TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/26 VGW-111/055/14532/2019, VGW-111/055/4421/2020, VGW-111/V/055/14536/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.06.2020

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §69
BauO Wr §133 Abs7
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §134a
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seinen Richter Dr. Forster über die Beschwerden 1. des A. B. vom 8. November 2019, 2. der C. D. vom 7. November 2019 und 3. des E. F., vertreten durch Rechtsanwalt, vom 11. November 2019 A) gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei, vom 8. Oktober 2019, Zl. MA37/2-2019-1, mit welchem gemäß § 70 iVm § 54, § 76 Abs. 10a, § 83 Abs. 2 BO und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 – aufgrund des Bescheides des Bauausschusses der Bezirksvertretung … vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019 – die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung von zwei Wohngebäuden mit insgesamt 32 Wohnungen und zwei Büroeinheiten sowie einer Garage im Kellergeschoß für 18 PKW-Stellplätze auf der Liegenschaft Wien, G.-gasse ONr. 26 und 28, EZ 1, Kat. Gem. H., erteilt wurde, und B) gegen den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung … vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, mit welchem gemäß § 69 BO Abweichungen vom Bebauungsplan („Überschreitung der vorgegebenen Gebäudehöhe von 16 m an der Front N.-gasse um 1,60 m und an der Front G.-gasse um 0,87 m“) bewilligt wurden, den folgenden

BESCHLUSS

I. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden gegen den Bescheid der Bezirksvertretung … vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG unzulässig.

und erkennt

IM NAMEN DER REPUBLIK

zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird den Beschwerden gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 8. Oktober 2019, Zl. MA37/2-2019-1, Folge gegeben und der Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang

1. Mit Eingabe vom 6. Jänner 2019, beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt am 7. Februar 2019, ersuchte die mitbeteilige Partei K. GmbH, Wien, L.-Straße, (in der Folge: Bauwerberin) um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung gemäß § 70 BO für den Neubau zweier Wohnhäuser auf der in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft Wien, G.-gasse ONr. 28, EZ 1, Kat. Gem. H.. Dem Ansuchen waren unter anderem Baupläne in einfacher Ausfertigung, ein Nachweis über die Bewilligung des Bauplatzes (Bescheid vom 14. Mai 2018), eine Bestätigung des barrierefreien Planens und Bauens (vom 6. Jänner 2019), eine Stellungnahme zu den Freiflächen gemäß § 76a BO (vom 6. Jänner 2019), die Vidierung der Magistratsabteilung 48 (datiert mit 20. September 2018), ein Vorbemessungs- und Konstruktionsentwurf (von August bzw. September 2018), ein Grundbuchsauszug der Bauliegenschaft und ein Versickerungskonzept (vom 19. September 2018) angeschlossen. Im Verwaltungsakt findet sich auch ein am 31. Jänner 2019 vom Planverfasser bei der Behörde persönlich eingebrachtes „Ansuchen § 69“ samt mehreren Beilagen, in denen die in Aussicht genommene Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe dargestellt und begründet ist. Am 8. Februar 2019 wurde eine richtiggestellte Parie nachgereicht.

2. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, ersuchte die Magistratsabteilung 19 mit Schreiben vom 11. Februar 2019 daraufhin um Begutachtung im Sinne der § 85 f. BO und um Bekanntgabe, ob für die beabsichtigte Ausnahme gemäß § 69 BO die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 3 BO (beabsichtigtes örtliches Stadtbild) und des § 69 Abs. 2 Z 3 BO (zeitgemäßes Stadtbild) gegeben seien sowie, ob die raumbildenden Aufbauten, welche den zulässigen Gebäudeumriss überschreiten, den Proportionen der Fenster der Hauptgeschoße sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen; außerdem ersuchte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die Magistratsabteilung 21 mit Schriftsatz vom 11. Februar 2019 um eine Stellungnahme hinsichtlich § 69 BO – dahingehend, ob die Voraussetzungen für die beabsichtigte Ausnahme gemäß § 69 BO gegeben seien sowie insbesondere, ob die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 BO (Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes) und des § 69 Abs. 1 Z 4 BO (beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung) vorlägen. Sowohl die Magistratsabteilung 19 (Stellungnahme vom 8. März 2019) als auch die Magistratsabteilung 21 A (Stellungnahme vom 6. März 2019) erachteten im Hinblick auf das beantragte Bauvorhaben die genannten Voraussetzungen als erfüllt.

3. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, führte daraufhin am 3. Juni 2019 eine mündliche Verhandlung zum Bauvorhaben durch, an der alle drei – persönlich geladenen – Beschwerdeführer (der Drittbeschwerdeführer im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters) teilnahmen.

Als Beilage 2 sind dem Verhandlungsprotokoll die Einwendungen des Drittbeschwerdeführers angeschlossen, welche er in einem mit 31. Mai 2019 datierten Schriftsatz (dem eine gutachterliche Stellungnahme beigeschlossen ist) wie folgt formulierte:

Baugrubensicherung:

Nach den Ausführungen des Herrn DI M. wird die Baugrube bis zu ca. 8,3 m ausgegraben, die Fundamentunterkante des Gebäudes des Einschreiters (N.-gasse 39) wird bis zu 2,2 m oberhalb der Baugrubensohle liegen. Aus Platzmangel kann eine übliche Absicherung der Fundamente des Hauses des Einschreiters nicht erfolgen. Herr DI M. empfiehlt eine Absicherung mittels Düsenstrahlverfahren. Gemäß Ziffer 9 des beiliegenden Gutachtens ist bei der Einbringung mit besonderer Sorgfalt vorzugehen, damit Risse am Nachbargebäude N.-gasse 39 vermieden werden. Die bestehende Feuermauer des Gebäudes N.-gasse 39 ist vor Beginn der Arbeiten zu untersuchen, ob die geplanten Düsenstrahl-Injektionen hinreichen, oder ob die Einhaltung eines Abstandes der Baugrube zur Feuermauer notwendig ist, weiters muss der Gesamtzustand des Hauses N.-gasse 39 vor Baubeginn durch einen unabhängigen Sachverständigen dokumentiert werden.

Die als ‚eventuelle‘ weitere Möglichkeit genannte, herkömmliche Unterfangung ist unter den gegebenen Umständen nicht sicher genug, um Schaden am Gebäude N.-gasse 39 zu vermeiden.

Der alte Baumbestand darf durch den Aushub der Baugrube und die Bauarbeiten nicht beeinträchtigt werden.

Grundwasser, Entwässerung:

Die Grundmauern des Hauses N.-gasse 39 würden durch die geplante Bauführung insbesondere durch eine Aufstauung des Grundwassers und der daraus resultierenden Unterspülung, sowie durch Wassereintritt aus den geplanten Retentionsbecken in ihrer Standfestigkeit gefährdet, weshalb das Bauprojekt gänzlich abzulehnen ist.

Das eingereichte Projekt will (zur Gewinnmaximierung) die gesamte Grundfläche bebauen und nimmt dafür in Kauf, dass eine Versickerung des Regenwassers nicht möglich ist. Stattdessen ist ein Speicherbecken für das Regenwasser geplant, welches grundsätzlich eine Gefahr darstellt (Undichtheiten) und überdies in erstaunlichem Ausmaß unterdimensioniert ist.

Die dazu vorgelegte Stellungnahme stammt von einem Unternehmen ‚P. GmbH‘. Es ist nicht ersichtlich, ob dieses Unternehmen über die notwendige Fachkunde und Qualifikation (Ziviltechniker) verfügt.

In Punkt 6.2 der Stellungnahme P. wird unter der Überschrift ‚Bemessung der Retentionsräume‘ ausgeführt, dass die Bemessungsspende mit einem 5-jährigen (in Worten: fünfjährigen) Ereignis angesetzt wurde. Das bedeutet wohl, dass statistisch betrachtet jedes 5. Jahr eine Überschwemmung des Kellers (auch) des Nachbarhauses N.-gasse 39 – die geplanten Retentionsräume grenzen unmittelbar an das Kellergeschoss des Hauses N.-gasse 39 – stattfinden würde. Dadurch würden die Grundmauern beeinträchtigt und die Kellerräume des Hauses N.-gasse 39 wegen der Feuchtigkeit unbenützbar. Gemäß Punkt 2. des beiliegenden Gutachtens muss von einem 100-jährigen Ereignis ausgegangen werden.

Es ist den eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen, wie dieses Retentionsbecken konkret ausgeführt und wie die Wasserdichtheit hergestellt werden soll etc.

Noch gefährlicher für das Gebäude N.-gasse 39 ist aber, dass durch die geplante Errichtung des tiefen Kellergeschosses ein Aufstau des Grundwasserflusses in der gegebenen Hanglage erfolgen wird, der die Grundmauern unterspülen und das Nachbarhaus in seinem Bestand gefährden würde. Diese Problematik wurde bislang vollkommen ignoriert.

Sowohl der Aufstau des Grundwassers, als auch die Unterdimensionierung des Retentionsbeckens verletzen das dem Einschreiter in § 134 a Abs. 1 lit. e der Wiener Bauordnung eingeräumte, subjektiv-öffentliche Recht auf Schutz vor Immissionen (Wassereintritten), die sich aus der Benutzung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben. (und sind zivilrechtlich auch zum Beispiel nach den §§ 364, 364 a und 364 b ABGB unzulässig).

Es müssen auch die Entlüftung der Garage und die Kamine entsprechend hochgezogen werden, damit die Dachterrassen des Nachbargebäudes nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, widrigenfalls der Schutz vor Immissionen verletzt würde. Die Entlüftung der Garage und die von den ein- und ausfahrenden Fahrzeugen ausgehenden Belästigungen (Lärm, Abgase etc.) sind nicht geklärt, ebenso wenig die Ausführung der Haustechnik und die allfällige Situierung von Lüftungs- und Klimageraten und die davon ausgehenden Belästigungen.

Überschreitung der Bestimmungen über den Abstand zu den Nachbargrundgrenzen, der Ausnützbarkeit von Bauplätzen, sowie der Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien (§ 134 a Abs. 1 lit. a, c und d der Wiener Bauordnung):

Auf der dem Nachbargebäude N.-gasse 39 zugewandten Seite sind Balkone bzw. Erker (Fenster an den Schmalseiten) geplant, von welchen aus man die Fenster des Hauses N.-gasse 39 einsehen kann. Diese Balkone bzw. Erker ragen um mehr als 1,50 m über die Baufluchtlinie und sind unzulässig. Weiters fehlen Nachweise zur Grundstücksgrenze und betreffend Brandabschnitte. Nachweise betreffend Brandabschnitte und Entfluchtungspläne sind generell nicht ersichtlich.

Der Lichteinfallswinkel von 45° wird für die bestehenden, hofseitigen Fenster des Hauses N.-gasse 39 – vor allem bei der Wohnung des Einschreiters und generell in den unteren Stockwerken (gemäß Punkt 6. des beiliegenden Gutachtens betrifft dies zumindest das Erdgeschoss und das 1. und 2. Obergeschoss) – nicht eingehalten.

Verletzung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe (§ 134 a Abs. 1 lit. b der Wiener Bauordnung):

Dem Antrag des Bauwerbers auf Überschreitung der Bauklasse III wird widersprochen. Überdies macht die aus den Plänen ersichtliche Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe aufgrund der bestehenden Hanglage tatsächlich mehr aus als 1,50 m.

Gemäß dem vorgelegten Aufriss wird die zulässige Gebäudehöhe der Bauklasse I. [m]ehr als 0,75 m überschritten. Der Einschreiter widerspricht jeder Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe.

Gemäß Punkt 1. des beiliegenden Gutachtens werden sowohl die zulässige Gebäudehöhe überschritten, als auch der Lichteinfall beim Nachbargebäude beeinträchtigt, wenn die vorgeschriebene Begrünung der Dachflächen eingehalten wird.

Auch die Bestimmung des § 75 Abs. 4 lit. b der Wiener Bauordnung, wonach auch dann, wenn sich nach den Bebauungsbestimmungen eine größere Gebäudehöhe ergäbe, die Gebäudehöhe in der Bauklasse III das um 3 m vergrößerte Maß des Abstandes dieser Fluchtlinien an diesen Linien nicht überschreiten darf, muss eingehalten werden.

Verletzung sonstiger Nachbarrechte:

Zwischen den beiden, geplanten Gebäuden ist gemäß dem Flächenwidmungsplan die Widmung mit ‚G‘ festgelegt, es soll dort ein Kleinkinderspielplatz errichtet werden. Daher ist es nicht zulässig, direkt daneben eine Garageneinfahrt zu errichten (Punkt 12 des beiliegenden Gutachtens). Überdies sind die Raumhöhen in der Garageneinfahrt zu gering (Punkt 12. des beiliegenden Gutachtens). Die Tür im Schnitt C im Dachbereich verfügt nicht über die ausreichende Durchgangsliste von 2 m (Punkt 8. des beiliegenden Gutachtens).

Der Gehsteig entlang der G.-gasse muss in der gesetzlich vorgeschriebenen Breite hergestellt werden.

Die bestehende Gartenmauer muss erhalten bleiben, ebenso die bestehenden Bäume.

Kranschwenkbereich:

Der Einschreiter weist darauf hin, dass jedes Überfahren des Grundstückes des Einschreiters mit einem Kranausleger etc. unzulässig ist. Insbesondere im Hinblick auf Lasten, Eisbildung etc. würden sonst Gefahren für die Bewohner des Hauses N.-gasse 39 entstehen.

Der Einschreiter geht davon aus, dass der Bauherr über eine hinreichende All Risk – Bauherrenversicherung verfügt[.]“

Wie aus Beilage 3 zur Niederschrift ersichtlich ist, schlossen sich andere Nachbarn – darunter der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin – zusätzlich zu ihrem eigenen Vorbringen auch den Einwendungen des Drittbeschwerdeführers und wechselseitig dem Vorbringen des jeweils anderen an. Auch der Drittbeschwerdeführer erklärte wiederholt, sich dem Vorbringen anderer Nachbarn (zB. zur Gebäudehöhe und der Beeinträchtigung des Lichteinfalls) anzuschließen.

4. Am 14. Juni 2019 brachte die Bauwerberin eine Stellungnahme bei der belangten Behörde ein, in der sie auf die Einwendungen der Nachbarn einging. Überdies wurden von der Bauwerberin hierbei eine geotechnische Stellungnahme, ein Lage- und Höhenplan und drei richtiggestellte Parien vorgelegt.

5. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2019 ergänzte der Drittbeschwerdeführer seine bei der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Einwendungen und legte unter einem ein Gutachten (vom 1. Juli 2019) zu den geplanten Retentionsbecken sowie den Einflüssen auf die Grundwasserverhältnisse vor.

6. Mit dem Vermerk, dass das Bauvorhaben von den Vorschriften des Bebauungsplanes im Sinne des § 69 BO abweiche, legte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Akt mit Schriftsatz vom 12. Juli 2019 zur Beschlussfassung an den Bauausschuss der Bezirksvertretung … (in der Folge: Bauausschuss) vor, wobei die Behörde darauf verwies, dass die in der Bauverhandlung erhobenen Einwendungen zurück- bzw. abzuweisen sein werden.

7. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, bewilligte die Bezirksvertretung … für das von der mitbeteiligten Partei beantragte und beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, zZ MA37/2-2019-1 anhängige Bauvorhaben gemäß § 69 BO folgende Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes:

„Der Neubau darf die laut Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vorgegebene Gebäudehöhe von 16 m an der Front N.-gasse um 1,60 m und an der Front G.-gasse um 0,87 m überragen.“

Nach den begründenden Ausführungen des Bauausschusses in diesem Bescheid werde die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch die Abweichungen nicht unterlaufen und sei gemäß § 69 Abs. 1 BO zu berücksichtigen gewesen, dass die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen nicht vermindert werde, an Emissionen nicht mehr zu erwarten sei, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entstehe, das vom Flächenwidmungs- und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst werde und sich die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders gestalte. Die Abweichungen erwiesen sich auch im Hinblick auf § 69 Abs. 2 BO als zulässig, da sie nachvollziehbar der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden Stadtbildes dienten. Überdies sei bei der Entscheidung maßgeblich gewesen, dass der konsensgemäße Baubestand der Nachbarliegenschaften nicht beeinträchtigt, eine zeitgemäße Ausstattung des geplantes Baues erreicht und durch die Ausbildung einer durchgehenden Traufenkante die Feuermauer des Nachbargebäudes (Wien, N.-gasse 39) fast vollständig abgedeckt werde. Über die in der Bauverhandlung am 3. Juni 2019 erhobenen Einwendungen werde im zugehörigen Baubewilligungsbescheid zZ MA37/2-2019-1 abgesprochen.

8. Mit Spruchpunkt I.I. des (ebenfalls) beschwerdegegenständlichen Bescheides vom 8. Oktober 2019, Zl. MA37/2-2019-1, erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei – , aufgrund des Bescheides des Bauausschusses der Bezirksvertretung … vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, nach Maßgabe der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Pläne gemäß § 70 iVm § 54, § 76 Abs. 10a, § 83 Abs. 2 BO und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 die baubehördliche Bewilligung für folgende Bauführungen auf der Liegenschaft Wien, G.-gasse ONr. 26 und 28, EZ 1, GSt. Nr. 4 und 5, Kat. Gem. H.:

„Es werden zwei Wohngebäude mit insgesamt 32 Wohnungen und zwei Büroeinheiten errichtet. Im Kellergeschoß wird eine Garage für 18 PKW-Stellplätze geschaffen. Die Beheizung aller Aufenthaltsräume erfolgt mittels Fernwärme.

Der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1, in Verbindung mit § 50 des Wr. Garagengesetzes (WGarG 2008) zur Schaffung von 19 Stellplätzen wird nicht zur Gänze entsprochen.

?   Die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 und § 50 des WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssen, bleibt um einen Stellplatz hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.“

Mit Spruchpunkt I.II. dieses Bescheides erfolgte die Gehsteigbekanntgabe, mit Spruchpunkt I.III. die Bekanntgabe einer Gehsteigauf- und -überfahrt. Spruchpunkt II. enthält eine Gebrauchserlaubnis und Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung, Spruchpunkt III. die Festsetzung der Gebrauchsabgabe.

Hinsichtlich des Spruchpunktes I. wurden in diesem Bescheid mehrere Maßnahmen vorgeschrieben. Zur Begründung der Baubewilligung verwies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, diesbezüglich auf die eingereichten Pläne und das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen gegen die Gebäudehöhe wurden von der Behörde dabei mit der Begründung abgewiesen, dass diese die Bebaubarkeit nicht einschränke und auch der gesetzliche Lichteinfall von Aufenthaltsräumen benachbarter Liegenschaften gewährleistet sei. Die gehörige Lichtversorgung eines Baues sei durch die Anlage dieses Baues selbst herbeizuführen; auf die Einhaltung bestehender Belichtungsverhältnisse besäßen die Nachbarn keinen Rechtsanspruch. Hierbei sei auch auf die Stellungnahmen der Magistratsabteilungen 19 und 21 zu verweisen, welche die Gebäudehöhenüberschreitung beurteilt hätten.

Der Einwand der Beschwerdeführer hinsichtlich der Baugrubensicherung werde als unzulässig zurückgewiesen, da diese nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens sei und kein subjektiv-öffentliches Interesse der Nachbarn berühre. Ebenso werde auch der Einwand der befürchteten Aufstauung des Grundwassers als nicht im Gesetz begründet zurückgewiesen. Sofern Schadenersatzansprüche geltend gemacht würden, stehe die Entscheidung darüber den Zivilgerichten zu. Die Garagenentlüftung sei nicht Gegenstand der Einreichung – für diese sei eine gesonderte Einreichung erforderlich. Der Einwand gegen die die Baufluchtlinie überragenden geplanten Balkone und Erker werde als unbegründet abgewiesen, da diese Bauteile den geforderten Abstand von 3 m zur Grundgrenze einhielten und die Auskragungen der Erker die zulässigen 1,50 m bzw. jene der Balkone die zulässigen 2,50 m nicht überschritten.

Schließlich werde auch bemerkt, dass die Einreichpläne hinsichtlich der bei der Bauverhandlung bemängelten geringfügigen Richtigstellungen korrigiert bzw. ergänzt worden seien.

Der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 8. Oktober 2019, Zl. MA37/2-2019-1, wurde den Beschwerdeführern gemeinsam mit dem Bescheid der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, zugestellt. Die Zustellungen an Erstbeschwerdeführer und an die Zweitbeschwerdeführerin erfolgten am 16. Oktober 2019, die Zustellung an den Drittbeschwerdeführer (zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters) am 15. Oktober 2019.

9. In ihren gegen diese Bescheide (des Bauausschusses und des Magistrates der Stadt Wien) gerichteten, dem Wortlaut nach identen Beschwerden vom 8. November 2019, per E-Mail übermittelt am 10. November 2019, und vom 7. November 2019, persönlich bei der Behörde eingebracht am 11. November 2019, führen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin – zusammengefasst – aus, dass sie sich nicht gegen die Baubewilligung an sich, sondern lediglich dagegen wendeten, dass die laut Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vorgegebene Gebäudehöhe von 16 m an der Front N.-gasse um 1,6 m und an der Front G.-gasse um 0,87 m überschritten werde. Da es keine offensichtlichen Gründe gebe, aufgrund derer das Gebäude höher sein müsse als es den gegebenen Bestimmungen entspreche und eine Abweichung aus Erwägungen des Ortsbildes nicht erforderlich sei, sei die Überschreitung der Gebäudehöhe letztlich nicht gerechtfertigt. Selbst dann, wenn gewisse Gründe dafür sprächen, wären die Rechte auf Einhaltung der Gebäudehöhe höher zu bewerten, wobei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zZ Ra 2019/05/0002 bis 0004 verwiesen werde.

10. Mit Schriftsatz vom 11. November 2019, am selben Tag zur Post gegeben, erhob auch der Drittbeschwerdeführer Beschwerde gegen die Bescheide des Bauausschusses und des Magistrates der Stadt Wien. Darin führt der Drittbeschwerdeführer – zusammengefasst – aus, dass die Grundstücksgrenzen im Bauverfahren nicht nachgewiesen worden seien, die geplanten Balkone und Erker weiter als zulässig über die Baufluchtlinie hinaus ragten, § 69 BO wegen seines unbestimmten Gehaltes verfassungswidrig sei und die Bebaubarkeit der Nachbarliegenschaft eingeschränkt werde. Da bei Verwirklichung des Bauvorhabens der notwendige Lichteinfallswinkel auf der Nachbarliegenschaft beeinträchtigt werde, wäre gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 BO die Zustimmung der Nachbarn erforderlich gewesen; darüber hinaus seien die Voraussetzungen des § 69 BO aber auch aus anderen Gründen – wie etwa im Hinblick auf den störenden Einfluss auf das Stadtbild – nicht erfüllt. Weiterhin sei die Gebäudehöhe höher als die im Plan als oberster Punkt verwendete Kote 49,95, sodass sogar die vom Bauausschuss zu Unrecht bewilligte Erhöhung überschritten werde und führe die Begrünung des Flachdaches unweigerlich zu einer weiteren Erhöhung des Gebäudes. Zudem fehlten Nachweise über Brandschutz und Brandüberschlag, hinreichende Auflagen zur Standsicherheit des Nachbargebäudes und Vorschreibungen zum Schutz vor Immissionen durch die Grund- und Regenwasserverhältnisse. Schließlich seien der Behörde auch Verfahrensfehler anzulasten, wie etwa die Unterlassung der Einholung notwendiger Gutachten.

11. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerden sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor, wo der Verwaltungsakt samt Beschwerden am 13. November 2019 einlangte (die Beschwerde des Drittbeschwerdeführers wurde mit gesondertem Schriftsatz nachgereicht). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der belangten Behörde hierbei nicht beantragt.

12. Mit Schriftsatz vom 15. Jänner 2020 brachte die Bauwerberin durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin eine Stellungnahme beim Verwaltungsgericht Wien ein, in der sie dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers inhaltlich umfassend entgegentritt. Unter anderem bringt die Bauwerberin darin vor, dass die Grundstücksgrenzen entgegen der Auffassung des Drittbeschwerdeführers sehr wohl nachgewiesen seien und hinsichtlich der Balkone und Erker die Voraussetzungen des § 84 BO vorlägen (diesbezüglich sei aber auch kein subjektiv-öffentliches Recht des Drittbeschwerdeführers betroffen). Der bestehende Flächenwidmungs- und Bebauungsplan könne vom Beschwerdeführer nicht angefochten werden, zur Überschreitung nach § 69 BO und der behaupteten Unbestimmtheit dieser Vorschrift habe der Drittbeschwerdeführer in der Bauverhandlung keine Einwendungen erhoben (im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 69 BO jedenfalls eingehalten worden), Gründe für die Einschränkung der Bebaubarkeit der Nachbarliegenschaft seien nicht vorgebracht worden und der Magistrat der Stadt Wien habe die (für die architektonische Gestaltung und das örtliche Stadtbild vorteilhafte) Gebäudehöhenüberschreitung befürwortet. Wenn der Drittbeschwerdeführer eine Überschreitung der als obersten Punkt verwendeten Kote vorbringe, so seien diese Einwände bereits präkludiert, darüber hinaus seien hiervon aber auch lediglich dem Beschwerdeführer nicht zugewandte Gebäudefronten betroffen – und schließlich könne die Gebäudehöhe aus den Plänen durchaus ermittelt werden. Die vom Drittbeschwerdeführer vorgebrachte Höhenüberschreitung durch Begrünung der Flachdächer stehe in Widerspruch zu den Einreichplänen, das Vorbringen zum fehlenden Brandschutznachweis, zur Standsicherheit des Gebäudes und zu den Immissionen stelle keine subjektiv-öffentlichen Rechte dar.

13. Mit Schriftsätzen vom 9. April 2020 sowie vom 17. April 2020 forderte das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerdeführer auf, binnen einer Woche die ihnen zugestellten Bescheide des Magistrates der Stadt Wien sowie der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, im Original zur Einsicht vorzulegen.

14. Mit Eingaben vom 24. April 2020, 18. Mai 2020 und 5. Juni 2020 (Datum des Einlangens beim Verwaltungsgericht Wien) kamen die Beschwerdeführer dieser Aufforderung nach und legten dem Verwaltungsgericht Wien die angeforderten Bescheide im Original vor.

15. Mit Schriftsätzen vom 9. April 2020 und vom 17. April 2020 forderte das Verwaltungsgericht Wien 1. den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei, und 2. die Bezirksvertretung …, Bauausschuss, auf, binnen einer Woche ab Erhalt dieses Schreibens bekannt zu geben, ob der Bescheid der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, den Beschwerdeführern – wie auch den sonstigen Verfahrensparteien – im Original, in Kopie oder als Ausdruck einer elektronischen Datei (des eingescannten Bescheides) übermittelt wurde. Das Verwaltungsgericht Wien gab hierbei bekannt, dass es nach Maßgabe des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes vorläufig davon ausgehe, dass den Beschwerdeführern jeweils eine Ausfertigung des Bescheides der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, in Form einer Kopie der sich im Akt befindlichen, mit einer Unterschrift des Genehmigenden versehenen Originalerledigung sowie eine mit einer Amtssignatur versehene Ausfertigung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 8. Oktober 2019, Zl. MA37/2-2019-1, zugestellt wurde. Sollte diese vorläufige Annahme nicht zutreffen, wurden die adressierten Behörden um Darlegung des abweichenden Geschehens und Vorlage allfälliger Nachweise ersucht.

16. Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2020 gab der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, bekannt, „dass der Bescheid der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 12. September 2019, Zl. BV - 3/2019, als Ausdruck einer elektronischen Datei (eingescannter Bescheid) zusammen mit dem Baubewilligungsbescheid vom 8. Oktober 2019, Zl. MA37/2-2019-1, amtssigniert an den [Drittbeschwerdeführer zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters], wie auch sonstigen Verfahrensparteien, zugestellt wurde.“

Die Bezirksvertretung …, Bauausschuss, hat die Aufforderungen des Verwaltungsgerichtes Wien vom 9. April 2020 und vom 17. April 2020 bis zum heutigen Tag nicht beantwortet.

17. Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2020 teilte das Verwaltungsgericht Wien den Beschwerdeführern und der Bauwerberin mit, dass es nach Maßgabe des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes und Durchführung des Ermittlungsverfahrens davon ausgehe, den Beschwerdeführern sei jeweils eine Ausfertigung des Bescheides der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 12. September 2019, Zl. BV-3/2019, in Form einer Kopie der sich im Akt befindlichen, mit einer Unterschrift des Genehmigenden versehenen Originalerledigung sowie eine mit einer Amtssignatur versehene Ausfertigung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 8. Oktober 2019, Zl. MA37/2-2019-1, zugestellt worden. Mit demselben Schreiben wurde den Adressaten Gelegenheit gegeben, zu diesem Ergebnis der Beweisaufnahme, das das Verwaltungsgericht Wien seiner Entscheidung zugrunde legen wird, binnen einer Woche Stellung zu nehmen.

Mit im Wesentlichen identen Schriftsätzen vom 20. und vom 23. Juni 2020 brachten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin daraufhin vor, dass ihnen der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 8. Oktober 2019 anscheinend ohne gültige Amtssignatur übermittelt worden sei, weshalb sich nun das Original ohne gültige Amtssignatur beim Verwaltungsgericht Wien befinde. Hinsichtlich ihrer Beschwerden gegen den Bescheid des Bauausschusses vom 12. September 2019 wollen die Beschwerdeführer festhalten, dass sich ihre Beschwerden nicht gegen die Baubewilligung an sich, sondern gegen die Überschreitung der gesetzlich vorgegebenen Bauhöhe richten.

Auch der Drittbeschwerdeführer erstattete einen mit 24. Juni 2020 datierten Schriftsatz, in dem er ausführt, keine mit einer Amtssignatur versehene Ausfertigung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien erhalten zu haben. Die Amtssignatur sei vielmehr lediglich auf dem Anhang angebracht gewesen. Der Bescheid der Bezirksvertretung sei dem Drittbeschwerdeführer überhaupt nur als Kopie übermittelt worden. Wie die Schriftstücke im Detail aussähen, sei der Behörde besser bekannt, da diese über die Originale verfüge.

Im Übrigen wurde bis zum heutigen Tag keine weitere Stellungnahme erstattet.

II. Sachverhalt

Aufgrund der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze, Beilagen und Unterlagen und insbesondere nach Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen und unbestritten gebliebenen Behördenakt sowie nach Einsicht in das offene Grundbuch und einer Einschau in das baubehördliche geografische Informationssystem der Stadt Wien nimmt das Verwaltungsgericht Wien in der Beschwerdesache folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

1. Mit Eingabe vom 6. Jänner 2019, beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt am 7. Februar 2019, ersuchte die K. GmbH, Wien, L. Straße, um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung gemäß § 70 BO für den Neubau zweier Wohnhäuser auf der in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft Wien, G.-gasse ONr. 28, EZ 1, Kat. Gem. H.. Im Verwaltungsakt findet sich auch ein am 31. Jänner 2019 vom Planverfasser bei der Behörde persönlich eingebrachtes „Ansuchen § 69“ samt mehreren Beilagen, in denen die in Aussicht genommene Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe dargestellt und begründet ist.

Die projektgegenständliche Liegenschaft erstreckt sich von der N.-gasse im Norden bis zur R.-gasse im Süden entlang der G.-gasse und schließt unmittelbar an eine von der N.-gasse im Norden, der S.-gasse im Westen und der R.-gasse im Süden begrenzte – an drei Seiten geschlossene– Blockrandbebauung an. Der nördliche Teil der Bauliegenschaft ist als Wohngebiet, Bauklasse III, mit geschlossener Bauweise gewidmet, wobei für einen kleinen Teilbereich die gärtnerische Ausgestaltung vorgeschrieben ist. In südlicher Richtung daran anschließend befindet sich ein Abschnitt, der dem Plandokument zufolge gärtnerisch auszugestalten ist, auf den ein als Wohngebiet, Bauklasse I, mit geschlossener Bauweise gewidmeter Bereich folgt, welcher wiederum in einen als Wohngebiet, Bauklasse III, mit geschlossener Bauweise festgesetzten Abschnitt übergeht.

Das eingereichte Bauvorhaben besteht aus zwei Wohngebäuden, welche jeweils an den Enden der Liegenschaft bzw. an den Ecken des vorhandenen Baublocks situiert sind, wodurch das durchgrünte Blockinnere an die G.-gasse heranreichen kann. Die projektierte Höhe des im nördlichen Teil der Bauliegenschaft geplanten Wohngebäudes orientiert an der Höhe des entlang der N.-gasse an die Bauliegenschaft unmittelbar angrenzenden – im Miteigentum der Beschwerdeführer stehenden – Gebäudes. Hiermit ist eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe sowohl an der Front N.-gasse als auch an der Front G.-gasse verbunden.

2. Die Beschwerdeführer sind grundbücherliche Mit- bzw. Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 6, GSt. Nr. 7 und 8, Kat. Gem. H., mit der Liegenschaftsadresse Wien, N.-gasse 39, welche an die projektgegenständliche Liegenschaft – näherhin an das GSt. Nr. 5 – auf deren westlicher Seite unmittelbar angrenzt. Ebenso wie die Bauliegenschaft ist auch jene, die im Miteigentum der Beschwerdeführer steht, als Bauland gewidmet. Die Beschwerdeführer haben gegen das projektgegenständliche Bauvorhaben rechtzeitig Einwendungen erhoben, welche unter anderem die projektierte Gebäudehöhe betreffen.

3. In der Sitzung der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, vom 12. September 2019 wurden zZ BV-3/2019 die für die Durchführung des geplanten Bauvorhabens erforderlichen Ausnahmen bzw. Abweichungen beschlossen und der mit demselben Tag datierte Bescheid vom Vorsitzenden des Bauausschusses, Herrn Mag. T., unter Beisetzung seines Namens in Blockschrift gefertigt. Neben dieser Urschrift finden sich noch weitere Konzepte des Bescheides im Akt, die mit keiner Unterschrift versehen sind und zum Teil handschriftliche Ergänzungen aufweisen.

Das (unterfertigte) Original dieses Bescheides vom 12. September 2019 wurde an den Magistrat der Stadt Wien übermittelt, dort in den Elektronischen Akt eingespielt und sodann an die Beschwerdeführer – wie auch an die übrigen Verfahrensparteien – als Ausdruck aus dem Elektronischen Akt mitsamt einer Anwesenheitsliste der Mitglieder des Bauausschusses zugestellt. Weder auf der den Beschwerdeführern zugestellten (ausgedruckten) Ausfertigungen des Bauausschussbescheides noch auf einem der sonstigen im Akt befindlichen Konzepte des Bauausschussbescheides ist eine Amtssignatur vorhanden. Das Original des Bescheides vom 12. September 2019 verblieb im Akt des Magistrates der Stadt Wien.

4. Der Akt des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, enthält mehrere Konzepte des gegenständlichen Bewilligungsbescheides zZ MA37/2-2019-1, die jeweils mittels Textverarbeitung erstellt wurden und (teilweise) handschriftliche Ergänzungen aufweisen. An einem Ausdruck des Konzepts vom 8. Oktober 2019 ist bei der Fertigungsklausel „Für den Abteilungsleiter“ über den Namen „DI U.“ ein handschriftlicher Unterschriftszug beigesetzt.

Dieser Bescheid wurde zusammen mit dem Bescheid des Bauausschusses am 16. Oktober 2019 an den Erstbeschwerdeführer und an die Zweitbeschwerdeführerin und am 15. Oktober 2019 an den Drittbeschwerdeführer (zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters) zugestellt, wobei das Dokument auf der letzten Seite (des Anhanges) nach der Zustellverfügung folgenden Vermerk enthält: „Dieses Dokument wurde amtssigniert. Information zur Prüfung des elektronischen Siegels bzw. der elektronischen Signatur finden Sie unter: https://www.wien.gv.at/amtssignatur“. Das neben dieser Textpassage dargestellte Wappen mit Hinweis auf die Amtssignierung korrespondiert mit der auf der genannten Internetadresse (gesicherte Veröffentlichung der Bildmarke gemäß § 19 Abs. 3 E-GovG) dargestellten Bildmarke bzw. dem Aussehen der Amtssignatur der Stadt Wien.

III. Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörden (sowohl in elektronischer Form als auch in Papierform), Würdigung des Beschwerdevorbringens und Einholung von Stellungnahmen der Beschwerdeführer, des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 und der Bezirksvertretung …, Bauausschuss, und der übrigen Verfahrensparteien.

1. Die Feststellungen zum Verfahrensgang, zu den Eigentumsverhältnissen und zur Situierung der Liegenschaften zueinander stützen sich auf den Verwaltungsakt, insbesondere auf die darin einliegenden Grundbuchsauszüge und Einreichunterlagen, die vom Verwaltungsgericht Wien im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Grundbuchsabfragen und eine Einschau in das baubehördliche geografische Informationssystem der Stadt Wien. Die zum gegenständlichen Bauvorhaben getroffenen Feststellungen gründen sich auf den mit amtlichem Sichtvermerk versehenen Einreichplänen.

2. Die Feststellungen zu den von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen folgen aus den im Behördenakt inliegenden Schriftsätzen der Beschwerdeführer und der Niederschrift über die mündliche Bauverhandlung, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit kein Zweifel aufgekommen ist.

3. Die Feststellungen zu den Fertigungen und Zustellungen der bekämpften Bescheide fußen auf dem Verwaltungsakt, den von den Beschwerdeführern im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bescheidausfertigungen und der vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, erstatteten Stellungnahme vom 12. Mai 2020. An der Vollständigkeit der von den Beschwerdeführern vorgelegten Erledigungsausfertigung sind keinerlei Bedenken erwachsen. Die Annahme zur Zustellung des Bauausschussbescheides an die übrigen Verfahrensparteien ergibt sich aus den im Verfahren eingeholten Stellungnahmen, aus denen eine allgemeine Behördenpraxis hervorgeht.

In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass den Beschwerdeführern hinsichtlich des Bauausschussbescheides kein Ausdruck bzw. keine Kopie in Farbe, sondern eine solche in schwarz-weiß zugestellt wurde, weshalb kein Zweifel daran besteht, dass es sich hierbei nicht um jeweils einzeln unterfertigte Schriftsätze handelt.

IV. Rechtsgrundlagen

1. Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen des Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuches (Bauordnung für Wien – BO für Wien), LGBl. 11/1930 idF LGBl. 69/2018, lauten:

„7. Teil

Formelle Erfordernisse bei Bauvorhaben

Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a, 70a oder 70b zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a) Neu-, Zu- und Umbauten. Unter Neubau ist die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen; ein solcher liegt auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Bauwerke die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Ein einzelnes Gebäude ist ein raumbildendes Bauwerk, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. Der Bezeichnung als ein einzelnes Gebäude steht nicht entgegen, dass in ihm Brandmauern enthalten sind oder es auf Grundflächen von verschiedener Widmung, verschiedener Bauklasse oder verschiedener Bauweise errichtet ist. Ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist; ein Aufenthaltsraum muss allseits umschlossen sein. Flugdächer mit einer bebauten Fläche von mehr als 25 m2 oder einer lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von mehr als 2,50 m gelten als Gebäude. Zubauten sind alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von zulässigen Aufbauten (§ 81 Abs. 6). Unter Umbau sind jene Änderungen des Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, dass nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoß betreffen. Der Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoß gilt nicht als Umbau.

b) […]

(2) […]

[…]

Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes

§ 69. (1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde über die Zulässigkeit von Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes zu entscheiden. Diese Abweichungen dürfen die Zielrichtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nicht unterlaufen. Darüber hinaus darf

1. die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden,

2. an Emissionen nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht,

3. das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst werden und

4. die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden.

(2) Abweichungen, die die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen, sind weiters nur zulässig, wenn sie nachvollziehbar

1. eine zweckmäßigere Flächennutzung bewirken,

2. eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung von Bauwerken, insbesondere des konsensgemäßen Baubestandes, bewirken,

3. der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dienen oder

4. der Erhaltung schützenswerten Baumbestandes dienen.

(3) Für Bauvorhaben in Schutzzonen dürfen Abweichungen nach Abs. 1 nur bewilligt werden, wenn das öffentliche Interesse an einer besonderen Situierung und Ausbildung des Baukörpers zur Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiegt und die zulässige Ausnützbarkeit des Bauplatzes nicht überschritten wird.

(4) Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, dass die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

(5) Die Bestimmungen über Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes finden auch in Gebieten Anwendung, über die gemäß § 8 Abs. 2 eine zeitlich begrenzte Bausperre verhängt ist.

[…]

12. Teil

Behörden; Parteien und Beteiligte

Wirkungskreis des Magistrates

§ 132. (1) Dem Magistrat obliegt, sofern das Gesetz nicht anderes bestimmt, die Handhabung dieses Gesetzes als Behörde.

(2) In allen Fällen, in denen innerhalb einer bestimmten Frist bei sonstiger Verwirkung ein Anspruch geltend gemacht werden kann, sind die Parteien im Bescheid darauf hinzuweisen.

Wirkungsbereich der Bauausschüsse der Bezirksvertretungen

§ 133. (1) Dem Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung obliegt als Behörde die Entscheidung über Anträge

1. auf Bewilligung von Abweichungen nach §§ 69, 76 Abs. 13 und 119 Abs. 6;

2. auf Erteilung von Sonderbaubewilligungen nach § 71b.

(2) Das Ermittlungsverfahren führt der Magistrat, bei dem auch der Antrag einzubringen ist. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens hat der Magistrat den Antrag an den zuständigen Bauausschuss weiterzuleiten.

(3) Der Vorsitzende des Bauausschusses hat die Bescheide zu unterfertigen.

(4) Die Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 ist nur auf Antrag zulässig; das Ansuchen um Baubewilligung gilt zugleich als Antrag auf Bewilligung der für das Bauvorhaben erforderlichen Abweichungen nach Abs. 1 Z 1.

(5) Der Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 ist nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung an den Bauausschuss weiterzuleiten, der über den Antrag schriftlich durch Bescheid zu erkennen hat; der Bauausschuss darf nur Anträge, die sich auf ein bestimmtes Bauansuchen beziehen und mit Bauplänen gemäß § 63 Abs. 1 lit. a belegt sind, nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung in Behandlung nehmen. Durch den Bescheid werden der Flächenwidmungsplan und der Bebauungsplan weder abgeändert noch ergänzt. Wird die Bewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.

(6) Widerspricht ein Ansuchen um Baubewilligung den Voraussetzungen der §§ 69 Abs. 1 und 2, 76 Abs. 13 oder 119 Abs. 6, ist es abzuweisen; ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 gilt in diesem Falle als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bauwerber mit dem Ansuchen um Baubewilligung ausdrücklich einen Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 stellt, ohne dass sein Bauvorhaben einer solchen Bewilligung bedarf, bzw. wenn das Ermittlungsverfahren über das Ansuchen um Baubewilligung ergibt, dass die Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens oder der Baupläne versagt werden muss.

(7) Vor der erstinstanzlichen Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 darf die Baubewilligung nicht erteilt werden. Gegen einen Bescheid, mit dem über den Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 entschieden wird, ist eine abgesonderte Beschwerde (§ 136 Abs. 1) nicht zulässig. Die Beschwerde kann nur mit der Beschwerde gegen die Entscheidung über das Ansuchen um Baubewilligung verbunden werden, die sich auf die Entscheidung über Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 stützt. Die Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 steht nachträglichen Änderungen des Bauvorhabens nicht entgegen, sofern die Abweichung nicht berührt wird.

Parteien

§ 134. (1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.

(2) Im Grundabteilungsverfahren sind neben dem Antragsteller (Abteilungswerber) die Eigentümer (Miteigentümer) aller von der Grundabteilung erfassten Grundflächen Parteien. Parteien sind überdies die Eigentümer jener Grundstücke, zu deren Baureifgestaltung Flächen der abzuteilenden Grundstücke für die Einbeziehung vorbehalten werden müssen.

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie, unbeschadet Abs. 4, gemäß § 70 Abs. 2 bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Nachbarn erlangen keine Parteistellung, wenn sie der geplanten Bauführung auf den Bauplänen oder unter Bezugnahme auf diese ausdrücklich zugestimmt haben. Das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(4) Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 zu erlangen, kann er seine Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bzw. nach Ablauf der gemäß § 70 Abs. 2 gesetzten Frist bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 3) ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt bzw. die Frist gemäß § 70 Abs. 2 gesetzt hat.

(5) […]

Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden ausschließlich durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken, für Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

(2) Bestimmungen gemäß Abs. 1 lit. e dienen dem Schutz der Nachbarn nur insoweit, als nicht ein gleichwertiger Schutz bereits durch andere Bestimmungen gegeben ist. Ein solcher gleichwertiger Schutz ist jedenfalls gegeben bei Emissionen aus Bauwerken und Bauwerksteilen mit gewerblicher Nutzung im Industriegebiet, im Gebiet für Lager- und Ländeflächen, in Sondergebieten, im Betriebsbaugebiet sowie im sonstigen gemischten Baugebiet, sofern auf sie das gewerberechtliche Betriebsanlagenrecht zur Anwendung kommt.

(3) Emissionen gemäß Abs. 1 lit. f sind nur solche, die auf der Grundlage eines behördlichen Bescheides zulässig sind. Durch solche Emissionen darf auf der zu bebauenden Liegenschaft keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit der Benützer oder Bewohner entstehen. Diesen Emissionen kann durch entsprechende Baumaßnahmen auf der zu bebauenden Liegenschaft oder mit Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) auf der Nachbarliegenschaft entgegengetreten werden.

2. Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen des Allgemein Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 5/2008, lauten:

Erledigungen

§ 18. (1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.

(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19.

3. Die im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über Regelungen zur Erleichterung des elektronischen Verkehrs mit öffentlichen Stellen (E-Government-Gesetz – E-GovG), BGBl. I 10/2004 idF BGBl. I 104/2018, lauten:

„5. Abschnitt

Besonderheiten elektronischer Aktenführung

Amtssignatur

§ 19. (1) Die Amtssignatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder ein fortgeschrittenes elektronisches Siegel, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat oder Zertifikat für elektronische Siegel ausgewiesen wird.

(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs. Sie darf daher ausschließlich von diesem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihm erzeugten Dokumente verwendet werden.

(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Verantwortliche des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur oder des elektronischen Siegels sind vom Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs bereitzustellen.

Beweiskraft von Ausdrucken

§ 20. Ein auf Papier ausgedrucktes elektronisches Dokument einer Behörde hat die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde (§ 292 der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895), wenn das elektronische Dokument mit einer Amtssignatur versehen wurde. Die Amtssignatur muss durch Rückführung des Dokuments aus der ausgedruckten in die elektronische Form prüfbar oder das Dokument muss durch andere Vorkehrungen der Behörde verifizierbar sein. Das Dokument hat einen Hinweis auf die Fundstelle im Internet, wo das Verfahren der Rückführung des Ausdrucks in das elektronische Dokument und die anwendbaren Prüfmechanismen enthalten sind, oder einen Hinweis auf das Verfahren der Verifizierung zu enthalten.“

V. Rechtliche Beurteilung

1. Mit den vorliegenden Beschwerden wenden sich die Einschreiter unzweifelhaft sowohl gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien als auch gegen jenen der Bezirksvertretung …, Bauausschuss (vgl. VwGH 23.11.2009, 2008/05/0094).

1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht zum Einen nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und zum Anderen nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (ua. VwSlg 17.711 A/2009; VwGH 21.9.2007, 2006/05/0042; 28.4.2015, 2012/05/0108).

Die in § 134a BO – taxativ – aufgezählten Nachbarrechte werden durch die darin enthaltene Tatbestandsvoraussetzung „sofern sie ihrem“ (gemeint: der Nachbarn) „Schutze dienen“ eingeschränkt. Dies bedeutet, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht vorliegt, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. etwa VwGH 25.9.2012, 2010/05/0142; 28.4.2015, 2012/05/0108). Unter anderem können Nachbarn iSd § 134 Abs. 3 BO eine Beeinträchtigung ihres durch § 134a Abs. 1 lit. b BO gewährten Nachbarrechtes betreffend die Gebäudehöhe nur bezüglich deren Einhaltung an der ihren Liegenschaften jeweils zugekehrten Front geltend machen (VwGH 21.9.2007, 2006/05/0042; 17.12.2015, 2013/05/0142; dies gilt auch bei einer „Fassadenabwicklung“ nach § 81 Abs. 2 BO: VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0002).

Diese Beschränkungen sind auch vom Verwaltungsgericht zu beachten, denn: Im Rahmen einer Beschwerde von Parteien mit eingeschränkten Mitspracherechten – wie durch Nachbarn in Bauverfahren – ist das Verwaltungsgericht nur legitimiert, eine Rechtswidrigkeit innerhalb der den Beschwerdeführern zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten aufzugreifen (ua. VwGH 27.3.2019, Ra 2018/06/0264).

1.2. Sofern eine Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 BO bewilligt wurde, widerspricht die Abweichung nicht mehr dem Gesetz, weshalb der Nachbar nicht mehr in einem ihm allenfalls zustehenden subjektiven Recht verletzt sein kann. Es liegt allerdings dann eine Verletzung der Nachbarrechte vor, wenn die Ausnahme gemäß § 69 BO gewährt wird, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dies setzt freilich jeweils voraus, dass der Nachbar jenes subjektiv-öffentliche Nachbarrecht, in das durch die Abweichung gemäß §

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten