Entscheidungsdatum
08.10.2020Norm
NAG 2005 §8 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde von Frau A, geb. ***, StA. Volksrepublik CHINA, vertreten durch RA B, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 28. Februar 2020, Zl. ***, mit dem der am 10. Dezember 2018 gestellte Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und A ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gem. § 46 Abs. 1 Z. 2 iVm § 8 Abs. 1 Z. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mit einer Gültigkeitsdauer von 12 Monaten erteilt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Am 10. Dezember 2018 hat A, geb. ***, StA. Volksrepublik China, bei der österreichischen Botschaft in Peking einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gestellt. Am selben Tag hat sie auch für ihr minderjähriges Kind C, geb. ***, StA. Volksrepublik China, einen Antrag zum Zweck der Familienzusammenführung eingebracht.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 28. Februar 2020, Zl. ***, wurde ihr Antrag gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.
In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass A zusammen mit ihrem minderjährigen Kind C den Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit ihrem mit dem Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ im Bundesgebiet aufhältigen Ehegatten bzw. Vater D, geb. ***, StA. China, anstrebe. Die Behörde müsse somit davon ausgehen, dass sie im Fall der Niederlassung zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auf Mittel des unterhaltspflichtigen Familienerhalters angewiesen sein werde.
Der beabsichtigte Wohnsitz sei den Angaben im Antrag zufolge in ***, ***, ***. Diesbezüglich würde eine Wohnrechtsvereinbarung vorliegen, wonach der Beschwerdeführerin, dem minderjährigen Kind und dem Ehemann die Unterkunft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde. Es erscheine jedoch nicht lebensnah, dass einem Ehepaar und einem minderjährigen Kind für die Dauer von mehreren Jahren ein Wohnrecht unentgeltlich eingeräumt werde. Die Behörde könne nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass tatsächlich keinerlei Aufwendungen (insbesondere für Betriebskosten wie Strom, Heizung, Wasser usw.) für die Unterkunft zu entrichten seien. Vielmehr sei davon auszugehen, dass es sich bei der Angabe in der Wohnrechtsvereinbarung vom 14. November 2019 um eine Gefälligkeitsbestätigung handle.
Der Ehemann bzw. Vater sei seit 20.6.2016 bei der Firma E GmbH mit einem Bruttolohn in der Höhe von zuletzt Euro 1.540,-- (= netto Euro 1.246,86) sowie bei der Firma F geringfügig mit einem Nettolohn in der Höhe von Euro 318,-- beschäftigt. Insgesamt ergebe dies somit einen monatlichen Nettolohn unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen in der Höhe von Euro 1.681,30.
Damit der Aufenthalt der Antragstellerin zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe, seien nach den Richtsätzen des § 293 ASVG vom unterhaltspflichtigen Familienerhalter feste und regelmäßige Einkünfte in der Höhe von monatlich Euro 2.098,03 (Euro 1.472 für ein Ehepaar und Euro 626,03 für das minderjährige Kind) erforderlich. Der für das Kind anzusetzende Betrag resultiere daraus, dass für jene Monate, in denen er minderjährig sei, der Kinderrichtsatz in der Höhe von Euro 149,15 und anschließend für den Rest des Prognosezeitraums von zwölf Monaten der Einzelpersonenrichtsatz in der Höhe von Euro 966,65 aufzubringen sei.
Laut vorgelegtem Kontoauszug weise das Konto des Familienerhalters mit Stand September 2019 ein Guthaben in der Höhe von Euro 1.465,80 auf, das auf zwölf Monate aufgeteilt ein Guthaben in der Höhe von Euro 122,15 ergebe. Da jedoch vom Rechtsvertreter zuletzt mitgeteilt worden sei, dass es derzeit keinen Nachweis über Sparguthaben gebe, könne dieses Einkommen bei der Berechnung für den Prognosezeitraum von zwölf Monaten nicht berücksichtigt werden.
Das Einkommen des Familienerhalters liege bereits ohne Berücksichtigung von monatlichen Aufwendungen für die Unterkunft somit deutlich unter dem erforderlichen Richtsatz des § 293 ASVG.
Somit könne die Zukunftsprognose, ob der Familienerhalter für die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes im Bundesgebiet über ein dem ASVG-Richtsatz entsprechendes regelmäßiges Einkommen verfügen werde, nicht zu ihren Gunsten erfolgen.
Bezüglich der Interessenabwägung des § 11 Abs. 3 NAG wurde ausgeführt, dass die Ehe am 10. Mai 2000 in China geschlossen worden sei. Der Ehegatte verfüge über einen bis 16. Juni 2021 befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“. Den der Behörde vorgelegten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass sie bereits ein länger andauerndes gemeinsames Privat- und Familienleben mit ihrem Ehegatten geführt habe. Laut Zentralmelderegister sei sie bislang noch nie im Bundesgebiet gemeldet gewesen, ein gemeinsames Familienleben habe daher bis dato nur in dem Heimatstaat gelebt werden können. Das Ermittlungsverfahren habe nicht ergeben, dass einem gemeinsamen Familienleben im Heimatstaat wesentliche Hindernisse entgegenstehen würden.
Es würden zwar durch den Aufenthalt des Ehegatten familiäre Bindungen in Österreich bestehen, jedoch sei die Sicherung des Lebensunterhaltes im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz eine wichtige Grundvoraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, einen ausreichenden Nachweis über den gesicherten Lebensunterhalt für die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltstitels im Bundesgebiet habe sie nicht erbracht.
Die Abwägung der gegenüberstehenden Interessenslagen gehe daher zu ihren Lasten, weil das öffentliche Interesse an der Einhaltung einschlägiger Zuwanderungsbestimmungen das persönliche Interesse an einer Neuzuwanderung überwiege.
Dagegen hat A, vertreten durch RA G, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung dahingehend abzuändern, dass dem Antrag stattgegeben werde, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und an die belangte Behörde zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Dazu wurde zunächst Mangelhaftigkeit des Verfahrens eingewendet, da die belangte Behörde nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens keine Gelegenheit gegeben habe, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und Stellung zu nehmen. Diesbezüglich sei das Recht auf Parteiengehör gröblich verletzt worden.
In der Sache wurde vorgebracht, dass es nicht zutreffend sei, dass der Aufenthalt in Österreich zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne. Das erforderliche Einkommen betrage Euro 1.472 für die Eltern und Euro 149,15 für das Kind, somit zusammen Euro 1.621,15. Der festgestellte Nettolohn betrage Euro 1.681,30 und sei somit ausreichend. Die Lohnprüfung habe zum Bescheidzeitpunkt zu erfolgen, somit seien die Voraussetzungen erfüllt.
Es sei nicht vorgesehen, dass mögliche zukünftige Ereignisse zum Nachteil der Parteien herangezogen würden. Wenn man so vorgehe, da müsse man auch berücksichtigen, dass sie nach der Einreise eine Arbeit beginnen und somit über zusätzliches Einkommen verfügen werde.
Es bestehe jedenfalls keine Gefahr, dass der Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne.
Weiters wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde die Aktenbearbeitung verschleppt habe. Am 10. Dezember 2018 seien die Anträge gestellt worden, am 1. Februar 2019 seien Quotenplätze zugeteilt worden, erst am 30.8.2019 sei eine Urkundenanforderung gesendet worden. Trotz unmittelbar erfolgter Urkundenvorlage habe es wieder sechs Wochen gedauert, bis eine ergänzende Anforderung erfolgt sei, welche ebenfalls binnen einer Woche nachgereicht worden sei. Nach Urgenz nach sechs Wochen sei die Information erfolgt, dass neue Lohnzettel vorgelegt werden sollten, was ein Trick sei, um die behördliche Untätigkeit zu kaschieren. Die belangte Behörde habe es geradezu grob fahrlässig verschuldet, dass sie die Frage der Volljährigkeit des Zweitantragstellers zum Thema machen habe können.
Zum Recht auf unentgeltliche Unterkunftnahme wurde vorgebracht, dass der Unterkunftgeber gleichzeitig der Arbeitgeber des Ehemannes der Beschwerdeführerin sei, welcher ein Interesse daran habe, dass dieser als Arbeitnehmer bei ihm bleibe, zumal seit längerem ein Mangel an chinesischen Köchen herrsche. Es sei daher sehr wohl lebensnah und nachvollziehbar, dass das Personal mit freier Station in Betrieb gehalten werde.
Mit Schreiben vom 15. April 2020 hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 5. Oktober 2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Aktes der Landeshauptfrau von Niederösterreich zur
Zahl *** und des Aktes des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zur Zahl LVwG-AV-449-2020, sowie durch Einvernahme der Zeugen D und H.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:
Die Beschwerdeführerin wurde am *** geboren, sie ist Staatsangehörige der Volksrepublik China. Ihr Reisepass ist bis zum 10.7.2026 gültig. Seit 10.5.2000 ist sie mit D, geb. ***, verheiratet, welcher Staatsangehöriger der Volksrepublik China und mit dem Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ in Österreich niedergelassen ist. Ein Quotenplatz wurde aus dem Kontingent 2019 am 1. Februar 2019 zugeteilt.
Die Beschwerdeführerin wird in ***, ***, *** Unterkunft nehmen. Bei dieser Unterkunft handelt es sich um ein Haus im Ausmaß von ca. 350 m² und 11 Wohnräumen. In diesem Haus wohnen die Hauseigentümerin H mit ihrem Ehemann und dem Kind, der Ehemann der Beschwerdeführerin und ein weiterer Mitarbeiter im Unternehmen der Hauseigentümerin, welcher Kellner ist. Die Beschwerdeführerin wird gemeinsam mit dem Ehemann im Obergeschoss des Hauses wohnen, wo ihr ein Zimmer sowie die Benützung von Bad, WC und Küche zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können sie zwei weitere Wohnräume im Obergeschoss nützen. Bei dieser Unterkunft handelt es sich um eine ortsübliche Unterkunft. Gemäß der Wohnrechtsvereinbarung vom 14. November 2019 erfolgt die Mitbenutzung der Unterkunft unentgeltlich.
Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist seit 20. Juni 2016 bei der E GmbH als Koch Vollzeit beschäftigt, das Dienstverhältnis ist unbefristet, er befindet sich derzeit aufgrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie nicht in Kurzarbeit, lediglich in den Monaten März bis Mai 2020 war er in Kurzarbeit. Das Bruttogehalt hat zuletzt bis inklusive Juni 2020 € 1.540,-- betragen, mit Juli 2020 wurde das Gehalt auf nunmehr Euro 2.050,-- brutto (= Euro 1.538,32 netto) erhöht.
Von 15. August 2018 bis 22. März 2020 war er zusätzlich geringfügig bei F, ***, ***, beschäftigt.
Er hat abgesehen von den monatlichen Kosten für I GmbH in Höhe von Euro 15,29 keine regelmäßigen monatlichen Aufwendungen. Er besitzt keinen Pkw, er hat auch keine Versicherungen wie Lebensversicherung, private Krankenversicherung oder Unfallversicherung. Für die Benutzung der Unterkunft in ***, ***, *** braucht er keinen Beitrag zu den Strom-, Heiz- oder Betriebskosten zu leisten.
Es bestehen keine Kreditverbindlichkeiten.
Das Gehalt wird monatlich auf sein Konto bei der J AG überwiesen, per 31.12.2019 hat sein Guthaben Euro 3.426,99 betragen, Indem er monatlich etwa € 1.000,-- ansparen konnte, hat sich schließlich sein Guthaben per 2. Oktober auf € 12.886,49 belaufen.
Die nunmehrige Beschwerdeführerin und ihr Ehemann haben einen gemeinsamen Sohn, C, geb. ***, welche ebenfalls Staatsangehöriger der Volksrepublik China ist. Sein Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Familienangehöriger“ wurde mit Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 28. Februar 2020, ***, gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz abgewiesen. Nachdem dagegen fristgerecht Beschwerde erhoben worden war, wurde mit Schriftsatz vom 25. Juni 2020 der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels zurückgezogen.
Die nunmehrige Beschwerdeführerin kann bei ihrem Ehemann in der Gebietskrankenkasse mitversichert sein, bis sie selbst einer Berufstätigkeit nachgeht. Der Beitrag beträgt 3,4 % der Beitragsgrundlage des Versicherten.
Am 31.8.2018 hat die Beschwerdeführerin die Prüfung ÖSD Zertifikat A1 bestanden.
Sie ist unbescholten.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin widerstreitet nicht öffentlichen Interessen.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf der Einsicht in den unbedenklichen Verwaltungsakt der belangten Behörde, in dem unter anderem die Kopien des Reisepasses des Beschwerdeführerin und der Heiratsurkunde vom 10.5.2000 sowie der Aufenthaltstitelkarte von D inneliegen, sowie auf dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, in der ergänzende Lohn/Gehaltsabrechnungen für das Beschäftigungsverhältnis von D bei der E GmbH für die Monate Jänner 2020 bis August 2020 (Beilage ./2) sowie ein Kontoauszug des Kontos des Ehemannes der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 4.2.2020 bis 2.10.2020 (Beilage ./3) vorgelegt wurden.
Im vorgelegten Behördenakt liegt weiters die Wohnrechtsvereinbarung betreffend die Unterkunftmöglichkeit in ***, ***, *** sowie der Grundbuchsauszug inne, woraus hervorgeht, dass das gegenständliche Haus im Alleineigentum von Frau H steht. Von der Stadtgemeinde *** wurde mit Schreiben vom 23.9.2019 bestätigt, dass es sich bei dieser Unterkunft um eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 11 Abs. 2 Z. 2 NAG handle. In der mündlichen Verhandlung hat der Ehemann der Beschwerdeführerin als Zeuge dargelegt, welcher Bereich des Hauses ihm sowie seiner Ehefrau zur Verfügung steht. Im Hinblick darauf, dass es sich um ein Zimmer, Bad, WC, Küche sowie die Mitbenutzung zweier weiterer Räume handelt, ist davon auszugehen, dass dieser Wohnbereich jedenfalls als ausreichend groß für Ehepaar anzusehen ist. Sowohl der Ehemann der Beschwerdeführerin als auch die Unterkunftgeberin haben übereinstimmend angegeben, dass die Mitbenutzung des Hauses unentgeltlich erfolgt. Die Hauseigentümerin hat als Zeugin einvernommen angegeben, dass außerdem noch ein weiterer Mitarbeiter ihres China-Restaurants, nämlich ein Kellner, ebenfalls unentgeltlich in diesem Haus wohne. Beide haben zudem übereinstimmend ausgeführt, dass es üblich sei, dass chinesische Arbeitnehmer unentgeltlich in Österreich am Land im Haus des Arbeitgebers wohnen dürften. Im Hinblick darauf, dass seitens der Beschwerdeführervertreterin vorgebracht wurde, dass dies vergleichbar sei zu Arbeits/Wohnverhältnissen in der Tourismusbranche in Österreich, wo Arbeitnehmer ebenfalls unentgeltlich im Haus des Chefs wohnen können, sind die Aussagen nachvollziehbar und schlüssig.
Die Zeugin H hat in der mündlichen Verhandlung zur plötzlichen Lohnerhöhung des Ehemanns der Beschwerdeführerin ab Juli 2020 befragt angegeben, dass diese auf Anraten des Steuerberaters erfolgt sei. Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist nach den Angaben der Zeugin H der einzige Koch im Restaurant, laut dem im Behördenverfahren vorgelegten Dienstvertrag war er ursprünglich in die Lohngruppe 5 des KV für Arbeitnehmer in der Gastronomie mit einem Bruttogehalt von € 1.420 eingestuft. Die nunmehrige Gehaltserhöhung entspricht Lohngruppe 1 des KV für qualifizierte Arbeiter mit großem Verantwortungsbereich, welchen nach 4-6 Jahren ein Bruttogehalt in Höhe von € 2.090,-- zusteht. Insofern ist die Gehaltserhöhung um ca. € 500,-- nachvollziehbar.
Aus dem Auszug aus dem Infopass des Kreditschutzverbandes von 1870 vom 10. Juli 2020 geht hervor, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin keine Kreditverbindlichkeiten hat.
Die Feststellung zur Höhe des Sparguthabens beruht auf dem in der Verhandlung vorgelegten Kontoauszug (Beilage ./3). Die Feststellung betreffend die monatlichen Aufwendungen bzw. den Umstand, dass es keinerlei private Versicherungen gibt, beruhen auf den glaubhaften Angaben des Ehemanns der Beschwerdeführerin, welche sich auch mit dem Kontoauszug decken, wo eben an regelmäßigen Aufwendungen lediglich die Kosten für das Handy verzeichnet sind. Da somit keinerlei Aufwendungen für die Benutzung der Unterkunft zu leisten sind und auch sonst keinerlei regelmäßige Aufwendungen anfallen, scheint es plausibel, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin im Zeitraum von zehn Monaten fast € 10.000 ansparen konnte, sodass er nunmehr ein Guthaben in Höhe von Euro 12.886,49 hat.
Im vorgelegten Verwaltungsakt ist außerdem das ÖSD Zertifikat A1 vom 31. August 2018 enthalten. Dass die Beschwerdeführerin unbescholten ist, ist durch die Bestätigung des Notariates des Kreises *** der Provinz *** der Volksrepublik China vom 18. Oktober 2018 belegt.
Dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin öffentlichen Interessen widerstreiten würde, ist im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass eine entsprechende Feststellung zu treffen war.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu rechtlich wie folgt erwogen:
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:
§ 8 Abs. 1 Z. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) lautet:
(1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:
2. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt.
…
§ 2 Abs. 1 Z. 1, 6, 9 und 10 NAG lauten:
(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt;
6. Drittstaatsangehöriger: ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist;
9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;
10. Zusammenführender: ein Drittstaatsangehöriger, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder von dem ein Recht im Sinne dieses Bundesgesetzes abgeleitet wird;
§ 11 Abs. 1 bis 5 NAG lauten:
(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1.
gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2.
gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3.
gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4.
eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5.
eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6.
er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1.
der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2.
der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3.
der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4.
der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5.
durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6.
der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7.
in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2.
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3.
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4.
der Grad der Integration;
5.
die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6.
die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7.
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8.
die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9.
die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1.
sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2.
der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
…
§ 46 Abs. 1 NAG lautet:
(1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und
1. der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41, einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a, eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 1, eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern dieser Niederlassungsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. f und i AuslBG zu Grunde liegt, oder eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ gemäß § 43c innehat,
1a. der Zusammenführende als nunmehriger Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ursprünglich einen Aufenthaltstitel nach Z 1 innehatte,
2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende
a) einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ innehat,
b) einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,
c) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt, oder
d. als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger über eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 oder eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54a verfügt.
…
§ 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:
(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2
a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben (Anm.: gemäß § 727 Abs. 2 ASVG für das Kalenderjahr 2020:
1.524,99 €) 1 120,00 €,
bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen (Anm.: für 2020: 966,65 €) 882,78 €,
b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 (Anm.: für 2020: 966,65 €) 747,00 €,
c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:
aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2020: 355,54 €) 274,76 €,
falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2020: 533,85 €) 412,54 €,
bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2020: 631,80 €) 488,24 €,
falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2020: 966,65 €) 747,00 €.
Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm.: für 2020: 149,15 €) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.
(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.
(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.
(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.
(5) Aufgehoben.
§ 20 Abs. 1 NAG lautet:
(1) Befristete Aufenthaltstitel sind für die Dauer von zwölf Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.
…
§ 21a NAG lautet auszugsweise:
(1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.
(2) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.
(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn
1.
die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung (§§ 9 und 10 IntG) vorliegen oder
2.
der Drittstaatsangehörige die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a für die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte anstrebt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
…
Der Antrag der Beschwerdeführerin lautet auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 NAG.
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich dazu zunächst, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin als Zusammenführender gemäß § 2 Abs. 1 Z. 10 NAG einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ innehat. Er ist auch als Staatsangehöriger der Volksrepublik China Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 6 NAG und die Beschwerdeführerin als dessen Ehefrau Familienangehöriger gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG.
Zur Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels hat die nunmehrige Beschwerdeführerin gemäß § 46 Abs. 1 NAG zudem die Voraussetzungen des ersten Teils zu erfüllen, demnach müssen insbesondere die allgemeinen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 und 2 NAG vorliegen.
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben sich zunächst keinerlei Hinweise darauf, dass ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 NAG vorliegen würde. Weiters ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Aufenthalt der nunmehrigen Beschwerdeführerin nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.
Der beabsichtigte Wohnsitz ist in ***, ***, ***. Bei dieser Wohnmöglichkeit handelt es sich um ein Haus im Ausmaß von 350 m², wobei der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann ausreichend Wohnraum im ersten Stock zur Verfügung stehen. Abgesehen vom Ehemann der Beschwerdeführerin und ihr selbst wohnen in diesem Haus noch die Hauseigentümerin mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Kind sowie ein weiterer Mitarbeiter der Hauseigentümerin. Bei dieser Wohnung handelt es sich um eine ortsübliche Unterkunft. Da gemäß der Wohnrechtsvereinbarung das Wohnrechtsverhältnis nicht jederzeit von Unterkunftgeber widerrufen werden kann, sondern nur aus wichtigen Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum letzten des Monats gerichtlich aufgekündigt werden kann, hat die Beschwerdeführerin somit einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft gemäß § 11 Abs. 2 Z. 2 NAG.
Weiters gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch die Erteilung des Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtsobjekt wesentlich beeinträchtigt würden.
Sodann war zu prüfen, ob die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG vorliegt.
Die diesbezüglichen einschlägigen Bestimmungen des § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG stellen auf die Richtsätze des § 293 ASVG ab, die durch die vom Beschwerdeführer nachzuweisenden (zu erwartenden) Einkünfte zu erreichen sind. Dazu ist bei der Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG bei einem gemeinsamen Haushalt unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltsnettoeinkommen den „Haushaltsrichtsatz“ nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht. Auf das Existenzminimum des § 291a der Exekutionsordnung ist in einer solchen Konstellation nicht Bedacht zu nehmen. Es bedarf zur Existenzsicherung nicht für jede Person eines Einkommens nach dem für einen alleinstehenden Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsatz, sondern das Haushaltsnettoeinkommen ist eben am „Familienrichtsatz“ zu messen, sofern der Anspruchsberechtigte mit einem Ehepartner (und allenfalls Kindern) im gemeinsamen Haushalt lebt (vgl. VwGH 3.4.2009, 2008/22/0711). Gemäß § 293 Abs. 1 ASVG beträgt der Richtsatz für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, die mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner im gemeinsamen Haushalt leben, für das Kalenderjahr 2020 € 1.524,99.
Für die Berechnung der Unterhaltsmittel maßgeblich ist dabei jenes Einkommen, das dann erzielt wird, wenn dem Fremden der begehrte Aufenthaltstitel erteilt wird (vgl. VwGH 20.10.2011, 2009/18/0122). Bei der Berechnung des vorhandenen Einkommens sind die anteiligen Sonderzahlungen zu berücksichtigen (vgl. etwa VwGH 21.6.2011, 2008/22/0356). Zudem kommt der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Sparguthaben in Betracht (vgl. etwa VwGH 10.9.2013, 2013/18/0046; VfGH 4.10.2018, G 133/2018).
§ 11 Abs. 5 zweiter Satz NAG zählt jene Beträge („regelmäßige Aufwendungen“) demonstrativ auf, die vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, wobei jedoch – sofern tatsächlich Aufwendungen in dieser Höhe anfallen – einmal ein Betrag in Höhe des sog. „Werts der freien Station“ unberücksichtigt zu bleiben hat (vgl. etwa VwGH 28.5.2015, Ra 2015/22/0009).
Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ist im vorliegenden Fall Folgendes auszuführen:
Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist seit 20. Juni 2016 bei der E GmbH als Koch Vollzeit beschäftigt, das Dienstverhältnis ist unbefristet, er befindet sich derzeit aufgrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie nicht in Kurzarbeit. Im Hinblick darauf, dass das Dienstverhältnis schon seit mehr als vier Jahren besteht, ist davon auszugehen, dass es auch für die Dauer des beantragten Aufenthaltstitels fortbestehen wird. Das Bruttogehalt hat zuletzt bis inklusive Juni 2020 € 1.540,-- betragen, mit Juli 2020 wurde das Gehalt auf nunmehr Euro 2.050,-- brutto (= Euro 1.538,32 netto) erhöht. Dies ergibt unter Berücksichtigung von Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration gemäß dem Brutto-Nettorechner des Bundesministeriums für Finanzen ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von Euro 1.807,60.
Dadurch, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin und auch diese selbst die zur Verfügung gestellte Unterkunft unentgeltlich benützen können, fallen diesbezüglich keinerlei Aufwendungen an, der Ehemann der Beschwerdeführerin hat lediglich an regelmäßigen monatlichen Aufwendungen die Kosten für das Handy bei der Hutchinson Drei Austria GmbH in der Höhe von Euro 15,29. Dadurch, dass der Antrag betreffend den Sohn der Beschwerdeführerin, C, mit Schreiben vom 25. Juni 2020 zurückgezogen wurde, ist dieser bei der Berechnung nicht mehr zu berücksichtigen.
Die nunmehrige Beschwerdeführerin kann als Ehefrau bei ihrem Ehemann in der Gebietskrankenkasse mitversichert sein, bis sie selbst einer Berufstätigkeit nachgeht. Der Beitrag beträgt 3,4 Prozent der Beitragsgrundlage des Versicherten.
Bereits mit dem Nettoeinkommen des Ehemanns der Beschwerdeführerin wird der Richtsatz nach § 293 ASVG auch unter Berücksichtigung der Kosten für die Mitversicherung der Beschwerdeführerin in der Gebietskrankenkasse erreicht, wobei im Hinblick auf die Ersparnisse im Ausmaß von Euro 12.886,49 jedenfalls ausreichend Geld vorhanden ist, selbst wenn man der Stellungnahme der belangten Behörde vom 5. Oktober 2020 folgte und Sachaufwendungen für die unentgeltlich zur Verfügung gestellte Unterkunft abzuziehen wären, sofern diese den Wert der freien Station überschreiten würden.
Damit ist sichergestellt, dass der Aufenthalt der nunmehrigen Beschwerdeführerin keiner Gebietskörperschaft zur Last fallen wird.
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass das erforderliche Mindesteinkommen für die Dauer des Aufenthaltstitels gegeben ist und der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen kann und wird.
Im Verfahren vor der belangten Behörde wurden durch Vorlage des ÖSD Zertifikats A1 zudem entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache nachgewiesen, sodass auch die Voraussetzung des § 21a Abs. 1 NAG gegeben ist.
Damit werden von der Beschwerdeführerin sämtliche Erteilungsvoraussetzungen erfüllt, sodass der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen ist.
Die spruchgemäße Befristung des erteilten Aufenthaltstitels auf 12 Monate gründet sich auf § 20 Abs. 1 NAG.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Fremden- und Aufenthaltsrecht; Rot-Weiß-Rot-Karte plus; Unterhaltsmittel; Familienrichtsatz; Lebensunterhalt;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.449.001.2020Zuletzt aktualisiert am
20.11.2020