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25/02 Strafvollzug;Norm
AVG §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des Dr. K in Stockerau, vertreten durch Dr. Helmut Mühlgassner, Rechtsanwalt in Wien I, Riemergasse 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 7. April 1997, Zl. 418.392/231-V6/1997, betreffend verzögerte Erledigung von Ansuchen gemäß § 119 StVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde 14 auf § 120 StVG gestützte Beschwerden des Beschwerdeführers vom
8. bzw. 15. Oktober 1996, die sich nach dem Beschwerdevorbringen dagegen gerichtet hatten, daß die Strafvollzugsbehörde erster Instanz mehrere Ansuchen gemäß § 119 StVG nicht unverzüglich erledigt, sondern deren Bearbeitung vorsätzlich verzögert habe, als unzulässig zurück. Die Vollzugsbehörden seien zwar in sinngemäßer Anwendung des § 73 Abs. 1 und Abs. 2 AVG verpflichtet, über Ansuchen von Insassen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden. Diese Verpflichtung der Behörde sei aber durch ein schriftliches Verlangen mit der Folge des Überganges der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Oberbehörde durchzusetzen. Ein darüber hinausgehendes subjektives Recht werde dem Strafgefangenen im Gesetz nicht eingeräumt. Demgemäß seien die Beschwerden gemäß § 120 StVG zwar als unzulässig anzusehen, aber aufsichtsbehördlich zu prüfen.
In der dagegen gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend, wobei er die Auffassung vertritt, die Zulässigkeit der Beschwerde gemäß § 120 StVG ergebe sich aus § 73 Abs. 1 AVG, wonach die Behörden verpflichtet seien, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 119 StVG haben die Strafgefangenen das Recht, hinsichtlich des ihre Person betreffenden Vollzuges in angemessener Form mündlich oder schriftlich Ansuchen zu stellen.
Gemäß § 22 Abs. 3 StVG sind alle im Strafvollzug außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens ergehenden Anordnungen und Entscheidungen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, ohne förmliches Verfahren und ohne Erlassung eines Bescheides zu treffen; soweit es nötig scheint, ist jedoch der wesentliche Inhalt der Anordnung oder Entscheidung im Personalakt des Strafgefangenen festzuhalten. In den Fällen der §§ 116 und 121 (Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten und bei Beschwerden) ist hingegen vom Anstaltsleiter oder von dem damit besonders beauftragten Strafvollzugsbediensteten ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und ein Bescheid zu erlassen. Alle im Strafvollzug ergehenden Anordnungen und Entscheidungen einschließlich der Bescheide sind den Strafgefangenen mündlich bekanntzugeben. Das Recht, eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung zu verlangen, steht den Strafgefangenen nur in den Fällen der §§ 17 (gerichtliches Verfahren), 116 und 121 leg. cit. zu.
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG ist die Behörde ... verpflichtet, ...
über Anträge von Parteien (§ 8) ... ohne unnötigen Aufschub,
spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Gemäß § 120 Abs. 1 StVG können sich die Strafgefangenen gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren.
Gemäß § 122 StVG haben die Strafgefangenen das Recht, durch Ansuchen und Beschwerden das Aufsichtsrecht der Vollzugsbehörden anzurufen.
Für die Frage der Zulässigkeit der Beschwerden gemäß § 120 Abs. 1 StVG ist entscheidend, ob der Beschwerdeführer durch das Verhalten des Anstaltsleiters als Vollzugsbehörde erster Instanz, nämlich durch das behauptete Unterlassen einer sofortigen Erledigung der Ansuchen, in seinen Rechten betroffen wurde. Der Beschwerdeführer leitet das subjektive Recht, in dem er sich durch die (seiner Auffassung nach) verzögerte Nichterledigung seiner Ansuchen durch den Anstaltsleiter verletzt erachtet, aus § 73 Abs. 1 AVG ab.
Selbst wenn man aber - wie die belangte Behörde - von einer sinngemäßen Anwendung des § 73 Abs. 1 und Abs. 2 AVG auf Verfahren nach § 119 StVG ausginge und damit zur Zulässigkeit eines Devolutionsantrages gelangte, wäre damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. § 73 Abs. 2 AVG verleiht der Partei das subjektive Recht, durch Stellung eines Devolutionsantrages den Übergang der Zuständigkeit und damit auch der Entscheidungspflicht von der seit mindestens sechs Monaten säumigen Behörde auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu bewirken. Wenn auch die Behörde objektiv verpflichtet ist, ohne unnötigen Aufschub - und damit allenfalls bereits vor Ablauf von sechs Monaten - zu entscheiden, so ist diese Verpflichtung für die Partei auf prozessualem Wege gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 73 AVG erst nach Ablauf dieser Frist durchsetzbar (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1987, Zl. 85/01/0212, und vom 7. Februar 1990, Zl. 88/01/0237). Bei Eintritt eines Schadens wäre darüberhinaus allenfalls die Geltendmachung der objektiven Rechtswidrigkeit im Wege der Amtshaftung gegeben, selbst wenn die vom öffentlichen Recht gegen die Säumnis einer Verwaltungsbehörde zur Verfügung gestellten Mittel erst nach dem Ablauf von sechs Monaten Abhilfe schaffen können.
Dem Beschwerdeführer kommt aber entgegen seiner Ansicht ein subjektiv-öffentliches Recht auf Entscheidung über seinen Antrag ohne unnötigen Aufschub jedenfalls vor Ablauf von sechs Monaten nicht zu. Da § 120 Abs. 1 StVG den Strafgefangenen Beschwerden nur gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten einräumt, kommt im vorliegenden Fall eine Beschwerdeführung nach der angegebenen Gesetzesstelle nicht in Betracht. Daran ändert auch der allenfalls eintretende Umstand nichts, daß durch die verzögerte Erledigung von gestellten Anträgen das diesen zugrundeliegende rechtliche Interesse (wie etwa in den in der Beschwerde angeführten Fällen einer beantragten Ausführung oder eines Ausganges zu einem bestimmten in der Folge zeitlich überholten Termines) nachträglich wegfällt. Somit stand es dem in subjektiven Rechten nicht verletzten Beschwerdeführer lediglich offen, durch Anrufung des Aufsichtsrechtes der Vollzugsbehörden gemäß § 122 StVG die belangte Behörde auf den vermeintlich rechtswidrigen Vorgang oder Zustand aufmerksam zu machen.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage zutreffend erkannt, wenn sie die an sie gerichtete Beschwerde als auf ein subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht betreffendes Verhalten bezogen als unzulässig zurückgewiesen im übrigen als Aufsichtsbeschwerde behandelt hat.
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Schlagworte
Parteistellung ParteienantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997200241.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017