TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/12 L503 2146568-1

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Veröffentlicht am 12.05.2020
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Entscheidungsdatum

12.05.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L503 2146568-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Erich Greger und Dr. Günther Auer, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 04.11.2016, GZ.: XXXX , betreffend Versicherungspflicht, zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 4.11.2016 sprach die Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz: "SGKK", nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) aus, dass die in Anlage 1 bezeichneten Dienstnehmer aufgrund der für XXXX (den Beschwerdeführer, im Folgenden kurz: "BF") in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien.

Zur Begründung führte die SGKK zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass angeführte und beigefügte Anlagen zu diesem Bescheid einen integrierten Bestandteil desselben darstellen würden. Im Zuge der abgeschlossenen Sozialversicherungsprüfung (Prüfzeitraum 1.1.2010 bis 31.12.2014) im Betrieb des BF seien Melde- und Beitragsdifferenzen festgestellt worden. Der BF sei Inhaber eines Güterbeförderungsgewerbes und führe als Franchisenehmer im XXXX (im Folgenden kurz: "D."-)System Kleintransporte (Paketzustellungen und -abholungen) durch. Er habe XXXX (im Folgenden kurz: "I.L."), XXXX (im Folgenden kurz: "L.P.") und XXXX (im Folgenden kurz: "D.S.") ohne rechtmäßige Anmeldung zur Sozialversicherung beschäftigt. Die genannten Personen seien jeweils aufgrund eines "Systemvertrags" für den BF tätig gewesen. Im Rahmen der Beschäftigung hätten diese drei Dienstnehmer von Montag bis Freitag für den BF die ihnen jeweils zugewiesene Tour zu fahren und dabei Abholungs- und Zustelldienste durchzuführen gehabt. Sie hätten täglich um 5:00 Uhr morgens beim D.-Depot zu sein und Pakete mit Anfahrtslisten zu übernehmen, sortieren, mittels der ihnen vom BF zur Verfügung gestellten D.-Scanner erfassen und in die Fahrzeuge zu laden gehabt. Die Dienstnehmer hätten nach den Vorgaben von D. beschriftete Fahrzeuge und die ihnen vom BF zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung sowie ein von D. ausgestelltes Namensschild, das sie als Fahrer des BF ausgewiesen habe, verwendet. Während der Arbeitszeit seien die Dienstnehmer für den Fall auftretender Probleme in telefonischem Kontakt mit dem BF gestanden, um diesem eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung zu ermöglichen. Diese Kontrollunterworfenheit sei auch durch die Scanneraufzeichnungen gegeben gewesen. Urlaube und Erkrankungen hätten sie dem Dienstgeber melden müssen und habe dieser die notwendigen Ersatzfahrer organisiert; die Dienstnehmer selbst hätten sich nicht um ihre Vertretung kümmern müssen. Eine freie Vertretungsmöglichkeit sei nicht gegeben und Konkurrenztätigkeiten praktisch ausgeschlossen gewesen. Die Entlohnung sei monatlich und pauschal in der gleichen Höhe erfolgt, unabhängig davon, wie viele Pakete zugestellt worden seien. Ein Ablehnungsrecht einzelner Aufträge sei zwar vertraglich geregelt, aber in Wirklichkeit nicht gelebt worden und wäre auch mit der Unternehmensorganisation des BF bzw. dem "System D." nicht vereinbar gewesen. Arbeitszeit, Arbeitsort (D.-Depot bzw. zu fahrende Route) und arbeitsbezogenes Verhalten seien vorgegeben gewesen und diese Vorgaben durch ein entsprechendes Überwachungs-, Berichts- und Sanktionssystem durchgesetzt worden.

I.L. habe vom 25.10.2010 bis 30.6.2014 für den BF gearbeitet; hinsichtlich des Zeitraumes vom 25.10.2010 bis 15.7.2013 sei die Versicherungspflicht von I.L. bereits festgestellt worden. Seine Tätigkeit sei während der gesamten Vertragsdauer dieselbe gewesen. Die Beschäftigung und Entlohnung von I.L. sei teilweise abweichend vom Vertrag erfolgt. L.P. habe vom 9.5.2011 bis 31.8.2012 für den BF gearbeitet. Im Zuge einer GPLA mit Prüfzeitraum 1.1.2009 bis 31.12.2011 sei L.P. bereits für den Zeitraum vom 9.5.2011 bis 31.12.2011 unbeeinsprucht als Dienstnehmer qualifiziert worden. Die Tätigkeit von L.P. sei mit Ausnahme der Fahrstrecke ("Tour") ident mit den anderen Dienstnehmern gewesen und habe sich nur dadurch unterschieden, dass bei ihm zusätzlich eine leistungsorientierte Komponente in Form eines "Abholpaketes", jedoch abweichend von der vertraglichen Vereinbarung, zur Auszahlung gelangt sei. L.P. sei ausschließlich für den BF tätig gewesen und durchgehend mit einem vom BF zur Verfügung gestellten Fahrzeug gefahren. D.S. habe vom 30.1.2012 bis 31.5.2014 für den BF gearbeitet. Seine Tätigkeit sei mit Ausnahme der Fahrtstrecke ident mit der der anderen Dienstnehmer. D.S. sei ausschließlich für den BF tätig gewesen.

Rechtlich führte die SGKK aus, dass der Arbeitsort der Dienstnehmer durch die Vorgabe der konkret zu fahrenden Touren vom BF bestimmt gewesen sei. Durch zeitliche Vorgaben hinsichtlich Dienstbeginn bzw. tägliches Arbeitsende sei die Gestaltungsmöglichkeit über die Arbeitszeit praktisch nicht mehr vorhanden gewesen. Die Kontrolle des arbeitsbezogenen Verhaltens sei insbesondere durch die Scanner erfolgt. Die Dienstnehmer seien zur persönlichen Arbeitserbringung verpflichtet gewesen, ihnen sei kein sanktionsloses Ablehnungsrecht zugekommen. Darüber hinaus hätten sie Verhinderungen mindestens drei Wochen im Voraus schriftlich mitzuteilen gehabt. Sie seien einer umfassenden Auskunfts- und Berichtspflicht und einem internen Sanktionssystem unterlegen. Eine Tätigkeit für andere Auftraggeber sei durch die vorgegebenen Arbeitszeiten und deren Umfang sowie eine umfassende Konkurrenzklausel praktisch unmöglich gewesen. Die zu erbringende Arbeitsleistung sei in einem hohen Maße durch Systemhandbücher determiniert worden; die Dispositionsfreiheit der Dienstnehmer sei in einem hohen Maße ausgeschlossen gewesen und hätten diese nicht langfristig unternehmerisch planen können. Die Dienstnehmer hätten sich gegenüber dem BF auf unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet und sei es dem BF primär auf die Verfügungsmacht über die Arbeitskraft der Dienstnehmer, die in seinen Betrieb bzw. in seine Betriebsstruktur eingegliedert gewesen seien, angekommen. Demgemäß sei die Bezahlung unabhängig vom tatsächlich erbrachten Arbeitsumfang erbracht worden. Die Tätigkeit von I.L., L.P. und D.S. habe sich nicht von der Tätigkeit, welche die vom BF korrekt als Dienstnehmer angemeldeten Personen verrichtet hätten, unterschieden.

Dem angefochtenen Bescheid als Anlage 1 beigefügt war eine tabellarische Aufstellung, in der die drei Personen namentlich samt Sozialversicherungsnummer, Beitragsgruppe und Beschäftigungsdatum genannt waren.

2. Mit Schriftsatz seiner rechtsfreundlichen Vertreter vom 2.12.2016 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der SGKK vom 4.11.2016. Darin brachte er zusammengefasst vor, dass der angefochtene Bescheid im Spruch nicht darstelle, für welchen Zeitraum die angeführten Dienstnehmer der Vollversicherungspflicht unterlegen seien; die angeführten Personen würden zu keiner Zeit der Pflichtvollversicherung unterliegen. Sollten sie dennoch einer solchen Pflichtvollversicherung unterliegen, so allenfalls gegenüber der XXXX (im Folgenden kurz: "L. GmbH & Co KG") bzw. XXXX (im Folgenden kurz: "D. GmbH"). Die zu befördernden Pakete seien von der L. GmbH & Co KG vorgegeben worden und hätten auch Scanner, Arbeitsbekleidung und Beschriftung am Fahrzeug von diesem Unternehmen gestammt. Der BF sei seinen Subunternehmern gegenüber nicht weisungsbefugt gewesen, sondern hätte selbst dieselbe Tätigkeit ausgeübt und wäre allenfalls auch er selbst Dienstnehmer der oben angeführten Unternehmen. Die Werkvertragspartner des BF seien berechtigt gewesen, Werkverträge abzulehnen und hätten sich dritter Personen bedienen können, sowohl eigener Dienstnehmer als auch weiterer Subunternehmer. Sie hätten keinerlei persönliche Pflichten gehabt. Probleme mit der Zustellung seien mit dem Werkvertragspartner oder direkt mit der L. GmbH & Co KG besprochen worden. Eine Kontrollunterworfenheit gegenüber dem BF habe in keiner Weise bestanden. Urlaube und Erkrankungen seien dem BF nicht bekannt und auch völlig egal gewesen. Eine freie Vertretungsmöglichkeit sei gegeben gewesen. Die Entlohnung sei nicht pauschal erfolgt, sondern sei an die Tour und die Zahl der Abholpakete geknüpft gewesen. Die Werkvertragspartner hätten jederzeit die Möglichkeit gehabt, einzelne Aufträge abzulehnen. Es seien weder Arbeitszeit noch Arbeitsort vorgegeben, sondern nur Transportwege und Zustellverpflichtungen geregelt gewesen. I.L. sei für mehrere verschiedene Frächter tätig gewesen und hätte mehrere Fahrzeuge gehabt. L.P. habe ein von den Paketen abhängiges Entgelt erhalten und sei die Situation für den Werkvertragspartner D.S. im Wesentlichen ident. Alle drei Werkvertragspartner hätten über ein A1-Formular sowie einen Gewerbeschein verfügt und seien sozialversichert gewesen. Sie hätten über eigene Betriebsmittel verfügt und das volle Unternehmerrisiko getragen. Darüber hinaus wären sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht berechtigt gewesen, in Österreich als Dienstnehmer tätig zu sein. Dienstverträge wären absolut nichtig gewesen, sodass auch keine Versicherungspflicht hätte entstehen können. Hinsichtlich der Subfrächter habe es sich nicht um idente Vertragsverhältnisse gehandelt, sondern hätten in einzelnen Bereichen erhebliche Unterschiede bestanden. Das Unternehmenswagnis liege zur Gänze beim Transportunternehmer, der Erfolg seiner Tätigkeit hänge von seiner persönlichen Tüchtigkeit ab.

3. In dem zur Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erstatteten Vorlagebericht (Stellungnahme vom 31.1.2017) führte die SGKK zur Versicherungspflicht ergänzend aus, dass die Dienstnehmer in einer Vertragsbeziehung zum BF und nicht zu den beiden anderen Firmen (L. GmbH & Co KG und D. GmbH, Anm.) gestanden und diesem gegenüber verantwortlich gewesen seien. Die Entlohnung sei sehr wohl pauschal erfolgt, geringfügige Schwankungen aufgrund leistungsbezogener Komponenten würden dabei nicht schaden. A1-Entsendeformulare seien im gesamten Verfahren bisher nie ein Thema gewesen und sei nicht nachvollziehbar, woher die diesbezüglichen Ausführungen stammten. Die Ausführungen, wonach eine Dienstnehmereigenschaft schon aufgrund der Staatsangehörigkeit der bescheidgegenständlichen Personen und deren fehlender Arbeitserlaubnis ausgeschlossen sei, seien verfehlt; für die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 ASVG sei kein gültiger oder mangelfreier Vertrag notwendig.

Die Bezugnahme auf die Anlage 1 im Spruch des Bescheides entspreche im Übrigen dem Bestimmtheitsgebot.

4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.3.2020 wurde der Vorlagebericht den rechtsfreundlichen Vertretern des BF zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

5. In der daraufhin erstatteten Stellungnahme vom 30.3.2020 bekräftigte der BF im Wesentlichen das bisherige Beschwerdevorbringen. Gegenständlich würden keine Dienstverträge vorliegen; der Vertrag sei seinem Wortlaut entsprechend durchgeführt worden. Für den BF sei nicht von Belang gewesen, welche Person den Dienst tatsächlich absolviere, sondern ausschließlich, dass die Pakete ausgeliefert würden. Die Subfrächter hätten ihre Routen selbständig einteilen können und damit einen wesentlichen Gestaltungsspielraum in Bezug auf ihre Arbeitszeit gehabt. In Bezug auf den Arbeitsort seien den Lieferanten keine konkreten Touren vorgegeben worden. Eine bloße Koordinierung mit den Erfordernissen bedeute noch keine Weisungsgebundenheit. Die Abrechnung zwischen den Subfrächtern und dem BF sei nach Stückzahl der abgelieferten Pakete erfolgt und seien die entsprechenden Beträge im Subfrächtervertrag vereinbart worden. Die Subfrächter hätten auch über eigene Betriebsmittel verfügt und mit der Tätigkeit verbundene Aufwendungen nicht vom BF ersetzt erhalten, sondern aus Eigenem getragen. Kraft Gesetzes bestehende Abgaben hätten sie selbständig abgeführt. Die Subfrächter hätten den finanziellen Erfolg ihrer Tätigkeit beeinflussen können, indem sie beispielsweise die Routen der Zustellung so planen, dass sie ihre Fahrtstrecke optimieren, um Treibstoff zu sparen bzw. um Pakete rascher zuzustellen, damit sie ein größeres Gebiet übernehmen oder auch für andere Auftraggeber Paketzustellungen übernehmen könnten. Sie hätten das Unternehmensrisiko getragen. Es sei auch keine Konkurrenzklausel vereinbart worden, vielmehr hätten die Subfrächter auch für andere Auftraggeber gearbeitet. Die Merkmale eines Werkvertrages würden sohin gegenüber jenen eines echten oder freien Dienstverhältnisses überwiegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Finanzamt Salzburg-Stadt führte ab 1.8.2012 im Betrieb des BF eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) mit Prüfzeitraum 1.1.2009 bis 31.12.2011 durch. Im Zuge dieser GPLA wurde L.P. im Zeitraum vom 9.5.2011 bis 31.12.2011 als Dienstnehmer des BF qualifiziert und wurden dem BF entsprechende Sozialversicherungsbeiträge nachverrechnet und Verzugszinsen vorgeschrieben.

Nach einer Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörden des Bundes am 15.7.2013 wurde mit Bescheid der SGKK vom 16.7.2015, GZ: XXXX , die Pflicht(voll)versicherung von (unter anderem) I.L. in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG im Zeitraum vom 25.10.2010 bis 15.7.2013 aufgrund der für den BF in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit festgestellt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Vom 26.4.2016 (Bescheid über einen Prüfungsauftrag) bis 7.7.2016 (Schlussbesprechung) führte die SGKK im Betrieb des BF eine GPLA mit Prüfzeitraum vom 1.1.2010 bis 31.12.2014 durch. In der Folge erging der nunmehr angefochtene Versicherungspflichtbescheid.

1.1. Zur betrieblichen Organisation des BF:

Der BF ist seit 14.11.1996 Inhaber des Gewerbes der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt. Er betrieb im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als selbständiger Einzelunternehmer am Standort XXXX , ein Kleintransportunternehmen und war als solcher für die Firmen D. und L. tätig. Der BF war Franchisenehmer im D.-System und wurde ihm als Geschäfts- und Systempartner von D. ein verschiedene Touren umfassendes Gebiet zugeteilt.

Folgende verfahrensgegenständliche Fahrer waren für den BF tätig:

I.L., SVNR: XXXX , im Zeitraum von 25.10.2010 bis 30.6.2014;

L.P., SVNR: XXXX , im Zeitraum von 9.5.2011 bis 31.8.2012;

D.S., SVNR: XXXX , im Zeitraum von 30.1.2012 bis 31.5.2014.

Diese Fahrer wurden vom BF nicht als Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet. Sie verfügten jeweils über eine eigene Gewerbeberechtigung für das Kleintransportgewerbe.

Neben den verfahrensgegenständlichen Fahrern beschäftigte der BF im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit auch weitere Fahrer, die von ihm jedoch als Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet wurden.

1.2. Zur Tätigkeit der Fahrer:

Zwischen dem BF (im Vertrag als "Auftraggeber" bezeichnet) und jedem der verfahrensgegenständlichen Fahrer (als "Auftragnehmer" bzw. "D.-Systempartner" bezeichnet) wurde ein – mit Ausnahme des Beginndatums identischer – "Systemvertrag" auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Diese Systemverträge entsprachen inhaltlich im Wesentlichen einer angepassten Version des Franchise-Vertrags, den der BF mit D. abgeschlossen hatte. In einem "Ergänzungsblatt zum Systempartnervertrag" bzw. einer "Anlage zu Systempartnervertrag" wurden das Vertragsgebiet ("Tour") laut Tourenplan bzw. nach mündlicher Vereinbarung sowie das Entgelt der Fahrer und eine allfällige "Leihgebühr" für die Lkw-Vermittlung festgelegt.

Den Fahrern wurde die zu fahrende Tour vom BF zugewiesen und hatten sie diese Tour vereinbarungsgemäß von Montag bis Freitag zu fahren und dabei Abholungs- und Zustelldienste für den BF zu erbringen. Die Fahrer hatten sich täglich um 5:00 Uhr beim D.-Depot einzufinden und Pakete mit Anfahrtslisten zu übernehmen, die Pakete zu sortieren, mittels Scanner zu erfassen und in die Fahrzeuge zu laden. Die Zeiten wurden mündlich mit dem BF besprochen und auch eingehalten. Die Scanner wurden seitens des BF von D. geleast und den Fahrern gegen Vergütung zur Verfügung gestellt. Die Fahrer hatten bei ihrer Tätigkeit für den BF ein nach den Vorgaben von D. beschriftetes Fahrzeug und die ihnen vom BF zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung sowie ein von D. ausgestelltes Namensschild, das sie als Fahrer des BF auswies, zu verwenden. Die Fahrer hatten die vorgegebene Tour zu fahren, wobei sie die Reihenfolge der Auslieferung der Pakete selbst wählen konnten. Dass die Fahrer übernommene Fahrten sanktionslos ablehnen hätten können, kann nicht festgestellt werden und wurde ein Ablehnungsrecht auch nicht ausgeübt. Während der Arbeitszeit standen die Fahrer für den Fall auftretender Probleme, etwa einer nicht rechtzeitigen Paketzustellung oder von D. an den BF herangetragener Reklamationen, in telefonischem Kontakt mit dem BF, um diesem eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung zu ermöglichen.

Urlaube und Erkrankungen hatten die Fahrer dem BF zu melden, damit dieser einen Ersatzfahrer beschäftigen konnte. Sie mussten nicht selbst eine Vertretung organisieren. Dem im Systemvertrag geregelten Vertretungsrecht kam in der Praxis keine Bedeutung zu. Dass die Fahrer ihrerseits Dienstnehmer zur Durchführung der übernommenen Touren eingesetzt hätten, kann nicht festgestellt werden.

Die Entlohnung der Fahrer erfolgte grundsätzlich durch eine monatliche Pauschale, die unabhängig von der Anzahl der tatsächlich ausgelieferten Pakete ausgezahlt wurde. Diese bestand bei allen verfahrensgegenständlichen Fahrern zumindest aus einer Zustellvergütung und einer Abholvergütung. Die Entlohnung erfolgte teilweise abweichend von den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Die Fahrer stellten dem BF ihr Entgelt monatlich in Rechnung.

1.3. Zu den einzelnen verfahrensgegenständlichen Fahrern:

I.L. fuhr zunächst Tour 23, wofür ihm laut Ergänzungsblatt zum Systempartnervertrag vom 25.10.2010 eine monatliche Pauschale in Höhe von EUR 3.539,93 (netto) gebührte. Er verwendete hierfür ein vom BF zur Verfügung gestelltes Fahrzeug (Lkw), für das er eine "Leihgebühr", bestehend aus einer Vergütung für das Fahrzeug selbst, die Kfz-Versicherung und den Treibstoff, zu leisten hatte. Diese Kosten der "Lkw Vermittlung" wurden vom Auszahlungsbetrag abgezogen, ebenso wie Kosten für den Scanner. Zur Auszahlung gelangte schließlich ein Betrag in Höhe von EUR 2.520,00 bis EUR 2.840,00. Später übernahm I.L. die Tour 25, welche er mit einem selbst geleasten Fahrzeug fuhr. Laut Anlage zum Systempartnervertrag vom 1.2.2012 gebührte ihm von diesem Zeitpunkt an eine pauschale Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 4.500,00 (Zustell- und Abholvergütung von EUR 4.400,00; Werbevergütung EUR 100,00). I.L. fuhr gelegentlich auch für andere Auftraggeber, vom BF wurde ihm aber untersagt, andere Pakete mitzunehmen.

Die Beschäftigung von L.P. als Fahrer unterschied sich nicht wesentlich von jener des I.L. Neben einer monatlichen Pauschale in Höhe von EUR 3.249,93 (netto) für die Tour 67 erhielt er laut Ergänzungsblatt zum Systempartnervertrag vom 2.5.2010 eine leistungsbezogene Entgeltkomponente in Form eines "Abholpaketes" von jeweils EUR 0,15. L.P. verwendete für seine Tätigkeit ein vom BF zur Verfügung gestelltes Fahrzeug. Von dem ihm so gebührenden Gesamtentgelt in Höhe von EUR 4.218,73 bis EUR 4.413,12 wurden regelmäßig die Kosten für das Fahrzeug, Kfz-Versicherung, Scanner und Treibstoff abgezogen. Einmal wurden Kosten für "Arbeitskleidung" in Höhe von EUR 10,00 in Abzug gebracht. Ausgezahlt wurde ein Betrag in Höhe von monatlich EUR 2.598,82 bis EUR 2.785,89.

Auch die Beschäftigung von D.S. unterschied sich nicht wesentlich von jener des I.L. D.S erhielt laut Ergänzungsblatt zum Systempartnervertrag regelmäßig eine monatliche Pauschale in Höhe von EUR 4.200,00 (netto). Zweimal wurden D.S. Beträge für Arbeitskleidung vom Auszahlungsbetrag abgezogen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der SGKK. Der festgestellte Sachverhalt geht unmittelbar daraus hervor.

Die SGKK stützte sich bei Feststellung des relevanten Sachverhaltes neben den im Akt erliegenden Urkunden (Verträge, Stellungnahmen, Gewerberegister- und Versicherungsdatenauszüge, Rechnungen, Kontoauszüge etc.) insbesondere auf Aussagen des BF und des Fahrers I.L. vor der belangten Behörde und im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (wiedergegeben im Erkenntnis vom 25.6.2014, GZ: XXXX und XXXX ) und folgt hierbei in weiten Teilen den Angaben von I.L., die sie als glaubhaft erachtet hat. Dem vermochte der BF in seiner Beschwerde und der Stellungnahme vom 30.3.2020 nicht entgegentreten, und zwar aus folgenden Gründen:

Eingangs ist festzuhalten, dass sich die Feststellungen zu den drei verfahrensgegenständlichen Fahrern – abgesehen von den näher dargestellten Abweichungen hinsichtlich der Modalitäten und der Höhe des Entgeltes sowie teilweise der Benützung von Fahrzeugen des BF – nicht wesentlich voneinander unterschieden. Die mit dem BF abgeschlossenen "Systemverträge" wiesen einen identischen Sachverhalt auf, lediglich in Form einer "Ergänzung" bzw. "Anlage" zum jeweiligen Vertrag wurde auf die genannten individuellen Umstände eingegangen. Dass in einzelnen Bereichen "erhebliche Unterschiede" bestanden hätten, die überdies eine Dienstnehmereigenschaft der Fahrer ausschließen würden, brachte der BF in der Beschwerde (S. 6) zwar vor, konkretisierte diesen Einwand jedoch in keiner Weise. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die bereits im Verfahren vor der belangten Behörde erstattete Stellungnahme des BF vom 23.6.2016 (S. 2f) hinzuweisen, in der ausgeführt wurde, dass die verwendeten "Werkverträge" als Basis das "tausendfach verwendete Vertragskonzept" der Firma D. hätten, welches für die Verhältnisse des BF adaptiert worden sei und dass derartige Verträge mit den verfahrensgegenständlichen Fahrern abgeschlossen worden seien. Anschließend wies der BF auf zahlreiche für alle drei Fahrer in gleicher Weise geltende Vertragspunkte hin. Anhaltspunkte für wesentliche Unterschiede zwischen den Beschäftigungsverhältnissen der einzelnen Fahrer waren insgesamt nicht ersichtlich und bezog sich auch der BF in der Stellungnahme vom 30.3.2020 zumeist auf alle drei Fahrer gemeinsam, ohne das Beschwerdevorbringen in diesem Punkt zu konkretisieren und Unterschiede aufzuzeigen.

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der BF keinesfalls Arbeitskleidung mit Namensschild, Dienstausweise oder Scanner zur Verfügung gestellt habe, steht dies im Widerspruch zur eigenen Aussage des BF vor der belangten Behörde am 2.7.2015, als er noch angab: "Ich habe die Scanner geleast von der Firma D. und ich übergebe den Scanner meinem Subfrächter Herrn L. und dieser ist schon im Pauschalbetrag abgezogen worden." (S. 3). Dies deckt sich auch mit der Aussage von I.L., der am 25.6.2015 vor der belangten Behörde aussagte, dass der Scanner der "Firma M." (gemeint dem BF) "gehört" habe (S. 2) und auch als Zeuge im Verfahren vor dem LVwG OÖ übereinstimmend angab, dass ihm der Scanner – ebenso wie die Kleidung – vom BF zur Verfügung gestellt worden seien (Erkenntnis, S. 11). Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass jedenfalls den Fahrern I.L. und L.P., wie sich aus den jeweiligen "Ergänzungsblättern" zum Systemvertrag ergibt, auch Kosten für die Scanner vom Entgelt abgezogen wurden. Später – und im Fall von D.S. von Beginn an – wurde lediglich ein Pauschalentgelt vereinbart, ohne die entsprechenden Posten näher auszuweisen. Der BF selbst gab vor dem LVwG OÖ an: "Die in diesem Ergänzungsblatt aufscheinenden Kosten für Scanner musste L. auch nach Verwendung des eigenen Fahrzeuges weiter an mich zahlen; und zwar handelte es sich um EUR 100,00 monatlich für Werbemittelvergütung, womit auch die Verwendung der ihm zur Verfügung gestellten, mit dem Logo "D." versehenen Kleidung abgegolten wurde." (Erkenntnis, S. 8). Es steht damit ohne jeden Zweifel fest, dass sowohl die verwendeten Scanner als auch die zu tragende Kleidung den Fahrern vom BF zur Verfügung gestellt wurden. Dass der BF diese Gegenstände zuvor allenfalls selbst von der Firma D. bezogen hatte, steht einer solchen Beurteilung nicht entgegen. Der BF räumte in der Verhandlung vor dem LVwG OÖ auch ein, dass die Firma D. den Fahrern – nach Benachrichtigung durch den BF über den erfolgten Vertragsschluss – Namensschilder ausgestellt habe, auf denen sich die Aufschrift "Systempartner M.D." befand (Erkenntnis, S. 8f), sodass auch die diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde im Einklang mit den eigenen Angaben des BF stehen und das Beschwerdevorbringen damit ins Leere geht.

Sowohl in der Beschwerde als auch in der Stellungnahme vom 30.3.2020 wird moniert, dass die Entlohnung der Fahrer nie pauschal, sondern stets an die Zahl der Abholpakete geknüpft erfolgt sei. Dieses Vorbringen steht in auffälligem Widerspruch zum Inhalt sämtlicher im Akt erliegender Verträge und Vereinbarungen, aus denen unmissverständlich hinsichtlich jedes einzelnen verfahrensgegenständlichen Fahrers die Vereinbarung eines Pauschalentgeltes ("PRO TOUR PAUSCHAL NETTO") hervorgeht. Dies bestätigte der BF – in Bezug auf I.L. – sowohl im Verfahren vor der belangten Behörde (Einvernahme 2.7.2015, S. 2) als auch vor dem LVwG OÖ (Erkenntnis, S. 8). Dass mit dem Fahrer L.P. zusätzlich zum Pauschalentgelt eine leistungsbezogene Komponente in Form eines "Abholpaketes" von EUR 0,15 vereinbart wurde, hat bereits die belangte Behörde festgestellt. Dem Beschwerdevorbringen kann keine schlüssige Begründung dafür entnommen werden, weshalb nunmehr dennoch eingewendet wird, dass überhaupt kein Pauschalentgelt ausgezahlt worden sei, zumal sich dieses Vorbringen auch als gänzlich unsubstantiiert erweist und überdies in diametralem Widerspruch mit den bisherigen Beweisergebnissen steht.

Zur Kontrollunterworfenheit der Fahrer wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass eine solche gegenüber dem BF in keiner Weise bestanden habe; Probleme mit der Zustellung seien entweder mit dem Werkvertragspartner oder direkt mit der L. GmbH & Co KG geregelt worden. I.L. gab dazu als Zeuge vor dem LVwG OÖ an: "Mit dem Beschuldigten (der BF, Anm.) stand ich während der von mir übernommenen Fahrten jeweils telefonisch in Kontakt; telefonischen Kontakt gab es, falls Probleme auftraten. Solche Probleme gab es etwa, wenn ich vergessen hatte, Pakete abzuliefern oder zu einer gewissen Empfängerstelle nicht rechtzeitig erschienen bin; dann hat der Beschuldigte angerufen und mich gefragt, wo ich bin, was ich mache und was ich noch zu bewerkstelligen hätte. Anfänglich habe ich dem Beschuldigten auch am Ende eines Tages mitgeteilt, dass ich die Arbeit erledigt hatte." (Erkenntnis, S. 11). Weiters gab I.L. an: "Über allfällige Lieferverspätungen kann sich der Beschuldigte online informieren; in das entsprechende System kann man glaublich mittels eines Kennwortes einsteigen; in diesem System ist der gesamte Lieferverlauf, nämlich ab dem Scannen des Paketes bis zur Empfangsbestätigung durch den jeweiligen Sendungsempfänger nachzuverfolgen." (Erkenntnis, S. 13). Der BF gab vor dem LVwG OÖ an: "Grundsätzlich haben wir untertags nur telefonischen Kontakt, wenn Reklamationen auftreten. Obwohl der Disponent von D. auch über den Scanner mit L. in Verbindung stehen kann, muss ich, wenn er sich wegen Problemen an mich wendet, diesbezüglich an L. herantreten und für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung Sorge tragen." (Erkenntnis, S. 8). Daraus geht nicht nur eine tatsächliche Kontrollunterworfenheit der Fahrer durch den BF hervor, vielmehr war der BF sogar gegenüber seinem eigenen Vertragspartner (D.) verpflichtet, für eine "ordnungsgemäße Vertragserfüllung" zu sorgen. Auch wenn der BF bestritten hat, dass Tätigkeitsnachweise über den Scanner an ihn gelangt seien (Erkenntnis, S. 7), ändert dies nichts an dem Umstand, dass die Fahrer jedenfalls der Kontrolle durch den BF unterlagen und beim Auftreten von Problemen (etwa im Fall von Reklamationen oder Verspätungen) von diesem jederzeit telefonisch kontaktiert und kontrolliert werden konnten.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass Urlaube und Erkrankungen der Fahrer dem BF nicht bekannt und auch völlig egal gewesen seien, da eine freie Vertretungsmöglichkeit gegeben gewesen sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse den klaren Beweisergebnissen zufolge anders gänzlich darstellten. Schon im Zuge der Betretung durch die Finanzpolizei am 15.7.2013 gab I.L. an, dass sich der BF im Falle eines Urlaubs oder Krankheit um Ersatz kümmere. Auch vor der belangten Behörde gab er an, dass, wenn er im Urlaub oder krank gewesen wäre, er dies dem BF mitgeteilt hätte und dann Herr G. (ein Dienstnehmer des BF) seine Tour übernommen habe. I.L. habe nicht schauen müssen, dass er einen Ersatz finde, sondern habe dies der BF für ihn gemacht (Einvernahme am 24.6.2015, S. 2). Die Vertretung habe der BF bezahlt und habe I.L. nichts bekommen, weil er ja nicht anwesend gewesen sei (Einvernahme am 25.6.2015, S. 2). In der Einvernahme vor dem LVwG OÖ führte I.L. als Zeuge inhaltlich übereinstimmend aus: "Vor der Kontrolle war ich zwei Mal etwa zwei bis drei Wochen lang auf Urlaub; ich habe auch während der Urlaubszeit vom Beschuldigten einen Lohn erhalten; nicht jedoch den vollen Betrag von € 4.500,-. M. (der BF, Anm.) hat während dieser Zeit jemanden für mich auf die Tour 25 geschickt. Wie sich der Abzug vom Pauschalbetrag von € 4.500,- berechnete, weiß ich heute nicht mehr; ich glaube es wurden € 90,- pro Tag in Abzug gebracht. Ich habe meinen Urlaub selbstverständlich vorher mit Herrn. M. besprochen; das war auch so vereinbart, um Herrn M. die Möglichkeit zu geben, einen Ersatzfahrer für meine Urlaubszeit zu finden." (Erkenntnis, S. 13). Demgegenüber verneinte der BF bloß pauschal, dass Urlaub und Krankenstand mit ihm geregelt worden seien und er einen Ersatzfahrer gesucht habe, konnte aber zu den genauen Abläufen einer durch die Fahrer selbst organisierten Vertretung keine detaillierten Angaben machen (Erkenntnis, S. 9). Die Tour selbst hätte nach den eigenen Angaben des BF vor dem LVwG OÖ nicht von den Fahrern an einen anderen Frächter weitergegeben werden können (Erkenntnis, S. 9). Eine tatsächlich völlig frei ausübbare Vertretungsmöglichkeit ist auf dieser Grundlage nicht indiziert und vermochte auch die Beschwerde nichts anderes nahezulegen. Dass die verfahrensgegenständlichen Fahrer zur Durchführung der ihnen vom BF zugewiesenen Touren jemals Vertreter oder gar eigene Dienstnehmer eingesetzt hätten, ist ebenso nicht erkennbar und blieb auch das Beschwerdevorbringen, wonach etwa I.L. selbst über Dienstnehmer verfügt habe, unsubstantiiert. Selbiges gilt für das Beschwerdevorbringen, dass ein Ablehnungsrecht bestanden habe und kein Fahrer einzelne Aufträge habe annehmen müssen. Einem sanktionslosen Ablehnungsrecht steht schon der Umstand entgegen, dass den einzelnen Fahrern Touren zugewiesen wurden, welche sie – zum Teil über Jahre hinweg – zu fahren hatten. Wie sich unter diesen Bedingungen eine "Ablehnung einzelner Aufträge" gestalten solle, bleibt völlig unklar und erscheint dies im konkreten Fall auch als lebensfremd, zumal aus den Beweisergebnissen nicht hervorgeht und auch in der Beschwerde nicht behauptet wurde, dass einem Fahrer bei "Ablehnung" einer Tour eine andere Tour zugewiesen worden wäre, sondern wäre dies offensichtlich auch davon abhängig gewesen, ob zum jeweiligen Zeitpunkt gerade eine Tour "frei" gewesen wäre, was aber keineswegs gewährleistet war (so etwa im Fall von XXXX , vgl. die Einvernahme des BF am 2.7.2015, S. 3). Es war daher davon auszugehen, dass die Ablehnung einer Tour der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gleichgekommen wäre, sodass vom Bestehen eines "sanktionslosen" Ablehnungsrechtes nicht gesprochen werden kann.

Auch das weitere Beschwerdevorbringen, wonach weder Arbeitszeit und Arbeitsort noch arbeitsbezogenes Verhalten vorgegeben gewesen seien, lässt keine Zweifel an den diesbezüglichen – gegenteiligen – Feststellungen im angefochtenen Bescheid aufkommen. So hatten die Fahrer um 5:00 Uhr (nach Angaben des BF auch 5:30 Uhr) im D.-Auslieferungslager zu sein und seien diese Zeiten mündlich mit dem BF besprochen und auch eingehalten worden (Einvernahme des BF am 2.7.2015, S. 2). Sie waren nach Angaben des BF verpflichtet, von Montag bis Freitag ab 5.00 Uhr die ihnen übertragene Tour zu fahren (Erkenntnis LVwG, S. 8). Die weiteren Abläufe (Sortieren, Scannen, Einladen, Ausliefern) sind im Wesentlichen unbestritten geblieben. Damit bestand eine Bindung der Fahrer sowohl in Bezug auf den Arbeitsort (Auslieferungslager, zugewiesene Tour) und die Arbeitszeit sowie hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens. In diesen Grenzen kam den Fahrern lediglich hinsichtlich der Reihenfolge der Auslieferung der Pakete ("Route") ein gewisser Spielraum zu; danach richtete sich auch, wie die Pakete ins Fahrzeug eingeladen wurden (vgl. Einvernahme des BF vom 2.7.2015, S. 2).

Zum erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Einwand, dass alle drei Werkvertragspartner über A1-Formulare verfügt hätten, wodurch die Prüfung durch die belangte Behörde ohnehin unzulässig gewesen sei, ist festzuhalten, dass während des gesamten seit dem Jahr 2012 geführten erstinstanzlichen Verfahrens nicht die Rede von Entsendebescheinigungen war und diese Bescheinigungen weder im Akt erliegen noch gemeinsam mit der Beschwerde oder der Stellungnahme vom 30.3.2020 vorgelegt wurden, mithin keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Fahrer tatsächlich über Entsendebescheinigungen verfügt hätten.

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ergab sich für das erkennende Gericht schon aufgrund des Beschwerdevorbringens, dass sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde in den entscheidungswesentlichen Punkten als tragfähig erweist. Das erkennende Gericht schließt sich damit im Ergebnis den beweiswürdigenden Überlegungen der belangten Behörde an. Die Beschwerde konnte keine Widersprüche oder sonstige Umstände aufzeigen, die Zweifel am festgestellten Sachverhalt aufkommen lassen würden.

Es war daher vom oben festgestellten Sachverhalt auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Rechtliche Grundlagen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG):

3.2.1. § 4 ASVG lautet auszugsweise:

(1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

[…]

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. […]

(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) […]

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; […]

3.2.2. § 35 ASVG lautet auszugsweise:

(1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

[…]

3.2.3. § 539a ASVG lautet:

(1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

3.3.1. Zur Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides:

Eingangs ist zum Beschwerdevorbringen, der Bescheid stelle im Spruch und im Verweis auf die Anlage nicht dar, für welchen Zeitraum die angeführten Dienstnehmer der Versicherungspflicht unterliegen würden und könnten die Datumsangaben in der Anlage den Spruch nicht entsprechend ersetzen, festzuhalten, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich zulässig ist, im Spruch des Bescheides auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen in den normativen Bescheidinhalt zu integrieren und solcherart zum Inhalt des Bescheid(spruch)s zu machen. Dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG wird durch eine solche Verweisung nur dann entsprochen, wenn zum einen der Bescheidspruch den Akt der Integrierung unzweifelhaft klarstellt, also klar erkennbar ist, was durch die mit dem Verweis bewirkte Rezeption Teil des Spruchs wird, zum anderen müssen auch die im Spruch genannten Unterlagen ihrerseits ausreichend präzise gestaltet sein (vgl. Hengstschläger/Leeb, § 59 AVG, Rz 94ff, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dem gegenständlich angefochtenen Bescheid begegnen in dieser Hinsicht keinerlei Bedenken. Der Bescheidspruch ("Die in der Anlage 1 bezeichneten Dienstnehmer unterlagen…") lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass die – dem Bescheid beigefügte – Anlage 1 zum Bestandteil des Spruches erhoben werden sollte. Zudem wurde eingangs der Begründung des Bescheides (auf Seite 1) klargestellt: "Angeführte und beigefügte Anlagen zu diesem Bescheid stellen einen integrierten Bestandteil desselben dar." Die Anlage 1 selbst erweist sich ebenso als präzise und lässt eindeutig erkennen, welche Dienstnehmer (individualisiert durch Namen und Sozialversicherungsnummer) in welchem Zeitraum (Angabe "SV von" und "SV bis") der Vollversicherungspflicht unterliegen sollten. Der angefochtene Bescheid ist damit im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG hinreichend bestimmt.

3.3.2. Zur Einordnung der abgeschlossenen Verträge als Werk- oder Dienstvertrag:

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Fahrern um Dienstnehmer des BF im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG handle. Dies wird vom BF bestritten und (zusammengefasst) vorgebracht, dass die Merkmale eines Werkvertrages deutlich überwiegen würden und deshalb kein Dienstverhältnis zum BF vorliegen könne; allenfalls liege ein Dienstverhältnis zur L. GmbH & Co KG oder D. vor.

Wenn der BF vermeint, die verfahrensgegenständlichen Fahrer könnten schon deshalb keine Dienstnehmer sein, da sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit gar nicht berechtigt gewesen seien, in Österreich als Dienstnehmer tätig zu sein, Dienstverträge daher absolut nichtig wären, sodass auch keine Versicherungspflicht entstehen könne, so ist dem entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgehend vom Schutzzweck des Sozialversicherungsrechts das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses und damit die Pflichtversicherung auch dann zu bejahen ist, wenn ein Arbeitsverhältnis vereinbart und tatsächlich begonnen wurde, die Vereinbarung aber zu keinem gültigen Vertrag geführt hat. Maßgeblich ist daher der "Einstellungsakt" und nicht ein rechtswirksamer "Verpflichtungsakt" (vgl. die zitierte Judikatur bei Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm, § 4 ASVG, Rz 70).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 21.12.2005, 2004/08/0066) kommt es für die Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall läge ein Werkvertrag vor). Beim Werkvertrag wird von einer im Vertrag individualisierten und konkretisierten Leistung, also einer in sich geschlossenen Einheit, ausgegangen, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt.

Der Werkvertrag begründet grundsätzlich ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können (vgl. VwGH vom 20.3.2014, 2012/08/0024; vom 11.12.2013, 2011/08/0322; vom 23.5.2007, 2005/08/0003).

Die mit den verfahrensgegenständlichen Fahrern abgeschlossenen "Systemverträge" und deren "Anlagen" und "Ergänzungsblätter" können nicht als Werkverträge in obgenanntem Sinne gelten. Die Fahrer verpflichteten sich nicht zur Herstellung eines Werks im Sinne der Erbringung eines Erfolgs, sondern bestand die vertraglich vereinbarte Leistung in der wiederholten Abholung und Zustellung von Paketen in bestimmten Vertragsgebieten ("Touren"). Für das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses – und damit gegen einen Werkvertrag – spricht auch eindeutig, dass die Verträge auf unbestimmte Zeit eingegangen wurden, das Ende des Vertragsverhältnisses durch Erbringung der vereinbarten Leistung somit gerade nicht vorgesehen war. Die Qualifikation der vorliegenden Verträge als "Werkverträge" muss daher verneint werden, sodass in der Folge zu prüfen ist, ob die Fahrer im Rahmen der vorliegenden Tätigkeit zur Erbringung von Dienstleistungen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit verpflichtet waren.

Für die Beantwortung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, sind auch die "wahren Verhältnisse" maßgeblich, d.h. ob bei der tatsächlichen und nicht bloß vereinbarten Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Dabei kann zunächst davon ausgegangen werden, dass der Vertrag seinem Wortlaut entsprechend durchgeführt wird. Soweit der Inhalt eines Vertrages von den tatsächlichen Gegebenheiten nicht abweicht, ist der Vertrag als Teilelement der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung (anhand der in der Judikatur herausgearbeiteten Kriterien) in diese einzubeziehen, weil er die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt (Hinweis E 17.11.2004, 2001/08/0131).

3.3.3. Zur persönlichen Arbeitspflicht:

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder (wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung) nur beschränkt ist.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene grundsätzlich persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (vgl. VwGH vom 20.2.2008, 2007/08/0053, mwN).

3.3.3.1. Zum Vorliegen eines generellen Vertretungsrechts:

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist somit die persönliche Arbeitspflicht (vgl. VwGH vom 25.6.2013, 2013/08/0093, vom 15.7.2013, 2013/08/0124). Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor (vgl. VwGH vom 25.4.2007, VwSlg. 17.185/A).

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt einerseits dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann (vgl. 17.11.2004, 2001/08/0131). Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der – anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter – im Rahmen seiner unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient (VwGH vom 11.6.2014, 2012/08/0157).

Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen (VwGH vom 02.12.2013, 2013/08/0191). Ein (ausdrücklich) vereinbartes (generelles) Vertretungsrecht schließt die persönliche Abhängigkeit nur dann aus, wenn diese Befugnis entweder in der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses auch tatsächlich gelebt wurde oder wenn die Parteien bei Vertragsabschluss nach den Umständen des Einzelfalls zumindest ernsthaft damit rechnen konnten, dass von dieser Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden wird und deren Einräumung nicht mit anderen vertraglichen Vereinbarungen in Widerspruch steht. Ein ausdrücklich vereinbartes generelles Vertretungsrecht steht nämlich im Verdacht, ein Scheingeschäft zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre (VwGH vom 28.03.2012, 2009/08/0135).

Im gegenständlichen Fall ergab sich, dass die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung in Bezug auf die persönliche Arbeitspflicht von dem grundsätzlich in den Systemverträgen vereinbarten Vertretungsrecht ("Der D.-Systempartner ist nicht zur persönlichen Auftragsführung verpflichtet."; vgl. Teil A, Punkt 2. b. 3.) abgewichen ist und ein solches Vertretungsrecht tatsächlich nicht gelebt wurde. Die verfahrensgegenständlichen Fahrer führten ihre Tätigkeit stets persönlich durch und setzten ihrerseits keine Dienstnehmer oder "Subfrächter" für die Abwicklung ihrer Tour ein. Im Falle von Urlaub oder Krankheit gaben sie dies – wie vereinbart – dem BF bekannt, der seinerseits einen Ersatzfahrer organisierte. Die vom BF an seine Fahrer zugewiesene Tour konnte auch nicht generell an einen "Subfrächter" abgegeben werden. Ein die persönliche Abhängigkeit ausschließendes generelles Vertretungsrecht war somit zwar formal Inhalt des Vertrages, ihm kam jedoch keinerlei praktische Bedeutung zu und stellten sich die tatsächlich gelebten Verhältnisse damit gänzlich anders dar.

3.3.3.2. Zum Vorliegen eines sanktionslosen Ablehnungsrechts:

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt auch dann, wenn einem Beschäftigten ein "sanktionsloses Ablehnungsrecht" zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen kann unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung steht (u.a. VwGH 01.10.2015, Zl. Ro 2015/08/0020).

Die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen, ihm angebotene Beschäftigungsmöglichkeiten auszuschlagen, berührt die persönliche Arbeitspflicht in keiner Weise, mag diese Befugnis auch als "sanktionsloses Ablehnungsrecht" (in einem weiteren Sinn) bezeichnet werden. Zwischen der sanktionslosen Ablehnung der Erbringung einzelner Leistungen, etwa bei deren Abruf im Zuge einer Rahmenvereinbarung bei verpflichtender Tätigkeit im Fall der Zusage, und einem generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht, das die persönliche Abhängigkeit ausschließt, ist ein deutlicher Unterschied zu machen (vgl. VwGH vom 4.7.2007, 2006/08/0193; vom 14.2.2013, Zl. 2012/08/0268).

Ein sanktionsloses Ablehnungsrecht ist gegenständlich schon aufgrund der Ausgestaltung der Verträge und deren tatsächlicher Übung, wonach den einzelnen Fahrern eine bestimmte Tour – zum Teil über Jahre hinweg – zugewiesen wurde, nicht denkbar. Die Tätigkeit der Fahrer stellte sich nicht als Abfolge von Aufträgen dar, von denen einzelne auch hätten abgelehnt werden können, vielmehr hatten sie die ihnen zugewiesene Tour wiederkehrend und auf unbestimmte Zeit zu fahren und dabei die vereinbarten Abhol- und Zustelldienste zu erbringen. Die Ablehnung einer Leistung (etwa, eine bestimmte Tour zu fahren) war keineswegs zwingend (also "sanktionslos") mit der Zuweisung einer anderen Tour verbunden, zumal andere im Zuständigkeitsbereich des BF liegende Touren zu diesem Zeitpunkt gar nicht frei gewesen sein mussten, sodass die Ablehnung einer Leistung (Tour) nach Gutdünken des Fahrers in einem solchen Fall der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gleichgekommen wäre. Vom Vorliegen eines sanktionslosen Ablehnungsrechtes kann damit im gegenständlichen Fall nicht gesprochen werden.

Es war damit im Ergebnis mangels wirksamen Vertretungs- und Ablehnungsrechtes von der persönlichen Arbeitspflicht der verfahrensgegenständlichen Fahrer auszugehen.

3.3.4. Bindung an den Arbeitsort:

Eine Bindung des Beschäftigten an den im Arbeitsvertrag bzw. in dessen Rahmen vom Dienstgeber bestimmten Arbeitsort stellt ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit dar (VwGH vom 18.8.2015, 2013/08/0121). Der Arbeitsort stellt in gewissen Fällen, z.B. bei naturgemäß ständig wechselnden Arbeitsorten, jedoch kein unterscheidungskräftiges Merkmal dar bzw. wird dadurch, dass bei bestimmten Arbeiten der wechselnde Arbeitsort in der Natur der Sache liegt, relativiert (VwGH vom 14.3.2013, 2010/08/0229).

Den verfahrensgegenständlichen Fahrern wurden vom BF bestimmte Touren vorgegeben, die sie regelmäßig zu fahren hatten. Die auf diesen Touren auszuliefernden Pakete mussten bei einem bestimmten Depot abgeholt und zugestellt werden. Einzig die Reihenfolge der Zustellung der Pakete konnten die Fahrer selbst bestimmen. Es lag damit jedenfalls eine weitreichende Bindung an einen vorgegebenen Arbeitsort vor. Dass die Fahrer im Rahmen der zugewiesenen Tour die Route (und damit im Grunde lediglich die zeitliche Abfolge der einzelnen Zustellungen) wählen konnten, vermag dies nicht entscheidend zu relativieren.

3.3.5. Bindung an die Arbeitszeit:

Ein weiteres Kriterium für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit stellt die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften betreffend die Arbeitszeit dar. So ist zweifellos ein Indiz für die Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit, wenn ein Arbeitender an eine bestimmte Arbeitszeit gebunden ist. Hat die allfällige Ungebundenheit des Beschäftigten hinsichtlich Arbeitsablauf und Arbeitszeit ihre Grenze in der unterschiedlichen Dringlichkeit der zu besorgenden Angelegenheiten und den betrieblichen Erfordernissen, sodass die Arbeitserbringung letztlich doch im Kern an den Bedürfnissen des Dienstgebers orientiert sein muss, so spricht dies unter dem Gesichtspunkt des Überwiegens der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG für ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit (VwGH vom 17.11.2004, 2001/08/0131).

Der Beginn des Arbeitstages war im vorliegenden Fall vorgegeben durch die mit dem BF vereinbarte Abholung der Pakete im D.-Depot um 5:00 Uhr. Anschließend waren die Pakete auszuliefern, die Arbeitszeit hing von der Dauer der jeweiligen Tour ab. Eine eigenständige Zeiteinteilung war somit praktisch nicht möglich, nur das Ende der Arbeitszeit konnte durch die individuelle Geschwindigkeit des jeweiligen Fahrers bei der Zustellung (insbesondere durch die Wahl der Reihenfolge der einzelnen Zustellungen) beeinflusst werden.

3.3.6. Bindung an Ordnungsvorschriften betreffend das arbeitsbezogene Verhalten:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über das arbeitsbezogene Verhalten und sich darauf beziehende Weisungs- und Kontrollbefugnisse ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft dar (VwGH vom 19.01.1999, 96/08/0350).

Die Fahrer hatten zu Arbeitsbeginn die Pakete für ihre Tour samt Anfahrtslisten im Depot zu übernehmen, die Pakete zu sortieren, mittels Scanner zu erfassen und in die – wie dies mit dem BF vereinbart wurde (vgl. Teil A, Punkt 3. sowie Teil B, Punkt 3. der Systemverträge) – nach den Vorgaben ("Systemhandbücher") von D. beschrifteten Fahrzeuge zu laden. Sie benutzten einen vom BF zur Verfügung gestellten Scanner und trugen – ebenso vom BF zur Verfügung gestellte – Arbeitsbekleidung sowie ein Namensschild, welches sie als Fahrer des BF auswies. Die Fahrer unterlagen damit umfangreichen Vorgaben hinsichtlich ihres arbeitsbezogenen Verhaltens. Auch bei der Zustellung der Pakete selbst kam ihnen bis auf die von ihnen selbst zu wählende Reihenfolge der Auslieferung kein bedeutender Gestaltungsspielraum zu.

3.3.7. Weisungs- und Kontrollrechte des BF:

Wesentlich bei Fällen der Beschäftigung z.B. als Vertreter oder als Außendienstmitarbeiter ist, dass aus den Umständen, unter denen die Beschäftigung verrichtet wurde, abgeleitet werden kann, dass der Beschäftigte einem seine Bestimmungsfreiheit ausschaltenden Weisungs- und Kontrollrecht des Arbeitgebers unterlag. Dabei schadet es nicht, wenn der Arbeitgeber infolge der vom Unternehmenssitz dislozierten (vgl. VwGH vom 21.12.2005, 2004/08/0066) oder überwiegend in seiner Abwesenheit (vgl. VwGH vom 3.7.1990, 88/08/0293; vom 16.4.1991, 90/08/0153; vom 20.2.1992, 89/08/0238) verrichteten Beschäftigung nicht in der Lage war, konkrete Weisungen zu erteilen, wenn nur aus den von ihm getroffenen vertraglichen faktischen Vorkehrungen abgeleitet werden kann, dass ein an die Stelle der Weisungsmöglichkeit tretendes wirksames Kontrollrecht, wenn auch nur in Form der Kontrollmöglichkeit des Arbeitgebers bestanden hat (vgl. zu diesen Zusammenhängen ausführlich VwGH vom 21.11.2007, 2005/08/0051). Diese Fälle sind nicht anders zu beurteilen als jene, in denen sich Weisungen an den Beschäftigten aus anderen Gründen erübrigen, z.B. weil der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat (vgl. VwGH vom 17.9.1991, 90/08/0152, VwSlg. 13473 A/1991) oder wenn der Arbeitgeber vorübergehend nicht in der Lage ist, seine Funktion wahrzunehmen (vgl. VwGH 19.2.2003, 99/08/0054) und in denen daher das Weisungsrecht in gleicher Weise im Bestehen von Kontrollrechten (mitunter auch: "Stille Autorität des Arbeitgebers" genannt) zum Ausdruck kommt (VwGH vom 2.5.2012, 2010/08/0083).

Die Tätigkeit der verfahrensgegenständlichen Fahrer wurde disloziert ausgeübt. Für den BF bestand aber jederzeit die Möglichkeit – wie dies etwa bei Verspätungen oder Reklamationen der Fall war, die ihm von D. mitgeteilt wurden – die Fahrer telefonisch zu kontaktieren und hinsichtlich ihrer Tätigkeit zu kontrollieren. Die Fahrer unterlagen damit neben den bereits erwähnten Weisungen in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten jedenfalls auch der "stillen Autorität" und damit der Kontrolle des BF.

In Zusammenhalt mit den oben bereits dargestellten Umständen lag damit zweifellos eine enge Eingliederung der Fahrer in die betriebliche Organisation des

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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