TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/24 VGW-031/032/1168/2020

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Veröffentlicht am 24.08.2020
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Entscheidungsdatum

24.08.2020

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §38 Abs1 lita
StVO 1960 §38 Abs5
StVO 1960 §99 Abs2c Z6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde der A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 5. Dezember 2019, Zl. VStV/..., betreffend Übertretung des § 38 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 lit. a Straßenverkehrsordnung – StVO, nach mündlicher Verhandlung am 23. Juni 2020 und am 20. August 2020

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 38 Abs. 1 lit. a und Abs. 5 iVm § 99 Abs. 2c Z 6 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 idF BGBl. I 39/2013, wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Tatzeitpunkt auf "19.03.2018, 12:48 Uhr" konkretisiert wird.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin € 28,— als Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1.       Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"1. Datum/Zeit: 19.03.2018

Ort: 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 67

Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: W-... (A)

Sie haben trotz Rotlichtes der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten, sondern sind weitergefahren.

Dadurch wurde der Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen SW-..., für den gem. § 38 Abs. 4 StVO auf Grund grünen Lichts freie Fahrt galt, zum Abbremsen und Ablenken genötigt und ist es dadurch zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit gekommen, da es in weiterer Folge zu einem Zusammenstoß gekommen war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 38 Abs. 5 StVO i.V. m. § 38 Abs. 1 lit. a StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von  falls diese uneinbringlich ist, […] Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

1. € 140,00   2 Tage(n) 7 Stunde(n) 0 Minute(n) § 99 Abs. 2c

                                                                                         Ziffer 6 StVO

[…]

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 14,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 154,00"

2.       Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe begehrt wird.

3.       Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde samt der Akten des behördlichen Verfahrens vor.

4.       Das Verwaltungsgericht Wien führte am 23. Juni 2020 und am 20. August 2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin als Beschuldigte und weitere Personen als Zeuginnen bzw. Zeugen einvernommen wurden.

II.      Sachverhalt:

1.       Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Die Beschwerdeführerin fuhr am 19. März 2018 um 12:48 Uhr mit ihrem Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-... von der Dresdner Straße kommend in Richtung Lorenz-Müller-Gasse in die Kreuzung mit der Adalbert-Stifter-Straße ein, obwohl die Verkehrslichtsignalanlage (ab hier: Ampel) in Fahrtrichtung der Beschwerdeführerin rotes Licht anzeigte. Infolge dieses Fahrmanövers kam es mit dem Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen SW-..., welches an der Ampel grünes Licht hatte und die Kreuzung in der Adalbert-Stifter-Straße geradeaus in Richtung Gürtelbrücke passierte, zu einem Zusammenstoß.

Die Beschwerdeführerin weist zum Tatzeitpunkt eine rechtskräftige Vormerkung wegen Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO auf.

Die Beschwerdeführerin weist durchschnittliche Einkommensverhältnisse auf und hat keine Sorgepflichten.

2.       Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Beschwerdevorbringens, Einholung eines Ampelphasenplans der Tatörtlichkeit zum Tatzeitpunkt, Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen und Einvernahme der Beschwerdeführerin sowie weiterer Personen als Zeuginnen und Zeugen in der mündlichen Verhandlung.

Die Einvernahme des Unfallgegners C. D. war nicht möglich, weil dieser seit Februar 2020 keine Meldeadresse in Österreich mehr hat und keine weitere ladungsfähige Adresse bekannt ist. Seine Aussage vor der Landespolizeidirektion Wien wurde mit Zustimmung der Beschwerdeführerin verlesen. Von den weiteren im Auto des Unfallgegners sitzenden Personen (E. F. und G. H.) ist ebenfalls keine ladungsfähige Adresse bekannt und haben diese keinen aufrechten Wohnsitz im Inland, eine Ladung als Zeugin bzw. Zeuge konnte daher nicht erfolgen.

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin am Tattag am Tatort ihr Fahrzeug gelenkt hat und es an dieser Stelle zu einem Verkehrsunfall gekommen ist; die genaue Unfallzeit ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt enthaltenen Unfallprotokoll.

Die Beschwerdeführerin selbst hat schon vor der belangten Behörde wie auch vor dem Verwaltungsgericht Wien bestritten, bei rotem Licht in die Kreuzung eingefahren zu sein. Für das Verwaltungsgericht Wien war in der Aussage der Beschwerdeführerin ein deutliches Element der Verunsicherung zu erkennen. So gab die Beschwerdeführerin an, diese Kreuzung nicht oft zu passieren und sehr darauf konzentriert gewesen zu sein, den richtigen Fahrstreifen für die gewünschte Weiterfahrt zu finden. Außerdem gab sie an, dass an dieser Kreuzung "drei Ampel hintereinander" seien, von denen eine "immer orange-rot" zeige. Für das Verwaltungsgericht Wien ist daraus zu schließen, dass die Beschwerdeführerin bei Annäherung an die Kreuzung von der Verkehrssituation gefordert war; es ist denkbar, dass die Beschwerdeführerin deshalb nicht ihre gesamte Aufmerksamkeit darauf legte, welches der Ampelsignale nun für ihren konkreten Fahrstreifen galt und welche Farbe dieses hatte.

Den Angaben der Beschwerdeführerin widersprochen hat der unbeteiligte Zeuge I., welcher als Anrainer mit der Kreuzung vertraut zu sein schien. Dieser gab an, er habe von der Adalbert-Stifter-Straße kommend nach links Richtung Döbling in die Lorenz-Müller-Gasse einbiegen wollen und an der Kreuzung wegen roten Ampellichts als dritter in einer Kolonne warten müssen. Seinen Angaben zufolge hatte der Geradeausverkehr in der Adalbert-Stifter-Straße zu diesem Zeitpunkt grünes Licht und waren für ihn aus der Gegenrichtung kommend auch vereinzelt Fahrzeuge wahrnehmbar. Diese Aussagen des Zeugen I. waren für das Verwaltungsgericht Wien schlüssig und in sich widerspruchsfrei, es sind zudem keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb sich der Zeuge I. strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen sollte, um bewusst eine für die Beschwerdeführerin nachteilige Falschaussage zu machen.

Nicht außer Acht zu lassen ist, dass die Erinnerungen des Zeugen I. in einzelnen Details mit sonstigen Beweisergebnissen nicht völlig in Einklang zu bringen sind. So hat der Zeuge in der mündlichen Verhandlung angegeben, sich zu "90 %" sicher zu sein, dass bei beiden Fahrzeugen die Airbags ausgelöst worden seien. Aus den vorliegenden Lichtbildern ist jedoch ersichtlich, dass nur beim Fahrzeug des Zeugen D. die Airbags ausgelöst wurden. Weiters hat der Zeuge I. in seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben, die Fahrerin des Fahrzeugs der Beschwerdeführerin sei nach dem Unfall auf dem Beifahrersitz gesessen, woraus er geschlussfolgert habe, sie sei nicht angeschnallt gewesen. Diese Schlussfolgerung ließ sich aber in der mündlichen Verhandlung dadurch aufklären, dass der Zeuge I. das Fahrzeug der Beschwerdeführerin erst einige Minuten nach dem Unfall näher betrachtet hat und zu diesem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin das Fahrzeug bereits verlassen hatte, woraus der Zeuge fälschlich den Schluss zog, die noch im Fahrzeug sitzende Beifahrerin sei die Fahrerin des Fahrzeugs gewesen. In jedem Fall waren diese Ungenauigkeiten in der Erinnerung des Zeugen I. nicht derart gravierend, dass von einer grundsätzlichen Unverlässlichkeit seiner Angaben auszugehen ist; vielmehr handelte es sich dabei um unwesentliche Details, welche für den Geschehensablauf auch keine weitere Bedeutung hatten und möglicherweise aus diesem Grund vom Zeugen fehlerhaft ins Gedächtnis aufgenommen wurden. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin selbst offenbar falsche Erinnerungen über das Auslösen der Airbags hat; sie hat selbst angegeben, zu glauben, dass bei keinem der Fahrzeuge die Airbags ausgelöst worden seien, was durch die Fotos der Unfallfahrzeuge hinsichtlich des gegnerischen Unfallfahrzeugs eindeutig zu widerlegen ist.

Somit ist der Aussage des Zeugen I. folgend davon auszugehen, dass der Geradeausverkehr in der Adalbert-Stifter-Straße in Richtung Floridsdorfer Brücke grünes Licht hatte, als die Beschwerdeführerin in die Kreuzung einfuhr. Nach dem von Verwaltungsgericht Wien eingeholten Ampelphasenplan samt Erläuterungen hatte demzufolge gleichzeitig auch der Gegenverkehr, somit die Fahrtrichtung des Zeugen D. grünes Licht. Nach dem Ampelphasenplan musste die Ampel für die Fahrtrichtung der Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt rotes Licht anzeigen.

Allfällige weitere Unstimmigkeiten in den Angaben der einzelnen Beteiligten haben auf dieses Ergebnis keine Auswirkungen. So ist für die Strafbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführerin nicht relevant, ob diese vor dem Einfahren in die Kreuzung an der Haltelinie angehalten hat, wie es die Beschwerdeführerin und die Zeugin J. übereinstimmend angegeben haben. Ebenso wenig ist dafür relevant, ob der Unfallgegner vor dem Einfahren in die Kreuzung bei rotem Licht an der Ampel halten musste oder sich schon bei grünem Licht der Kreuzung angenähert hat und somit mit unverminderter Geschwindigkeit in diese einfahren konnte. Die Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, wonach aus diesen Umständen geschlossen werden könne, dass der Zeuge D. sein Fahrzeug noch beschleunigte, um quasi in letzter Sekunde in die Kreuzung einzufahren, dabei aber die Grünphase verpasste, ist weder naheliegend noch zwingend, sondern bloße Spekulation.

Auffallend ist, dass der Zeuge D. in seiner niederschriftlichen Einvernahme ein Halten an der Ampel vor Einfahren in die Kreuzung bejahte, der Zeuge I. jedoch von einem Einfahren "mit unverminderter Geschwindigkeit" berichtete. Der Zeuge I. hat jedoch auch angegeben, das Fahrzeug des Zeugen D. vor dem Zusammenstoß auf Grund seiner Position gar nicht wahrgenommen haben zu können, möglicherweise handelt es sich bei den Angaben über die Geschwindigkeit somit um eine bloße (unzutreffende) Schlussfolgerung des Zeugen I.. In jedem Fall ändert weder ein Halten noch ein ungebremstes Einfahren des Zeugen D. in die Kreuzung etwas an dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin diese zweifellos bei rotem Ampellicht befahren hat. Entgegen der Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin kann aus der Endstellung der Unfallfahrzeuge nicht jedenfalls darauf geschlossen werden, dass der Zeuge D. bei dem Unfall mit höherer Geschwindigkeit unterwegs war. Eine solche Annahme lässt sich nach der für das Verwaltungsgericht Wien nicht weiter zu hinterfragenden Einschätzung des Amtssachverständigen nämlich aus der bloßen Stellung der Unfallfahrzeuge nicht ableiten.

Die von der Beschwerdeführerin vertretene Annahme, dass sie auf Grund der Ausgestaltung der einzelnen Ampelphasen bei zu frühem Einfahren in die Kreuzung allenfalls mit dem von der Floridsdorfer Brücke kommenden Linksabbiegeverkehr, nicht aber mit dem Querverkehr kollidieren hätte können, verfängt insoweit nicht, als diese Annahme voraussetzt, dass die Beschwerdeführerin ganz am Ende ihrer Rotphase in die Kreuzung eingefahren wäre; eine Aussage über ein Einfahren in die Kreuzung zu Beginn oder inmitten ihrer Rotphase ist daraus nicht abzuleiten.

Die verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus einem im Verwaltungsakt enthaltenen Auszug, aus diesem ist auch ersichtlich, dass lediglich eine Vormerkung zum Tatzeitpunkt bereits rechtskräftig war.

Die Feststellung durchschnittlicher Einkommensverhältnisse und keiner Sorgepflichten gründet auf den eigenen glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin.

III.     Rechtliche Beurteilung:

1.       Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I 39/2013, lauten (auszugsweise):

"§ 38. Bedeutung der Lichtzeichen

(1) Gelbes nicht blinkendes Licht gilt unbeschadet der Vorschriften des § 53 Z 10a über das Einbiegen der Straßenbahn bei gelbem Licht als Zeichen für 'Halt'. Bei diesem Zeichen haben die Lenker herannahender Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 7 anzuhalten:

a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie;

         […]

(2) bis (3) […]

(4) Grünes Licht gilt als Zeichen für 'Freie Fahrt'. Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen, wenn es die Verkehrslage zuläßt, weiterzufahren oder einzubiegen. Beim Einbiegen dürfen die Benützer der freigegebenen Fahrstreifen sowie Fußgänger und Radfahrer, welche die Fahrbahn im Sinne der für sie geltenden Regelungen überqueren, weder gefährdet noch behindert werden. Beim Einbiegen nach links ist den entgegenkommenden geradeaus fahrenden sowie den entgegenkommenden nach rechts einbiegenden Fahrzeugen der Vorrang zu geben. Fahrzeuge, die von Hauptfahrbahnen kommen, haben den Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die aus Nebenfahrbahnen kommen.

(5) Rotes Licht gilt als Zeichen für 'Halt'. Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 7 und des § 53 Z 10a an den im Abs. 1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

[…]

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) bis (2b) […]

(2c) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges

[…]

6. bei rotem Licht nicht anhält und dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gemäß § 38 Abs. 4 auf Grund grünen Lichts 'Freie Fahrt' gilt, zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigt,"

2.       Die Beschwerdeführerin hat ihr Fahrzeug bei rotem Licht vor einer Ampel nicht angehalten und dadurch einen anderen Fahrzeuglenker, der grünes Licht hatte, infolge des Zusammenstoßes der Fahrzeuge zum Abbremsen genötigt. Ihr Verhalten war somit tatbildlich iSd § 38 Abs. 5 iVm § 99 Abs. 2c Z 6 StVO. Die Bestrafung ist damit dem Grunde nach zu bestätigen. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dabei die genaue Uhrzeit der Tatbegehung zu konkretisieren (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0184, wonach das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden und dabei die Tat in einer dem § 44a Z 1 VStG entsprechenden Weise zu präzisieren hat).

3.       Strafbemessung:

3.1.    Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).

3.2.    Das Verschulden der Beschwerdeführerin ist als durchschnittlich anzusehen, weshalb ein Vorgehen nach § 33a VStG von vornherein ausscheidet. Auch die Voraussetzungen für das Absehen von einem Strafausspruch iSd § 45 Abs. 1 letzter Satz iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG liegen aus diesem Grund nicht vor. Es kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Bedeutung des von § 38 Abs. 5 StVO strafrechtlich geschützten Rechtsguts gering ist (vgl. zu diesem Erfordernis allgemein VwGH 19.6.2018, Ra 2017/02/0102; sowie VwGH 24.4.2014, 2013/01/0172, wonach das Nichtbeachten des Rotlichts einer Verkehrslichtsignalanlage ein gravierender Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung ist).

3.3.    Im Beschwerdefall ist von durchschnittlichem Verschulden auszugehen. Der Beschwerdeführerin wäre es möglich und zumutbar gewesen, sich rechtskonform zu verhalten, ihr Verhalten hat in einem nicht unbeträchtlichen Ausmaß die öffentliche Verkehrssicherheit beeinträchtigt und schließlich einen Verkehrsunfall mit beträchtlichem Sachschaden und geringfügigen Verletzungen von Personen verursacht. Die Beschwerdeführerin ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten, wobei nur eine zum Tatzeitpunkt rechtskräftige Vormerkung zu berücksichtigen ist. Ihre Verhältnisse sind als durchschnittlich anzusehen.

Vor diesem Hintergrund wie auch angesichts der Uneinsichtigkeit der Beschwerdeführerin erweist sich die von der belangten Behörde im untersten Bereich des Strafrahmens verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe als angemessen und auch erforderlich, um die Beschwerdeführerin von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

4.       Die Beschwerde ist daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unbegründet und mit der Maßgabe einer Konkretisierung der Tatzeit abzuweisen.

5.       Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG sind der Beschwerdeführerin Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe aufzuerlegen. Durch die Präzisierung des Spruchs erfolgt bloß eine Konkretisierung, aber keine Einschränkung des Tatzeitraums; auch sonst wurde dadurch der Unrechtsgehalt zugunsten der Beschuldigten nicht verringert, weshalb die Verfahrenskosten aufzuerlegen sind (vgl. zum Vorliegen eines verringerten Unrechtsgehalts VwGH 16.3.2020, Ra 2018/17/0233, uva).

6.       Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – insbesondere zur Strafbemessung oder zur Pflicht des Verwaltungsgerichts zur Konkretisierung der Tatzeit – ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen stellen sich im Beschwerdefall vorrangig Beweiswürdigungsfragen, die vom Verwaltungsgericht Wien nach den in der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien gelöst wurden (vgl. aus der ständigen Judikatur zB VwGH 15.9.2016, Ra 2016/15/0049).

Schlagworte

Lichtzeichen; Fahrzeug; Anhalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.032.1168.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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