TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/5 L501 2202701-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.05.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4
Koordinierung Soziale Sicherheit Art11

Spruch

L501 2202701-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX (nunmehrige XXXX ) GmbH, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, ÖGK-S) vom 14.02.2012, GZ: 046- XXXX /CF 10/12, zu Kto. Nr. XXXX , betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG von XXXX , im Zeitraum 19.11.2011 bis 30.04.2012, XXXX , im Zeitraum 20.11.2011 bis 30.04.2012 und XXXX , im Zeitraum von 19.11.2011 bis 30.04.2012 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid der belangten Behörde vom 14.02.2012 wurde festgestellt, dass von XXXX (in der Folge MB 1), XXXX , im Zeitraum 19.11.2011 bis 30.04.2012, XXXX (in der Folge MB 2), XXXX , im Zeitraum 20.11.2011 bis 30.04.2012 und XXXX (in der Folge MB 3), XXXX , im Zeitraum von 19.11.2011 bis 30.04.2012 aufgrund der für die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit als Dienstnehmer der Pflicht(Voll)-Versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit a AIVG unterliegen.

Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen einer durchgeführten Kontrolle durch Prüforgane der Abgabenbehörden des Bundes sowie der belangten Behörde am 07.02.2012 in einem konkret bezeichneten Hotel die angeführten Personen ohne Entsendebestätigung und ohne Meldung zur österreichischen Sozialversicherung bei Arbeiten für die beschwerdeführende Partei betreten worden seien. Die beschwerdeführende Partei sei eine dänische Reiseveranstalterin, sie verkaufe unter anderem auch Reisen nach Österreich. Die beschwerdeführende Partei habe in Dänemark ein Stammpersonal von ca. 25 Personen. Sie schicke sogenannte Skireiseleiter in die einzelnen Destinationen nach Österreich, wo es jeweils einen Destinationschef gebe, der die Leitung über die Skireiseleiter habe. Als Destinationschef für den gegenständlichen Ort wird eine näher bezeichnete Person genannt, seine Stellvertreterin sei die MB 2. Für den gegenständlichen Ort würden 9 Skireiseleiter eingesetzt, ein Reiseleiter sei 24 Stunden für die Gäste erreichbar. Die Skireiseleiter verfügten über österreichische (Dienst-) Handys. Vor Ort seien die als Reiseleiter tätigen und teils als Skilehrer bzw. für die Gästebetreuung und Animation zuständigen MB 1 bis 3 angetroffen worden. Es fänden auch Veranstaltungen der Skireiseleiter in den Hotels statt. Den Skireiseleitern seien vor Ort fixe Arbeitszeiten vorgegeben, dies bereits aufgrund der angebotenen (Unterhaltung-) Programme/Ausflüge, Pistentouren, Kinderbetreuung sowie der Sprechstunden in den Hotels und der 24 Stunden Bereitschaft. Die Skireiseleiter bekämen einen Skipass zur Verfügung gestellt sowie freie Kost und Logis. Bei der Kontrolle seien die 3 Skireiseleiter beim Frühstück mit den Gästen angetroffen worden. Die Skireiseleiter würden Anfang der Saison in Österreich eingeschult, sie bekämen eine Art Skilehrerausbildung, dann würden sie in die einzelnen Destinationen aufgeteilt werden.

Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde insbesondere auf die niederschriftlichen Angaben der einvernommenen Personen, des im Rahmen des bei der Betretung festgestellten Sachverhalts vor Ort, auf vorgelegte Programme über Veranstaltungen/Ausflüge, die Broschüre der beschwerdeführenden Partei mit welcher die 24h-Skireiseleiter beworben werden, den Angaben der MB 1 bis 3 sowie auf vorgelegte Sprechzeiten der Reiseleiter in den Hotels verwiesen. Neben der Zitierung der rechtlichen Bestimmungen wurde ausgeführt, dass die MB 1 BIS 3 mangels Vorliegen eines A1-Formulars den österreichischen Rechtsvorschriften unterlägen.

Nach Vornahme einer Akteneinsicht bei der belangten Behörde führte die rechtsfreundlich vertretene bP in ihrem fristgerecht erhobenen Einspruch an die zu diesem Zeitpunkt zuständige Landeshauptfrau von Salzburg aus, dass die vom Bescheid umfassten Personen lediglich als ihre (Reisebüro) Ansprechpartner vor Ort dafür für zuständig seien, dass etwaige Beschwerden der Kunden oder Fragen zu Folgebuchungen geklärt werden könnten. Diese Personen seien jedoch nicht damit beschäftigt, den Inhalt der über Vermittlung der beschwerdeführenden Partei gebuchten Reise zur Verfügung zu stellen bzw. bei der Erfüllung des zwischen dem Urlauber und Dritten abgeschlossenen Reisevertrages mitzuwirken.

Zur Beurteilung dieser Beschäftigung sei § 3 Abs. 3 ASVG einschlägig, da es sich bei der beschwerdeführenden Partei zweifellos um einen ausländischen Betrieb handle, welcher im Inland keine Betriebsstätte unterhält. Die von der belangten Behörde an die dänische Sozialversicherung gerichtete Anfrage habe ergeben, dass diese jedenfalls von der Anwendung dänischen (Sozialversicherungs-) Recht ausgehe; nicht ersichtlich sei, warum keine weitere Korrespondenz geführt worden ist. Aufgrund der offensichtlich vorliegenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Sozialversicherungsträgern wäre zudem gemäß Beschluss Nr. A1 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 12.6.2009 ein Dialog und Vermittlungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten durchzuführen gewesen. Auch habe die belangte Behörde die aus der VO 883/2004 herangezogenen Artikel nicht richtig angewandt, so würde sich gemäß Art. 12 Abs. 1 leg. cit ergeben, dass die Rechtsvorschriften jenes Mitgliedstaates zur Anwendung gelangten, in welchem der Arbeitgeber gewöhnlich tätig sei und dies sei Dänemark. Es werde der Antrag gestellt, den für den Personalbereich zuständigen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei im Rechtshilfeweg einzuvernehmen. Es werde der Antrag gestellt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Mit Schreiben vom 05.04.2012 legte die belangte Behörde den Einspruch mitsamt dem Verwaltungsakt der Landeshauptfrau von Salzburg vor, verwies auf das rechtskräftig abgeschlossene Versicherungspflichtverfahren aus der Saison des Vorjahres und teilte mit, dass laut Auskunft der steuerlichen Vertretung in der Besprechung vom 13.03.2012 Entsendeformulare für die MB 1 bis 3 nicht existierten. Zur Korrespondenz mit dem dänischen Träger sei auszuführen, dass sich diese nicht auf die MB 1 bis 3 bezogen habe, sondern auf die vom in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der belangten Behörde vom 10.02.2011 umfassten Personen.

Mit Schreiben der Landeshauptfrau von Salzburg vom 27.8.2012 wurde der beschwerdeführenden Partei die Möglichkeit gegeben, binnen 4 Wochen eine Stellungnahme zum Vorlagebericht abzugeben. Eine Äußerung langte nicht ein. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.10.2018 wurde die beschwerdeführende Partei über die Möglichkeit einer Akteneinsicht informiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die bP (vormals XXXX , ab 12.09.2011 XXXX , nunmehr XXXX ) ist im Dänischen Handelsregister unter XXXX , mit Sitz in XXXX , Dänemark eingetragen Es handelt sich bei der beschwerdeführenden Partei um eine dänische Reiseveranstalterin, die auch Reisen in verschiedene Destinationen Österreichs verkauft.

In der verfahrensgegenständlichen Destination gab es im fraglichen Zeitraum einen Destinationschef, der die Leitung über die acht mit (Dienst-) Handys mit österreichischer Vorwahl ausgestatteten Reiseleiter (Guides) vor Ort hatte. Die MB 2, eine schwedische Staatsangehörige mit damaligen ordentlichem Wohnsitz in XXXX , war für die beschwerdeführende Partei in der gegenständlichen Destination als Stellvertreterin des Destinationschefs (Supervisor) in der Zeit von 20.11.2011 bis 30.04.2012 über der Geringfügigkeitsgrenze tätig. Die MB 1, eine schwedische Staatsangehörige mit damaligen ordentlichem Wohnsitz in XXXX , Schweden sowie die MB 3, eine dänische Staatsangehörige mit damaligen ordentlichem Wohnsitz in XXXX , Dänemark, waren im Zeitraum 19.11.2011 bis 30.04.2012 für die beschwerdeführende Partei in der gegenständlichen Destination über der Geringfügigkeitsgrenze tätig. Die MB 1 bis 3 erfüllten für die beschwerdeführende Partei das von ihr für die Kunden vor Ort angebotene 24h Guide-Service, waren sohin Ansprechpartnerinnen vor Ort, waren im Hotel, aber auch auf den Pisten, beim Après-Ski, etc. zu finden; sie standen den Kunden für Folgebuchungen vor Ort, zu allen auftretenden Notfällen und Fragen, wie Wettervorhersage, Reparaturen, Taxi in die Stadt, bestes Restaurant, etc. zur Verfügung, hatten Sprechstunden, arbeiteten sohin in der Gästebetreuung. Die MB 1 bis 3 haben mit der beschwerdeführenden Partei schriftliche Arbeitsvereinbarungen als unselbständig Erwerbstätige geschlossen. Neben ihrem Entgelt erhielten sie für den jeweiligen verfahrensgegenständlichen Zeitraum auch den Skipass zur Verfügung gestellt sowie freie Kost und Logis in der Destination.

Es liegen keine vom dänischen Sozialversicherungsträger ausgestellte A 1 Bescheinigungen gemäß der VO 883/2004 vor.

Im Zuge einer weiteren, am 28.04.2015 abgeschlossen Sozialversicherungsprüfung für den Prüfzeitraum von 01.01.2010 bis 31.12.2013 wurden die Sozialversicherungsbeiträge auch betreffend die im gegenständlich angefochtenen Bescheid in die Pflichtversicherung nach dem ASVG einbezogenen MB 1, 2 und 3 nachverrechnet und von der bP entrichtet.

II.2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zu den MB 1 bis 3 ergeben sich aus den Personenblättern (Personendetails, Aufgaben), den Angaben der beschwerdeführenden Partei im Einspruch sowie den im Akt einliegenden Unterlagen der beschwerdeführenden Partei, u.a. der Beschreibung des Guideservice vor Ort sowie Vorstellung der Guides samt Handynummer. Dass der Aufgabenbereich der Guides MB 1 bis 3 beinhaltete – wie in der Beschwerde in Abrede gestellt – den Kunden den Inhalt der gebuchten Leistungen zu erbringen, etwa als Schilehrer, etc. wurde nicht festgestellt. Von der bP wird weder die von den MB 1 bis 3 für sie in Österreich ausgeübte unselbständige Tätigkeit als Guide im verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch das zeitliche Ausmaß bestritten.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz ging gemäß Art. 151 Abs. 51 Ziffer 8 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, auf die Verwaltungsgerichte über.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, […], und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Zu A)

II.3.1. Auszug aus entscheidungsrelevanten Rechtsvorschriften

Gemäß § 1 ASVG regelt dieses Gesetz die Allgemeine Sozialversicherung im Inland beschäftigter Personen.

Nach § 4 Abs. 1 ASVG sind (unter anderem) die bei einem Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert. Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgeber(n) beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert.

Gemäß § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist.

Gemäß Art 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit [VO 883/2004] bezeichnet der Ausdruck „Beschäftigung“ jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaates, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt.

Gemäß Art 11 Abs. 1 leg. cit. unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

Gemäß Abs. 3 lit. a leg. cit. unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Gemäß Art. 12 Abs. 1 leg. cit. unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere entsandte Person ablöst.

Gemäß Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 (Stammfassung) des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit [DVO 987/2009], der das Verfahren bei der Anwendung von Artikel 11 Absatz 3 Buchstaben b und d, Artikel 11 Absatz 4 und Artikel 12 der Grundverordnung (über die Unterrichtung der betroffenen Träger) regelt, unterrichtet, sofern nicht in Artikel 16 der Durchführungsverordnung etwas anderes bestimmt ist, der Arbeitgeber einer Person, die ihre Tätigkeit in einem anderen als dem nach Titel II der Grundverordnung zuständigen Mitgliedstaat ausübt, oder die betreffende Person selbst, wenn diese keine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübt, den zuständigen Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften die Person unterliegt, darüber; diese Unterrichtung erfolgt im Voraus, wann immer dies möglich ist. Dieser Träger macht der betroffenen Person und dem von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, bezeichneten Träger unverzüglich Informationen über die Rechtsvorschriften zugänglich, denen die betreffende Person nach Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe b oder Artikel 12 der Grundverordnung unterliegt.

Gemäß Art 19 Abs. 2 DVO 987/2009 bescheinigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung anzuwenden sind, auf Antrag der betreffenden Person oder ihres Arbeitgebers, dass und gegebenenfalls wie lange und unter welchen Umständen diese Rechtsvorschriften anzuwenden sind.

Mit dem Beschluss Nr. A1 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 über die Einrichtung eines Dialog-und Vermittlungsverfahrens zu Fragen der Gültigkeit von Dokumenten, der Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften und der Leistungserbringung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates werden 1. die Vorschriften für die Anwendung eines Dialog-und Vermittlungsverfahrens festgelegt, dass in folgenden Fällen angewandt werden kann:

a) bei Zweifeln an der Gültigkeit eines Dokuments oder der Richtigkeit von Belegen, in denen der Status einer Person für die Zwecke der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 oder der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 bescheinigt wird, oder

b) bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen Mitgliedstaaten über die anzuwendenden Rechtsvorschriften. […]

3. Dieser Beschluss gilt unbeschadet der Verwaltungsverfahren, die nach dem einzelstaatlichen Recht eines beteiligten Mitgliedstaats durchzuführen sind

II.3.2. Gegenstand des Verfahrens ist, ob die schwedischen bzw. die dänische Staatsangehörige(n) MB 1 bis 3 im verfahrensgegenständlichen Zeitraum den österreichischen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften unterlagen oder den Rechtsvorschriften Dänemarks.

Die europäischen Gemeinschaftsbestimmungen im Bereich der sozialen Sicherheit werden durch die VO(EG) Nr. 883/2004 und die VO(EG) Nr. 987/2009 abgebildet, durch welche die unterschiedlichen einzelstaatlichen Systeme koordiniert werden; d.h. die Gemeinschaftsbestimmungen normieren Regeln, welche nationale Rechtsordnung bei Sachverhalten mit Auslandsberührung anzuwenden sind. Art. 11 Abs. 1 der VO(EG) Nr. 883/2004 bestimmt, dass auf eine Person, für die die VO gilt, in jedem Zeitpunkt immer nur die Rechtsvorschriften eines einzigen Staates anwendbar sind. Abs. 3 lit. a leg. cit. legt als grundsätzliche Regelung die Zuständigkeit des Beschäftigungsstaates für Arbeitnehmer und Selbständige fest (Beschäftigungsstaatprinzip). Der Begriff der Beschäftigung gemäß Art. 1 der VO 883/2004 richtet sich dabei nach den Rechtsvorschriften jenes Mitgliedstaates, in dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt wird. In welchem Staat sich der Wohnort des Tätigen befindet, ist unerheblich.

Gegenständlich ist unstrittig, dass die schwedischen bzw. die dänische Staatsangehörige(n) MB 1 bis 3 im gegenständlichen Zeitraum grundsätzlich die Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG aufwiesen, sie sohin in Österreich in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt waren. Ebenso unstrittig ist, dass der bP mit Sitz in Dänemark die Dienstgebereigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zukam und seitens des zuständigen dänischen Sozialversicherungsträgers keine A 1 Entsendebescheinigungen ausgestellt wurden. Bedingt durch das Beschäftigungsstaatsprinzip unterlagen die MB 1 bis 3 bei gegebener Faktenlage den Rechtsvorschriften Österreichs. Wenn die bP vorbringt, gemäß Art. 12 VO 883/2004 würden die dänischen Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen, so ist darauf hinzuweisen, dass hierfür keine die Subsumierung begründende substantiierte Umstände vorgebracht sowie bis dato insbesondere auch keine vom dänischen Sozialversicherungsträger ausgestellte Bescheinigungen nach Art. 19 Absatz 2 der Durchführungsverordnung vorgelegt wurden.

Soweit die bP in ihrer Beschwerde auf die im Akt enthaltene Korrespondenz mit dem dänischen Sozialversicherungsträger Bezug nimmt und Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Sozialversicherungsträger ortet, so ist zu betonen, dass diese nicht die MB 1 bis 3 betraf, sondern die vom in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der belangten Behörde vom 10.02.2011 umfasste Personengruppe. Wenn des Weiteren im Hinblick auf die behaupteten Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Sozialversicherungsträger die Notwendigkeit der Durchführung eines Dialog- und Vermittlungsverfahrens gemäß dem Beschluss Nr. A1 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 12.6.2009 gesehen wird, so ist überdies festzuhalten, dass dieser Beschluss nur unbeschadet der Verwaltungsverfahren, die nach dem einzelstaatlichen Recht eines beteiligten Mitgliedstaats durchzuführen sind, gilt.

Im Hinblick auf das Vorbringen zu § 3 Abs. 3 ASVG ist festzuhalten, dass der Anwendungsbereich dieser Bestimmung insofern eingeschränkt ist, als diese Bestimmung nur subsidiär gilt, nämlich dann, wenn sie weder durch Bestimmungen der VO 883/2004 noch durch zwischenstaatliche Abkommen verdrängt wird. Bei grenzüberschreitenden Beschäftigungen zwischen den Mitgliedstaaten der EU gelten allerdings aufgrund des Anwendungsvorranges die Bestimmungen der VO 883/2004, die ihrerseits festlegen, welchen der beteiligten Staaten das Versicherungsrecht zukommt.

Die beantragte Einvernahme des Geschäftsführers erscheint vor diesem Hintergrund im Interesse der Wahrheitsfindung als nicht erforderlich. Die belangte Behörde hat sohin zu Recht die Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften bejaht und war die Beschwerde folglich spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Auslandsbezug Dienstgebereigenschaft Dienstnehmereigenschaft Mitgliedstaat Pflichtversicherung Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2202701.1.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten