TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/21 W117 2143483-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2019
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Entscheidungsdatum

21.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W117 2143483-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.12.2016, Zl. 389644409-160595225, nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 55 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, §§ 46, 52 Abs. 3 und 9 sowie § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, mit der Maßgabe, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß 55 AsylG 2005 nach den Bestimmungen des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen wird, als unbegründet abgewiesen,

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste illegal in das Bundesgebiet ein und brachte erstmals am 18.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Diesen Antrag begründete der BF damit, dass er in Georgien Berufsoffizier gewesen sei, seine Einheit jedoch der Korruption beschuldigt und bombardiert worden sei, weshalb nach ihm gesucht würde und er eine Gefängnisstrafe zu erwarten hätte. Der Antrag des BF wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15.01.2008 rechtskräftig abgewiesen und der BF nach Georgien ausgewiesen. Die Bezirkshauptmannschaft XXXX erließ mit Bescheid vom 14.8.2008 (rechtskräftig am 3.9.2008) gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot für das österreichische Bundesgebiet

2. Vor seiner für den 13.7.2011 anberaumten Abschiebung brachte der BF am 11.7.2011 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Als neue Asylgründe gab der BF an, die georgische Polizei habe in seiner Heimat nach ihm gefragt. Dies habe ihm sein Vater im Jahr 2009 mitgeteilt. Warum die Polizei nach ihm gefragt habe, wisse der BF nicht, er vermute, wegen der Probleme, die er bereits im ersten Asylverfahren angegeben hätte. Mit Mandatsbescheid des BAA vom 12.7.2011 wurde dem BF der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt und er nach Georgien abgeschoben. Mit Bescheid vom 8.9.2011 sprach das BAA über die Vorstellung des BF ab und bestätigte den ergangenen Mandatsbescheid.

3. Nach illegaler Einreise in die Europäische Union und vorangegangener Antragstellung in Polen stellte der BF am 5.9.2012 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Als neue Asylgründe gab der BF an, er habe Angst, dass die Regierung ihn verhafte. Die Regierung habe gesagt, dass sie die Familie des BF im Herkunftsland misshandeln werde. Der BF sei telefonisch bedroht worden. Im Falle der Rückkehr nach Georgien würden sie ihn verhaften oder töten, ihm das Leben zur Hölle machen. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BAA vom 15.10.2012 zurückgewiesen und der BF nach Polen ausgewiesen. Mit Erkenntnis vom 14.11.2012 wies der AsylGH die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des BF als unbegründet ab.

4. Vor seiner für den 5.12.2012 festgelegten Überstellung nach Polen stellte der BF am 3.12.2012 einen vierten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Den Antrag würde er stellen, weil er ohne seine Familie nicht leben könnte. Seine Lebensgefährtin sei in der 13. Woche schwanger. Dem BF gehe es auch gesundheitlich schlecht, er stehe deshalb in medizinischer Behandlung. Der BF, dem faktischer Abschiebeschutz nicht zukam, wurde am 5.12.2012 nach Polen überstellt.

5. Nach abermaliger illegaler Einreise in das Bundesgebiet stellte der BF am 16.9.2014 einen fünften Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. In der Erstbefragung vom 17.9.2014 gab der BF an, er habe zwei Gründe für seine Rückkehr nach Österreich. Einerseits habe er in Georgien private Probleme und andererseits lebe seine Familie in Österreich. Der BF habe in Georgien USD 20.000,-- Schulden gehabt, man habe ihn mit dem Tod bedroht. Der BF und ein Freund hätten aus der Türkei Orangen importiert. Das Geschäft sei vorerst gut gelaufen, später hätten sie für ihr Geld keine Ware mehr erhalten, die Türken hätten sie betrogen. Der BF sei ein paar Mal von seinen Gläubigern geschlagen und letztendlich mit dem Tod bedroht worden. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden kurz: "BFA") vom 16.4.2015 führte der BF dazu weiter aus, er sei von einem privaten Geldgeber bedroht und geschlagen worden. Der Geschäftspartner des BF sei brutal geschlagen worden. Im Falle seiner Rückkehr nach Georgien fürchte der BF, weil er die hohe Summe nicht bezahlen könne, dass er bedroht werde. Mit Bescheid vom 18.5.2015 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz ab und stellte fest, dass eine Rückkehrentscheidung vorübergehend unzulässig sei.

6. Am 27.4.2016 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005.

Dieser Antrag wurde mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.12.2016 negativ beschieden und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt II.) und dass die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.).

In der dagegen vollumfänglich erhobenen Beschwerde vom 20.12.2016 führte der BF aus, dass er den Antrag im Wesentlichen unter Hinweis auf seine engen familiären Bindungen nach § 55 AsylG 2005 gestellt habe. Er stellte das Haushaltseinkommen (Mindestsicherung der Lebensgefährtin, Familienbeihilfe, Einkommen der Lebensgefährtin aus geringfügiger Beschäftigung von 393,99?, Wohnbeihilfe von 428,94 monatlich, Grundversorgung von ? 215.- monatlich) dar. Er selbst würde im Fall der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in der Gastronomie mit einem Nettogehalt von ? 1.200.- angemeldet werden, wodurch kein Anspruch auf Mindestsicherung mehr bestünde. Im Bundesgebiet lebe sein Bruder XXXX , in Georgien würden seine Eltern und ein jüngerer Bruder leben. Seine Freizeit verbringe er mit den Kindern und sportlichen Aktivitäten. Seine Lebensgemeinschaft sei seit über 10 Jahren aufrecht und alle Kinder seien im Bundesgebiet geboren, rechtmäßig aufhältig und sei die Aufrechterhaltung der Beziehung zum Vater im Sinne des Kindeswohls. Eine Kopie des Reisepasses werde übermittelt. Es werde auf die Rechtsprechung des VwGH zu langen Aufenthaltszeiten verwiesen (Ra 2015/22/0075); bei Aufenthaltszeiten von 10 Jahren und darüber sei selbst bei einem geringen Integrationsgrad die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unzulässig und die Erteilung eines Aufenthaltstitels geboten. Der Behörde sei mangelhaftes Ermittlungsverfahren und eine unschlüssige Begründung anzulasten. Die Behörde habe es unterlassen, die familiären Interessen der Kernfamilienmitglieder abzuwägen. Insbesondere wäre sie verpflichtet gewesen, die Interessen und das Kindeswohl der 4 mj. Kinder ausdrücklich miteinzubeziehen. Die Lebensgefährtin des BF sei ukrainische Staatsbürgerin, ebenso die Kinder, sodass ein Zusammenleben des BF mit seiner Familie in Georgien unmöglich sei. Eine Integration der Kinder könne daher allenfalls in der Ukraine erfolgen, womit sich die Behörde in weiterer Folge aber nicht beschäftigt habe, insbesondere, ob ein Familienleben in der Ukraine überhaupt möglich und zumutbar wäre. Die Behörde habe auch nicht dargelegt, inwiefern sich die Voraussetzungen in der familiären Situation des BF seit der Feststellung der vorübergehenden Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung geändert hätten. Zutreffend sei, dass die Lebensgefährtin aktuell nur geringfügig tätig sei. Im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels würde das Familieneinkommen eine Höhe erreichen, die Leistungen aus der Grundversorgung/Mindestsicherung entfallen ließe. Hiezu wurde auf die vorgelegte Beschäftigungszusage des BF verwiesen. Er habe ein Sprachdiplom A2 erworben und sich um einen Arbeitsplatz bemüht, wozu er einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag übermittelt habe. Er sei bereits als Asylwerber erwerbstätig gewesen. Er bereue seine strafrechtlichen Verfehlungen und sei ihm nach über 6 Jahren nunmehr ein Wohlverhalten zuzubilligen. Die Behörde hätte von Amts wegen festzustellen gehabt, ob nicht sämtliche Verurteilungen bereits getilgt seien. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genutzt habe, sich sozial und beruflich zu integrieren, sei eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach einem derart langen Inlandsaufenthalt noch als verhältnismäßig anzusehen (Ro 2014/22/0017, 11.06.2014). Diese Rechtsprechung sei trotz einiger Lücken in seinem Aufenthalt auch auf den Beschwerdeführer anzuwenden. Weiters wären noch seine familiären Bindungen viel stärker zu gewichten gewesen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei auf Dauer unzulässig und die Erteilung eines Aufenthaltstitels geboten. Zum Beweis dafür, dass die familiären Bindungen intakt seien, sich der BF um die Kindererziehung und den Haushalt kümmere und ein sehr enges Naheverhältnis zu den 4 mj. Kindern bestehe, werde die Einvernahme der Lebensgefährtin beantragt. Weiters wurde ua. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Am 05.09.2018 langte der Abschlussbericht des LPD XXXX vom 24.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach gegen den BF wegen gefährlicher Drohung, schwerer Nötigung, Körperverletzung, fortgesetzter Gewaltausübung, Übertretung des Waffengesetzes, schwerem Raub und Diebstahl durch Einbruch ermittelt wird und er sich seit dem 23.08.2018 in Haft befindet.

7. Am 21.9.2018 stellte der BF einen sechsten Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung vom 21.9.2018 gab der BF zu seinem Fluchtgrund befragt an, seine Kinder und seine Familie seien hier. Im Jahr 2006 habe der BF zusammen mit einem Partner Autos aus Deutschland ausgeführt. Der Partner des BF hätte dann Schulden in der Höhe von USD 50.000,-- gehabt. Als der BF nach Georgien gereist sei, hätten diese Leute das Geld von ihm haben wollen und ihm mit dem Tod gedroht, wenn er das Geld nicht binnen einer Woche zahle. Der Cousin des BF habe diese Drohung auch gehört. In der am 21.9.2018 neuerlich durchgeführten Erstbefragung gab der BF an, er fühle sich in Georgien nicht mehr sicher und befürchte, dass diese Leute ihn umbringen werden. Am 28.12.2017 sei die Drohung gegen ihn ausgesprochen worden, danach sei er gleich am 31.12.2017 nach Österreich geflogen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA vom 9.10.2018 führte der BF sodann aus, dass er vorgehabt hätte, in Georgien seine Frau zu heiraten, jedoch aufgrund der Bedrohungen gezwungen gewesen wäre, nach Österreich zurückzukehren. Er könne auf keinen Fall zurück und habe seine georgische Staatsbürgerschaft bereits abgelegt. Befragt, weshalb er erst im September 2018 den gegenständlichen Asylantrag gestellt habe, obwohl er bereits seit Dezember 2017 in Österreich aufhalte, gab der BF an, er habe nicht gewusst, dass er illegal hier gewesen sei. Er habe dann eine Geldstrafe über EUR 500,-- erhalten. Um den Aufenthalt zu legalisieren, habe der BF dann den gegenständlichen Asylantrag gestellt.

Im Zuge einer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 26.11.2018 erklärte der BF, keine zusätzlichen Angaben zum Asylantrag machen zu wollen. Er habe diesen Asylantrag nur deswegen gestellt, damit er legal in Österreich bleiben dürfe. Er sei am 27.12.2017 in Georgien gewesen, ein paar Tage später sei er wieder nach Österreich geflogen.

Mit Bescheid vom 10.4.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 21.9.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.), eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe gemäß § 55 Abs 1a FPG nicht. (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte das BFA nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, der BF würde seinen Antrag ausschließlich auf Gründe stützen, die er bereits im letzten inhaltlichen Verfahren vorgebracht habe. Ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt liege daher nicht vor. Ein gemeinsames Familienleben mit Frau XXXX und den vier Kindern des BF habe ebenso wenig festgestellt werden können wie eine Abhängigkeit oder besonders enge Beziehung des BF zu seiner in Österreich aufhältigen Mutter oder seinen Brüdern. Eine besondere Integration des BF in Österreich habe nicht festgestellt werden können. Zum Einreiseverbot führte das BFA zusammengefasst aus, der BF stelle durch sein gesamtes Verhalten und die Missachtung der österreichischen Rechtsordnung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

Die gegen diesen Bescheid vom BF fristgerecht mit Schriftsatz vom 23.4.2019 erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 06.06.2019, L503 2143483-2/6E, als unbegründet abgewiesen. Darin wurde ua. folgendes festgestellt:

"[...] Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Der BF wurde in XXXX , Georgien, geboren und ist georgischer Staatsangehöriger. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Georgier und bekennt sich zum russisch-orthodoxen Christentum. Der BF spricht Georgisch und Russisch. Er verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache. Er ist nicht verheiratet und hat vier Kinder. Der BF leidet an keiner schweren, lebensbedrohlichen Krankheit. Der Vater des BF, zu dem er auch in telefonischem Kontakt steht, lebt in Georgien. Der BF verfügt über weitere Verwandte in Georgien, nämlich Onkel, Tanten und Großeltern.

[...] Zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich:

Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und brachte erstmals am 18.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Am 13.7.2011 wurde der BF nach Georgien abgeschoben. Er kehrte über Polen illegal nach Österreich zurück, wo er am 5.9.2012 einen weiteren (den dritten) Antrag auf internationalen Schutz stellte. Am 5.12.2012 wurde der BF nach Polen überstellt. Der BF reiste neuerlich illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.9.2014 den fünften Antrag auf internationalen Schutz. Am 27.12.2017 reiste der BF nach Georgien aus, kehrte jedoch am 31.12.2017 erneut in das österreichische Bundesgebiet zurück, wo er am 21.9.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der BF befindet sich seit 25.8.2018 in Untersuchungshaft in der Justizanstalt XXXX .

Der BF lebte vor seiner Inhaftierung gemeinsam mit Frau XXXX und seinen vier minderjährigen Kindern in einer Wohnung in XXXX . Gegen den BF wurden mehrfach Anzeigen wegen häuslicher Gewalt erstattet sowie dreimal Wegweisungen und Betretungsverbote gemäß § 38a SPG ausgesprochen. Im August 2018 hat Frau XXXX den BF wegen gefährlicher Drohung, schwerer Nötigung, Körperverletzung und fortgesetzter Gewaltausübung angezeigt. Aufgrund der Gewalttätigkeit des BF verließen Frau XXXX und die vier Kinder des BF nach dessen Inhaftierung die Wohnung in XXXX , ohne dem BF ihren Aufenthaltsort mitzuteilen; ein Interesse an einem gemeinsamen Familienleben mit dem BF besteht nicht. Seit seiner Festnahme hat der BF keinen Kontakt zu Frau XXXX oder seinen Kindern und hat keine Kenntnis über ihren Aufenthalt. Er hat nur noch Kontakt zu seiner Mutter.

Die Mutter des BF und seine Brüder halten sich in Österreich auf, ein Abhängigkeitsverhältnis zu diesen Personen konnte nicht festgestellt werden. Die Mutter des BF und ein Bruder sind bereits für die freiwillige Rückkehr nach Georgien angemeldet. Über weitere Familienangehörige oder Verwandte in Österreich verfügt der BF nicht. Engere Kontakte oder freundschaftliche Beziehungen zu Österreichern konnten nicht festgestellt werden. Es konnte weiters nicht festgestellt werden, dass der BF in Vereinen oder sonstigen Organisationen tätig ist. Mit Bescheid vom 21.12.2007 wurde für den BF vom AMS XXXX eine Beschäftigungsbewilligung als Küchengehilfe für die Zeit vom 21.12.2007 bis 20.4.2008 erteilt. Der BF ging bis zu seiner Inhaftierung keiner weiteren Erwerbstätigkeit nach und bezog in diesem Zeitraum mit Unterbrechungen Leistungen aus der Grundversorgung.

Der BF wurde insgesamt sechsmal rechtskräftig durch ein österreichisches Strafgericht verurteilt:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 7.10.2008 (rechtskräftig am 13.10.2008) wurde der BF wegen des Vergehens des Betrugs gemäß § 146 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Tagen verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 20.11.2008 (rechtskräftig am 25.11.2008) wurde der BF wegen der Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs 1 iVm § 81 Abs 1 Z 2 StGB sowie des Imstichlassens eines Verletzten gemäß § 94 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je EUR 3,00 verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 5.3.2009 (rechtskräftig am 9.3.2009) wurde der BF wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen gemäß §§ 15 Abs 1, 127, 129 Z 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 7.5.2009 (rechtskräftig am 12.5.2009) wurde der BF wegen der Vergehen des Diebstahls gemäß § 127 StGB sowie des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15 Abs 1, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 23.11.2010 (rechtskräftig am selben Tag) wurde der BF wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15 Abs 1, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 26.2.2015 (rechtskräftig am 2.3.2015) wurde der BF wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15 Abs 1, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft XXXX hat gegen den BF Anklage wegen des Verbrechens des Raubes gemäß § 142 Abs 1 ua StGB erhoben.

Mit Strafverfügung der LPD XXXX vom 12.9.2018 wurde über den BF wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß § 120 Abs 1a FPG iVm §§ 31 Abs 1a, 31 Abs 1 FPG eine Geldstrafe von EUR 500,-- verhängt."

In diesem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis (Seite 74 ff) wurde zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Hinblick auf eine Rückkehrentscheidung Folgendes dargelegt:

"Der BF brachte im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen keine bedeutenden Gründe vor, die für einen Verbleib in Österreich im Vergleich zum öffentlichen Interesse auf Einhaltung der österreichischen fremdenrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen sprechen würden:

Zwar hält sich der BF bereits seit dem Jahr 2006 mit Unterbrechungen in Österreich auf und hat Kenntnisse der deutschen Sprache. Dem stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, wobei im konkreten Fall Folgendes miteinzubeziehen ist: Der Beschwerdeführer reiste mehrfach - auch nach einer erfolgten Abschiebung nach Georgien sowie einer Überstellung nach Polen und trotz bestehenden Rückkehrverbots - illegal nach Österreich ein und stellte insgesamt bereits sechs unberechtigte Asylanträge, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet vorübergehend zu legalisieren. Den mehrfach gegen ihn ausgesprochenen Ausweisungen leistete der BF nicht folge. Mit Strafverfügung der LPD XXXX vom 12.9.2018 wurde über den BF wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet eine Geldstrafe von EUR 500,-- verhängt. Der BF wurde weiters sechsmal durch ein österreichisches Strafgericht, hauptsächlich wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen, aber auch wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie Imstichlassen eines Verletzten rechtskräftig verurteilt.

Zuletzt hat die Staatsanwaltschaft XXXX gegen den BF Anklage wegen des Verbrechens des Raubes gemäß § 142 Abs 1 ua StGB erhoben. Derzeit befindet sich der BF in Untersuchungshaft in der Justizanstalt XXXX . Die ehemalige Lebensgefährtin des BF sowie seine vier Kinder leben in Österreich. Der BF wurde mehrfach wegen häuslicher Gewalt angezeigt, dreimal wurde gegen ihn eine Wegweisung samt Betretungsverbot ausgesprochen. Im August 2018 hat die ehemalige Lebensgefährtin des BF diesen wegen gefährlicher Drohung, schwerer Nötigung, Körperverletzung und fortgesetzter Gewaltausübung angezeigt. Seit der Inhaftierung im August 2018 hat der BF keinen Kontakt zu ihr und seinen Kindern. Die ehemalige Lebensgefährtin des BF hat die gemeinsame Wohnung mit den Kindern aufgrund der Gewalttätigkeiten des BF nach seiner Inhaftierung verlassen. Ihren nunmehrigen Aufenthaltsort hat sie dem BF nicht mitgeteilt und ist er dem BF auch nicht bekannt. Von Seiten seiner ehemaligen Lebensgefährtin sowie der gemeinsamen Kinder wird kein Kontakt zum BF gewünscht. Ein gemeinsames Familienleben besteht nicht mehr. Der BF hat nur noch Kontakt zu seiner in Österreich lebenden Mutter. Auch zwei Brüder des BF halten sich in Österreich auf. Ein Abhängigkeitsverhältnis des BF zu diesen Personen konnte nicht festgestellt werden. Über engere Kontakte oder freundschaftliche Beziehungen zu Österreichern verfügt der BF nicht. Weitere Schritte zur Integration des BF in Österreich konnten nicht festgestellt werden. Für den Zeitraum vom 21.12.2007 bis 20.4.2008 wurde eine Beschäftigungsbewilligung für den BF als Küchengehilfe erteilt. Seitdem ist der BF keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und bezog mit Unterbrechungen Leistungen aus der Grundversorgung. Der BF ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Im Bescheid des BFA vom 18.5.2015 über den fünften Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde eine Rückkehrentscheidung für vorübergehend unzulässig erklärt. Das BFA begründete dies damit, dass gegen seine Familienmitglieder keine Rückkehrentscheidung vorliege und eine solche gegen den BF einen Eingriff in dessen Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde. Wie den getroffenen Ausführungen zu entnehmen ist, besteht zum Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Gerichtes kein Familienleben des BF mehr. Ein Eingriff in das Recht des BF auf Familienleben liegt damit nicht vor. Zur diesbezüglichen Beschwerdeausführung, wonach die Kinder des BF einen Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte auch zum Vater hätten, ist festzuhalten, dass Kontakte von Seiten der ehemaligen Lebensgefährtin des BF und dessen Kindern abgelehnt werden. Inwiefern sich daraus ein Eingriff in das nunmehr ohnedies nicht mehr bestehende Familienleben des BF ergebe, konnte die Beschwerde nicht schlüssig darlegen. Dem BF musste bereits im Zeitpunkt seiner erstmaligen Einreise nach Österreich bewusst sein, dass sein Aufenthalt in Österreich im Falle einer Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender sein wird. Dem Beschwerdeführer steht es auch frei, seine sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich auch nach der Ausreise weiterhin aufrecht zu erhalten, zB über briefliche, telefonische oder elektronische Kontakte.

Der BF verbrachte den größten Teil seines Lebens in Georgien und verfügt dort über familiäre bzw. verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Form seines Vaters, zu dem er auch in Kontakt steht, sowie Onkeln, Tanten und Großeltern.

Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiters festgestellt, dass dieser in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Bei dem volljährigen BF handelt es sich um eine arbeitsfähige Person, schwere oder lebensbedrohliche Erkrankungen liegen nicht vor. Der BF spricht Georgisch und Russisch und ist mit den Gebräuchen und Sitten in Georgien vertraut. Er stammt aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist. Der BF gehört keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger wäre als die übrige georgische Bevölkerung. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass Familienangehörige und Verwandte des BF in Georgien leben. Es kam im Verfahren nicht hervor, dass das Verhältnis zu diesen Personen zerrüttet wäre, vielmehr steht der BF noch in Kontakt zu seinem Vater und hielt sich auch in der Vergangenheit immer wieder in Georgien auf. Es sind keine Gründe ersichtlich, aus denen der BF gehindert wäre, bei seinen Verwandten zu leben. Aufgrund dieser Überlegungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine über allfällige Anfangsschwierigkeiten hinausgehende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Im Rahmen einer Abwägung dieser Umstände iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des BF iSd Art 8. Abs. 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre. Derartiges wurde nicht substantiiert vorgebracht und auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht dargelegt. Ein Organisationsverschulden der österreichischen Behörden im Hinblick auf die Verfahrensdauer ist nicht feststellbar."

8. Sodann fand am 26.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht zum Antrag vom 27.04.2016 gemäß § 55 AsylG 2005 eine mündliche Verhandlung statt, zu der der Beschwerdeführer in Begleitung seines Rechtsvertreters erschienen ist. Weiters nahmen eine Dolmetscherin für die georgische Sprache sowie ein Vertreter des BFA daran teil. Diese nahm folgenden Verlauf:

"R befragt den BF, ob sie die Dolmetscherin gut verstehen; dies wird bejaht.

R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser physisch und psychisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisse vorliegen:

BF: Ja, es geht mir gut.

R weist den BF auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin und ersucht ihn, die Wahrheit anzugeben und dass wahrheitswidrige Angaben im Rahmen der Beweiswürdigung entsprechend zu berücksichtigen sind.

VR weist den BF auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin und ersucht ihn, die Wahrheit anzugeben und dass wahrheitswidrige Angaben im Rahmen der Beweiswürdigung entsprechend zu berücksichtigen sind.

Dem BF wird kurz zusammengefasst das bisherige Verfahren zur Kenntnis gebracht.

Der BF wird gemäß §51 AVG iVm §49 AVG und im Sinne des §13a AVG belehrt.

Da keine Einwendungen vorliegen, wird der bisherige Akteninhalt verlesen.

Festgehalten wird, dass das BVwG mit rechtskräftigem Erkenntnis L503 21443483-2 vom 06.06.2019 den Asylfolgeantrag des BF gem. § 68 Abs. 1 AVG rechtskräftig negativ entschied und weiters Rückkehrentscheidung, Einreiseverbot und Abschiebungszulässigkeit mit Spruchpunkt II., die Spruchpunkte III. bis VII. des erstinstanzlichen Bescheides betreffend, bestätigte.

R: Sie wurden offensichtlich aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Was wird Ihnen konkret vorgeworfen? Der BF wird ausdrücklich belehrt, sich nicht äußern zu müssen, was ihn strafrechtlich belasten würde.

BF: Ich werde beschuldigt, wegen Raubes und zwar in Anwesenheit meines eineinhalb Jahre alten Sohnes.

R: Verlesen wird der Abschlussbericht der LPD XXXX vom 24.08.2018, da werden Ihnen noch mehrere Delikte vorgeworfen, zu denen Sie sich nicht äußern müsste.

BF: In allen anderen Punkten wurde ich freigesprochen, nur der eine schwere Raub blieb noch übrig. Zuerst war leichter Raub und jetzt ist schwerer Raub.

R: Wissen Sie etwas von einer Hauptverhandlung?

BFA: Ich habe nur Kenntnis, dass der BF in Untersuchungshaft ist.

BF: Ich habe Nichtigkeitsbeschwerde gemacht. Ich wurde erstinstanzlich wegen schweren Raubes verurteilt.

R: Wann sind Sie verurteilt worden?

BF: Vor drei Monaten wurde ich verurteilt.

R: Verlesen wird der Strafregisterauszug den BF betreffend.

R: Ich halte Ihnen vor, dass insgesamt 6 rk. Verurteilungen Sie betreffend im Strafregister aufscheinen. Es liegen zahlreiche Vermögensdelikte vor, einmal wegen Betrugs, viermal Diebstahl und ein Körperverletzungsdelikt steht auch zu Buche. Seit wann sind Sie in Österreich?

BF: Ab 2006.

R: Durchgehend?

BF: 2011 wurde ich abgeschoben nach Georgien, ich kam relativ bald zurück.

R: Wie lange nachher sind Sie zurück?

BF: Ungefähr 4 Monate später bin ich zurückgekommen.

R: Sie kommen nach Österreich, wollen den Schutz Österreichs und benehmen sich so.

BF: Was diese letzte Verurteilung betrifft, das habe ich nicht getan.

R: Es reicht das, was Sie vorher "angestellt" haben.

BF: Es war ein Fehler. Das war vor neun Jahren.

R: 2015 ist die letzte amtliche Eintragung.

BF: Diese Gerichtsverhandlung hätte 2011 stattfinden sollen, ich wurde abgeschoben. Als ich zurückkam, fand diese Verhandlung statt. Deshalb ist es so.

R: Zu welcher Strafe sind Sie in erster Instanz verurteilt worden?

BF: Zu 5 Jahren zuletzt.

R: Seit Ihrer letzten Rückkehr nach Österreich, gibt es irgendetwas Positives zu berichten? Haben Sie Deutschkurse gemacht?

BF: Ich habe einen A2-Deutschkurs abgeschlossen. Ich habe auch einen österreichischen Führerschein.

R: Haben Sie einen Reisepass?

BF: Ja.

BFA: Dieser ist bei den Effekten.

R: Haben Sie jemals etwas gearbeitet in Österreich, seitdem Sie das 2. Mal gekommen sind?

BF: Nein. Ich durfte nicht arbeiten. Meine Frau hat gearbeitet. Ich habe mich um meine vier Kinder gekümmert.

R: Sie haben von der Grundversorgung gelebt?

BF: Ich nicht. Meine Frau arbeitet in einem Hotel/Hauskeeping.

R: Meinen Sie Frau XXXX ?

BF: Ja.

R: Ist das Ihre richtige Ehegattin?

BF: Wir sind zwar standesamtlich nicht verheiratet, wir leben seit 13 Jahren zusammen. Wir hatten eine Heirat vor, das ist sich irgendwie nicht ausgegangen.

R: Ihre Kinder heißen XXXX und XXXX und zwei heißen XXXX .

BF: Zwei heißen wie ich und zwei heißen wie die Mutter.

R: Wieso führen Sie dann einen Aliasnamen ( XXXX )?

BF: Beide sind meine Namen. Jetzt trage ich den Familiennamen meiner Mutter.

R: Sie wechseln das offensichtlich?

BF: Ja. Ich dachte, es wird hierhergebracht.

R: Haben Sie außer Ihrer Familie sonst irgendwelche Bezugspunkte in Österreich?

BF: Mein Bruder lebt hier noch mit seiner Familie.

R: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen, machen Sie gemeinnützige Tätigkeiten?

BF: Ich habe in der Schule meines Sohnes mitgeholfen. Mein Sohn spielt Fußball. Ihn und seine Kameraden habe ich unentgeltlich immer gefahren, zu den Meisterschaften habe ich sie gefahren.

R: Wieso führen Sie gleichzeitig mehrere Verfahren? Sie stellen einen Asylantrag, einen Folgeasylantrag und einen Antrag separat auf einen Aufenthaltstitel.

BF: Als ich zuletzt festgenommen wurde, hat man mir gesagt, dass ich mich hier illegal aufhalte. Als ich mich gestellt habe, wollte ich nur legal hier sein, deshalb habe ich mich gestellt.

R: Deshalb haben Sie den Antrag auf Aufenthaltstitel gestellt?

BF: Mein letzter Antrag war 2018. Deshalb habe ich den Asylantrag 2018 gestellt.

R: Wenn Sie nur legal da sein wollen, ist nicht das Asyl als Instrument zuständig, da ist ein "Aufenthaltsbewilligungsverfahren" zuständig.

BF: Ich habe sehr viele Anträge gestellt. Niemand hat sich darum gekümmert, was ich mache. Deshalb habe ich 500 Euro Strafe bekommen.

R: Sie waren sogar durch einen Anwalt vertreten. Er wird Ihnen alles gesagt haben.

BF: Er hat gesagt, ich muss freiwillig zurückkehren. Am 27. Dezember 2017 bin ich freiwillig zurückgekehrt und am 31. bin ich zurückgekommen.

R: Sie kehren im Dezember 2017 zurück, halten das Asylfolgeantragsverfahren aufrecht und begeben sich wieder unter den Schutz des Herkunftsstaates?

BF: Das Bundesasylamt hat mich vorgeladen und ich habe meinen Reisepass hingebracht und ich bin freiwillig zurückgekehrt.

R: Warum haben Sie dann den Asylfolgeantrag nicht zurückgezogen und die österreichischen Behörden/Gerichte weiterbeschäftigt?

BF: Das Asylamt hat mich vorgeladen und mir gesagt, dass das Asylverfahren abgeschlossen sei, ich habe deswegen meinen Reisepass hingebracht und ich bin freiwillig zurückgekehrt.

R: Georgien ist nicht nur aus Ihrer persönlich heute dargebrachten Perspektive, sondern auch zufolge des Staatendokumentationsmaterials und der insofern erlassenen Verordnung ein sicherer Herkunftsstaat und wird zugrunde gelegt in der aktuellen Entscheidung: Das LIB der Staatendokumentation, der Bericht des Auswärtigen Amtes, beide aktualisiert und auf weitere Länderdokumentationsmaterialien verweisend, bilden die Grundlagen für die Länderfeststellungen. Es ergibt sich aus Ihrem individuellen Vorbringen im Zusammenhalt mit der Länderinfo, dass bei einer Rückkehr nach Georgien keine Gefährdung Ihrerseits anzunehmen ist.

BF: Es ist nicht ganz so, wie es im Internet steht und wie es geschrieben wird. Die Realität in Georgien ist etwas anders.

R: Wenn Sie immer jeweils zurückkehren, einmal freiwillig, einmal durch Abschiebung, wo haben Sie sich aufgehalten, wo leben Sie?

BF: Bei meiner Oma.

R: Ansonsten bei Verwandten?

BF: Tanten und Onkel habe ich.

R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?

BF: Nach der Schule habe ich 4 Jahre lang Jus studiert. Ich habe aber nicht gearbeitet. Es waren in Georgien schlechte Zeiten, es gab keine Arbeit. Ich habe nicht gearbeitet. Ich habe aus Deutschland Fahrzeuge nach Georgien gebracht und dort legal verkauft.

R: Wie lange haben Sie das gemacht?

BF: Von 2001 bis 2006.

R: Ist Ihnen das Erkenntnis bekannt vom Juni 2019, mit dem Ihr Asylfolgeantrag verworfen wurde? Wollen Sie noch ergänzend etwas dazu sagen?

BF: Nein. Ich will dazu nichts mehr sagen.

BFA: Keine Fragen.

BFA: Unabhängig von Ihrer Inhaftierung, leben Sie ja offensichtlich getrennt von Ihren in Österreich lebenden Familienangehörigen.

BF: Nein. Ich bin im Gefängnis.

R: Sie wissen die Adresse Ihrer Gattin nicht?

BF: Ich kenne die Adresse meiner Gattin und die Kinder nicht, weil mir die Polizei das nicht sagt.

BFA bringt vor, dass sich aus dem Erkenntnis der GA L503 ergibt, dass dreimal ein Wegweisungsverbot gegenüber dem BF erlassen wurde.

R: Sie dürfen nicht mehr die Frau sehen. Selbst wenn das strafrechtlich nicht relevant sein sollte, fürchten sich Ihre Angehörigen von Ihnen, selbst wenn die Unschuldsvermutung gilt.

BF: Ich weiß davon nichts. Auch die Polizei hat mich diesbezüglich nicht einvernommen.

R: Im Abschlussbericht wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass Sie alle Taten leugnen. Man hat Sie offensichtlich damit konfrontiert. Es gibt eine Wegweisung. Sie wissen nicht, wo sich Ihre Leute aufhalten und Sie sprechen von Familien- und Privatleben?

BF: Ich habe keine Ahnung, warum ich weggewiesen wurde.

BFA verweist auf S 74 des Erkenntnisses vom 06.06.2019.

BFA bringt vor, dass die Beschäftigung der Behörden und Gerichte an Mutwillen grenzt, da 15 Verfahren vor den beiden Instanzen geführt wurden.

BF: Ich bin jetzt das 1. Mal da, nein, das stimmt nicht.

BFA: Zum Familienleben: Bruder und Mutter sind am 25.04.2019 ausgereist und leben nicht mehr wie vom BF behauptet, in Österreich.

R: Warum sagen Sie das, wenn diese nicht mehr hier sind?

BF: Ich habe noch einen Bruder, der hier lebt. Er heißt XXXX .

R: Wann ist er geboren, wie alt ist er?

BF: Am XXXX ist er geboren. Er lebt in Österreich in XXXX .

R: Warum gibt es hier wieder einen anderen Namen?

BF: Er trägt den anderen Namen, den Familiennamen seiner Frau.

R: In welcher Beziehung stehen Sie zu dem Bruder?

BF: Er ist mein Bruder. Er ist auch im Gefängnis, so wie ich. Er ist mit mir zusammen im Gefängnis wegen des Raubes.

R: Bezeichnen Sie diesen nur als Bruder, weil er ein "Spezi" ist?

BF: Wir haben die gleichen Eltern.

R: Warum weiß davon die Verwaltungsbehörde?

BFA gibt dazu an, dass der Bruder als Komplize geführt wird. Als Bruder ist er uns nicht bekannt.

R: Warum sagen Sie der Behörde, dass er ein Bruder ist?

BF: Jeder weiß, dass wir Brüder sind.

BFV: Keine Fragen.

R: Gibt es ein Vorbringen?

BFA: Kein Vorbringen.

BFV: Wie in der Beschwerde. Zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ist dem BF eine Aufenthaltsberechtigung Plus zu erteilen."

Am 16.09.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Kopie des österreichischen Führerscheins des BF sowie einer georgischen Geburtsurkunde ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den persönlichen Verhältnissen des BF:

Hiezu wird auf die (oben unter Punkt 7. wiedergegebenen) Feststellungen im rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 06.06.2019 verwiesen, zumal sich seither keine Veränderungen im Privat- und Familienleben des BF, der sich seit August 2018 in Untersuchungshaft befindet, ergeben haben.

Die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers haben Österreich zwischenzeitig am 25.04.2019 verlassen.

Ein vom BF als sein Bruder bezeichneter Komplize, der sich ebenfalls in Haft befindet, und zu dem weder ein gemeinsamer Haushalt noch irgendein Abhängigkeitsverhältnis besteht, lebt noch samt Familie in Österreich.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund der allgemeinen Verhältnisse in Georgien aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder dass ihm im Falle einer Rückkehr ins Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Vom BF wurden diesbezüglich keine substantiierten individuellen Gründe dargetan, die einer solchen Einschätzung widersprechen würden, noch wurde dies in irgendeiner Form in der Beschwerde geltend gemacht.

Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang als Sachverhalt festgestellt.

1.2. Zur Situation in Georgien:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

2. Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017): Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50, http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

3. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis, https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

3.1. Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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