Entscheidungsdatum
04.11.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §13 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike Seidel über die Beschwerde von Herrn AB AA, AE, AC AD, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (belangte Behörde) vom 15.09.2020, Zahl xx/34-2020,
zu R e c h t:
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang:
1.1.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag von Herrn AB AA vom 14.01.2020 um Wiederverleihung des Wasserrechtes für die bestehende Abwasserreinigungsanlage auf GN yy KG BB gestützt auf die Rechtsgrundlage des § 13 Abs 3 AVG als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde zusammengefasst dargelegt, dass nach dem Antrag ein Prüfbericht gemäß § 134 WRG am 02.04.2020 von der Firma CC vorgelegt worden sei. Der dazu befragte Amtssachverständige für Gewässerschutz habe unter Verweis auf Entscheidungen des LVwG Tirols und Salzburgs mitgeteilt, dass Kleinanlagen der Type BAAS-BIOKKA der Stand der Technik abzusprechen sei. Es sei die Vorlage eines Sanierungsprojektes unter Berücksichtigung der Punkte aus dem Gutachten empfohlen worden. Mit Schreiben vom 18.05.2020 sei der Antragsteller und die Firma CC aufgefordert worden, ein entsprechendes Sanierungskonzept vorzulegen. Am 27.07.2020 habe der Antragsteller im Wesentlichen mitgeteilt, dass das Gutachten des Sachverständigen nicht der Rechtslage entspreche und nicht anerkannt werde. Unionsrecht sei nicht eingehalten worden.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zusammengefasst die Rechtslage betreffend Wiederverleihung eines Wasserrechtes aus. Mit Bescheid der Behörde vom 17.07.2000 sei die Bewilligung auf die Dauer von 20 Jahren erteilt worden und sei diese mit 31.07.2020 abgelaufen. Die Frage des Standes der Technik sei mit Hilfe von Sachverständigen zu klären. Verwiesen wurde auf die Entscheidungen des LVwG Salzburg vom 05.09.2016 sowie des LVwG Tirol vom 03.04.2014 mit Anführung der jeweiligen Geschäftszahl, wo festgestellt worden sei, dass Kleinkläranlagen der Type BAAS-BIOKKA nicht dem Stand der Technik entsprächen. Für die Vorlage eines Projekts, das dem Stand der Technik entspreche, sei eine Frist bis längstens 31.07.2020 eingeräumt worden. Da diese Frist fruchtlos verstrichen und kein entsprechendes Projekt vorgelegt worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag als unbegründet abzuweisen gewesen.
1.2.
Mit Schriftsatz vom 12.10.2020 erhob Herr AB AA Beschwerde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt. Aufgrund der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung erübrigt sich eine Wiedergabe des Beschwerdevorbringens.
1.3.
Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 16.10.2020 dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
2. Nachstehender
S a c h v e r h a l t
wird als erwiesen festgestellt und der nachfolgenden Entscheidung zu Grunde gelegt:
2.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.07.2000, Zahl xx/7-2000 wurde AX und AY AA die wasserrechtliche Bewilligung für die vollbiologische Abwasserreinigungsanlage (Tropfkörperanlage der Type BIOKKA 1/7 CC) für das Objekt AE Nr. in AC AD befristet bis 31.07.2020 erteilt.
2.2. Bereits im Jahr 2017 wurde von der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Urgenz des vorgeschriebenen fünfjährigen Überprüfungsbefundes gemäß § 134 WRG auf den Ablauf der Bewilligungsdauer mit 31.07.2020 verwiesen. Aufgrund dessen legte AX AA mit Schreiben vom 10.10.2017 zum einen ein Gutachten gemäß § 134 WRG vor und beantragte zum anderen die Wiederverleihung. Die eingeholte Stellungnahme des Amtssachverständigen für Gewässerschutz wurde den Antragstellern zur Kenntnis gebracht und mitgeteilt, dass danach die Anlage nicht mehr dem Stand der Technik entspricht. Schon mit diesem Schreiben vom 13.11.2017 wurde gestützt auf § 13 Abs 3 AVG die Vorlage eines Sanierungskonzeptes binnen einer Frist aufgetragen. Mit Schreiben vom 09.04.2018 wurde jedoch der Antrag auf Wiederverleihung von AY und AX AA unter Hinweis auf den noch gültigen Konsens zurückgezogen.
2.3. Mit Schreiben vom 14.01.2020 beantragte der Beschwerdeführer als seit 2019 grundbücherlicher Eigentümer der EZ aa KG BB und damit als aktuell Wasserberechtigter fristgerecht die Wiederverleihung des Wasserrechts für die vollbiologische Kläranlage.
Von der belangten Behörde erging mit Schreiben vom 15.01.2020 im Rahmen des Wiederverleihungsverfahrens die Aufforderung, einen aktuellen Prüfbericht gemäß § 134 WRG vorzulegen, was mit Schreiben vom 30.03.2020 der Firma CC namens und im Auftrag des Beschwerdeführers fristgerecht erfolgte.
Die neuerlich eingeholte Stellungnahme des Amtssachverständigen für Gewässerschutz ergab (wie bereits im Jahr 2017), dass die bestehende Anlage nicht dem Stand der Technik entspricht (Stellungnahme Ing. BX BY vom 28.04.2020).
Daraufhin trug die belangte Behörde mit Kurzbrief vom 18.05.2020 dem Beschwerdeführer auf, bis 31.07.2020 das Projekt dem Stand der Technik anzupassen. Gleichzeitig erging der Hinweis, dass bei ungenütztem Verstreichen der Frist, das Ansuchen gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen wird.
Mit Schreiben vom 27.07.2020 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde ein Gutachten der Fa. CC mit dem Bemerken, dass dieses die Nichteinhaltung von Unionsrecht belegt und Deutschland bereits vom EuGH verurteilt wurde.
In der Folge erging der nun angefochtene Bescheid.
Zur
B e w e i s w ü r d i g u n g
ist auszuführen, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus der unwidersprüchlichen und eindeutigen Aktenlage ergibt.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu erwogen:
I.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles … und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- und Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Unstrittig ist, dass das für die Abwasserreinigungsanlage erteilte Wasserrecht befristet bis zum 31.07.2020 erteilt wurde und rechtzeitig vom Beschwerdeführer um Wiederverleihung des Wasserrechts angesucht wurde, sodass der Ablauf der Konsensdauer bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Ansuchen um Wiederverleihung gehemmt ist.
Gemäß § 21 Abs 3 Wasserrechtsgesetz – WRG, BGBl Nr. 215/1959 können Ansuchen um Wiederverleihung eines bereits ausgeübten Wasserbenutzungsrechtes frühestens fünf Jahre, spätestens sechs Monate vor Ablauf der Bewilligungsdauer gestellt werden. Wird das Ansuchen rechtzeitig gestellt, hat der bisher Berechtigte Anspruch auf Wiederverleihung des Rechtes, wenn öffentliche Interessen nicht im Wege stehen und die Wasserbenutzung unter Beachtung des Standes der Technik erfolgt. Der Ablauf der Bewilligungsdauer ist in diesem Fall bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Ansuchen um Wiederverleihung gehemmt;
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde – wie schon in einem gleichgelagerten Fall (Entscheidung LVwG Salzburg vom 12.10.2020, 405-1/544/1/2-2020) – das Ansuchen um Wiederverleihung gemäß § 13 Abs 3 AVG „als unbegründet abgewiesen“ dh wegen eines Formmangels (richtigerweise) als unzulässig zurückgewiesen.
Gemäß § 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl Nr. 51/1991 idgF ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darf die Behörde nur dann gemäß § 13 Abs 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen „Mangel“ aufweist, also von für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes oder des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht (VwGH 25.07.2013, 2013/07/0099 ua).
Aus der Bestimmung des § 103 WRG ergibt sich, welche Unterlagen einem Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung anzuschließen sind.
Bei weiter Auslegung des Begriffes "Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung" in § 103 Abs 1 WRG ist nicht ausgeschlossen, dass darunter auch Anträge auf Wiederverleihung eines bereits ausgeübten Wasserbenutzungsrechtes iSd § 21 Abs 3 WRG zu subsumieren sind (VwGH 13.11.1997, 95/07/0233).
Die belangte Behörde hat mit ihrem Schreiben vom 18.05.2020 gestützt auf § 13 Abs 3 AVG nun aber die Vorlage eines dem Stand der Technik entsprechenden Projektes aufgetragen und in Folge des Verstreichens der Frist das Ansuchen um Wiederverleihung „als unbegründet abgewiesen“.
Richtigerweise hätte, wenn die Entscheidung schon auf die Bestimmung des § 13 Abs 3 AVG gestützt wird, das Ansuchen zurückgewiesen und nicht abgewiesen werden müssen, jedoch kann im Sinne der Judikatur des VwGH dies noch als ein Vergreifen im Ausdruck gesehen werden. Aus der Gesamtheit des Bescheides und des Verfahrensganges ergibt sich, dass die belangte Behörde eine formelle Entscheidung getroffen hat.
Festzuhalten ist, dass nun Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein die Frage ist, ob die Zurückweisung des Ansuchens basierend auf der Gesetzesbestimmung des § 13 Abs 3 AVG zu Recht erfolgt ist oder nicht, ob also die sachliche Behandlung des Antrages zu Recht verweigert wurde. Dem Landesverwaltungsgericht ist es verwehrt dahingehend „in der Sache“ zu entscheiden bzw. zu prüfen, ob nun eine Bewilligungsfähigkeit des Antrages/Projektes gegeben ist oder nicht, da dies nicht Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Bescheides war (vgl VwGH 01.09.2017, Ra 2016/03/0055).
Die Entscheidung der belangten Behörde war aus folgenden Gründen rechtswidrig:
Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war das Ansuchen um Wiederverleihung des befristeten Wasserrechts. Die Bestimmung des § 13 Abs 3 AVG bietet keine Rechtsgrundlage dafür, ein dem Stand der Technik entsprechendes Projekt einzufordern, sondern dient „nur“ dazu, Formmängel eines Ansuchens zu verbessern (Verbesserungsauftrag). Es ist unzulässig, im Wege eines Auftrages nach § 13 Abs 3 AVG den Beschwerdeführer zu einer inhaltlichen Modifikation seines Vorhabens zu verhalten, weil ein zu einer Änderung des Begehrens führender Antrag nach § 13 Abs 3 AVG nicht in Betracht kommt (VwGH 27.06.2002, 98/07/0147).
Die belangte Behörde hätte daher über das Ansuchen um Wiederverleihung für die bestehende Abwasserreinigungsanlage meritorisch zu entscheiden gehabt. Wenn sich ergibt, dass diese nicht (mehr) dem Stand der Technik (iS § 12a WRG iVm § 105 WRG) entspricht und der Antragsteller zu keiner Modifikation seines Ansuchens und damit seiner Abwasserreinigungsanlage bereit ist, ist über das Ansuchen inhaltlich zu entscheiden, sprich dem Ansuchen mangels Bewilligungsfähigkeit nicht stattzugeben.
Die Vorlage eines dem Stand der Technik entsprechenden Projektes war jedenfalls im Rahmen eines Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs 3 AVG unzulässig. Der angefochtene Bescheid erging zu Unrecht und war wegen Rechtswidrigkeit zu beheben.
Anzumerken ist, dass die belangte Behörde bereits im Jahr 2017 von Amtswegen aufgrund der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen für Gewässerschutz die Möglichkeit gehabt hätte, und zwar auf Basis der Rechtsgrundlage des § 21a WRG, ein dem Stand der Technik entsprechendes Projekt einzufordern.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerde dahingehend stattzugeben war, dass der angefochtene Bescheid zu beheben war. Über das Ansuchen um Wiederverleihung ist daher von der belangten Behörde (neuerlich) zu entscheiden.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen haben lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.
II. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (§ 25a VwGG):
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu § 13 Abs 3 AVG iVm § 103 WRG. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Wasserrecht, Wiederverleihungsverfahren, Abwasserreinigungsanlage, Stand der Technik, VerbesserungsauftragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.1.577.1.2.2020Zuletzt aktualisiert am
25.11.2020