Gbk 2020/2/25 GBK I/826/18

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Veröffentlicht am 25.02.2020
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Sexuelle Belästigung durch den/die Arbeitgeber/in

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 25. Februar 2020 über den am 4. Juni 2018 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch den/die ArbeitgeberIn gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) durch B (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/826/18, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch den/die ArbeitgeberIn gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG durch B (Direktor von Firma X) diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei selbstständige Musikerin. Sie habe den Antragsgegner vor drei bis vier Jahren in einem Orchester kennengelernt. Der Antragsgegner habe ihr im Mai 2017 das Angebot gemacht, bei einem …. Musikwettbewerb in …. (China) mit ihm zusammen als Jurymitglied zu fungieren. Um den Vertrag mit dem chinesischen Partnerunternehmen vorzubereiten, haben sich die beiden für den 4. Juni 2017 in der Bar des Hotel Y verabredet. Der Antragsgegner habe auch eine Einladung für ihren Freund ausgesprochen, falls sie eine Beziehung habe. Sie habe gesagt, dass ihr Freund keine Zeit habe. Darauf habe der Antragsgegner geschrieben, dass er zwar sonst nur mit ledigen Frauen ins Y gehe, für die Antragstellerin aber eine Ausnahme mache.

In der Folge des Treffens habe der Antragsgegner ihr zahlreiche Nachrichten auf Facebook und WhatsApp gesandt, und habe sie mehrfach anzurufen versucht. Er habe geschrieben, dass er die Antragstellerin heiraten wolle, dass er sie in seiner X Firma anstellen würde oder dass er mit ihr zusammen ein Unternehmen führen wolle. Die Antragstellerin habe sein Verhalten seltsam gefunden, habe jedoch Interesse an dem Job und der Gelegenheit, nach China zu fahren, bekundet. Sie habe ihn daher ausdrücklich abgewiesen und geschrieben, dass sie sich eine geschäftliche und freundschaftliche Beziehung mit ihm vorstellen könne.

Danach habe der Antragsgegner der Antragstellerin angeboten, mit ihr gegen eine „Gage" von 200 Euro auf Urlaub zu fahren, was diese wiederum abgelehnt habe. Daraufhin habe der Antragsgegner die Reise nach China abgesagt, was er anschließend als Scherz bezeichnet habe. Er habe die massiven Annäherungsversuche per WhatsApp fortgesetzt. Als er sich abschätzig über ihren Freund geäußert habe, habe die Antragstellerin ihn ersucht, sich nicht weiter in ihr Privatleben einzumischen.

Am 27. Juni 2017 haben sie schließlich einen Vertrag über die Teilnahme der Antragstellerin abgeschlossen und von 27. Juli 2017 bis 4. August 2017 haben die beiden sich schließlich in China befunden. Die Antragstellerin habe unter anderem gefragt, ob sie alleine schlafen könne. Als die Antragstellerin dies bejaht habe, habe er zu ihr gemeint, dass er nicht alleine schlafen könne und sie daher bei ihm schlafen solle. Dieses „Angebot" habe er mehrfach wiederholt. Die Antragstellerin habe jedes Mal abgelehnt.

Er habe die Antragstellerin um eine Massage gebeten und ihr auch angeboten, sie zu massieren, was sie ebenso ablehnt habe (Anmerkung: Das WhatsApp-Protokoll sei in mitteleuropäischer Zeit gespeichert worden. Bei den in China versandten Nachrichten sei daher eine Zeitverschiebung von minus sechs Stunden zu rechnen, um die Ortszeit zu erhalten). Vor chinesischen GeschäftspartnerInnen habe er dennoch gemeint, dass er Öl für eine Massage besorgen würde, was die Antragstellerin aufgrund der damit verbundenen sexuellen Anspielung äußerst unangenehm gewesen sei.

Sie haben am 30. Juli 2017 das kurzfristige Angebot bekommen, ein Konzert zu spielen, wofür sie zusammen proben haben müssen. Der Antragsgegner habe vorgeschlagen, in seinem Hotelzimmer zu proben. Als die Antragstellerin dort hingekommen sei, habe sie gesehen, dass er Öl vorbereitet und erneut um eine Massage gebeten habe, was sie erneut abgewiesen habe.

Nach dem Konzert am 1. August 2017 habe die Antragstellerin angemerkt, dass das Leih-Cello sehr gut sei und habe nach dessen Preis gefragt. Dieser habe 3.000,- Euro betragen. Als die beiden zu Abend gegessen haben, habe der Antragsgegner angeboten, ihr das Cello zu kaufen, wenn sie für einen Abend lang seine „sexuelle Sklavin" sein würde. Er habe beschrieben, dass er ihr „die Hand in den Arsch stecken" wolle. Die Antragstellerin sei vollkommen schockiert gewesen und habe das „Angebot" abgelehnt. Er habe weiter über sexuelle Praxen gesprochen und versucht, sie von den erwähnten Praxen zu überzeugen. Die Antragstellerin habe dieses Gespräch als grenzüberschreitend und entwürdigend empfunden.

Am 3. August 2017 sollten sie zurückfliegen, der Flug habe jedoch Verspätung gehabt und sei schließlich abgesagt worden. Deshalb hätten sie das Hotel aufgesucht, das die Fluggesellschaft zur Verfügung gestellt habe. Es seien auch zwei weitere Fluggäste dabei gewesen.

C aus Südafrika und D aus Deutschland. Die Rezeptionistin habe angeboten, die beiden Frauen und die beiden Männer jeweils in einem Doppelzimmer unterzubringen, da für Einzelzimmer einen Preisaufschlag verrechnet werden würde. C habe lieber ein Einzelzimmer beziehen wollen und den Aufpreis gezahlt, woraufhin der Antragsgegner der Antragstellerin angeboten habe, sich das Zimmer mit ihm zu teilen. Daraufhin habe die Rezeptionistin gedacht, dass sie ein Paar seien. Die Antragstellerin habe das abgestritten. Der Antragsgegner habe zur Antragstellerin gesagt, dass sie seine Mitarbeiterin sei und sich das Zimmer mit ihm teilen müsse, andernfalls sollte sie für den Aufpreis seines Zimmers aufkommen. Dann habe er ihr damit gedroht, ihr andernfalls ihre Gage vorzuenthalten. Die Antragstellerin habe sich geweigert, sich mit ihm ein Zimmer zu teilen und habe gesagt, dass sie ihre Gage notfalls einklagen würde. Schließlich habe C den Aufpreis für das Hotelzimmer des Antragsgegners übernommen, um die unangenehme Situation zu beenden. Daraufhin habe die Antragstellerin ein Zimmer zusammen mit D bezogen. In dieser Situation habe die Antragstellerin sich vom Antragsgegner massiv unter Druck gesetzt und in ihrer persönlichen Freiheit verletzt gefühlt.

Am nächsten Tag habe die Antragstellerin erfahren, dass der Antragsgegner D erzählt gehabt habe, sie sei eine Amateurin und könne mit Arbeitsbelastung nicht umgehen. Sie habe ihn gebeten, dies zu unterlassen, und sein Verhalten des Vorabends kritisiert. Der Antragsgegner habe argumentiert, dass die Antragstellerin mit ihm statt mit einer fremden Person im Zimmer hätte schlafen sollen. Die Antragstellerin habe sich durch alles Vorgefallene und die zusätzliche Beschuldigung, unprofessionell zu sein, sehr belastet gefühlt.

Nach ihrer Rückkehr habe sich die Antragstellerin zur Beratung an die GAW gewandt, die den Antragsgegner mit dem vorgebrachten Sachverhalt konfrontiert habe.

Auf das Interventionsschreiben der GAW habe der Antragsgegner mit einer anwaltlichen Stellungnahme geantwortet. In dieser habe er der Antragstellerin berufliche und private Erfolglosigkeit, Depressionen und „Störungen“ unterstellt und behauptet, dass sie sich durch die Intervention der GAW finanzielle Vorteile erschleichen wolle.

Die Vorbringen der Antragstellerin habe er größtenteils bestritten und habe den Sachverhalt so dargestellt, als wäre es die Antragstellerin gewesen, die zuerst versucht hätte, sich ihm anzunähern. Weiters habe der Antragsgegner es so dargestellt, als hätte sich daraus ein beiderseitiger Flirt entwickelt. Diese Darstellung sei nicht glaubwürdig, da aus den WhatsApp-Protokollen hervorgehe, dass der Antragsgegner wiederholt und explizit Avancen gemacht und die Antragstellerin diese wiederholt und eindeutig abgelehnt habe.

Der Antragsgegner habe auch behauptet, dass die Antragstellerin gegenseitigen Massagen zugestimmt hätte. Aus der WhatsApp-Konversation gehe jedoch hervor, dass die Antragstellerin diese Angebote ignoriert habe.

Er habe auch behauptet, dass die Antragstellerin sexualisierte Kommentare gemacht habe, als sie das Massageöl in seinem Zimmer gesehen bzw. als sie gemeinsam mit der Dolmetscherin ein Massagestudio besucht haben. Diese hätten ihn verletzt. Die Antragstellerin bestreite, sexualisierte Kommentare gemacht zu haben. Im Gegenteil sei sie während der gesamten Reise damit beschäftigt gewesen, seine Annäherungsversuche abzuwehren. Weiters habe der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin habe sich „sexuell provokant verhalten“, indem sie am Abend vor dem Konzert bei einer gemeinsamen Probe im Hotelzimmer einen kurzen Seidenschlafrock getragen und in diesem „mit gespreizten Beinen“ Cello geübt habe. Diese „Provokationen“ habe der Antragsgegner unerwidert gelassen, da er sie als „gestörte Persönlichkeit“ eingeschätzt habe.

Die Stellungnahme sei schon in sich nicht schlüssig: Einerseits versuche der Antragsgegner es so darzustellen, als habe es gegenseitige Annäherungen gegeben. Er gebe auch zu, dass er massive Annäherungsversuche unternommen habe, einschließlich Heiratsanträgen. Gleichzeitig behaupte er, dass die Antragstellerin ihm wiederholt sexuelle Avancen gemacht habe, die ihm jedoch missfallen hätten. Dies sei in sich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar.

Er habe ihr auch unterstellt, sich zu mehreren Zeitpunkten unprofessionell verhalten zu haben. Unter anderem, indem sie vereinbarungswidrig ihre Visitenkarten verteilt habe, indem sie den Antragsgegner vor laufender Kamera schlecht gemacht habe und indem sie sich grundlos geweigert habe, einen Dirigenten zu begrüßen. Die Antragstellerin bestreite, in diesen Situationen ein Verhalten an den Tag gelegt zu haben, das den Antragsgegner schädigen hätte können.

Von dem Vorbringen, der Antragsgegner habe den Kauf eines Cellos im Austausch mit sexuellen Handlungen angeboten, habe der Antragsgegner versucht, sich mithilfe stereotypisierender Argumente zu distanzieren. Er habe behauptet, dass ihm solche „Sadomaso-Praktiken“ aufgrund seines Aufwachsens in einer liebevollen Familie im Iran fremd seien. Er habe ebenso behauptet, dass diese nur im „westlichen Kulturkreis“ verbreitet seien, und vollkommen unbegründet in den Raum gestellt, dass die Antragstellerin wohl einen näheren Bezug dazu habe. Diese Argumentationsweise delegitimiere sich nach Ansicht der GAW selbst.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 23. Juli 2018 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Nach seiner Ansicht der WhatsApp-Protokolle seien die Nachrichten bearbeitet worden. Ca. 25 Nachrichten seien gelöscht geworden (markierte Nachrichten; Anm. die betreffenden Nachrichten wurden vom Antragsgegner im von der Antragstellerin vorgelegten WhatsApp-Protokoll markiert).

Das zeige, dass die Antragstellerin nicht nur im Musik- und Schauspielbereich sehr begabt sei, sondern im Sinne der Manipulation und Instrumentalisierung der GAW auch an der Spitze sei.

Durch die Unvollständigkeit und damit Unglaubwürdigkeit der Beweismittel, entziehe sich nicht nur die Wahrheit dem Erkannt werden, sondern es weise die Ziele der Antragstellerin vor.

Es sei richtig, dass sie auf WhatsApp und Facebook mehrmals geschrieben haben. Es sei auch richtig, dass sie heiraten und auf Urlaub fahren haben wollen.

Man sollte aber unbedingt in der Tat zwischen zwei Dinge unterscheiden. Diese WhatsApp Nachrichten seien in unterschiedlichem Verhältnis und zwei völlig verschiedenen Phasen zwischen ihnen erfolgt. Wie sein Anwalt Mag. E am 18. Oktober 2017 an die GAW geschrieben habe, sei das Gespräch am 4. Juni 2017 mit der Antragstellerin noch viel weiter über die bloße Entscheidungsfindung zur Chinareise hinausgegangen. In den drei Stunden haben sie umfassend nicht nur zu den Themen Musikschulen/Wettbewerb gesprochen, sondern über außergeschäftliche Angelegenheiten sowie Beziehung, Heirat, gemeinsamen Urlaub und andere Gemeinsamkeiten gesprochen (5. Juni 2017 um 10:51 Uhr).

Die Antragstellerin sei damit völlig einverstanden gewesen, dass sie sich besser kennenlernen sollten, und sie habe ihm ganz klar, ohne Hindernis gesagt, dass er ihr in außergeschäftlichen Angelegenheiten schreiben dürfe.

Daher könne es nicht als abwegig oder absonderlich angesehen werden, dass nach diesem Treffen noch mehrere Nachrichten und Anrufe gefolgt seien.

Damals sei er seit zweieinhalb Jahren in einer Beziehung mit F gewesen. Sie sei mit ihm noch in einer Beziehung und fotografiere immer die Lehrenden der Firma X. Gleichzeitig wohne sie bei ihm.

Nach dem Gespräch im Y am 4. Juni 2017 habe er F, die damals mit ihm in einer losen Beziehung gewesen sei, mitgeteilt, dass er sich mit der Antragstellerin im Y getroffen habe und anscheinend sehr viele Gemeinsamkeiten zwischen ihm und der Antragstellerin bestehen. Besonders habe F gewusst, dass die Antragstellerin mehr Zeit zum Nachdenken in Bezug auf eine etwaige Heiratsaktion gebraucht habe (6. Juni 2017, um 10:10 bis 10:14 Uhr).

Die schockiert gewesene F sei sehr neugierig gewesen und habe der Geschichte immer weiter folgen wollen. Obwohl für F das Thema sehr abstoßend gewesen sei, habe sie Schritt für Schritt wissen wollen, was er und die Antragstellerin für die Zukunft geplant haben. Vorab dürfe er dem Senat mitteilen, dass F die verdienstvolle Arbeit der GAW für einen korrekten Umgang in der Arbeitswelt auch sehr schätze.

Als die Antragstellerin am 28. Juni 2017 eindeutig und klar geäußert habe, dass der Antragsgegner sich in ihr Privatleben nicht einmischen solle, habe er das selbstverständlich respektiert, sich entschuldigt und nie solche Nachrichten wiederholt (28. Juni 2017, um 19:00 Uhr).

Richtig sei auch, dass sie mit ihm nach diesem Zeitpunkt kein Interesse für eine ernsthafte Eheschließung gehabt habe, daher habe er sich ausdrücklich viermal in WhatsApp sowie einmal telefonisch entschuldigt. Daraufhin habe die Antragstellerin geantwortet, „Ok! Passt!“ (am 30. Juni 2017, um 12:58 bis 13:13 Uhr). Nach diesem Zeitpunkt sei eine private Beziehung oder irgendein Annäherungsversuch in jeder Art und Weise in weiterer Folge komplett ausgeschlossen gewesen.

Die fixe Anstellung beziehe sich auf eine Schule, wo die Antragstellerin damals Violoncello unterrichtet habe. Sie wollten anscheinend mit der Antragstellerin nicht mehr zusammenarbeiten. Darüber sei sie sehr traurig gewesen und habe sich unter Druck befunden, sodass sie dringend eine Hilfe gebraucht habe. Sie habe ihm im Y gesagt, im Fall einer Kündigung bestehe eine große Gefahr, dass die Eltern kein Interesse mehr hätten, ihre Kinder zum Unterricht zu ihr nach Hause zu schicken. Auch wäre der Hausbesuch seitens der Antragstellerin sehr schwierig vorzustellen und sei schon ausgeschlossen. Sie habe selbstverständlich Angst gehabt, die Schüler zu verlieren und habe ihn gebeten, eine Lösung dafür zu finden. Zuerst habe er ihr die Volksschulen in der Nähe ihres Standorts vorgeschlagen, dann habe er die Räumlichkeiten von V vorgeschlagen (am 6. Juni 2017).

Letztlich habe er ihr als alternative Lösung die VS Z, die in ihrem Umfeld gelegen und in einer Kooperation mit dem Verein gewesen sei, vorgeschlagen. Diese Vorschläge seien seitens der Antragstellerin gewünscht gewesen und er sehe hier keine sexuellen Avancen. Die Antragstellerin habe sogar hier wieder noch nachdenken wollen (am 6 Juni 2017).

Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf eine konkrete Beschäftigung sowie übliche Dienstleistungen gehabt, wie die GAW argumentiert habe, dass die Antragstellerin auf Dienstreise und sich in einem Hierarchie- und Abhängigkeitsverhältnis befunden habe.

Die Ankunft sei am 28. Juli 2018 in der Früh in China erfolgt. Sie seien aufgrund seiner geschäftlichen Beziehungen in China mit viel Respekt empfangen worden und trotz sehr viel Aufmerksamkeit und wunderbarem Service seitens der chinesischen GeschäftspartnerInnen habe sich die Antragstellerin nach zwei Aufenthaltstagen in einer deprimierten Phase befunden (30. Juli 2017 um 14:11 Uhr).

Da er sich für das Wohlbefinden der Antragstellerin im Sinne der Kollegialität als Projektinitiator verantwortlich gefühlt habe, habe der Antragsgegner ihr einige Unterhaltungen vorgeschlagen und ihr ebenso als letzten Vorschlag eine Gesundheitsmassage angeboten, da er in seiner Jugend eine solche von seiner Mutter erlernt habe (am 30. Juli 2017, um 14:11 bis 14:13 Uhr).

Die Antragstellerin habe hier vergessen die Nachrichten zu löschen, was sie nunmehr gegen ihn zu verwenden versuche. Es sei eine Gesundheitsmassage gemeint gewesen und es liege kein Hinweis auf sexuelle Handlungen vor. Da sei die Antragstellerin selbst völlig einverstanden gewesen und habe am nächsten Tag von ihm sehr wohl massiert werden wollen.

Sie seien beide als selbstständige Künstler in China gewesen. Auch habe die Antragstellerin seine Anfrage jederzeit ablehnen können. Die Ausbildung der SchülerInnen sei nach eigenem Wissensstand und eigener Methode von der Antragstellerin ohne seine Weisungsbefugnis erfolgt und sie sei in der Ausführung ihres Unterrichts völlig frei gewesen. Nicht nur die Antragstellerin, sondern das Organisationskomitee habe auch nicht die Antragstellerin für einen Privatunterricht oder zukünftige Projekte ohne sein Verständnis bzw. Erlaubnis der Vertreterin abwerben dürfen. Auch habe sie schon in Wien gewusst, dass bei Vermittlung eines Projektes ohne zeitliche Begrenzung alle nachfolgenden Projekten als vermitteltes Projekt angesehen werden würden. Diese Vermittlungsstruktur folge branchenüblichen Standards.

Während des gesamten Aufenthalts sei die Antragstellerin nicht in einem Hierarchieverhältnis zum Antragsgegner oder einer ähnlichen Situation gestanden, sondern leide scheinbar immer noch unter Depression und versuche möglicherweise mit diesen Anschuldigungen verlorene Selbstwertgefühle zu kompensieren.

Sie seien beide in China sehr viele Stunden im Einsatz und von 7:00 Uhr in der Früh bis 22:00 Uhr am Abend mit der Arbeit intensiv beschäftigt gewesen. Die Antragstellerin habe behauptet, dass er vom Geschäftspartner Öl verlangt habe, um sie zu massieren! Durch die Klimaanlage des Hotels und die unterschiedlichen Temperaturen habe er unter starken Halsschmerzen gelitten, daher habe er in Anwesenheit der Antragstellerin die chinesischen Geschäftspartner (darunter bekannte Professoren!) nach einer traditionellen chinesischen Medizin gefragt. Das Medikament liege noch bei ihm im Kühlschrank und bei Halsschmerzen rette es ihn immer noch. Ebenso bestehe die Möglichkeit bei Professoren/Geschäftspartnern jederzeit nachzufragen, ob so was geschehen sei. Das Ergebnis werde 100 Prozent das Gegenteil der Behauptung der Antragstellerin sein, aber könne für sie nicht nur sehr beschämend sein, sondern werde von seiner Seite als Rufschädigung angesehen.

Die Antragstellerin habe am 30. Juli 2017 aufgrund eines knappen Zeitplans verlangt, ein Massage Studio in der Nähe des Hotels zu finden. (Selbst habe sie auch recherchiert und zu ihm gesagt, dass sie endlich zwei Massage Studios in der Nähe gefunden habe.) Weiters habe sie verlangt, bevor sie hingehen, wäre es sehr gut, wenn er vorher die beiden Studios bei Gelegenheit kurz besuche, um die Sauberkeit und die Stimmung zu überprüfen. Am selben Tag habe sie ihn gefragt, ob er die Massage Studios besichtigt habe (Nachricht gelöscht!) (am 30. Juli 2017, um 18:27 Uhr).

Daraufhin habe er geantwortet, dass die beiden Studios sehr schmutzig und teuer seien, und ihr vorgeschlagen, dass er sie selbst massieren könne, statt dass sie für ein schmutziges Studio Geld wegschmeißen. Daraufhin habe sie in WhatsApp geantwortet „JA, das ist super! Das machen wir morgen“ (am 30. Juli 2017, um 18:30 Uhr).

Im Interventionsschreiben der GAW habe die Antragstellerin behauptet, dass er sie unerwünscht zum Massieren eingeladen habe, und sie dies jedes Mal abgelehnt habe, obwohl sich aus den WhatsApp-Protokollen diese Behauptung nicht ergibt und die Schilderungen der Antragstellerin nicht nur unglaubhaft, sondern insgesamt unzutreffend sind.

Der Gipfel sei, dass er sie kurz später gefragt habe, ob sie ihm am nächsten Tag im Badezimmer beim Rasieren seines Kopfes helfen könne. Daraufhin habe sie zugestimmt und gleich geantwortet: „ok!“ (am 30. Juli 2017, um 18:37 Uhr).

Die Antragstellerin habe sich während des gesamten Aufenthalts in China mit feindlichen Äußerungen sehr provokativ verhalten und die üblichen Regelungen bzw. Vereinbarungen im Sinne der Vermittlung unerwartet nicht eingehalten. Der Antragsgegner habe gewisse Verantwortung und wichtige Aufgaben in China gehabt. Die Antragstellerin habe auch vor der Reise schon gewusst, dass seine Vertreterin diese Reise als Promotion für die X Firma organisiert habe, damit sie im Rahmen der Meisterkurse und Sommerakademie der X Firma strategisch mehr SchülerInnen aus Asien gewinnen. Trotzdem habe sie versucht, selbst freundschaftlichen und geschäftlichen Beziehungen mit Chinesen aufzubauen. So vereinbarungswidrig sei ebenso gewesen, dass sie ihre Visitenkarte vor Ort verteilt habe. Interessanterweise habe er selbst über keine Telefonnummer von der Übersetzerin verfügt und die Antragstellerin bestreite, dass sie geheim mit Chinesen Kontakt aufgenommen habe. Im Gegenteil liege jetzt der Kontakt von der Übersetzerin hier vor!

Am vorletzten Tag seien sie zum Massagestudio gegangen. Die beide Damen hätten auf ein gemeinsames Massieren zu dritt in einem Zimmer bestanden. Er habe dies aber nicht in Ordnung gefunden, daher habe er gegen deren Wunsch ein eigenes Zimmer durchgesetzt. Die Antragstellerin bestreite, dass sie ihn danach in Anwesenheit der Dolmetscherin auf Englisch gefragt habe, ob seine Massage mit einem „Happy End“ geendet habe. Er habe diese Witze sehr unpassend und unangenehm gefunden. Sie bestreite aber weiterhin, an dem Tag unangenehme, unerwünschte Witze bzw. herabwürdigende Äußerungen gemacht zu haben.

So sei er beim Fernsehkongress gefragt worden, wie die Chinesen seine X Firma gefunden haben. Daraufhin habe er der Übersetzerin das hervorstehende pädagogische Konzept einer völlig freiwilligen positiven Motivation und die Liebe der Schülerinnen und Schüler seiner X Firma und LehrerInnen erläutert. Plötzlich sei ihm die Antragstellerin – vor laufender Kamera! – mit der Bemerkung ins Wort gefallen, dass er lediglich eine Website habe, auf welche die Chinesen zufällig gestoßen wären! Der Antragsgegner und die Dolmetscherin seien über dieses unangemessene Verhalten der Antragstellerin derartig überrascht gewesen und die Dolmetscherin habe taktvollerweise unterlassen, diese Bemerkung aufzunehmen. Beim gemeinsamen Essen habe die Antragstellerin in Anwesenheit der Professoren gegenüber der Übersetzerin versucht, nicht nur ihn, sondern die ganze Tätigkeit billig zu verkaufen. Trotz dieser Unannehmlichkeit habe er versucht, mit der Antragstellerin sehr respektvoll und sensibel umzugehen. Fast jede Nacht ab 22:00 Uhr habe er telefonisch sowie in Telegram seiner Freundin das unangemessene Verhalten der Antragstellerin berichtet und habe sich über seine falsche Entscheidung in Bezug auf eine Heirat mit der Antragstellerin entschuldigt.

Es sei richtig, dass die Antragstellerin am Kauf eines Cellos interessiert gewesen sei. Auch richtig sei, dass sie von ihm verlangt habe, dieses für sie zu kaufen. Daraufhin habe er geantwortet, dass sie in einer Beziehung sei und laut ihrer Aussage, ihr Freund der interessanteste Mann, den sie in den letzten zehn Jahren getroffen gehabt habe, sei und daher könne er sicher das Cello für die Antragstellerin kaufen. Vor der China Reise haben sie beschlossen, dass sie nur Kollegen seien, trotzdem habe sie verlangt, dass er für sie ein Cello kaufe.

Der Antragsgegner habe ihr weiter so gesagt: „Wenn du nicht genug Geld dabei hast, ich kann dir gerne das Cello kaufen, und dein Freund kann den Betrag auf mein Konto überweisen.“ Daraufhin habe sie geantwortet, dass er sowas nicht tue. Er habe ihr geantwortet: „Wenn du meine Frau wärst, hätte ich das sofort erledigt, aber leider ist es jetzt ausgeschlossen. Es war nur eine falsche Entscheidung und es tut mir sehr leid, dass ich dir nicht weiterhelfen kann.“

Welche Motive die Antragstellerin jetzt habe, dieses Gespräch anders zu zeigen, überlasse er der Kommission. Ein Mensch sei von Natur nicht anders als die Tiere. Er präge sich in humanem Sinn durch die Erziehung. „Die Musik ist die Sprache der Leidenschaft." Dieses Zitat werde Richard Wagner zugeschrieben, doch drücke es am besten aus, was ihn persönlich treibe. Über die Existenz der sexuellen Praktiken, denen sich die Antragstellerin zugewendet habe, könne seine Freundin von der GBK gefragt werden. Er sei nicht mit Gewalt aufgewachsen, solche gewaltsamen Fantasien würden sehr weit von seinem Umfeld/der Ausbildung/Erziehung und Familie wegliegen.

Bei der Rückreise seien sie in einer Sondersituation gewesen. Beim ersten Hotelaufenthalt habe die Antragstellerin mit zwei anderen Fluggästen um 1:00 Uhr in der Früh beim Eingang des Hotels begonnen, mit mehreren Flaschen Bier und einen chinesischen Wein (53 Vol.-%) zu trinken und gemeinsam zu feiern. Der Antragsgegner habe die Gelegenheit genutzt, seine Freundin in Wien zu kontaktieren und Bescheid zu geben, dass die Flüge alle … abgesagt worden seien und sie nicht wissen würden, wann der nächste Flug sei. Auch habe er ihr im Video-Calling gezeigt, dass die Antragstellerin mit anderen gerade Alkohol konsumiert und gefeiert habe. Seine Freundin sei schockiert gewesen, dass sie wie am Gang auf der Straße gesessen und rundherum Flaschen Bier gelegen seien. Er habe seiner Freundin geantwortet, „ja wir haben sehr viel seriös gearbeitet und sie lenkt jetzt sich ab“. Sobald alle Flaschen leer gewesen seien, habe die Rezeptionistin gesagt, dass sie zurück zum Flughafen müssten. Nach 30 Minuten seien die Flüge wegen heftigem Sturm wieder abgesagt worden. Diesmal seien alle sehr müde, extrem sauer und ungeduldig gewesen. In der nächsten Unterkunft, einer Art von Frühstückspension, angekommen, habe sich eine lange Schlange gebildet. Als er am Schalter gewesen sei, habe die Rezeptionistin gefragt, „Who is together?“. Der Antragsgegner habe geantwortet: „We are together“. Plötzlich habe die Antragstellerin, die zu diesem Zeitpunkt sturzbetrunken gewesen sei, zu schreien angefangen und gesagt „No! We are not together“. Er habe versucht, ihr zu erklären, dass er im Sinne der Bezahlung der Rezeptionistin gesagt habe, dass sie zusammen seien, und sie sollte endlich aufhören, sich weiter provokativ zu verhalten, ansonsten bestehe die Gefahr, dass sie ihre Gage aufgrund ihres unangemessenen Verhaltens und der Unannehmlichkeiten, die dieses bereitet haben, nicht bekomme. Weiters habe er ihr gesagt, „we are not together" heiße, dass sie jetzt ihre Kosten und die Verantwortung selbst übernehme. Laut ihrer Vereinbarung habe er zu dem Zeitpunkt die Unterkunftkosten im Sinne der Vertretung des Organisationskomitees übernehmen müssen. Die schockierte Rezeptionistin habe hilflos die Situation beobachtet. Als die Antragstellerin sich beruhigt habe, habe die Rezeptionistin gesagt, dass sie nur „Double Rooms“ zu Verfügung haben. Er habe die Antragstellerin gefragt, ob sie einverstanden sei, für zwei Stunden bis zur erneuten Abreise mit ihm in ein Zimmer zu kommen. Da sie das nicht gewollt habe, sei eine Diskussion entstanden, die von C durch das ungefragte Zahlen eines Aufpreises unterbrochen worden sei, bevor ein zweites Zimmer organisiert werden habe können, wodurch die Situation konfus geworden sei. Im Endeffekt habe die Antragstellerin in einem Zimmer mit D geschlafen, die sie am Flughafen … beim Warten auf den Flug kennengelernt gehabt haben. In einem Zimmer, was er aufgrund des alkoholisierten Zustandes der Antragstellerin sowie seiner damaligen Wahrnehmung aus Nachrichten über chinesische Verbrechensraten als problematisch empfunden habe, während er alleine in einem weiteren Doppelzimmer untergekommen sei. Sein Vorschlag, in einem gemeinsamen Zimmer unterzukommen, sei aus einer Sorge beziehungsweise einer organisatorischen Vereinfachung erwachsen, da die Zusammenlegung mit fremden Gästen die Abreise seiner Ansicht nach verkompliziert habe.

Am nächsten Tag habe er versucht, die Situation am Flughafen mit D zu klären und sich für die Unannehmlichkeiten und das unprofessionelle Verhalten zu entschuldigen.

Die GBK bitte der Antragsgegner, diese Begebenheiten bei D nachzufragen.

Laut ihrer Vereinbarung in Wien habe die Antragstellerin für die gesamte künstlerische Leistung 600,00 € bekommen, aber als sie sich nach der Chinareise mit seiner Freundin getroffen habe, habe sich die Antragstellerin wieder provokant und unprofessionell verhalten. Die Antragstellerin habe statt 600,00 € ausgemachter Gage, 800,00 € verlangt. Als er telefonisch seine Freundin in Anwesenheit der Antragstellerin gefragt habe, warum sie 200,00 € mehr bekommen wolle, habe F geantwortet, dass die chinesischen Geschäftspartner anscheinend für das Konzert eine extra Gage mit dem Antragsgegner ausgemacht haben, daher verlange die Antragstellerin einen Aufpreis. Er sei überrascht gewesen und habe gleich mit der Antragstellerin telefonisch klären wollen, dass sie laut ihrer Vereinbarung in Wien kein Recht für einen Aufpreis habe.

Die von der Antragstellerin fantasievoll geschilderten Übergriffe haben sich in keiner Weise ereignet.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und des Antragsgegners vom 25. Februar 2020. Als weitere Auskunftspersonen wurde D am 25. Februar 2020 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf die WhatsApp-Unterhaltung zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner im Zeitraum von 30. Mai bis 7. August 2017, den Vertrag vom 27. Juni 2017 über die Teilnahme der Antragstellerin am „…“, die Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung des Antragsgegners an die GAW vom 18. Oktober 2017, das E-Mail von G an den Antragsgegner vom 20. Juni 2018 sowie das Gedächtnisprotokoll von C vom 26. September [2018].

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

㤠1 (3) Die Bestimmungen des I. Teiles gelten auch

[…]

2. für Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind.“

㤠6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person

1. vom/von der Arbeitgeber/in selbst sexuell belästigt wird […]

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt [...]“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 6 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei vom Antragsgegner verbal sexuell belästigt worden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin ist selbstständige Musikerin und erhielt vom Antragsgegner, den sie drei oder vier Jahre zuvor bei einem Konzert kennengelernt hatte, im Mai 2017 das Angebot, bei einem Musikwettbewerb in … (China) mit ihm zusammen als Jurymitglied zu fungieren. Ab 30. Mai 2017 führten sie dazu auf WhatsApp Gespräche. Am 4. Juni 2017 trafen sich die beiden in der Bar des Hotel Y zur Vorbereitung des Vertrages mit dem chinesischen Partnerunternehmen.

Nach diesem Treffen schrieb der Antragsgegner der Antragstellerin auf WhatsApp zahlreiche Nachrichten, die sich u.a. auf sein Interesse an der Antragstellerin, eine Heirat, einen gemeinsamen Urlaub, eine Anstellung in der X Firma oder dass er mit ihr zusammen ein Unternehmen führen wolle, bezogen. Die Antragstellerin bestätigte ihr Interesse an dem Job und der Gelegenheit, nach China zu fahren, und wies insbesondere darauf hin, dass sie einen Freund habe und sich daher nur eine geschäftliche und freundschaftliche Beziehung mit dem Antragsgegner vorstellen könne.

Der Antragsgegner bot der Antragstellerin im weiteren Verlauf an, mit ihr gegen eine „Gage" von 200 Euro auf Urlaub zu fahren, was diese wiederum ablehnte. Daraufhin teilte der Antragsgegner mit, dass er eine andere Cellistin mit nach China nehme.

Schließlich schlossen sie am 27. Juni 2017 einen Vertrag über die Teilnahme der Antragstellerin an der Veranstaltung in China ab und befanden sich von 27. Juli bis 4. August 2017 in China.

Während der Reise setzte der Antragsgegner seine Annäherungsversuche gegenüber der Antragstellerin fort, indem er ihr u.a. mehrmals eine Massage anbot, sie um eine Massage bat und den Kauf eines Cellos im Gegenzug zu sexuellen Gefälligkeiten versprach. Die Antragstellerin lehnte seine Angebote ab. Am Rückreisetag bestand der Antragsgegner unter Androhung, ihre Gage nicht zu bezahlen, darauf, dass sie sich mit ihm ein Zimmer teile, nachdem sich ihr Abflug verzögerte und sie in einem Hotel übernachten mussten. Die Antragstellerin widersprach der Aufforderung und übernachtete in einem Doppelzimmer mit einer weiblichen Mitreisenden, die sie zuvor am Flughafen kennengelernt hatte.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch den/die ArbeitgeberIn gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG vor.

Als Vorfrage wurde überprüft, ob die Tätigkeit der Antragstellerin für die X Firma die Merkmale eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses aufwiesen.

Auf Grund der Sonderbestimmung des § 1 Abs. 3 gilt das GlBG u.a. auch für arbeitnehmerähnliche Personen (Z 2).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abs. 3 ist ein Vertragsverhältnis. In Frage kommen Werkvertrag, freier Dienstvertrag und andere synallagmatische Verträge über Dienstleistungen. Die zweite Voraussetzung ist, dass im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit geleistet wird. Eine weitere Voraussetzung ist die „wirtschaftliche Unselbständigkeit“ bei Leistung der Dienste bzw. Arbeit.4 Arbeitnehmerähnliche Personen unterscheiden sich von (echten) ArbeitnehmerInnen vor allem dadurch, dass den Verpflichteten die persönliche Abhängigkeit gänzlich fehlt oder dass nur schwach ausgeprägte Merkmale derselben vorhanden sind. Sie sind weitgehend frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens. Maßgeblich ist, inwieweit die Verpflichteten in die Organisation des Betriebes eingegliedert und weisungsgebunden sind. Dennoch sind Kriterien fremdbestimmter Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben. Arbeitnehmerähnliche Personen sind trotz vorhandener persönlicher Unabhängigkeit wirtschaftlich unselbständig. In der Judikatur, die sich vielfach an den konkreten Fällen orientiert, ist die Auslegung des Begriffs der „arbeitnehmerähnlichen Person“ nicht immer einheitlich. Die für und gegen die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses sprechenden Umstände sind nicht im Einzelnen, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Es erscheint die Einbeziehung dieser Personengruppe in jenen Fällen, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis ausgehen sondern den sozial schwächeren Personenkreis schützen sollen, gerechtfertigt.5 Entscheidend ist, ob die Situation der Betroffenen, jener eines typischen Arbeitnehmers entspricht.6

Eine Arbeitnehmerähnlichkeit der Antragstellerin konnte aus Sicht des Senates jedenfalls bejaht werden. Es wurden die Kosten für die internationalen Flugtickets, die Unterkunft, die Verpflegung, den Transport und die Versicherung während des Aufenthalts in … übernommen. Mangels anderslautender Vereinbarungen ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin die Leistung persönlich zu erbringen hatte. Es gab ein vorgegebenes Rahmenprogramm, das die Antragstellerin zu absolvieren hatte, somit hatte sie keinen Einfluss auf das Reisegeschehen und ihre Tätigkeit.

Im Arbeitsrecht ist der Begriff „ArbeitgeberIn“ kaum definiert, auch nicht im GlBG. Durch die Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis ist hier der arbeitsvertragliche ArbeitgeberInnen-Begriff zu Grunde zu legen. Demnach ist als ArbeitgeberIn jede Person anzusehen, die im Rahmen des Arbeitsvertrags über die Arbeitskraft einer anderen Person verfügt. Ist der/die ArbeitgeberIn eine juristische Person, ist dieser das Verhalten ihrer vertretungsbefugten Organe (Vorstandsmitglieder, GeschäftsführerIn, etc.) unmittelbar zuzurechnen.7

Der Antragsgegner ist Arbeitgeber iSd § 6 Abs. 1 Z 1 GlBG, da er laut Vertrag vom 27. Juni 2017 Direktor der X Firma war.

Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise unsittliche Redensarten8, anzügliche – sei es auch in „Komplimente“ verpackte – Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben, unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht9.

Wie aus dem Sachverhalt hervorgeht, hat der Antragsgegner wiederholt verbale Annäherungsversuche und Äußerungen sexueller Natur gegenüber der Antragstellerin getätigt. Dadurch ist auf jeden Fall der Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens erfüllt.

Um von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs. 2 sprechen zu können, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten des Weiteren die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.10 Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Nach den Gesetzesmaterialien zum ArbBG sollen Beispiele wie das Nachpfeifen oder die unerwünschte Einladung zum Kaffee oder zum Essen „grundsätzlich“ nicht genügen, um bereits die Voraussetzung der Verletzung der Würde und damit den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen. Anders zu sehen ist dies aber uU dann, wenn zwar die einzelnen Belästigungshandlungen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, dafür aber immer wieder erfolgen.11

Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.

Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass das belästigende Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein muss (§ 6 Abs. 2). Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden.12

Was das ablehnende Verhalten der betroffenen Person betrifft, so dürfen an dieses keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Demnach ist ein Verhalten nicht erst dann abgelehnt und somit unerwünscht, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt. Möglich ist es auch, dass die Ablehnung eines konkreten Verhaltens schlüssig erfolgt.13

Objektiv betrachtet war das Verhalten des Antragsgegners jedenfalls geeignet, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, da er nicht davon ausgehen kann, dass es in Ordnung ist, gegenüber einer Mitarbeiterin verbale Annäherungsversuche und sexuelle Anspielungen zu machen. Ganz klar ist hier auch das subjektive Kriterium erfüllt. Die Antragstellerin hat sich gegen die Annäherungsversuche des Antragsgegners gewehrt und ihm immer wieder gesagt, dass er damit aufhören solle, bzw. ist teilweise in der schriftlichen Kommunikation nicht näher auf sie eingegangen, da das Verhalten des Antragsgegners für sie unerwünscht, unangebracht und anstößig war.

Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Arbeitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Allerdings kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.14

Wie festgestellt, fühlte sich die Antragstellerin aufgrund der Vorfälle in der Zusammenarbeit mit dem Antragsgegner nicht mehr wohl, was sich insbesondere an ihrem Verhalten im Zuge der Rückreise zeigte, als der Antragsgegner sich ein Zimmer mit ihr teilen wollte und sie dies ablehnte. Ihre Reaktion ist auch objektiv betrachtet nachvollziehbar. Somit ist auch diese Voraussetzung der sexuellen Belästigung erfüllt.

Die Antragstellerin wiederholte im mündlichen Vorbringen in für den Senat nachvollziehbarer Weise die erhobenen Vorwürfe gegen den Antragsgegner ohne Widerspruch zu den Angaben im Antrag und konnte somit den Vorwurf der sexuellen Belästigung glaubhaft machen. Bei dieser Befragung kam auch die persönliche Betroffenheit der Antragstellerin zum Ausdruck.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Antragsgegner.

Der Antragsgegner vermochte den Senat hingegen nicht von seiner Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Zum Teil bestätigten sich die Vorwürfe bereits durch die vorgelegte WhatsApp-Kommunikation zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner. Bereits in der ersten Konversation am 30. Mai 2017 erklärte der Antragsgegner „Ich mag eine Frau wie du!“ (sic!) Im Zuge der Terminvereinbarung für ein Treffen, um die Details für die Chinareise zu besprechen, thematisierte der Antragsgegner das Privatleben der Antragstellerin, indem er ihren Freund einlud, sofern sie in einer Beziehung sei. Als die Antragstellerin diesen Umstand bestätigte, schlug der Antragsgegner vorerst einen anderen Treffpunkt vor und begründete dies zweimal damit, dass er ins Y nur mit ledigen Frauen gehe. Abermals nahm der Antragsgegner in dieser Konversation am 4. Juni 2017 Bezug auf die Antragstellerin, indem er erklärte „Zb ich mag sehr französischen“ (sic!) und dies mit „Weil sie sehr süß und intelligent und erotisch sind“ begründete.

Die weitere Kommunikation zeigt deutlich, dass die Antragstellerin durchwegs eine defensive bis abwehrende Haltung einnahm, während der Antragsgegner weiterhin Annäherungsversuche machte. Am Tag nach dem ersten Treffen, dem 5. Juni 2017, beteuerte der Antragsgegner: „Das ist schade dass du gegenüber mich so offensichtlich über einen andere man die nicht dich wie ich dich mag, redest“ (sic!). Nachdem die Antragstellerin am selben Tag festhielt, dass sie eine geschäftliche und freundschaftliche Beziehung mit dem Antragsgegner vorstellen könne, bekundete dieser am 6. Juni 2017 abermals sein Interesse an der Antragstellerin: „Schöne Grüße zu deine Arbeitskollegin. Erzähl ihr wie ich sehr dich mag:)“ (sic!). Er hielt weiters fest „Wenn du meine frau bist, dann alles gehört dir. Alle meine …. [Anm. gemeint Firma X] :)“ (sic!), „+ kostenlose Urlaub im Sommer:)“ (sic!), „Und + kostenlose Wohnung“, „Und vieles noch:)“ und schickte der Antragstellerin Links zu Hotels. Die Antragstellerin verwies wieder auf den Umstand, dass sie einen Freund habe, und die Beziehung zwischen ihr und dem Antragsgegner nur die Arbeit betreffen dürfe.

Es ist für den Senat evident, dass der Antragsgegner die Grenze zwischen Geschäftlichem und Privatem anders zieht, als man dies nach objektiven Maßstäben von einem (potenziellen) Arbeitgeber erwarten darf. So schrieb er der Antragstellerin ebenfalls am 6. Juni 2017: „Ich würde gerne sagen, überleg dir bis übermorgen ob du auch Lust auf ein Urlaub hast damit wir für unsere zukünftige Geschäftliche Beziehungen planen. Ich kann gerne ausser Hotel und Ticket . 200€ Gage für dich feststellen. Ich muss überlegen mit wem ich beginnen möchte! Da habe keine Zeit sehr viel diskutieren ! Und ich glaube du auch nicht! Daher entscheide bitte bis übermorgen ob wir die zukünftige Zusammenarbeit gemeinsam beginnen können oder nicht! Ich arbeite mit dir wenn du aufgeschlossen bist. Wenn du auf der suche arme Menschen und altmodische Gedanken bist, dann respektiere ich natürlich aber leider lieber arbeite ich mit eine aufgeschlossene frau die nicht über ein anderen Man mit mir redet! Ein man sollte wirklich berechtigt sein finanziel und von der Bildung her und sozialistischen Angehörigkeit eine hübsche küntlerin aus Frankreich wie du als Freundin haben!“ (sic!)

Aus der weiteren Kommunikation bestätigen sich auch die mehrmaligen Angebote des Antragsgegners an die Antragstellerin sie zu massieren bzw. seine Anfrage an die Antragstellerin ihn zu massieren.

Der Senat geht aufgrund des Eindruckes, den er vom Antragsgegner gewinnen konnte, daher auch vom Vorliegen jener Vorfälle, die dieser abstritt, aus und wertet die Argumente des Antragsgegners als reine Schutzbehauptung. Zum einen beruht seine Argumentationslinie darauf, dass er ein stereotyp gefärbtes Bild von Französinnen zeichnet. Zum anderen konstatiert er der Antragstellerin, dass sie sich aufgrund langanhaltender beruflicher Erfolglosigkeit und unglücklicher privater Verhältnisse in einer depressiven Phase befinde. Diesen Eindruck vermittelte weder der vorgelegte Chatverlauf noch das persönliche Auftreten der Antragstellerin vor dem Senat. Die Antragstellerin schrieb dem Antragsgegner zwar am 30. Juli 2017, dass sie ein bisschen deprimiert sei, was sie sich mit ihrer Müdigkeit erklärte. Derartige Gemütsäußerungen sind jedoch kein tauglicher Beweis für die generelle (negative) psychische Verfassung eines Menschen. Der Antragsgegner schrieb der Antragstellerin am 26. Juli 2017 ebenfalls, dass er sehr traurig sei, dass er nach China fliegen müsse und keine Lust habe.

Für die glaubhafte Darstellung der Antragstellerin sprechen hingegen auch die Schilderungen von D und C über die Situation im Hotel und darüber, dass die Antragstellerin nicht sturzbetrunken gewesen sei. Vor allem D, die der Konversation zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner inhaltlich folgen konnte, da diese auf Deutsch geführt wurde, konnte als unbeteiligte Person einen objektiven Eindruck der Situation schildern.

Es geht zu Lasten des Antragsgegners, dass er zwar laut eigenen Angaben Beweise für falsche Wahrnehmungen der Auskunftsperson D habe, diese jedoch im GBK-Verfahren nicht vorlegen wollte.

G konnte sich an viele vom Antragsgegner geschilderte Ereignisse nur noch vage erinnern oder diese gar nicht bestätigen, weshalb ihre Stellungnahme nur bedingt geeignet war, das Vorbringen des Antragsgegners zu unterstützen.

Zum Vorbringen des Antragsgegners, die Antragstellerin habe den vorgelegten WhatsApp Chat manipuliert, ist festzuhalten, dass großteils an jenen Stellen, an denen nach dem Adressaten (dem Antragsgegner) bzw. der Adressatin (der Antragstellerin) kein Text steht, ein Platzhalter in Form eines Rechtecks sichtbar ist. Dies wird als Hinweis darauf gewertet, dass bei der Umwandlung des Chats in eine Textdatei über die Funktion „Chat exportieren“ die entsprechenden Zeichen aus technischen Gründen nicht umgewandelt werden konnten, worauf die Antragstellerin keinen Einfluss hatte. Zum weiteren Vorwurf des Antragsgegners, er habe den Chatverlauf auf seinem Handy nicht gelöscht, wird festgehalten, dass es nach der Erfahrung des Senates technisch nicht möglich ist, dass ein/e WhatsApp-NutzerIn bei einem/einer anderen NutzerIn die Nachrichten des jeweils anderen am Handy löschen kann.

Abschließend wird nochmals betont, dass es unerheblich ist, ob der Antragsgegner die Absicht hatte, die Antragstellerin zu belästigen oder sein Verhalten eine bloße Interessensbekundung war. Das subjektive Empfinden, ob für eine Person das Verhalten eines anderen bereits belästigend ist oder nicht, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dieser Umstand ist zu respektieren und in der Überprüfung mitzudenken, zumal die Antragstellerin das Verhalten des Antragsgegners offenkundig nicht als bloß schmeichelhaft empfunden hat, was sich daran zeigt, dass sie ihm gegenüber mehrmals auf ihren Freund und den Umstand, dass sie kein über eine geschäftliche und freundschaftliche Beziehung hinausgehendes Interesse hat, Bezug genommen hat.

Zusammengefasst geht der Senat somit davon aus, dass der Antragsgegner durch die von ihm getätigten Äußerungen, objektiv ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt hat, das aufgrund der Intensität geeignet war, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, für die Antragstellerin persönlich unerwünscht war und zudem objektiv geeignet war, eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt zu schaffen.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

VORSCHLAG

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, B, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 25. Februar 2020

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

3  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

4  Rebhahn in Rebhahn/GlBG, § 1 Rz 37.

5  RV 307 BlgNR 22. GP 9.

6  Neumayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 51 ASGG Rz 18.

7  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 7.

8  Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 76f.

9  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 20.

10  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 21.

11  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 24.

12  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 25.

13  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 26.

14  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz. 28.

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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