Entscheidungsdatum
09.11.2020Index
93/01 EisenbahnNorm
EisbG §99 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft in Adresse 1, Z, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 2, Z, vom 07.09.2020 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 04.08.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung des Eisenbahngesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf Euro 70,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Stunden) herabgesetzt wird.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Im bekämpften Straferkenntnis wird Herrn AA angelastet, er habe am 24.08.2019 um 13:28 Uhr in Z, Eisenbahnkreuzung CC bei km 157.635 als Lenker des PKW mit dem österreichischen Kennzeichen XX-XXXX an einer durch eine Lichtzeichenanlage gesicherten Eisenbahnkreuzung bei Aufleuchten des roten Lichtes nicht vor der Eisenbahnkreuzung angehalten und damit § 99 Abs 1 Z 1 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 verletzt. Deswegen wurde gemäß § 162 Abs 3 Eisenbahngesetz 1957 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 10,00 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher Herr AA durch seine Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführt, dass er bei grün blinkendem Licht auf der Straßenkreuzung von X kommend in Richtung Altenheim eingefahren und in weiterer Folge über die Eisenbahnkreuzung gefahren sei. Zum Zeitpunkt, zu welchem er in die Eisenbahnkreuzung einfuhr, habe sich an der Ampelanlage betreffend die Eisenbahnkreuzung noch kein Lichtzeichen befunden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auf den im Akt vorhandenen Lichtbildern ein blinkendes Licht anzeigt wird, was bestritten werde, so habe dieses Licht offensichtlich das erste Mal aufgeblinkt, als sich der Beschwerdeführer bereits im Kreuzungsbereich befand und für ihn ein Anhalten nicht mehr möglich gewesen sei. Dies könne auch sein Beifahrer, DD, als Zeuge bestätigen. Es werde deshalb Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung beantragt. Abgesehen davon, lägen die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor, da sein Verschulden als sehr gering anzusehen wäre.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht führte dazu ergänzend der Beschwerdeführer Folgendes aus:
„Ich kann mich noch an die Fahrt am 24.08.2019 um 13.28 Uhr in Z von der B 161 Adresse 3 in den CC Richtung Osten erinnern. Mein Bruder hatte einen Arzttermin und ersuchte mich, dass ich ihn mit dem Auto fahre. Beim Altersheim Z befindet sich die Ärztin, zu der ich meinen Bruder hinzubringen hatte. Wir sind aus Richtung X gekommen. Ich bin dann in die Kreuzung eingefahren und hatte einen Gegenverkehr, der von Richtung Pass Thurn kam, wartete den Gegenverkehr ab und bog dann nach links in den CC ein. Ich habe in weiterer Folge die dortige Eisenbahnkreuzung gequert; mir wäre jedoch nicht bewusst gewesen, dass ich dort ein rot blinkendes Licht gesehen hätte. Ich schätze, dass ich mit nicht mehr als 10 oder 15 km/h die Eisenbahnkreuzung gequert habe. Die Schranken waren zu dieser Zeit vollständig geöffnet. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass bei der Lichtzeichenanlage ein Licht aufgeleuchtet hätte, sonst wäre ich auch stehen geblieben.
Auf der Kreuzung der Pass Adresse 3 mit dem CC befindet sich eine Ampel, die für mich grünes Licht anzeigte, als ich in die Kreuzung einfuhr und einbog. Ich kann mich noch an den Gegenverkehr bei der Eisenbahnkreuzung erinnern und meiner Erinnerung nach hat sich dieses Fahrzeug auch bewegt, es heißt, es hat ebenfalls die Eisenbahnkreuzung übersetzt.“
Der als Zeuge einvernommene DD gab Folgendes an:
„Es stimmt, dass ich am 24.08.2019 um 13.28 Uhr als Beifahrer im PKW XX-XXXX in Z mitgefahren bin. Ich kann mich noch an diese Fahrt von der B 161 Adresse 3 in den CC Richtung Osten erinnern. Wir kamen damals aus der Richtung X und hielten an der Ampel der Pass Thurn Straße mit dem CC an, da Gegenverkehr herrschte; für uns war die Ampelphase grün. Nachdem der Gegenverkehr passiert hatte, bog mein Bruder nach links in den CC ein. Ich kenne die Örtlichkeit sehr gut, da ich eine Zeit lang in Z gearbeitet habe und diese Gegend sehr oft passierte. Daher weiß ich auch, dass dort eine Rotlichtüberwachungsanlage vorhanden ist und man sehr genau aufpassen muss. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass damals ein Rotlicht bei der Lichtzeichenanlage blinkte, als mein Bruder auf die Eisenbahnkreuzung zufuhr. Mein Bruder ist in einer Geschwindigkeit auf die Kreuzung zugefahren, wie es für eine Eisenbahnkreuzung angemessen ist, das heißt ziemlich langsam. Die Schranken bei der Eisenbahnkreuzung waren vollständig geöffnet. Mein Bruder hat sodann die Eisenbahnkreuzung übersetzt.
Wenn ich gefragt werde, ob der Gegenverkehr, der vom CC Richtung Adresse 3 zur Eisenbahnkreuzung fuhr, gestanden ist oder in Bewegung war bzw ob dieser Wagen die Eisenbahnkreuzung letztlich übersetzt hat oder nicht, kann ich das heute nicht mehr angeben. Für mich ist klar, dass die Signalgeber der Lichtzeichenanlage kein Licht aufleuchten ließen. Wir hatte auch keinen Stress, da der Arzttermin von mir erst 20 Minuten später war.“
II. Sachverhalt:
AA fuhr am 24.08.2019 um 13:28 Uhr mit dem PKW mit dem österreichischen Kennzeichen XX-XXXX in Z auf der Landestraße B 161 (Adresse 3) in südliche Richtung zur Kreuzung mit dem CC. Er fuhr bei der dortigen Ampel bei grünem Licht in die Kreuzung ein und bog nach Passieren des Gegenverkehrs nach links in diese Gemeindestraße ein. Ca. 25 m nach dieser Straßenkreuzung befindet sich in östliche Richtung die Eisenbahnkreuzung bei Bahn Kilometer 157,635. Diese ist durch Schranken und Lichtzeichenanlage gesichert. Als sich der vom Beschwerdeführer gelenkte PKW auf Höhe der Lichtzeichenanlage befand, zeigte der dortige Signalgeber rotes Licht an. Die Schrankenbäume waren zu dieser Zeit noch vollständig geöffnet. Im Gegenverkehr hielt ein PKW vor der Eisenbahnkreuzung an und passierte diese nicht. AA übersetzte mit seinem PKW die Eisenbahnkreuzung.
III. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der Bezirkshauptmannschaft Z und des Landesverwaltungsgerichts Tirol. Die entscheidenden Feststellungen stützen sich auf die Lichtbilder der Überwachungskamera. Auf diesen ist das Aufleuchten des Rotlichtes der Lichtzeichenanlage beim Einfahren des vom Beschwerdeführer gelenkten PKW in die Eisenbahnkreuzung zu sehen. Auf dem kurz danach aufgenommenen Lichtbild hat der vom Beschuldigten gelenkte PKW die Eisenbahnkreuzung bereits passiert und fährt den CC Richtung Osten weiter. Auf beiden Bildern ist auch im Gegenverkehr ein PKW zu sehen, der beide Male in derselben Position vor der Eisenbahnkreuzung steht, was bedeutet, dass dieser bei Aufleuchten der Lichtzeichenanlage vor der Eisenbahnkreuzung angehalten und diese nicht übersetzt hat.
IV. Rechtslage:
Gemäß § 99 Abs 1 Z 1 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 haben Straßenbenützer anzuhalten, wenn sie bei der Annäherung an die Eisenbahnkreuzung wahrnehmen, dass das gelbe Licht oder das rote Licht oder das rot blinkende Licht leuchtet.
Nach § 19 Abs 3 Eisenbahnkreuzungsverordnung zeigen die Signalgeber einer Lichtzeichenanlage in der Grundstellung kein Licht. Mit Beginn des Anhaltegebotes für die Straßenbenützer gemäß § 99 Abs 1 zeigen die Signalgeber vier Sekunden gelbes nicht blinkendes Licht und anschließend bis zum Ausschalten der Lichtzeichen bzw bis zum vollständigen Öffnen der Schrankenbäume rotes nicht blinkendes Licht.
§ 162 Abs 3 Eisenbahngesetz 1957 sieht für Zuwiderhandlungen gegen die aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Vorschriften über das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei Übersetzung solcher Übergänge sowie über die Beachtung der den schienengleichen Eisenbahnübergang sichernden Verkehrszeichen eine Geldstrafe bis zu Euro 726,00 vor.
V. Erwägungen:
Aus den Lichtbildern der Überwachungsanlage ist zu sehen, dass das obere (rote) Licht der Lichtzeichenanlage leuchtete, als der Beschwerdeführer seinen Wagen in die Eisenbahnkreuzung einfuhr; Der Gegenverkehr hatte bereits angehalten. Eine Lichtzeichenanlage sendet kein blinkendes Licht aus, wie eine Vorblinkanlage, sondern nichtblinkendes Licht. Vor dem Rotlicht leuchtet 4 Sekunden gelbes nichtblinkendes Licht. Bereits dieses verpflichtet nach § 99 Abs 1 Z 1 Eisenbahnkreuzungsverordnung zum Anhalten. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass beim Aufleuchten des Rotlichtes der Anhalteweg vor der Eisenbahnkreuzung zu kurz gewesen wäre und deshalb die Eisenbahnkreuzung übersetzt werden hätte müssen. Der Lenker hat schlichtweg die Signale der Lichtzeichenanlage nicht beachtet bzw übersehen.
Er muss sich damit ein Verschulden in Form von grober Fahrlässigkeit anrechnen lassen, da die Beachtung eines Rotlichtes auch von einem nur unterdurchschnittlich gewissenhaften Lenker erwarten werden können muss. Bereits damit sind die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG nicht gegeben.
Die Beeinträchtigungsintensität einer solcher Übertretung ist hoch aufgrund der meist schwerwiegenden Folgen einer Kollision zwischen PKW und Eisenbahn.
Die belangte Behörde hat den gesetzlichen Strafrahmen zu 13,77% ausgeschöpft. Über den Rechtsmittelwerber scheinen keine Verwaltungsstrafvormerkungen auf, er ist also unbescholten. Im Hinblick auf eben diesen Umstand und die vom Beschwerdeführer angeführten monatlichen Kredittilgungsraten in der Höhe von Euro 650,00 konnte die Strafhöhe spruchgemäß herabgesetzt werden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
Eisenbahnkreuzung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.2039.4Zuletzt aktualisiert am
26.11.2020