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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des C in Wien, geboren am, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in Wien I, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. November 1995, Zl. 4.347.608/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, reiste am 12. November 1993 in das österreichische Bundesgebiet ein. Erst am 9. Oktober 1995 beantragte er die Gewährung von Asyl. Anläßlich seiner daraufhin am 10. Oktober 1995 erfolgten niederschriftlichen Befragung gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, er sei im Jahr 1993 eigentlich mit der Absicht gekommen, hier um Asyl anzusuchen, ein Rechtsanwalt habe ihm jedoch mitgeteilt, daß er "die Frist für die Antragstellung versäumt" habe. Danach habe er sich um ein Visum bemüht und auch eine Aufenthaltsbewilligung, die letzte gültig bis 10. Jänner 1995, erhalten. Am 17. Februar und am 28. November 1994 sei die Gültigkeit seines türkischen Reisepasses jeweils von der Botschaft in Wien verlängert worden. Sein Vater sei vermutlich 1990 nach Österreich geflüchtet, wo man ihm Asyl gewährt habe. Sein Vater sei in der Türkei politisch tätig gewesen, indem er die kurdischen Freiheitskämpfer mit Geld und Lebensmitteln unterstützt habe. Während der Schulzeit des Beschwerdeführers sei er in ein Internat in Kigi aufgenommen worden, während sein Vater im Untergrund gelebt habe. Soviel er (der Beschwerdeführer) wisse, habe sich sein Vater seit damals in Istanbul aufgehalten. Der Vater habe ihm auch das Schulgeld überwiesen, trotzdem habe er (der Beschwerdeführer) teilweise nichts zu essen bekommen. Er sei bereits in dieser Zeit über den Aufenthaltsort seines Vaters befragt worden. Diese Verhöre seien auch fortgesetzt worden, als sein Vater bereits die Türkei verlassen gehabt habe. Er selbst sei in seiner Heimat nie politisch tätig gewesen. Im Jahr 1988 sei er ein paar Mal von Polizisten auf die Polizeistation mitgenommen und geschlagen worden, um den Aufenthaltsort seines Vaters bekanntzugeben. Auch sei er in diesem Jahr aus der Schule ausgeschlossen worden. Er habe anschließend dann bis 1993 in seinem Heimatdorf gelebt. Erst zu diesem Zeitpunkt sei es seinem Vater gelungen, eine Einladung nach Österreich zu übermitteln, sodaß er die Türkei habe verlassen können. Auf den Vorhalt, er habe sich durch die zweimalige Verlängerung seines Reisepasses bei der türkischen Botschaft in Wien wieder unter den Schutz des türkischen Staates gestellt, würden die türkischen Behörden eine Verfolgung beabsichtigten, wäre sein Reisepaß sicher nicht verlängert worden, gab der Beschwerdeführer an, er habe keine Bedenken gehabt, auf der Botschaft seinen Reisepaß verlängern zu lassen. Er habe auch den Konventionspaß seines Vaters mit dabei gehabt. Der Reisepaß sei ihm problemlos verlängert worden, es sei "gegen ihn nichts vorgelegen". Bei einer Rückkehr in die Türkei müßte er allerdings seinen Wehrdienst ableisten, dies wolle er auf keinen Fall, da "er als Kurde nicht dem türkischen Staat dienen" wolle. Obwohl er einen türkischen Reisepaß habe, identifiziere er sich nicht mit dem türkischen Staat, sondern fühle sich als Kurde.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Oktober 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, ihm Asyl zu gewähren, gemäß § 3 AsylG 1991 abgewiesen. Dabei verneinte die Behörde erster Instanz das Vorliegen einer gegen den Beschwerdeführer gerichteten akuten Verfolgungsgefahr, da er selbst keine politische Gesinnung öffentlich kundgetan habe oder zumindest einer solchen verdächtigt worden sei und auch die gegen ihn ergriffenen Maßnahmen nicht die Intensität erreicht hätten, daß von einer Sippenhaftung hätte gesprochen werden können. Weiteres Indiz gegen das Bestehen einer Verfolgungsgefahr sei auch die problemlose Verlängerung seines Reisepasses und seine eigene Angabe, gegen ihn liege nichts vor, sodaß er selbst keine Bedenken gehabt habe, sich wieder unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen. Auch die Möglichkeit der Einberufung zur Militärdienstleistung stelle keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, weil die bloße Einberufung noch keine Rückschlüsse auf eine Verfolgungsmotivation des Staates zuließen. Auch seien seinem Vorbringen keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen gewesen, daß mit dieser Einberufung eine asylrelevante Verfolgung beabsichtigt gewesen wäre.
In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung machte der Beschwerdeführer keine von seiner Ersteinvernahme abweichenden Umstände geltend, sondern verwies lediglich auf die allgemeinen Verhältnisse der Kurden in seinem Heimatland und äußerte die Befürchtung, im Falle seiner Rückkehr dorthin "verfolgt und gefoltert" zu werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und begründete dies im wesentlichen im Hinblick auf die zweimalige Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Reisepasses des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991, wonach von der Asylgewährung ausgeschlossen ist, wer sich wiederum unter den Schutz seines Heimatlandes stellt. Zweifel an der Freiwilligkeit der diesbezüglichen Antragstellung hätten sich nicht ergeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im wesentlichen macht der Beschwerdeführer geltend, die Behörden des Verwaltungsverfahrens hätten ein Ermittlungsverfahren über den Grund der Antragstellung für die Reisepaßverlängerung nicht durchgeführt.
Dies ist insoweit unzutreffend, als sich nicht nur aus dem vorgelegten Paß des Beschwerdeführers die von ihm auch zugestandene Tatsache der zweimaligen Verlängerung der Gültigkeitsdauer seines Reisepasses ergibt, sondern auch aktenkundig ist, daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner Ersteinvernahme ausdrücklich zu den näheren Umständen seiner Paßverlängerung, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt einer allfälligen Wiederunterschutzstellung, befragt worden ist. Welche Motive ihn dabei geleitet haben mögen, ist nur dann von Relevanz, wenn diese - wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausgeführt hat - auf die Freiwilligkeit Einfluß gehabt hätten. Daß der Beschwerdeführer damit nicht die Absicht verfolgt hat, sich wieder unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen, ist dabei irrelevant, hat er doch nachteilige Folgen aus seiner Antragstellung zu tragen, sofern nicht eine Einschränkung der Freiwilligkeit derselben vermutet werden muß (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/20/0466).
Insoweit der Beschwerdeführer Fragen der asylrechtlichen Gleichbehandlung Familienangehöriger aufgreift, ist ihm zu entgegnen, daß die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Behauptungen nicht nur unter das Neuerungsverbot des § 41 VwGG fallen, sondern auch dann nicht von Relevanz sein könnten, wenn zwar die Flüchtlingseigenschaft vorläge, der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991 aber dennoch zu bejahen wäre. Liegt daher im aufgezeigten Sinn der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991 vor, kommt es auf eine allfällige Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers nicht mehr an. Daß die belangte Behörde aber ausgehend von den Ermittlungsergebnissen des Verfahrens erster Instanz den genannten Ausschließungsgrund als gegeben erachtet hat, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995200789.X00Im RIS seit
20.11.2000