter/innen plötzlich zwei Stunden weniger zum Dienst eingeteilt werden. Dies sei selbstverständlich mit Gehaltseinbußen für die Mitarbeiter verbunden gewesen. Es habe kein Gespräch oder Begründungen dazu gegeben, sondern es sei jedem/r Mitarbeiter/in ein Zettel ausgehändigt worden, in dem die neue Regelung verkündet worden sei. Selbst der Betriebsrat sei dagegen gewesen, habe jedoch keine Aktivitäten gesetzt.

Der Antragsgegner habe auch kritisiert, dass der Regionalleiter und der Marktleiter die Gewohnheit der Mitarbeiter, dass diesen auch drei Wochen Urlaub am Stück genehmigt worden sei, plötzlich dahingehend geändert worden sei, dass nur noch zwei Wochen genehmigt worden seien. Der Antragsgegner habe dem Marktmanager F auch gesagt, dass er sich nicht auskenne, da er Fehler bei den Bestellungen den Mitarbeiten/innen auch nicht erklären könne, wie die Warenübernahme funktioniert, sondern habe der Marktleiter F diesen Mitarbeiter dann an den Antragsgegner verwiesen. Der Antragsgegner habe dem Marktmanager gesagt, wie er sich das vorstelle, wenn er nicht da sei. Er müsste das wohl auch den Mitarbeitern erklären können. E habe nur Ausflüchte gesucht. In diesem Zusammenhang habe der Antragsgegner bereits am 13. September 2017 die Kündigungsanfechtungsklage erhoben. Die Kündigung werde wegen Sozialwidrigkeit sowie verpöntem Motiv und Sittenwidrigkeit angefochten. Das Verfahren sei derzeit, nach Unzuständigkeitserklärung des Arbeitsgerichtes … durch gemeinsamen Delegierungsantrag wieder an das Arbeitsgericht … rückdelegiert worden und dort zu Gz … anhängig.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners, deren mündliche Befragung sowie die mündliche Befragung von F, H, G und K vom 26. November 2019. Als weitere Auskunftsperson wurde D am 28. Jänner 2020 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf das Gesprächsprotokoll vom 22. Mai 2017.

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

„§ 6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person

1.   vom/von der Arbeitgeber/in selbst sexuell belästigt wird,

2.   durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen,

3.   durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder

4.   durch Dritte außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (§ 4) belästigt wird.

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

1.  eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder

2.  der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kolleg/inn/en zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt gemacht wird.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 6 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei aufgrund des Geschlechtes durch den Antragsgegner durch unerwünschte sexualisierte „Komplimente“ sowie durch einen Klaps auf den Po sexuell belästigt worden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Der Antragsgegner war bei der X AG beschäftigt, in der konkreten Filiale war er seit 2008 beschäftigt. Es gab bis dato keine Vorfälle oder sonstige Probleme in Zusammenhang mit (sexueller) Belästigung durch den Antragsgegner.

Die Antragstellerin ist seit 2011 in der besagten Filiale beschäftigt.

Der Antragsgegner war mit der Arbeitsleistung der Antragstellerin nicht zufrieden. Nach Untersuchung der Vorwürfe gegen den Antragsgegner ist dieser schließlich gekündigt worden.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die behaupteten Belästigungen stattgefunden haben.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt somit wie folgt zu beurteilen:

Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG und somit auch keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes durch eine Benachteiligung bei einer sexuellen Belästigung gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG vor.

Als Dritte iSd § 6 kommen vom/von der Arbeitgeber/in (AG) und der belästigten Person verschiedene Personen in Betracht. Im Fall des § 6 Abs. 1 Z 3 sind das zB Arbeitskolleg/inn/en der belästigten Person, Vorgesetzte, Geschäftspartner/innen oder Kund/inn/en des/der AG.4

Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise aufgedrängte Küsse, erzwungene Umarmungen und „Begrapschen“.5

Um von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs. 2 sprechen zu können, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten des Weiteren die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.6 Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Nach den Gesetzesmaterialien zum ArbBG sollen Beispiele wie das Nachpfeifen oder die unerwünschte Einladung zum Kaffee oder zum Essen „grundsätzlich“ nicht genügen, um bereits die Voraussetzung der Verletzung der Würde und damit den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen. Anders zu sehen ist dies aber uU dann, wenn zwar die einzelnen Belästigungshandlungen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, dafür aber immer wieder erfolgen.7

Das belästigende Verhalten muss für die betroffene Person weiters unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein (§ 6 Abs. 2). Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden. 8

Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 Z 1 ist, dass ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Meistens wird die „Arbeitsumwelt“ erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Doch wie schon oben erwähnt, kann bereits eine einzelne Belästigungshandlung derartig schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.9 Durch körperliche Kontakte gegen den Willen der betroffenen Person (sog. „Begrapschen“) wird im Allgemeinen die Toleranzgrenze überschritten.10

Sexuelle Belästigung liegt somit vor, wenn ein objektiv der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, und dieses Verhalten objektiv eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt.

Der Antragsgegner ist Dritter iSd § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG, da er ebenso wie die Antragstellerin bei der X AG beschäftigt war. Die im Antrag behaupteten Vorwürfe, der Antragsgegner habe die Antragstellerin als seine „Prinzessin“ bezeichnet, habe ihr unerwünschte Komplimente gemacht und sie bedrängt, eine Affäre mit ihm zu haben sowie der behauptete körperliche Übergriff - Schlag auf das Gesäß als die Antragstellerin auf einer Leiter stand und etwas in ein Regal schlichtete - können grundsätzlich Akte sexueller Belästigung darstellen. Die Antragstellerin hat diese Vorwürfe in ihrem schriftlichen Antrag auch insofern glaubwürdig dargestellt, als diesbezüglich ein Verfahren vor der GBK eingeleitet und durchgeführt wurde.

Im Hinblick auf die von der Antragstellerin als sexuelle Belästigung geschilderten Vorfälle liegen jedoch widersprechende Darstellungen vor.

Die Antragstellerin konnte bei der Befragung die vorgebrachten Vorwürfe gegenüber dem Antragsgegner nicht ausreichend darlegen. Sie blieb – wie im Antrag – sehr allgemein und konnte diese trotz mehrmaligen Nachfragens nicht weiter konkretisieren. Es fiel auf, dass sie dieselben vagen Vorwürfe wie die Antragstellerin aus GBK I/783/17 gegen den Antragsgegner vorgebracht hat.

Es gelang der Antragstellerin in der mündlichen Befragung nicht, die in ihrem Antrag angeführten Vorkommnisse glaubhaft darzulegen, ihre dargestellten Emotionen wirkten übertrieben, was ihre Angaben im Ergebnis unglaubwürdig machte.

Der Antragsgegner bestritt stets die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und war in seinem Auftreten vor dem Senat I der GBK sehr glaubwürdig.

D, langjähriger Vorgesetzter des Antragsgegners, schloss für sich aus, dass der Antragsgegner derartige Äußerungen getätigt haben könnte. Auffällig war auch, dass die Belästigungen – laut der Antragstellerin – erst mit 2013 angefangen hätten. Davor hat es offenbar keinerlei Zwischenfälle gegeben.

Nach den Befragungen ergab sich für den erkennenden Senat das Bild, dass der Antragsgegner stets sehr genau bzw. streng nach Vorschrift gearbeitet hat, wodurch er sich nicht sehr viele Freunde bei der neuen Führungsmannschaft rund um E gemacht haben dürfte. Die behaupteten Vorfälle nahmen ebenso auffällig mit dem Personalwechsel im Management zu. Der Antragsgegner hat die Arbeit der Antragstellerin mehrmals bemängelt, was auch D bestätigt hat. Diesbezüglich hat sich die Antragstellerin beim Marktleiter F sogleich beschwert.

Das Vorbringen der Antragstellerin war auch insofern nicht glaubhaft, als dass die Auskunftsperson und Arbeitskollegin der Antragstellerin, K, vorbrachte, dass der Antragsgegner keine Kosovoalbaner/innen mag. Aus diesem Zusammenhang heraus ist es durchaus unwahrscheinlich, dass der Antragsgegner, der serbischer Herkunft ist, sich eine Beziehung bzw. Affäre mit der Antragstellerin wünschen würde bzw. sie zu einer solchen drängen wollte.

Der Antragsteller hingegen konnte die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe entkräften und die in der Stellungnahme dargestellten Argumente auch in der mündlichen Befragung durch den Senat I der GBK glaubhaft darlegen.

Der von Antragstellerin gewonnene Eindruck führte daher im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG zur Ansicht, dass es der Antragstellerin nicht gelungen ist eine sexuelle Belästigung glaubhaft zu machen. Daher kommt es zu keiner Beweislastverlagerung gemäß § 12 Abs. 12 GlBG und geht dieses Beweisdefizit folglich zu Lasten der Antragstellerin.

Es liegt somit keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG und auch keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG vor.

Wien, 28. Jänner 2020

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

3  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

4  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 9 (Stand 1.1.2009, rdb.at).

5  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 20 (Stand 1.1.2009, rdb.at)

6  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 21 (Stand 1.1.2009, rdb.at).

7  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 24 (Stand 1.1.2009, rdb.at).

8  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 25 (Stand 1.1.2009, rdb.at).

9  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 28 (Stand 1.1.2009, rdb.at).

10  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 29 (Stand 1.1.2009, rdb.at).

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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