TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/2 L511 2131307-2

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Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

ASVG §4
ASVG §410
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L511 2131307–2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch QUINTAX, Gerlich-Fischer-Kopp, SteuerberatungsGmbH, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse) vom 04.05.2016, GZ XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Verfahren vor der Salzburger Gebietskrankenkasse [OÖGKK]

1.1.    Gegenständliches Verfahren wurde aufgrund einer anonymen Anzeige bei der zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption eingeleitet. Im Folgenden führte die Salzburger GKK eine gemeinsame Prüfung der lohnabhängigen Abgaben [GPLA] bei der beschwerdeführenden Partei [I] durch.

1.2.    Mit Versicherungspflichtbescheid [VPflB] vom 03.05.2016, GZ XXXX , stellte die OÖGKK fest, dass TS hinsichtlich der für die I ausgeübten Tätigkeit als XXXX Berater im Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.07.2013 als Dienstnehmer der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG unterlag (AZ 8).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Tätigkeit von TS sei nicht bestritten worden, die wesentlichen Kriterien der Dienstnehmereigenschaft im Vergleich zu den Merkmalen der selbständigen Tätigkeit überwiegten und es liege daher ein abhängiges Dienstverhältnis vor.

1.3.    Mit verfahrensgegenständlichem Beitragsnachverrechnungsbescheid [NVB] vom 04.05.2016, XXXX , verpflichtete die OÖGKK die beschwerdeführende Partei nachverrechnete Sozialversicherungsbeiträge, Beiträge zur Betrieblichen Vorsorge sowie einen Beitragszuschlag in einer Gesamthöhe von EUR 102.932,21 an die OÖGKK zu entrichten.

1.4.    Mit Schreiben vom 30.05.2016, Postaufgabe am 02.06.2016, wurde gegen beide Bescheide fristgerecht Beschwerde [Bsw] erhoben.

2.       Die belangte Behörde legte am 21.07.2016 dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer (nicht durchnummerierter) Form vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 [=AZ 1-12]).

3.       Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ L511 2131307-1/5E, über die Versicherungspflicht von TS.

II.      ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1.    Die verfahrensgegenständliche Beitragsnachverrechnung basiert auf der mit Versicherungspflichtbescheid, Zahl XXXX , erfolgten nachträglichen Einbeziehung von TS in die Pflichtversicherung für den Zeitraum von 01.01.2010 bis 31.07.2013.

1.2.    Das BVwG hat mit Entscheidung vom heutigen Tag, GZ L511 2131307-1/5E, die Beschwerde gegen den Versicherungspflichtbescheid der OÖGKK abgewiesen, so dass die Versicherungspflicht von TS in der Zeit von 01.01.2010 bis 31.07.2013 aufgrund der für die beschwerdeführende Partei in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit.a AlVG rechtskräftig festgestellt ist. Zur näheren Begründung wird auf die im RIS abrufbare Entscheidungen GZ L511 2131307-1 verwiesen.

1.3.    Auf Grund der rückwirkenden Feststellung der Versicherungspflicht wurden bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Sozialversicherungsbeiträge für dieses Dienstverhältnis entrichtet. Die Höhe der Nachverrechnung wurde seitens der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten.

2.       Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1.    Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem BVwG vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt aus dem sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Verfahrensinhalt ergibt (OZ 1).

2.2.    Die getroffenen Feststellungen ergeben sich unmittelbar aus den Aktenteilen. Dass für das Dienstverhältnis bis zur Nachverrechnung keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden, ergibt sich aus dem Verfahrensakt und wurde von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten.

3.       Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1.1.  Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter (§ 24 VwGVG unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC]). Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.1.2.  Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt ist in den entscheidungswesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig (vgl. dazu VwGH 19.09.2018, Ra2018/11/0145).

4.       Rechtliche Beurteilung

4.1.1.  Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die GKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2.  Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2.    zur Abweisung der Beschwerde

4.2.1.  Beitragsschuldner im Sinne des § 58 Abs. 2 ASVG ist der Dienstgeber jener Dienstnehmer, aufgrund von deren Beschäftigungsverhältnissen die Beitragsschulden entstanden sind (VwGH 26.01.2005, 2002/08/0165), wobei im Verfahren betreffend die Beitragspflicht die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228, E 13.11.1978, 822/78) bildet.

4.2.2.  Gegenständlich ist die Versicherungspflicht rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG festgestellt worden. Daran sind innerhalb der Grenzen der Rechtskraft sowohl die Behörden als auch die Parteien gebunden, weswegen im Verfahren über die Beitragspflicht die Frage der Versicherungspflicht und der Dienstnehmereigenschaft (und der damit verbundenen Dienstgebereigenschaft) nicht neuerlich aufgerollt werden darf (vgl. VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228; 08.03.1994, 1994/08/0031 unter Verweis auf den Stammrechtssatz 06.02.1990, 89/08/0357).

Der Beschwerdeführer hat als Dienstgeber für den gegenständlich betroffenen Dienstnehmer TS bis zur Feststellung der Versicherungspflicht keine Beiträge gemäß § 58 Abs. 1 ASVG entrichtet, weshalb diese zu Recht vorgeschrieben wurden.

4.2.3.  Der Höhe der nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge ist die beschwerdeführende Partei nicht entgegengetreten, so dass die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen ist.

III.    ad B) Unzulässigkeit der Revision

Sowohl die gegenständliche Beurteilung der Vorfrage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 2 ASVG als auch die Beurteilung der Beitragspflicht gemäß § 58 Abs. 2 ASVG erfolgte anhand der jeweils wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Zur Verbindlichkeit einer rechtskräftigen Versicherungspflicht im Verfahren über die Beitragspflicht insbesondere VwGH 26.05.2014, 2012/08/0228 mwN. Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich aus dem Gesetz und es ergeben sich gegenständlich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage. Vor diesem Hintergrund ist die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung Rechtskraft der Entscheidung Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2131307.2.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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