Entscheidungsdatum
04.05.2020Norm
AlVG §25Spruch
L501 2230471-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus BRANDNER und Dr. Andreas GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von Herrn XXXX , SVNR XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz vom 25.02.2020 wegen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird einleitend auf das dem gegenständlichen Verfahren vorangegangene hg Verwaltungsverfahren mit der GZ. L 524 2224780-1 verwiesen. Es handelte sich um ein Verfahren bezüglich der Verhängung einer Sperrfrist gemäß § 38 iVm 10 AlVG. Der Beschwerde kam von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu, weshalb die Notstandshilfe für die Dauer des Verfahrens (vorläufig) weiter ausbezahlt wurde. Dieses Verfahren wurde mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2020, GZ L524 2224780-1/8E, beendet. Die Beschwerde wurde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die bP im Zeitraum vom 01.07.2019 bis 11.08.2019 den Anspruch auf Notstandshilfe verloren hat.
I.2. Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde wurde die bP gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in der Höhe von EUR 1.523,34 verpflichtet und festgehalten, dass, sofern die bP im Leistungsbezug stehe, die Rückforderung von ihren Ansprüchen einbehalten werde; stehe sie nicht im Leistungsbezug, so sei der Rückforderungsbetrag binnen 14 Tagen auf ein näher bezeichnetes Konto einzuzahlen (Spruchteil A). Unter einem wurde die aufschiebende Wirkung einer dagegen erhobenen Beschwerde gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchteil B).
Zu Spruchpunkt A wurde begründend ausgeführt, dass aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2020 [Anmerkung: hg. GZ. L524 2224780-1/8E] die Verpflichtung zum Rückersatz des angeführten Betrages bestehe.
Zu Spruchpunkt B wurde ausgeführt, dass eine Entscheidung über die Beschwerde in der Hauptsache vorliege, so dass die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausschließlich dazu führen würde, dass die Eintreibung der offenen Forderung zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzögert würde, obwohl mit einer anderslautenden Entscheidung in der Sache zu Gunsten der bP nicht mehr zu rechnen sei. Aus diesem Grunde überwiege das öffentliche Interesse an der Einbringlichkeit der offenen Forderung.
Mit Schreiben vom 31.03.2020 wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie auf Aufhebung des Bescheides gestellt. Mit Schreiben vom 6.4.2020 forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf § 9 VwGVG auf, ihre Beschwerde zu begründen. Mit Schreiben vom 20.4.2020 begründete die beschwerdeführende Partei ihre Beschwerde damit, dass ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshofs gestellt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 23.4.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Hinweis vor, dass eine Beschwerdevorentscheidung zu § 25 Abs. 1 AlVG ihrerseits noch ergehen werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrensgang.
II.2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde sowie den hg. Akt samt Bezugsakt L 524 2224780-1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der vorliegenden Aktenlage und ist unstrittig. Die rechtswirksame Zustellung des Erkenntnisses ergibt sich aus dem im Gerichtsakt zur Verfahrenszahl L 524 2224780-1/8E einliegenden RSa-Ru?ckschein.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, […], und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
II.3.1. Auszug aus relevanten Rechtsvorschriften und Judikatur
Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG aufschiebende Wirkung. Diese kann gemäß Abs. 2 leg.cit. von der Behörde mit Bescheid ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen und hat das Verwaltungsgericht ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Die Entscheidung über die Zuerkennung oder die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kann nur das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung sein, welche die berührten öffentlichen Interessen und die Interessen von Verfahrensparteien berücksichtigt (VwGH 01.09.2014, Ra2014/03/0028, VfGH 02.12.2014, G74/2014). Es muss sich um ein besonderes öffentliches Interesse handeln, aus dem wegen der "triftigen Gründe" des konkreten Falles die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides sachlich geboten ist (Hengstschläger/Leeb1, AVG § 64 Rz 29 mHa VfSlg 11.196/1986; 16.460/2002; 17.346/2004).
Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 3f und 19 zu § 56). Wirkt der Notstandshilfebezieher an den Feststellungen über die Einbringlichkeit nicht mit, kann von einer Gefährdung derselben ausgegangen werden (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 19 zu § 56). Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (VwGH 11.04.2018, 2017/08/0033 mwN zur Interessenabwägung VwGH 14.02.2014, Ro2014/02/0053 und zur Erfolgsprognose VwGH 09.05.2016, Ra2016/09/0035).
II.3.2. Gegenständlich wurde der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung seitens der belangten Behörde damit begründet, dass im Verfahren bezüglich der Verhängung einer Sperrfrist gemäß § 10 Abs. 1 Z1 AlVG bereits eine rechtskräftige Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht vorliege. Die Aberkennung diene dazu, die Eintreibung der offenen Forderung nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft zu verzögern und es sei darüber hinaus auch nicht mit einer anderslautenden Entscheidung zu rechnen.
Diese Begründung steht im Einklang mit der bereits zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach insbesondere in Verfahren zur Verhängung einer Sperrfrist ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vorliegt; insbesondere im verfahrensgegenständlichen Fall, in dem die Rechtmäßigkeit der Verhängung der Sperrfrist bereits rechtskräftig entschieden wurde.
Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen der belangten Behörde für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat (VwGH 11.04.2018, 2017/08/0033 mwN)
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft die bP hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils sohin eine Konkretisierungspflicht (VwGH 11.04.2018, Ro2017/08/0033; 14.02.2014, Ro2014/02/0053). Die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils erfordert die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Denn erst die tunlichst ziffernmäßigen Angaben über die finanziellen Verhältnisse versetzen das erkennende Verwaltungsgericht in die Lage, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Betroffenen einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte, und ermöglichen so erst die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. für viele VwGH 02.03.2017, Ra2017/08/0009 mwN; 24.02.2016, Ra2016/08/0043).
Die Begründung der bP erschöpft sich jedoch auch nach dem seitens der belangten Behörde erteilten Verbesserungsauftrag im Hinweis, sie habe im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren L 524 2224780-1 einen Verfahrenshilfeantrag an den Verwaltungsgerichtshof gestellt. Der Konkretisierungspflicht wurde hierdurch nicht nachgekommen.
Dass der bP aus der Begleichung der Forderung der belangten Behörde ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde, wurde von dieser sohin nicht dargetan, insbesondere auch, da gemäß § 25 Abs. 4 AlVG grundsätzlich die Möglichkeit besteht die offene Forderung im Wege von Ratenzahlungen oder der teilweisen Einbehaltung eines laufenden Notstandshilfebezuges zu bedienen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht gleichsam einem Eilverfahren ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte, etwa Gewährung von Parteiengehör oder Durchführung einer Verhandlung, aber auch ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu erkennen hat (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 13 VwGVG, K17; Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) [§13 VwGVG, Anm 8]). Das Verwaltungsgericht hat somit ausschließlich aufgrund der vorgelegten Aktenteile zu entscheiden.
Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes vermag der erkennende Senat weder die Erwägungen der belangten Behörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung - insbesondere vor dem Hintergrund des gegenständlichen Verfahrens (Rückforderung nach abgeschlossenem Sperrfristverfahren) -als unschlüssig zu erkennen, noch Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Nachteil für die bP erkennen.
Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erfolgte sohin zu Recht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf die jeweils wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und weicht von dieser auch nicht ab. Zur Konkretisierungspflicht VwGH 14.02.2014, Ro2014/02/0053; 11.04.2018, Ro2017/08/0033; zur Interessenabwägung insbesondere in Verfahren bezüglich der Verhängung einer Sperrfrist gemäß § 10 Abs. 1 Z1 AlVG VwGH 11.04.2018, Ro2017/08/0033. Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung, siehe dazu explizit VwGH 09.06.2015, Ra2015/08/0049, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden", was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (VwGH 09.06.2015, Ra2015/08/0049).
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Interessenabwägung Konkretisierung Notstandshilfe RückforderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2230471.1.00Im RIS seit
20.11.2020Zuletzt aktualisiert am
20.11.2020