TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/12 LVwG-2020/25/2149-3

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Veröffentlicht am 12.11.2020
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Entscheidungsdatum

12.11.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §91 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Z, vom 10.08.2020, gegen den Bescheid des Bürgermeisters von Z vom 06.07.2020,
Zl ***, betreffend Verfahren nach § 340 GewO 1994,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem bekämpften Bescheid stellte der Bürgermeister von Z gemäß § 340 Abs 3 GewO fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ im Standort Z, Adresse 1, durch die Antragstellerin AA GmbH nicht vorliegen und wurde die Ausübung des freien Gewerbes „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ untersagt. Begründet wird diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Behörde im Gegensatz zur Antragstellerin der Auffassung sei, dass CC sehr wohl maßgeblicher Einfluss in der AA GmbH zukomme, da er laut Firmenbuch 50 % der Gesellschaftsanteile besitzt. Gemäß § 39 Abs 1 GmbH-Gesetz werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst, wenn nichts anderes bestimmt ist. Aus dem beiliegenden Gesellschaftsvertrag gehe hervor, dass keine andere Regelung getroffen worden ist und sei daher jedenfalls die Zustimmung von Herrn CC notwendig, um in der GmbH gültige Beschlüsse zu fassen. Da die seine Person betreffenden Unterlagen nicht vollständig nachgereicht wurden, seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anmeldung des betreffenden Gewerbes nicht vorgelegen.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher die AA GmbH durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführt, dass DD zu 25 %, EE zu 25 % und CC zu 50 % an der Beschwerdeführerin beteiligt seien, wobei als handelsrechtliche Geschäftsführerin DD fungiere. Die Beschwerdeführerin habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen und durch Vorlage des Gesellschaftsvertrages bewiesen, dass dem Gesellschafter CC kein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Beschwerdeführerin zukomme, da es sich bei ihm um keinen Mehrheitsgesellschafter handle, Gesellschafterbeschlüsse bedürften daher die Zustimmung zumindest eines weiteren Gesellschafters. Die Rechtsansicht der belangten Behörde sei unrichtig; auch wenn der Begriff „maßgebender Einfluss“ in der GewO nicht definiert sei, gehe es dabei um die finanzielle, wirtschaftliche, unternehmerische und unternehmensrechtliche Verantwortung. Der vertragliche Einfluss sei sowohl anhand der vertraglichen Ausgestaltung (zB Gesellschaftsvertrag) als auch anhand des tatsächlichen Einflusses zu beurteilen. Maßgebender Einfluss sei zB Alleingesellschaftern oder Mehrheitsgesellschaftern zuzuschreiben. Weil das Zustandekommen eines wirksamen Gesellschafterbeschlusses im vorliegenden Fall immer der Zustimmung eines weiteren Gesellschafters bedarf, sei ein maßgeblicher Einfluss des CC auf den Betrieb der Beschwerdeführerin nicht gegeben, weshalb der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet sei und der Beschwerdeführerin die beantragte Gewerbeberechtigung zu erteilen sei. Es werde deshalb die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend beantragt, dass der Beschwerdeführerin die beantragte Gewerbeberechtigung erteilt und die Ausübung des Gewerbes nicht untersagt werde, in eventu Bescheidaufhebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde.

II.      Sachverhalt:

DD, EE und CC sind Gesellschafter der AA GmbH mit dem Sitz in Z, Adresse 1. Auf die Stammeinlage haben die Gesellschafter DD und EE eine Beteiligungsquote von 25 % übernommen und CC eine solche von 50 %. CC hat seinen Wohnsitz in Kolumbien und lebt dort. Alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin ist DD.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Stadtmagistrates Z und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.

IV.      Erwägungen:

Im gegenständlichen Fall ist die Rechtsfrage zu klären, ob einem Gesellschafter einer GmbH, der 50 % der Stammeinlage übernommen hat, maßgebender Einfluss auf den Betrieb deren Geschäfte zukommt oder nicht. Vorauszuschicken ist, dass es einerseits keine Legaldefinition zum Begriff „maßgebender Einfluss“ gibt und andererseits auch keine Rechtsprechung zur Frage, ob einem 50 % Gesellschafter einer GmbH maßgebender Einfluss zukommt oder nicht.

Nach der bisherigen Rechtsprechung kommt jedenfalls dem alleinigen Gesellschafter einer GmbH maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Gesellschaft zu, den er jederzeit ausüben kann. Einem alleinigen Gesellschafter einer GmbH steht maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Gesellschaft zu, ebenso wie einem überwiegenden Mehrheitsgesellschafter. Ebenso kommt dem alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer einer GmbH maßgebender Einfluss zu, ebenso wie dem alleinigen unternehmensrechtlichen Geschäftsführer einer Komplementär GmbH. Dem Alleingesellschafter einer GmbH kommt auch dann, wenn er nicht gleichzeitig handelsrechtlicher Geschäftsführer ist, ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Gesellschaft zu.

Der Gesetzgeber hat nicht bereits im Gesetz eine Definition des maßgebenden Einflusses gegeben, da das Wirtschaftsleben zu vielschichtig ist, um alle Möglichkeiten zu erfassen. Ein maßgebender Einfluss wird aber „jedenfalls“ anzunehmen sein, wenn es sich um vertretungsbefugte Organe der juristischen Person handelt oder wenn eine Person mehr als die Hälfte der Gesellschaftsanteile einer Gesellschaft besitzt.

In Rechtsprechung bzw Literatur findet sich kein Hinweis darauf, dass ein 50 % Gesellschafter keinen maßgeblichen Einfluss hätte. Die Argumentation der belangten Behörde, wonach ein maßgebender Einfluss eines Gesellschafters nicht erst dann gegeben ist, wenn er alleine Beschlüsse erwirken kann, sondern bereits dann, wenn gegen seine Stimmen kein Mehrheitsbeschluss erwirkt werden kann, ist keinesfalls unschlüssig und unnachvollziehbar. Wenn ein Gesellschafter auf diese Art sämtliche Beschlüsse blockieren kann, wird ein unmaßgeblicher Einfluss schwer begründet werden können. Es kommt hierbei weniger auf das Tagesgeschäft an, welches von der handelsrechtlichen Geschäftsführerin besorgt wird, als auf die grundlegenden Entscheidungen, die er als 50%-Gesellschafter alle blockieren kann, bzw dass ohne seine Zustimmung kein Gesellschafterbeschluss möglich ist. Sein kolumbianischer Wohnsitz stellt dabei im Hinblick auf die in § 34 GmbH-Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Abstimmung im schriftlichen Weg keine Einschränkung seiner Einflussmöglichkeit dar.

Einer Anfrage, die in der Bundesgewerbereferententagung 2016 erörtert wurde, lag der Sachverhalt zugrunde, dass eine GmbH in Konkurs ging und daher die Vertretungsbefugnis vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der GmbH auf den Insolvenzverwalter im Fortbetrieb überging. Da der Insolvenzverwalter keine Befähigung hatte, wollte die Insolvenzmasse den früheren handelsrechtlichen Geschäftsführer, welcher nun nur noch 50 % Gesellschafter und aufgrund der Insolvenz nicht mehr vertretungsbefugt war, als gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen. Dazu hat das Bundesministerium die Meinung vertreten, dass ein 50 % Gesellschafter einen maßgeblichen Einfluss hat.

Es ist daher zu sehen, dass es zu dieser Frage auch andere als die von der Beschwerdeführerin angeführten Rechtsmeinungen gibt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts hat die belangte Behörde ihren Rechtsstandpunkt schlüssig begründet und den ihr zustehenden Ermessensspielraum nicht in rechtswidriger Weise ausgeübt, weshalb für die Rechtsmittelinstanz keine Begründung zur Bescheidabänderung vorlag.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Maßgebender Einfluss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.2149.3

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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